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Nahostkonflikt

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Stoppdenbus schrieb:
peter schrieb:
fürwahr keine schöne vorstellung. mir fehlt allerdings ein wenig die idee, wie in einem land, in dem gruppen sich nach ihrer eigenen "politischen" logik bilden, parteien nach westlichem vorbild (darauf läuft es ja hinaus) zu stande kommen sollen.

jemand anderes hat es oben schon sehr genau beschrieben: der ganze nahe osten ist eine ansammlung von künstlichen staaten und grenzen, die durch nicht-arabische imperialisten definiert wurden. traditionell gab es da immer clans, königshäuser, religiöse gruppierungen und stämme, die sich gegenseitig nicht grün waren. und das politische interesse dieser gruppen besteht nun einmal seit jeher darin, die oberhand zu behalten. und nicht in 40 stunden woche, arbeitgeber- und arbeitnehmerpolitik oder ideologischer anbindung an ein politisches system.

peter



Aber genau da ist doch schon das Problem. "parteien nach westlichem vorbild" - Parteien nach westlichem Vorbild machen eben nur in Ländern mit westlichem Gesellschaftsystem Sinn. Viele dieser Länder fahren sehr gut mit ihren Clanchefs, Königen oder Sheiks. Auch wenn das nach unserer Definition "undemokratisch" ist. Es macht keinen Sinn, einem Land eine westliche Demokratie aufzwingen zu wollen, oder wie im Fall der Palistinenser über Geldzuwendungen zu diktieren, obwohl die dortigen Gesellschaft völlig andere Strukturen hat und der größte Teil eben diese Demokratie ablehnt.

Scherzfrage dazu: Was würde Deutschland machen, wenn hier 60% die NPD wählen würden? Selbstauflösung?


deine scherzfrage überspringe ich mal, aber ansonsten kann ich deinem text nur zustimmen. auch deutschland konnte nach 45 nur deshalb re-demokratisiert werden, weil es innerhalb europas in einen weitestgehend demokratischen konsens eingebettet war und demokratie zumindest schon ein paar jahre "geübt" hatte.

anders wäre es allerdings gekommen, wenn die sowjets vor den amerikanern am rhein gestanden hätten.

peter
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Was heißt denn "westliche Demokratie"? Ich habe auch noch nie etwas von einer westlichen, bzw. arabischen Monarchie oder Diktatur gehört. Für mich ist dies eher eine Wortschöpfung radikalislamischer Kräfte, die das Volk gegen alles "Westliche" aufhetzten, um einen Gottesstaat zu errichten, der das Volk von der Macht kategorisch fernhalten würde.

Stoppdenbus schrieb:

Scherzfrage dazu: Was würde Deutschland machen, wenn hier 60% die NPD wählen würden? Selbstauflösung?


Anpassen, Sterben oder Flüchten!

Freecastle_Adler schrieb:

Den Gazastreifen machen die Israelis in 1 Woche platt wenn sie wollen.


Ich gebe ihnen 12 Stunden!
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peter schrieb:

anders wäre es allerdings gekommen, wenn die sowjets vor den amerikanern am rhein gestanden hätten.
peter


Das System wäre ein anderes geworden, aber der gesellschaftliche Hintergrund hätte sich nicht so sehr unterschieden. Auch die Sowjetunion bzw. die Russen leben ja nun mal nicht in einem Stammessystem, mit entsprechenden Strukturen. Das ist z.B. in arabischen Ländern völlig anders.
Dort gibt es den Gedanken der "Nation" praktisch nicht, starre Territorialgrenzen sind in der Wüste ohnehin Unsinn, der westliche Staatsgedanke, der zu einem Großteil auf dem Besitz an Grund und Boden fußt, greift nicht.
In den dortigen Gesellschaften gibt es häufig völlig andere Denkansätze, man sucht nicht immer und überall nach "Lösungen" oder "Ursachen", denkt in anderen Kausalitäten. Das ist doch der Grund, warum wir so große Probleme haben, die Menschen dieser Länder und deren Beweggründe zu verstehen.
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peter schrieb:

.....
anders wäre es allerdings gekommen, wenn die sowjets vor den amerikanern am rhein gestanden hätten.
peter


Wie es gekommen ist, weil die Sowjets zumindest Teile Deutschlands "demokratisieren" konnten haben einige Deutsche ja jahrzehntelang erleben dürfen  
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Schoppenpetzer schrieb:
Was heißt denn "westliche Demokratie"? Ich habe auch noch nie etwas von einer westlichen, bzw. arabischen Monarchie oder Diktatur gehört. Für mich ist dies eher eine Wortschöpfung radikalislamischer Kräfte, die das Volk gegen alles "Westliche" aufhetzten, um einen Gottesstaat zu errichten, der das Volk von der Macht kategorisch fernhalten würde.


