>

Der wunderbare Fa-Cup

#
Mein Wochenendausflug nach London zum FA Cup final in Wembley, ein seit ca. 40 Jahren von mir gehegter Wunsch ging in Erfüllung, weil es gut in meinen Kalender passte, da die Eintracht kein Teilnehmer am gleichtägigen DFB-Pokalfinale war und auch kein letzter Spieltag der Bundesliga lief, was in der Vergangenheit auch öfters mal passierte.

Als erstes bin ich jedoch mal am Green Park ausgestiegen aus der U-Bahn, um zum Buckingham Palast zu spazieren. Schon von weitem hörte man Militärmusik, die großen Straßen am Palast waren abgesperrt, Generalprobe für "Trooping the colors", der im Juni stattfindenden Geburtstagsparade der Gardetruppen der Queen. Ein alter Mann neben mir kommentierte, die Scotch Guard sei gegenüber der Welsh Guard die bessere, der Grund sei, er sei früher selbst Mitglied der Scotch Guard gewesen, englischer Humor...

Nach einem Ausflug zu Big Ben und der Westminster Abbey bin ich ab ins Hotel direkt am Wembley Stadion, dort sollte laut deutschem Spezialreisebüro für Fussballreisen aus dem Ostwestfälischen meine Eintrittskarte an der Rezeption liegen. Welch ein Schock, der Umschlag mit der Karte war nicht auffindbar! Die nette Dame des Reisebüros an der Notfallhotline sagte mir, die Karte sei aus der Obhut des Hotels "geklaut" worden... Zu verstehen war sie am Telefon schwer, da die ganze Lobby voller sich einsingender Villa-Fans war. Ich ahnte, wo in etwa meine Karte jetzt war...

Nach einigem Verhandeln war ausgemacht, dass ein "Mittelsmann" bis 16.00 h Ortszeit (Anstoß 17.30 h) eine Ersatzkarte bringen soll. Unterdessen bin ich in der Wartezeit raus ins Getümmel und hatte nach wenigen Minuten Schwarzhändler an der Backe, ob ich eine Karte benötige? 600 Pfund (ca. 900 Euro) betrug der aktuelle Tarif..., Wahnsinn. Nein danke! Meine Reise war zwar teuer, aber dennoch war mein Kartenpreisanteil an der Reise nicht ganz so  hoch, das Hotel hatte ja auch exorbitante Raten aufgerufen und ich bekam die Karte nur zusammen mit dem Hotel..., na ja, einmal im Leben. Dafür verzichte ich auf WM-Finals und CL-Finals (bis auf weiteres zumindest, wenn die Eintracht mitspielt, mache ich mal eine Ausnahme    ). Um die Ecke in der Grünanlage sang sich der Villa-Support ein, am Rande kurzes Gespräch, "heh, ich bin aus Frankfurt, der Partnerstadt Birminghams!" Ah, interessant. "Ich bin heute für Villa, da sie 1982 die Bayern im Finale des Cups der Landesmeister geschlagen hatten und wir in Frankfurt hassen die Bayern!" Sehr gut...! Ein Programmheft habe ich mir auch gekauft, als Souvenir, es ist gut gemacht, viele Fakten, Statistiken, Interviews, was machen die Stars von ehedem, die seitens Villa und Arsenal in Finals standen, heute so? Villas letzter Cupsieg war 1957, Prinz Phillip hielt es damals mit Finalgegner Manchester United, war zu lesen. Villa hatte schon einige Male den Cup gewonnen, ein paar mal vor dem Jahr 1900, ein paar mal danach.

Um kurz vor 16 Uhr kam mein "Mittelsmann", übergab mir die Karte, ich solle sie auf keinen Fall einem Ticket-Verkaufsschalter zeigen und wenn ich fragen würde, weshalb ich sie habe, soll ich sagen, ich sei eingeladen... Total konspirativ das Ganze, "Club Wembley", würg, aber besser als gar nix. Sein Bier musste man trotzdem bezahlen und Fish and Chips ebenfalls. Dummerweise war mein Platz in der Arsenal-Kurve und ich fieberte mit Villa, da muss man durch und Flagge zeigen!

