>
Avatar profile square

ossihenry

354

#
„Drei Spieltage vor Schluss ist der Druck natürlich enorm groß. Rein rechnerisch kann sich da schon vieles entscheiden, jede weitere Niederlage kann das Ende bedeuten.“

Das oben aufgeführte Zitat stammt nicht etwa aus dieser Woche und auch nicht von einem der Beteiligten am heutigen Spiel, nein diese beiden Sätze stammen von dem größten Abstiegskampf-Experten aller Zeiten. Vom legendären und unvergessenen Jörg Berger (Quelle). Und genau dieser hat bei beiden heute beteiligten Vereinen seine Spuren hinterlassen.  

Wenn jemand was auf die Ohren möchte, dem sei Casper empfohlen, denn auch der hat was zum Thema steigender Druck zu sagen.

Und damit: Herzlich willkommen zum 32. Spieltag der 1. Bundesliga!


Unsere Eintracht tritt heute zum Auswärtsspiel in Darmstadt an.

Der Routenplaner gibt an, dass es vom Frankfurter Waldstadion bis zum Stadion am Böllenfalltor 33,4 km über die A5 sind und das man für diese Strecke mit einem durchschnittlichen PKW  ca. 28 Minuten bei normaler Verkehrslage einplanen sollte. Es wäre also ein leichtes gewesen, zu diesem Auswärtsspiel aus Frankfurt anzureisen. Leider führen die Umstände dazu, dass sich die Sachlage etwas komplizierter darstellt. Denn als wäre die sportliche Brisanz dieses Spiels nicht schon hoch genug, so sorgen auch noch die Begleiterscheinungen für jede Menge Zündstoff.

Und man fragt sich, wer eigentlich beim  Wettbewerb um die größte Eselei im Vorfeld dieser Partie die Nase vorne hat: Waren es die Minderbemittelten, die es für eine schlaue Idee hielten, Fan-Utensilien der Lilien zu entwenden und dann während des laufenden Hinspiels, am 6. Dezember des vergangenen Jahres, im Waldstadion in Brand zu setzen? Waren es die cleveren Herren vom DFB, die infolgedessen mit dem Ausschluss aller   Eintracht-Fans für das heutige Spiel nicht nur eine krasse Wettbewerbsverzerrung im Abstiegskampf zu verantworten haben sondern auch zum wiederholten Male  das Mittel der Sippenhaft salonfähig machten? Oder waren es am Ende die hohen Damen und Herren der "Wissenschaftsstadt Darmstadt" in Zusammenarbeit mit der  Führung der Polizei, die allen Ernstes versuchen, die   Darmstädter Innenstadt für eine Personengruppe, die sich überhaupt nicht anhand objektiver Kriterien kategorisieren lässt, pauschal zur No-Go-Area zu erklären?

Jeder wird da seine ganz persönlichen Antworten finden. Man könnte noch viel darüber schreiben und es fällt schwer, die Emotionen anhand dieser  mannigfachen  Blödheiten nicht schon an dieser Stelle überkochen zu lassen.

Ich möchte dennoch versuchen, mich im Folgenden auf das Sportliche zu konzentrieren. Denn alleine diese rein sportlichen Umstände bieten eine vor der Saison niemals für möglich gehaltene Brisanz.

Die Dramaturgie dieser Saison ist bemerkenswert.  Es ist Crunch-Time in der Fußballbundesliga. Und ausgerechnet jetzt treffen die  beiden hessischen Mannschaften aufeinander. Für beide geht es um das „Überleben“ in der höchsten Spielklasse. Und beide pflegen neben einer grundsoliden Abneigung gegeneinander  einen ähnlich kämpferischen und leidenschaftlichen Fußball-Stil. Die einen tun das ehrlicherweise schon die ganze Saison, die anderen haben damit erst kürzlich begonnen.

Die Partie bietet also erstmal optimale Voraussetzungen, um Abstiegskampf in seiner aller reinsten Form zu erleben. Das wird heute nix für Schisser. Änis Ben-Hatira hat neulich davon gesprochen, dass es wie Krieg werden würde. Und es  war nicht so richtig klar, was in Wirklichkeit blöder  war: Die Wortwahl oder das vielfach zu vernehmende, und ehrlicherweise vorhersehbare  Echo, mit dem erhobenen  Zeigefinger, welches die Wortwahl  höchst moralisch und mit großer, zur Schau gestellter Betroffenheit, verurteilte. Ich persönlich habe ehrlich gesagt nix dagegen, wenn in einer solchen Situation alles etwas überspitzt dargestellt wird und dann darf man sich auch mal rhetorisch den ein oder anderen martialischen Fehlgriff erlauben. Und Änis hat seine Aussage ja inzwischen   relativiert. Das hindert mich aber nicht daran zu schreiben, dass ich heute eine wahre „Abstiegsschlacht“ erwarte.