Sorry, das ist Nonsens. Selbstverständlich ist unser Demokratiebegriff ein Begriff aus unserem Gesellschaftskreis, ein "westlicher" Begriff eben.
Oder gibt es ein Land auf dieser Erde, dass unabhängig von West- oder Mitteleuropa zu einem vergleichbaren System gekommen wäre?
Es ist schon reichlich arrogant von uns, unsere Erfindung für das Non-Plus-Ultra für alle Nationen zu halten.

Und selbstverständlich hat eine Monarchie in Arabien völlig andere Ausprägungen als es europäische Monarchien je hatten.
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Stoppdenbus schrieb:

Und selbstverständlich hat eine Monarchie in Arabien völlig andere Ausprägungen als es europäische Monarchien je hatten.


Welche Unterschiede meinst Du damit?
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Schoppenpetzer schrieb:
Was heißt denn "westliche Demokratie"? Ich habe auch noch nie etwas von einer westlichen, bzw. arabischen Monarchie oder Diktatur gehört. Für mich ist dies eher eine Wortschöpfung radikalislamischer Kräfte, die das Volk gegen alles "Westliche" aufhetzten, um einen Gottesstaat zu errichten, der das Volk von der Macht kategorisch fernhalten würde.

Stoppdenbus schrieb:

Scherzfrage dazu: Was würde Deutschland machen, wenn hier 60% die NPD wählen würden? Selbstauflösung?


Anpassen, Sterben oder Flüchten!

Freecastle_Adler schrieb:

Den Gazastreifen machen die Israelis in 1 Woche platt wenn sie wollen.


Ich gebe ihnen 12 Stunden!


Hätte ich vor dem Lybien Konflikt auch gesagt, aber da haben sie ja nicht gerade so gut ausgesehen...
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Eintracht-Laie schrieb:
Stoppdenbus schrieb:

Und selbstverständlich hat eine Monarchie in Arabien völlig andere Ausprägungen als es europäische Monarchien je hatten.


Welche Unterschiede meinst Du damit?


Ich werde hier jetzt keinen Exkurs über das arabische Stammessystem, seine Hierarchien, die Rechte und Pflichte seiner Herrscher, die Machtstrukturen im Inneren, die Rolle der Scheiks usw. anfangen.

Mit einer absolutistischen Monarchie, wie wir sie kennen, hat das jedenfalls wenig zu tun. In arabischen Ländern ist das ein wesentlich komplizierteres Gebilde.
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Freecastle_Adler schrieb:

Hätte ich vor dem Lybien Konflikt auch gesagt, aber da haben sie ja nicht gerade so gut ausgesehen...



Du meinst das andere Lybien.
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Stoppdenbus schrieb:


Sorry, das ist Nonsens. Selbstverständlich ist unser Demokratiebegriff ein Begriff aus unserem Gesellschaftskreis, ein "westlicher" Begriff eben.
Oder gibt es ein Land auf dieser Erde, dass unabhängig von West- oder Mitteleuropa zu einem vergleichbaren System gekommen wäre?
Es ist schon reichlich arrogant von uns, unsere Erfindung für das Non-Plus-Ultra für alle Nationen zu halten.

Und selbstverständlich hat eine Monarchie in Arabien völlig andere Ausprägungen als es europäische Monarchien je hatten.


Ich finde es ist arroganter, fremde Erkenntnisse mit der Begründung abzulehnen, daß es nicht von einem selbst erfunden wäre. Wenn alle so denken, dann würden wir heute noch im undurchdringlcihen Wald Germaniens leben. Auch eine "arabische" oder "muslimische Demokratie" kommt um ein funktionierendes Parteiensystem nicht herum. Stammesparteien gehören nicht dazu! Im übrigen werden Stammesparteien nur dort gegründet, wo es künstliche Staatsgebilde gibt. Im Gegensatz zum Irak sehe ich dieses Problem in Palästina nicht.
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Schoppenpetzer schrieb:


Ich finde es ist arroganter, ...


will ja niemandem was böses, aber ihr redet heute (fast) alle ziemlich arrogant daher
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Schoppenpetzer schrieb:

Auch eine "arabische" oder "muslimische Demokratie" kommt um ein funktionierendes Parteiensystem nicht herum.


