Das Massaker ist bereits 20 Jahre her - wie die Zeit vergeht.
Ich kann mich nur schwach daran erinnern - China war für mich damals noch weit weg. Allerdings habe ich das wenige, was ich über die Proteste dort mitbekommen habe, durchaus positiv wahrgenommen; es hat, wenngleich auch naive, Hoffnung gemacht. Es war ja die Zeit großer Veränderungen.
Um so geschockter war ich, als dann das Massaker los brach und die ersten Bilder zu sehen waren. Geschockt, fassungslos. Mein Vater leidet vermutlich noch heute an den endlosen Diskussionen, die ich ihm in meinem jugendlichen Leichtsinn aufdrückte.
Eingebrannt in meine Kopf hat sich ein Bild: Das des einzelnen Chinesen mit einer Plastiktüte in der Hand, der sich einfach den Panzern in die Weg stellte. Zivilcourage!
Heute, 20 Jahre später, war ich bereits ein paar Mal in China und habe einen etwas weiteren Blick als damals - schockierend sind die Bilder noch immer. Und den Plastiktütenmann habe ich noch immer nicht vergessen.
Das Bild werde ich mein Leben lang nicht vergessen:
Wahrscheinlich habe sie ihn dann trotzdem platt gefahren. Aber der Typ mit seiner Plastiktüte lässt erst mal die Panzer stehn. Von Prag ´68 hab ich auch noch so ein Bild im Kopf.
Das ist ein Held. Kein Che Guevara, kein Führer oder Revolutionär, sondern nur ein kleiner Mann, der aus dem nichts kommt aber ein Zeichen setzt.
Ich hab nur noch in Erinnerung, dass die chinesische KP-Führung einfach Panzer über die auf dem Platz hockenden Menschen, viele Studenten waren wohl darunter, drüberrollen ließ. Die waren dann natürlich tot oder schwerstverletzt.
Wenige Monate später bei den Montagsdemonstrationen in Leipzig habe ich immer die Luft angehalten, ob die SED-Führung bzw. die sowjetische Besatzungsmacht nicht ebenfalls die "chinesische Lösung" anwendet. Dank Michail Gorbatschow wurde das zum Glück verhindert.
Ja, Tian'anmen, lange her. Aber die Auswirkungen sind noch heute überall zu beobachten. Von den damals Beteiligten, die die gewaltsame Auflösung der Demonstration unmittelbar und mittelbar überlebt haben, finden sich heute noch viele in alle Welt verstreut, Venedig, Paris, Berlin, Kanada ...
Bei Dao gilt heute als einer der bedeutendsten chinesischen Lyriker seiner Generation http://www.literaturfestival.com/bios1_1_6_515.html Er war zur Zeit des Massakers, wo seine Gedichte laut von der Menge vorteragen wurden, gerade in Europa unterwegs, und da er mit vielen der Protagonisten eng verbunden war, wurde ihm die Rückkehr in seine Heimat verwehrt. Erst seit 2006 (!) ist er wieder so einigermaßen in China gelitten, naja, geduldet ...
Das ist ein Held. Kein Che Guevara, kein Führer oder Revolutionär, sondern nur ein kleiner Mann, der aus dem nichts kommt aber ein Zeichen setzt.
ich hab ein interview mit seiner frau im gedächtnis. er war wohl einfach nur einkaufen und wollte da durch. keineswegs politisch eingestellt und war völlig überrascht von dem was da vor sich ging. umso beeindruckender, das er sich einfach vor ne panzerkolonne stellt.
Dank Michail Gorbatschow wurde das zum Glück verhindert.
Naja, Gorbi hat das nicht verhindert, das waren einige Leipziger SED-Sekretäre und Leipziger Intellektuelle, wenn ich recht informiert bin.
Ansonsten kann ich zum Thema nix sagen, war zu jung. Ich finde das Massaker als freiheitsliebender Mensch, wie auch DDR 53, Ungarn 56, Prag 68 widerlich.
Das ist ein Held. Kein Che Guevara, kein Führer oder Revolutionär, sondern nur ein kleiner Mann, der aus dem nichts kommt aber ein Zeichen setzt.
ich hab ein interview mit seiner frau im gedächtnis. er war wohl einfach nur einkaufen und wollte da durch. keineswegs politisch eingestellt und war völlig überrascht von dem was da vor sich ging. umso beeindruckender, das er sich einfach vor ne panzerkolonne stellt.