An dieser Stelle noch eine kleine Musik-Empfehlung als kurzer Einschub
Deichkind - Illegale Fans
 weils irgendwie heute auch auf jeden Eintrachtler in Darmstadt passt.


Und es gäbe keinen bessern Fachmann für eine solche „Abstiegsschlacht“, als  diesen einen, der leider nicht mehr unter uns weilt: Den oben bereits erwähnten legendären Jörg Berger. Und er  hat wie gesagt bei beiden Vereinen eine Vergangenheit: Seinen ersten Trainerjob nach seiner Flucht in die BRD übernahm er 1979 bei Darmstadt 98. Er sagte über diese Zeit einmal:

In Darmstadt, meiner ersten Trainerstation, ergab sich noch ein weiteres Problem durch meine Herkunft: Mein Co-Trainer war Klaus Schlappner – und hielt mich, den ehemaligen Ossi, für einen Kommunisten. Das hat unsere Zusammenarbeit auch nicht gerade verbessert.

Über seine Zeiten als Eintracht-Trainer ist ja eigentlich alles gesagt. Und es ist ehrlicherweise fast abgedroschen, die 1999er-Geschichte jetzt immer wieder raus zu kramen. Aber sie bietet sich gerade nun mal sowas von an. Darauf kam ja auch schon unser Trainer Niko Kovac, der die Mannschaft letzte Woche durch das Museum schickte. Daher möge man es mir verzeihen, wenn ich auf dieser Sache jetzt  auch noch ein wenig rum reite.

Wenn man das Internet mit Hilfe der gängigen Suchmaschinen nach Jörg Berger durchsucht, stößt man auf zahlreiche Aussagen und Weisheiten, die er getätigt hat, die sich wunderbar und 1:1 auf unsere heutige Situation übertragen lassen.  Er war nun mal der weltweit beste Abstiegskampfexperte, dass wird einem dann immer wieder deutlich. Was mir persönlich aber wirklich Mut gemacht hat, war die Erkenntnis, dass unser derzeitiger Trainer Niko Kovac offensichtlich ein Bruder im Geiste von Jörg Berger ist. Denn wenn man einige Aussagen der beiden vergleicht, entdeckt man auffällige  Parallelen.  Dazu eine kleine Auswahl:

„Ich hätte dieses Amt nicht übernommen, wenn ich nicht überzeugt wäre, daß der Klassenerhalt machbar ist.“ (Berger 1999)

Ich bin gekommen, um in der Bundesliga zu bleiben ich kann doch niemanden erreichen, wenn ich mir ein Hintertürchen offenlasse.(Kovac 2016)  

"Dieser Erfolg war nur möglich, weil die Truppe eine verschworene Gemeinschaft geworden ist. Ansonsten wäre Eintracht Frankfurt abgestiegen." (Berger 1999)

„Es reicht nicht, wenn elf Einzelkämpfer auf dem Platz stehen. Wir müssen als Team anders auftreten.“(Kovac 2016)  

"Resignation ist das Alibi der Schwachen." (Berger)

„Aufgeben ist in meiner DNA nicht vorgesehen“ (Kovac)

"Wenn es außerhalb des Platzes keine Disziplin gibt, gibt es auch keine auf dem Platz" (Berger 1999)
„Ich erwarte von allen absolute Professionalität, Hingabe, Leidenschaft und Disziplin. Wenn man disziplinlos ist, entsteht Chaos. Und wenn Chaos ist, kann alles passieren.“ (Kovac  2016)

"Es heißt Abstiegskampf und nicht Abstiegsspiel" (Berger 1999)

„Es heißt nicht Abstiegsspiel, es heißt Abstiegskampf“ (Kovac 2016)

Wie gesagt: Brüder im Geiste! Das gibt natürlich zusätzliche Hoffnung, dass die Geschichte auch dieses Mal gut enden wird.

Die endgültige Mannschaftsaufstellung wird  sicher ca. eine Stunde vor Anpfiff hier rein geschrieben, bis dahin empfehle ich das hier.