Ich nahm rasch meinen Platz ein, Athmosphäre des noch leeren Stadions aufsaugen. Eine geografische Stelle im Fussball, die den Charakter eines Mekka für Muslime, eines Rom für Katholiken hat, ging mir durch den Kopf.
Bald kam der Musikzug der britischen Gurkha-Brigade raus und spielte seine Lieder. Da schon Gänsehaut und ein Tränchen der Rührung..., die auf die britische Kolonie Indien zurückgehende Gurkha-Musiktruppe gibt es auch bereits seit achtzehnhundert-irgendwas, was zu lesen...

Nach dem warming-up der Teams, die von den beiden Hälften des Stadions jeweils separat begeistert gefeiert wurden, wurden die Präliminarien feierlich. "Aide with me", die Cupfinal-Hymne wurde intoniert, die Gurkha-Musiktruppe und - schön - ein Fanchor von den 64 verschiedenen Teams , die in der Runde der letzten 64 vertreten waren, sowie ein Star-Tenor wirkten zusammen beim Gesang. 1927 ist "Abide with me" erstmals in Wembley gesungen worden, von 100.000 Zuschauern, es war der Lieblingschoral des damals anwesenden Königs Georg VI. und seiner Gattin Queen Mary. Sehr viel Tradition, wir Fans benutzen den Begriff so gerne, den deutschen Pokal gibt es erst seit ca. 1935.

Hier ein Video aus dem Netz:
https://www.youtube.com/watch?v=F_VuQFZ5cPE

Nach "Abide with me" kamen die Teams raus und wurden per Handschlag mit Prinz William - der dieses Jahr das Königshaus vertreten hatte - bekannt gemacht. Seine Mutter, Diana, war früher zu Lebzeiten auch gerne beim Cup Final zugegen. Nationalhymne und los gings auf dem Rasen, was die Interessenten unter Euch im TV sehen konnten. Villa blieb unter seinen Möglichkeiten, Arsenal zog alle Register mit weltmeisterlicher Unterstützung von Özil und Mertesacker, eine tolle (und teure) Mannschaft, Respekt. Gefühlt habe ich mit den Villa-Fans an diesem Tag, Arsenal kam mir in etwa wie Bayern München vor...

Fazit. Es war ein Erlebnis! Ein so lautes Stadion, wie die 90.000 habe ich noch nie im Leben live erlebt! Der Villa-Support war geil, meist bodenständige Leute aus den Midlands. Ich habe sie in mein Herz geschlossen! Traurig, dass ich nicht in ihrer Kurve sein konnte...

Ansonsten: Äußerlich ist Wembley ein modernes Stadion, wie z. B. das Waldstadion, nur größer und eben ohne jeglichen Wald drumherum. Und dafür ist ein angeschlossenes Einkaufszentrum dabei und mehrere Hotels. Auffällig: Extrem wenig Polizei war für 90.000 Leute unterwegs und gar keine in Kampfanzügen war für mich zu sehen. Es geht offenbar auch so, ohne Machtdemonstrationen seitens der Staatsmacht.