Bist Du sicher, dass seine Frau bekannt ist? Immerhin hat man bis heute nur eine Ahnung über seine Identität und so ziemlich keine Ahnug über sein Fortleben: Tank man
sotirios005 schrieb: ... Wenige Monate später bei den Montagsdemonstrationen in Leipzig habe ich immer die Luft angehalten, ob die SED-Führung bzw. die sowjetische Besatzungsmacht nicht ebenfalls die "chinesische Lösung" anwendet. Dank Michail Gorbatschow wurde das zum Glück verhindert.
Stimmt - die "chinesische Lösung' hing damals wie ein Damoklesschwert über der DDR. Irre Zeiten.
@schusch: 'Wahrscheinlicher ist, dass er in der Menge untertauchte und heute noch irgendwo unerkannt in China lebt.' src
Das ist ein Held. Kein Che Guevara, kein Führer oder Revolutionär, sondern nur ein kleiner Mann, der aus dem nichts kommt aber ein Zeichen setzt.
ich hab ein interview mit seiner frau im gedächtnis. er war wohl einfach nur einkaufen und wollte da durch. keineswegs politisch eingestellt und war völlig überrascht von dem was da vor sich ging. umso beeindruckender, das er sich einfach vor ne panzerkolonne stellt.
Bist Du sicher, dass seine Frau bekannt ist? Immerhin hat man bis heute nur eine Ahnung über seine Identität und so ziemlich keine Ahnug über sein Fortleben: Tank man
hmmmmm ich bin mir ziemlich sicher das er gemeint war. auf jeden fall hab ich bei ner reportage auf phönix ein interview mit einer frau gesehen deren mann sich vor einen panzer stellte. anscheinend hab ich mich zumindest in dem punkt getäuscht. aber mir fällt sonst spontan kein anderes bedeutsames bild ein :neutral-face
hmmmmm ich bin mir ziemlich sicher das er gemeint war. auf jeden fall hab ich bei ner reportage auf phönix ein interview mit einer frau gesehen deren mann sich vor einen panzer stellte. anscheinend hab ich mich zumindest in dem punkt getäuscht. aber mir fällt sonst spontan kein anderes bedeutsames bild ein :neutral-face
Ich hatte auch was ähnliches in Erinnerung - lief die Tage im Weltspiegel. Muss wohl ein anderer Mann und andere Panzer gewesen sein.
Wie ich es erlebt habe? Spannend war es. Erst die " Revolution "in Persien und nun das.
Die gewaltigste historische Fehleinschätzung die ich kenne.
Dann Peking.
Das zog sich ja über Wochen und Monate hin
Es war genau das was ich von diesen Menschen erwartet habe.
Warum sollten sie in Peking anders reagieren ?
Mistfinken, ich habe sie gehaßt.
Auf unseren Straßen blieb es ruhig. Man sah weder Lichter noch Licherketten.
Nichts.
Nun, die Geschichte ging weiter. Knapp 10 Jahre nachdem die Polen anfingen sich zu wehren, machten die Ungarn machten den Zaun auf. Das wars für diese Menschenschinder. Das werde ich beiden Völkern nie vergessen.
Unmittelbar darauf fiel die Mauer. Ich war 28 Jahre. Prima, dachte ich, jetzt wird alles gut. Friedensdividende und so. Das Ende der Geschichte wurde proklamiert. Nun, das war etwas vorschnell.
Imagine verbinde ich eigentlich auch eher mit den Bali-Anschlägen: So ca. einen Monat nach 9/11 sass ich an der Bar des Paddy's und unterhielt mich mit einer Australierin über eben diese Anschläge. Und wir waren uns einige, dass 'imagine no religion, nothing to kill or die for' eine ziemlich schöne Vorstellung wäre. Ein Jahr später stand ich in den Trümmern der Bar.
Ich habe am Tag nach dem Massaker an einer Demo in FFM teilgenommen. Es waren nicht wenige dabei, die erstmals auf eine Demo gegangen sind.
Extrem abnervend war ein Lautsprecherwagen irgendeiner linken Studentengruppe, die fortwährend die chinesische Regierung als Faschisten bezeichnte und linke Kampflieder und auch anti US-Sprechchöre (!) anzustimmen versuchte.
Die damaligen K-Gruppen von der Frankfurter Uni sind zu dieser Demo so gut wie gar nicht erschienen und viele von diejenigen, die dennoch gekommen sind, fühlten sich zumindest damals ziemlich deplaziert. Konnten sie doch mit ihren üblichen Sprüchen nicht bei den anderen landen und mußten versuchen, das unerhörte Geschehen mit ihrer Ideologie zu rechtfertigen. Einige versuchten es dennoch allen Ernstes mit dem üblichen Konterrevolutions-Gefasel.