Ich will hier nicht in Euphorie verfallen, dafür ist die Situation immer noch viel zu krass. Aber unsere Mannschaft hat gezeigt, dass sie lebt, dass sie den Abstiegskampf angenommen hat, dass sie Leidenschaft hat und das noch was geht. Gerade nach dem Mainz-Spiel hat sie jede Unterstützung verdient.
Das war die beschworene Initialzündung! Jetzt ist Aufbruchsstimmung da. Wir haben  endlich "frischen Wind in den Segeln" (danke an die FR-Jungs für diese bildhafte Formulierung).  Und dafür hätte es noch nicht mal dieser überflüssigen „AUF JETZT!“-Kampagne gebraucht.  Die Frankfurter Fußball-Familie hat ein feines Gespür, wann es gilt zusammen zu stehen. Und genau dieser Moment ist gekommen und genau dieses Gefühl ist seit dem Mainz-Spiel übergesprungen. Nicht wegen „AUF-JETZT“ sondern weil die Mannschaft und der Trainer zeigen, dass wieder was geht. Jetzt ist es an der Zeit zusammenzurücken. Frankfurt kann das! Und genau deshalb auch diese Woche noch einmal:

Wir sind alles Frankfurter Jungs!

In diesem Sinne:

ABSTIEGSKAMPF!
und
AUSWÄRTSSIEG! AUSWÄRTSSIEG! AUSWÄRTSSIEG!
#
Vielen Dank für die Mühe und die hervorragende Einstimmung!

Ja, AbstiegsKAMPF und AuswärtsSIEG !
#
Ein herzliches Hallo in die Forumsgemeinde!

Zunächst: Dies ist mein erster Forumsbeitrag. Ich lese hier schon seit etwa 5 Jahren täglich fleißig in diversen Unterforen mit. Eintracht-Fan bin ich schon seit etwa 25 Jahren, habe also die Abstiege und Wiederaufstiege(!), 1. Liga, 2. Liga, Europacup etc. mit erlebt. Leider schaffe ich es nur 1 - 2 mal im Jahr live zu einem Heimspiel in Frankfurt, denn ich lebe in Chemnitz und arbeite i.d.R. auch am Wochenende. Aber ich schaue mir fast jedes Spiel im TV an.

Es macht mich - wie wohl alle hier - traurig, wie diese Saison für unsere Eintracht läuft, wievieles im Argen liegt, was hätte alles verhindert werden können. Ich möchte meine Gedanken zusammenfassen. Ausdrücklich möchte ich zuvor betonen, dass ich keinen Einblick in die tagtägliche Arbeitsweise der verantwortlichen Personen habe, ich bin zu weit entfernt, insofern sind viele Dinge eher Eindrücke und "Bauchgefühl".

Ich hatte kein gutes Gefühl bei der Rückholaktion von Armin Veh. Aber die Saison lief ganz gut an, so dachte ich mir, man hats richtig gemacht. Auch ich stand lange hinter Veh, auch noch nach der Winterpause. Ich mochte seine umgängliche, eloquente Art. Jedoch ist wohl viel versäumt worden, wenn Kovac davon sprach, dass er den Spielern erst einmal wieder die Basics beibringen musste. Im Nachhinein wäre ein Trainerwechsel in der Winterpause wohl besser gewesen - inkl. Wintervorbereitung. Ich mag die Kovac-Brüder, sie haben schnell viel verbessert - freilich beginnend auf einem niedrigen Niveau. Seit dem Leverkusen-Spiel glaube ich zwar nicht mehr daran, dass die Eintracht die Liga hält, aber gern würde ich die Kovacs auch in Liga Zwei sehen. Ich denke, Sie können ein Team aufbauen, junge Spieler motivieren, integrieren, stärker machen. Zudem scheint bei Ihnen das Leistungsprinzip zu gelten und sie haben ein gutes Gefühl für die Mentalitäten der Spieler (z.B. hat es mMn Carlos Zambrano noch einmal einen Schub gegeben, aushilfsweise zum Kapitän ernannt worden zu sein).

Ich bin grundsätzlich Optimist. Daher sehe ich den (sehr wahrscheinlichen) Abstieg nicht nur negativ. Ja, die Situation scheint desaströs. Ein Sportdirektor ist noch nicht gefunden, einige Absagen hat man sich eingehandelt. Der Hauptsponsorvertrag läuft aus, es ist noch kein neuer Hauptsponsor gefunden und ein neuer Sponsor wird vermutlich weniger zahlen. Der Stadionvertrag ist unverändert, aber in der zweiten Liga müssen wir weniger Miete zahlen. Auch die Trainerfrage ist ja noch nicht geklärt - logischerweise wie ich finde.