Sonntags nach dem Spiel herrschte Londoner Wetter, Regen. Eine alte, etwas ärmliche  Frau fuhr in der U-Bahn mit mir Richtung City, sie packte stolz einen alten Arsenalschal um ihren Hals. In der Hand hielt sie eines der Match-Fähnchen "FA Cup Final, Wembley, 30.5.2015, Aston Villa vs. Arsenal" steht unten drauf. Ich habe auch so eines, es hatte auf meinem Platz gelegen. ich vermute, die Frau hat es sich am Tag nach dem Spiel geholt am Stadion. Da wurde der Müll zusammengekehrt und aufgeräumt. Umrundet habe ich vor der Abfahrt das Stadion noch einmal. So wie ich unser Waldstadion auch schon im leeren Zustand umrundet habe, jeweils ein  magischer Ort. Ort der Triumphe und der Tränen. Als ich am Sonntagabend von Osten her auf Rhein-Main gelandet bin, sah ich im Landeanflug aus dem Fenster unser beleuchtetes Waldstadion. Ein schönes Gefühl, "daheim ist es doch am Schönsten!", dachte ich in diesem Moment.
#
ein schöner Bericht, danke dafür
#
Danke!    Wembley. Zweimal dortgewesen. 1971 und 1996. Hast recht. Ein Mekka. Aber ohne die verrückten Engländer wäre es ein Großstadion wie viele andere.   Schöner Bericht!
#
Danke für den schönen Bericht!  
#
Schließe mich an. Klasse Erlebnisbericht!
#
Danke für den Bericht.
Ich war beim Final Whistle im alten Wembley. War auch schön.  So kommen Erinnerungen wieder hoch.
#
Danke, sehr lesenwert. Sollte West Ham es mal wieder schaffen, wäre ich auch dabei (es sei denn, die Eintracht würde zeitgleich in Berlin spielen). Diese Konstellation hat aber wohl die Wahrscheinlichkeit eines sechers im Lotto  
#
Ich supporte neben der SGE noch West Ham United. Nachdem ich jetzt doch schon einige Male im Upton Park war, wurde es langsam mal Zeit für ein Auswärtsspiel. Da mich der Fa Cup generell sehr interessiert und ich auch schon lange an die Anfield Road wollte, bot sich mir die Gelegenheit. Das (die) Problem)e) war(en) nur:
Liverpool hat es nicht geschafft, bei dem 4.-Ligisten Exeter zu gewinnen. Steht es nach 90 Minuten Unentschieden, gibt es ein Rückspiel.  Das fand aber nur 10 Tage vor dem Spiel statt.
Der Kartenverkauf für Mitglieder sollte erst 5 Tage vor dem Spiel beginnen! Als würde das nicht reichen, hat West Ham statt der zur Verfügung stehenden 6.000 Tickets nur die Hälfte geordert. In Fan-Kreisen kam das entsprechend "gut" an, Auswärtskarten werden zuerst an DK-Inhaber vergeben, da auch nach einem Punkte-Schema. Es war davon auszugehen, dass ich leer ausgehe.
Über das West Ham Forum wurde mir dann aber Hilfe angeboten, ich habe dienstfrei bekommen und konnte so relativ günstig fliegen. Jetzt lag es nur noch an Klopps Truppe. Um es kurz zu machen: Da ich diese Zeilen schreibe, haben sie es auch geschafft!
Freitag und Samstag ein bisschen Sightseeing, gibt ja genug Möglichkeiten in Liverpool. Gegen 14.00 (Kick off 17.30) habe ich mich dann auf den Weg Richtung Anfield Road gemacht, noch hatte ich ja nicht meine Karte. Treffpunkt war der Arkles Pub, der bei Heimspielen von Gäste-Fans bevölkert wird. Ich musste ungefähr 5 Minuten suchen, es war noch menschenleer auf den Straßen (fetter Hagelschauer) bis ich vor dem Pub stand. Innen war bereits die Hölle los. Proppevoll, ca. 80-90% Hammers. Alle waren am Singen, das Pint Bier für 2,50£, Fußballherz, was willst du mehr! Allerdings stand im Internet, dass der Pub, je näher der Anpfiff rückt, unerträglich voll wird und der Kampf ums Bier Nerven kostet. Wohlweißlich habe ich mir immer 2 Pints geholt, obwohl das den ganzen Nachmittag über problemlos ging. Die das geschrieben haben, sollen mal in den Boleyn eine Stunde vor Spielbeginn gehen! Na ja, so konnte ich auch schnell mal einen ausgeben.  Meinen "Tickethändler" hatte ich auch schnell ausgemacht, jetzt konnte ich entspannen (also singen und saufen). Der Pub wurde immer voller, ich auch und so ging ich gegen 17.00 mit einigen Richtung Stadion.