Was soll eine muslimische Demokratie sein?
Stammesparteien? Häh?

Ägypten zum Beispiel hat ein System, welches ein wenig "westliche" Demokratie vorgaukelt, man in Wirklichkeit aber nur zwischen zwei Familienclans wählen kann.
Ironischerweise nutzen dort gerade die radikalen Moslems die "Demokratie", um ihren wachsenden Machtanspruch zu legitimieren.
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Schoppenpetzer schrieb:

Auch eine "arabische" oder "muslimische Demokratie" kommt um ein funktionierendes Parteiensystem nicht herum. Stammesparteien gehören nicht dazu! Im übrigen werden Stammesparteien nur dort gegründet, wo es künstliche Staatsgebilde gibt. Im Gegensatz zum Irak sehe ich dieses Problem in Palästina nicht.


Das Problem ist doch nicht ein funktionierendes Parteiensystem. Das Problem ist  die fehlende Trennung von Kirche und Staat.

Da sich zudem die Geschichte/Entwicklung in verschiedenen Teilen der Welt mit unterschiedlicher Geschwindigkeit zu vollziehen scheint, ist eine Installierung eines demokratischen Systems mehr als schwer.
Im Grunde erinnern einen doch viele Dinge dort unten an eine Zeit vor der Säkularisierung hier.
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Stoppdenbus schrieb:
Schoppenpetzer schrieb:

Auch eine "arabische" oder "muslimische Demokratie" kommt um ein funktionierendes Parteiensystem nicht herum.


Was soll eine muslimische Demokratie sein?
Stammesparteien? Häh?



Da du offensichtlich die Demokratie als "menschliches Allgemeingut" ansiehst, sondern eine rein westliche Erfindung, muß ich ja wohl nach einer "muslimische Demokratiealternative" fragen, die zu den Palästinensern besser passen soll, als unser Exportschlager.
Was Stammesparteien sind, kannst du im Irak sehen.
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Schoppenpetzer schrieb:

Ich finde es ist arroganter, fremde Erkenntnisse mit der Begründung abzulehnen, daß es nicht von einem selbst erfunden wäre.


Das kann ja wohl wirklich nicht Dein Ernst sein?!

Wie Sdb bereits beschrieben hat, ist eine demokratische Staatsform nichts Universelles, das man einfach über eine Gesellschaft "drüberstülpen" kann. Dies ist in meinen Augen auch der Fehler, der von Staaten mit ausgeprägtem Sendungsbewusstsein oft genug gemacht wird.

Eine "westliche Demokratie" hat Jahrhunderte der Entwicklung hinter sich, voller Durchbrüche und Rückschläge. In dieser Zeit hat sich die Gesellschaft ebenso mit entwickelt, so dass das politische System immer mehr oder weniger zu ihr "gepasst" hat.

Warum gleiten denn viele "demokratischen" Staaten in Afrika oder im nahen Osten oder sonstwo in Korruption, Misswirtschaft und Diktaturen ab? Doch auch, weil dort oft gar keine Gesellschaft existert, die eine solche Demokratie zu tragen und verteidigen gelernt hat. Da kann es deutlich erfolgreicher sein, eine demokratische Staatsform, angepasst an die dortigen Gesellschaftsstrukturen , zu etablieren. Auch wenn diese vielleicht in gewissen Bereichen Freiheiten anders definiert und stärker einschränkt, als westliche Staatsformen. Immerhin besteht in diesem Fall die Möglichkeit einer langsamen, eigenständigen Entwicklung zu einer passendenden Demokratie.

Schoppenpetzer schrieb:
Wenn alle so denken, dann würden wir heute noch im undurchdringlcihen Wald Germaniens leben.  


Dementsprechend finde ich das auch nur polemisch und unpassend, da zwischen die Entwicklung von Orient und Okzident lange genug fast völlig unabhängig von Statten ging und die Lage sich damit unmöglich auf solch ein simples Beispiel einer räumlich begrenzten, gemeinsamen Entwicklung herunterkochen lässt.