Bei einigen konnte man aber in Gesprächen merken, daß ein Nachdenkprozess über Parteiraison bzw. unbedingter Parteilinie versus massiven Menschenrechtsverletzungen begonnen hatte. Und daß die so bewunderte Ideologie doch eine sehr häßliche Fratze zeigen konnte, die man sonst gerne den rechten Regimes bzw. Militärjuntas zuordnen konnte.
Läßt man die ganzen jahre seither revuepassieren muß man leider feststellen, daß die meisten Leute davon nichts wissen wollen. Sei es aus Ignoranz oder aus politischen Gründen. Appeasement und ein unwürdiger Kotau vor der wirtschaftlichen Macht Chinas läßt gerade unsere Politiker Weichspülen oder das Maul halten. Genau wie im Falle Tibets.
Wahnsinn, wie er nicht nur stehenbleibt, sondern sie richtig am weiterfahren hindert. Und zur Krönung erstmal auf den Panzer steigt und mal "reinschaut".
Verwunderlich das sie ihm anscheinend nichts getan haben... Tolle Geschichte vom Tankman
Ich kann mich nur schwach daran erinnern - China war für mich damals noch weit weg. Allerdings habe ich das wenige, was ich über die Proteste dort mitbekommen habe, durchaus positiv wahrgenommen; es hat, wenngleich auch naive, Hoffnung gemacht. Es war ja die Zeit großer Veränderungen.
Um so geschockter war ich, als dann das Massaker los brach und die ersten Bilder zu sehen waren. Geschockt, fassungslos. Mein Vater leidet vermutlich noch heute an den endlosen Diskussionen, die ich ihm in meinem jugendlichen Leichtsinn aufdrückte.
Eingebrannt in meine Kopf hat sich ein Bild: Das des einzelnen Chinesen mit einer Plastiktüte in der Hand, der sich einfach den Panzern in die Weg stellte. Zivilcourage!
Heute, 20 Jahre später, war ich bereits ein paar Mal in China und habe einen etwas weiteren Blick als damals - schockierend sind die Bilder noch immer. Und den Plastiktütenmann habe ich noch immer nicht vergessen.
Wahrscheinlich habe sie ihn dann trotzdem platt gefahren. Aber der Typ mit seiner Plastiktüte lässt erst mal die Panzer stehn. Von Prag ´68 hab ich auch noch so ein Bild im Kopf.
Das ist ein Held. Kein Che Guevara, kein Führer oder Revolutionär, sondern nur ein kleiner Mann, der aus dem nichts kommt aber ein Zeichen setzt.
Wenige Monate später bei den Montagsdemonstrationen in Leipzig habe ich immer die Luft angehalten, ob die SED-Führung bzw. die sowjetische Besatzungsmacht nicht ebenfalls die "chinesische Lösung" anwendet.
Dank Michail Gorbatschow wurde das zum Glück verhindert.
danke, jetzt weiss ich wieder in welchem zusammenhang ich dieses bild kenne. eines der ausdruckstärksten bilder die ich kenne.
Bei Dao gilt heute als einer der bedeutendsten chinesischen Lyriker seiner Generation http://www.literaturfestival.com/bios1_1_6_515.html Er war zur Zeit des Massakers, wo seine Gedichte laut von der Menge vorteragen wurden, gerade in Europa unterwegs, und da er mit vielen der Protagonisten eng verbunden war, wurde ihm die Rückkehr in seine Heimat verwehrt. Erst seit 2006 (!) ist er wieder so einigermaßen in China gelitten, naja, geduldet ...
ich hab ein interview mit seiner frau im gedächtnis. er war wohl einfach nur einkaufen und wollte da durch. keineswegs politisch eingestellt und war völlig überrascht von dem was da vor sich ging. umso beeindruckender, das er sich einfach vor ne panzerkolonne stellt.
Naja, Gorbi hat das nicht verhindert, das waren einige Leipziger SED-Sekretäre und Leipziger Intellektuelle, wenn ich recht informiert bin.
Ansonsten kann ich zum Thema nix sagen, war zu jung. Ich finde das Massaker als freiheitsliebender Mensch, wie auch DDR 53, Ungarn 56, Prag 68 widerlich.
Bist Du sicher, dass seine Frau bekannt ist?
Immerhin hat man bis heute nur eine Ahnung über seine Identität und so ziemlich keine Ahnug über sein Fortleben:
Tank man
Stimmt - die "chinesische Lösung' hing damals wie ein Damoklesschwert über der DDR. Irre Zeiten.