Und dann kam der große Moment, ob man Liverpool mag oder nicht: You never walk alone. Oder vielmehr, man erwartet es. In Wirklichkeit war es eine riesen Enttäuschung!!! und das war nur der Anfang. Kein Support, 2 mal kurz "Fields of Anfield Road "angestimmt (Irisches Traditional, Fields of Athenry, kennen mit Sicherheit die Meisten von der irischen Elf oder Celtic), das wars mehr oder weniger für 90 Minuten.
West Ham war 90 Minuten am Singen, etliche Male "Bubbles", "We all follow the West Ham" und der neue Kultsong schlechthin, "We´ve got Payet", der neue Superstar, der aus Marseille kam. Daneben noch viele kurze, knappe Anfeuerungen und Gesänge. Nebenbei einige weniger nette oder noch weniger nettere Gesänge Richtung Heimfans.
Sehr beliebt ist "Feed the Scousers, let them know it´s Christmas Time" zur Melodie von Band Aid. Scousers werden die Einwohner von Liverpool genannt. "Your support is fu..ing shit", "shall we sing a song for you" um nur einige zu nennen. Da außer dem Gästeblock das gesamte Stadion saß, gab es auch ein "Sit down, when you´re unemploeyed". Ist aber keiner aufgestanden. Selbst auf der Kop ist es verboten, da hat  der Verein sich wohl den Zorn der Fans auf sich gezogen. Im Upton Park gibt es noch mehrere Bereiche, z.T. über die ganze Tribüne, wo 90 Minuten gestanden wird. Wie sich das nächste Saison im Olympia Stadion verhalten wird, wird sich zeigen.
Die Mitmach-Quote bei West Ham war extrem hoch. Da man ja eigentlich einen Sitzplatz hat, ist der Block sehr gut durchmischt, alt neben jung, und alle singen.
Das Spiel endete 0:0, so dass es zum Rückspiel in East London kommt. West Hams Ersatzkeeper hatte einen Supertag und vereinzelte so manche Chance, aber auch West Ham hätte gewinnen können, v.a. kurz vor Abpfiff. Nach einer Odyssee kam ich irgendwann auch wieder am Hotel an.
Ach ja, für das Rückspiel stellt West Ham den Gästen nicht nur die 15% zur Verfügung, sondern an die 6.000 Karten. Schade, dass ich das nur am TV verfolgen kann. Liverpool habe ich mal in Tottenham gesehen, da waren die richtig, richtig laut.
Am Sonntag habe ich vorm Rückflug noch Stadiontouren im Old Trafford und Etihad gemacht, wobei City wesentlich sympatischer rüberkam. Man City wird mit Sicherheit eines der nächsten Auswärtsspiele sein, das ich besuchen möchte, aber das dauert noch. Vielleicht geht es vorher ja noch ins Webley
In diesem Sinne
Cheers
#
Danke für den tollen Bericht! Wenn Du City fährst, kannst Du schon mal "Blue Moon" singen üben....
#
Morgen abend übrigens das Rückspiel im Upton Park live um 20.45 auf Eurosport.
#
Tor für West Ham - kurz vor der Pause die Führung
#
und kurz nach der Pause der Ausgleich - eben gerade sogar fast die Führung für Liverpool
#
Morgen abend übrigens das Rückspiel im Upton Park live um 20.45 auf Eurosport.
#
eSGEhtgutab schrieb:

Morgen abend übrigens das Rückspiel im Upton Park live um 20.45 auf Eurosport.



Da brauch ich mir gar ni den VfB-BVB-Käse angucken!
#
Verlängerung beim Unentschieden?
8 Minuten Nachspielzeit!!!
#
Die Auswärtstorregel gibt es wohl im Mutterland des Fußballs nicht?
#
8 Minuten? Das erinnert mich an die WM 1994
#
Gab es früher im DFB-Pokal auch nicht, wenn es zum Rückspiel kam. 4,5 Minuten Nachspielzeit sind eh Standard, heute gab es wirkliche Unterbrechungen.
#
Ah, ok.
#
Oh wie geil!!! Boah, was wär ich so gern vor Ort.
#
Gleich auf Eurosport: Arsenal-Watford und danach Manu gegen West Ham.


Teilen