Zur Arbeit der Verantortlichen in Vorstand und Aufsichtsrat kann ich kaum etwas sagen. Aber mein Eindruck ist eine gewisse Schlafmützigkeit und "Wird-schon-gut-gehen"-Mentalität. Ob Herr Hübner keine Philosophie und klare Linie bei Spielerverpflichtungen verfolgt oder dies zwar versucht - jedoch erfolglos - oder nur der Erfüllungsgehilfe des jeweiligen Trainers ist, weiß ich nicht. Tatsächlich scheint es mir, dass nicht konsequent das Prinzip "junge, schnelle, erfolgshungrige Spieler verpflichten, entwickeln und danach mit finanziellem Gewinn zu veräußern" verfolgt wurde. Andererseits hat man in jüngerer Vergangenheit junge Leute wie Kadlec, Gacinovic, Seferovic, Castaignos geholt. Sie haben bisher nicht so eingeschlagen wie erhofft, bzw. wurden wieder verkauft (Kadlec). Über Hübner wird ja gesagt, dass er ein Meister darin ist, potentielle Spieler zu überzeugen, zur Eintracht zu kommen auch wenn sie bessere Angebote haben. Ich denke, man sollte ihm eine weitere Chance geben, allerdings bei klar definierter Transferphilosophie und Spielphilosophie. Mit Flickschusterei sollte es vorbei sein.

Von den Winterneuzugängen habe ich kein einheitliches Bild. Huszti überzeugt mich nicht, vor allem auch seine Körpersprache nicht. Fabian zeigte gute Ansätze, belebt spielerisch, muss aber bei seinen offensiven Vorstößen nach hinten abgesichert werden. Die Verpflichtung von Änis Ben Hatira hat sich schon allein durch sein Siegtor gegen Hannover bezahlt gemacht. Ayhan hatte wenig Einsatzzeit, was er in dieser gezeigt hat, war dürftig. Regäsel gefällt mir, braucht aber noch Zeit.

Es heißt, bis auf den von Huszti gelten alle Verträge auch für die zweite Liga. Das heißt, man kann Ablösesummen generieren. Gewiss als Absteiger, von dem bekannt ist, dass er Transfererlöse erzielen muss, wird man wahrscheinlich unter Wert verkaufen müssen. Aber wir haben da einige Spieler (Zambrano, Seferovic, Hradecky, Castaignos, Stendera,  Aigner, ...) die - für einen Zweitligaverein - gutes Geld bringen können. Damit stünden eine Menge Mittel für einen Neuanfang in Liga Zwei bereit - wenn man gut scoutet und klug einkauft.

Meiner Meinung nach halten sollte man:

Hradecky (aber bei einem guten Angebot verkaufen, Lindner ist auch ein Guter)
Anderson, Russ (Kämpfer), Abraham, Regäsel
Gacinovic, Kittel, Fabian, Ignjovski
Meier, Castaignos (bei gutem Angebot aber abgeben), Waldschmidt (ggf. verleihen)

Abgeben sollte man:

Oczipka, Medojevic, Hasebe, Seferovic, Zambrano (wegen des Transfererlöses - auch wenn die nur zum Teil an Frankfurt gehen), Aigner, Chandler, Djakpa

Ich weiß, diese Aufzählung war natürlich nicht vollständig und bei vielen Abgängen müssen natürlich Neuzugänge her - ich hoffe auf junge, entwicklungsfähige, motivierte, schnelle, spielintelligente Typen, welche Teamplayer sind. Klar die will jeder... Bitte auch in Liga Drei und in ausländischen Ligen schauen.

Zsfg.:

Es sieht düster aus, aber ich sehe auch die Gelegenheit zu einem neuen Aufbruch. Ich hoffe, die Kovac-Brüder bleiben. Transfererlöse generieren und damit ein junges, hungriges Team aufbauen um die "Korsettstangen" Meier, Russ und Abraham. Ich freue mich, die Eintracht bestimmt bald wieder in oberen Tabellenregionen mitspielen zu sehen und dem Aufstieg entgegenzufiebern, statt jeden Spieltag das Näherrücken des Abstiegs zu befürchten.

Aber:

Noch sind wir NICHT abgestiegen! Noch besteht die rechnerische Chance. So lange sollte hundertprozentig gekämpft werden. Die letzten Spiele haben schon einige Verbesserungen gezeigt, ja, wir müssen Tore schießen und mal in Führung gehen. Ein Sieg von uns und eine gleichzeitige Niederlage von Werder Bremen und schon könnte es wieder klappen mit einem Endspiel um die Relegation und vielleicht ist dann das psychologische Moment auf unserer Seite, da wir aufgeholt haben. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

So, jetzt habe ich viel geschrieben, wenig Konkretes, eher Zusammengefasstes. Zerreißt mich, wenn Ihr möchtet. Ich bin traurig, dass es so weit um unsere Eintracht gekommen ist, aber ich möchte nicht nur schwarz sehen. Ich werde die Eintracht auch in der zweiten Liga weiter verfolgen, hier weiter stets mitlesen, Montagsspiele im TV sehen und die Daumen drücken!

Beste Grüße!
Henry