@schusch: 'Wahrscheinlicher ist, dass er in der Menge untertauchte und heute noch irgendwo unerkannt in China lebt.' src
hmmmmm ich bin mir ziemlich sicher das er gemeint war. auf jeden fall hab ich bei ner reportage auf phönix ein interview mit einer frau gesehen deren mann sich vor einen panzer stellte. anscheinend hab ich mich zumindest in dem punkt getäuscht. aber mir fällt sonst spontan kein anderes bedeutsames bild ein :neutral-face
Ich hatte auch was ähnliches in Erinnerung - lief die Tage im Weltspiegel. Muss wohl ein anderer Mann und andere Panzer gewesen sein.
.
Und dann noch mit Imagine. Wahnsinn.
Die gewaltigste historische Fehleinschätzung die ich kenne.
Dann Peking.
Das zog sich ja über Wochen und Monate hin
Es war genau das was ich von diesen Menschen erwartet habe.
Warum sollten sie in Peking anders reagieren ?
Mistfinken, ich habe sie gehaßt.
Auf unseren Straßen blieb es ruhig. Man sah weder Lichter noch Licherketten.
Nichts.
Nun, die Geschichte ging weiter.
Knapp 10 Jahre nachdem die Polen anfingen sich zu wehren, machten die Ungarn machten den Zaun auf. Das wars für diese Menschenschinder.
Das werde ich beiden Völkern nie vergessen.
Unmittelbar darauf fiel die Mauer. Ich war 28 Jahre. Prima, dachte ich, jetzt wird alles gut. Friedensdividende und so. Das Ende der Geschichte wurde proklamiert. Nun, das war etwas vorschnell.
Dann kam der erste Golfkrieg usw...
Was soll man sagen
http://www.youtube.com/watch?v=MP0APvTSMMw
Popkulturell habe ich es mit Neil Youngs "Keep on rocking in the free world" in Erinnerung. War auch böser. Zu recht.
http://www.youtube.com/watch?v=-eWEfnhWbow
Imagine verbinde ich eigentlich auch eher mit den Bali-Anschlägen: So ca. einen Monat nach 9/11 sass ich an der Bar des Paddy's und unterhielt mich mit einer Australierin über eben diese Anschläge. Und wir waren uns einige, dass 'imagine no religion, nothing to kill or die for' eine ziemlich schöne Vorstellung wäre. Ein Jahr später stand ich in den Trümmern der Bar.
Extrem abnervend war ein Lautsprecherwagen irgendeiner linken Studentengruppe, die fortwährend die chinesische Regierung als Faschisten bezeichnte und linke Kampflieder und auch anti US-Sprechchöre (!) anzustimmen versuchte.
Die damaligen K-Gruppen von der Frankfurter Uni sind zu dieser Demo so gut wie gar nicht erschienen und viele von diejenigen, die dennoch gekommen sind, fühlten sich zumindest damals ziemlich deplaziert. Konnten sie doch mit ihren üblichen Sprüchen nicht bei den anderen landen und mußten versuchen, das unerhörte Geschehen mit ihrer Ideologie zu rechtfertigen. Einige versuchten es dennoch allen Ernstes mit dem üblichen Konterrevolutions-Gefasel.
Bei einigen konnte man aber in Gesprächen merken, daß ein Nachdenkprozess über Parteiraison bzw. unbedingter Parteilinie versus massiven Menschenrechtsverletzungen begonnen hatte. Und daß die so bewunderte Ideologie doch eine sehr häßliche Fratze zeigen konnte, die man sonst gerne den rechten Regimes bzw. Militärjuntas zuordnen konnte.
Läßt man die ganzen jahre seither revuepassieren muß man leider feststellen, daß die meisten Leute davon nichts wissen wollen. Sei es aus Ignoranz oder aus politischen Gründen. Appeasement und ein unwürdiger Kotau vor der wirtschaftlichen Macht Chinas läßt gerade unsere Politiker Weichspülen oder das Maul halten. Genau wie im Falle Tibets.
So habe ich das noch nie gesehen: Ich bin immer von ausgegangen, dass die am Fahren waren.......
China hat heute/gestern seinen Botschafter aus Island abgezogen, weil der Dalai Lama zu besuch war.
Wahnsinn, wie er nicht nur stehenbleibt, sondern sie richtig am weiterfahren hindert. Und zur Krönung erstmal auf den Panzer steigt und mal "reinschaut".
Verwunderlich das sie ihm anscheinend nichts getan haben...
Tolle Geschichte vom Tankman