Ohne dass irgendetwas von meinem Geschriebenen irgendwie helfen könnte, den Konflikt dort zu lösen, finde ich trotzdem, dass man sich nicht schon die Betrachtung zu einfach machen darf. Insbesondere auch, was das Anlegen (uns) passender Maßstäbe angeht. Ich denke, das hast du auch gar nicht nötig.
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Feigling schrieb:
...passendenden...  


Oje...
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Bitte, wenn ihr meint, daß die Wahl zwischen Fatah und Hamas die großen Errungenschaften einer orientalischen Demoratie ist, dann schlage ich vor, wir halten uns raus und warten ab. Die Zeit wird ja alles regeln...

PS: Bezüglich Afrika und Naher Osten:
Hier kommt wieder das zum Tragen, was ich als Kunststaatsgebilde bezeichne. Es gibt in diesen Ländern keine eigenständige Gesellschaftsstruktur! Nur Gewaltherrschaften können solche Staaten zusammenhalten. Somit ist jedes politische System in solchen Ländern zum Scheitern verurteilt.
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Schoppenpetzer schrieb:
Bitte, wenn ihr meint, daß die Wahl zwischen Fatah und Hamas die großen Errungenschaften einer orientalischen Demoratie ist, ...


Konsequentes Ignorieren der Gegenseite ist eine heutzutage häufig anzutreffende "Diskussionsform".

Es gibt keine orientalische Demokratie

Gewählt wird dort nur, weil wir ihnen aufzwingen, dass soetwas stattzufinden hat. Zu guten alten Arafat-Zeiten hat man da auch wenig Aufhebens drum gemacht. Was die heute haben ist ein System, das äußerlich unsere westlichen Demokratieformen zeigt, um uns als Sponsoren zu behalten, nach innen aber die gleichen Kaderfunktionen wie schon immer bietet. Die haben keine Demokratie, wollen keine Demokratie, und brauchen auch keine Demokratie, um es zusammenzufassen.
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Ich halte die Demokratie schon für einen universellen Wert. Wie übrigens auch die Menschenrechte.
Beides kann man auch nach außen mit einem berechtigten Sendungsbewußtsein vertreten.

Das die westliche Welt manchmal mit einem Glaubwürdigkeitsdefizit zu kämpfen hat ,ist auch klar.  Nichtsdestotrotz haben diese Werte  einen Anspruch auf Allgemeinverbindlichkeit.

Das Kernproblem scheint mir zu sein, dass die Völker dieser Welt buchstäblich in unterschiedlichen Jahrhunderten leben. Weniger technologisch als vor allem geistig betrachtet.

Wie die Alternative zu "unseren" Werten aussieht kann man hier sehr schön nachlesen.


http://www.matthiaskuentzel.de/contents/sprache-der-vernichtung

Da man die Charta der Hamas auch in Israel zu lesen versteht, erklärt sich möglicherweise  auch so manche Reaktion, die aus unserer weit entfernten Perspektive unverständlich erscheint.
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HeinzGründel schrieb:
Ich halte die Demokratie schon für einen universellen Wert. Wie übrigens auch die Menschenrechte.
Beides kann man auch nach außen mit einem berechtigten Sendungsbewußtsein vertreten.


Natürlich kann man und soll man das.
Wobei man sich auch immer vor Augen führen muss, dass "unsere" Demokratie auch so ihre Probleme hat, anfällig für Demagogie und Populismus, was letzlich nicht immer zum Wohle der Gesellschaft beiträgt.

Aber sie erfordert eben auch Voraussetzungen. Extremfall sind hier so manche afrikanische Staaten, denen wir eine schöne "Demokratie" übergestülpt haben, in der aber ein Großteil der Wähler weder lesen noch schreiben kann und keine Ahnung hat, wen oder was sie da eigentlich wählt.
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[Man könnte jetzt anführen, dass das bei hessischen Landtagswahlen auch nicht viel besser aussieht...].
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Das ist dann nur Scheindemokratie, in Dritte-Welt-Staaten aber sehr verbreitet.

Wobei immer und überall die Frage bleibt: Wer hat schon Geld und Zeit eine Partei aufzubauen und Politiker zu werden? Bedingt das System nicht per se, dass die tatsächliche Macht wieder nur von einer Elite ausgeübt werden kann?


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