>

Gedanken im Fluss - Die 8 Köstlichkeiten der Unkaputtbaren

#
Angelangt an einer gesunden Basis in Liga 2 streckt der Adler seine müden Schwingen und erhebt sich endlich wieder in die Lüfte. Er plant einen Angriff auf die erste Bundesliga. So eine Ruhephase bringt immer den Vorteil mit, dass man Resultate an Hand des Kausalitätsprinzips analysieren kann und muss. Dieser Zwang über Ursachen und Wirkungen nachzudenken war längst überfällig. Sagt sich leicht, hinterher. Missstände wurden in Frankfurt nämlich nicht als „ganz normal“ abgetan und ein „Das wird schon werden“ – Lager gab es nie. Zwar fühlte ich mich, als sei der Busfahrer mit offenen Augen gegen die Wand gefahren. Doch völlig unaufgeregt sind wir nun schließlich da, wo sportliche Leiter die sportliche Leitung übernehmen dürfen. Nicht, dass es am Ende gar zu lasch in Frankfurt zu ginge…

Unselbständige Passivdenker katapultieren sich mit zweifelhaften Interviews getreu dem Motto: „Schluss machen, und zwar richtig!“ gekonnt selbst ins Aus. Und während man von der polarisierenden Ex-Personalie Amanatidis halten kann was man will, so wird der kleinste gemeinsame Nenner hier meist bei seiner direkten Art, der unmittelbaren Identifikation mit dem Verein und der Führungsqualität gefunden.

3 Werte, 2 Spieler, 1 Parallele: Gebührende Abschiede werden – wie auch immer geartet - nicht nur den langjährigen Spielern verwehrt, sondern eben auch den Fans. Blumen und Bremborio wie bei Marco Rehmer gibt es dann, wenn man es sich eben auch redlich verdient hatte (zu gehen). Die automatische Rechtschreibprüfung hat mir bei „Amanatidis“ übrigens vorgeschlagen: Ändern oder Ignorieren. Ich habe auf „Geht Beides nicht – Zahle irrsinnige Abfindung“ geklickt.

„Papa, was sind „Int-re-gera-zilons-Figuren?“
„Isch waas´ net mein Bubb´, aber vielleicht gibt’s da was im Eintracht Museum.“


Vorschlag: Alle austauschen, neue Spieler nur noch mit Masken und Nummern zeigen – So kommt der geneigte Fan erst gar nicht in Versuchung so dumm zu sein in einem Spieler mehr zu sehen als nur einen Angestellten. „Das ist auch nur ein Mensch“ zählt dann aber nicht mehr als Ausrede für Versagen – schließlich ist er als identitätsloser Fussballroboter zu Dauerhöchstleistungen verdammt. Verdaaaaaammmt!

Halb so wild, denn alles wird besser durch den klar definierten Verhaltenskodex, der kein Angebot darstellt sondern verbindlich ist. In der Sprache die ich gelernt habe heißt so etwas „Vorschrift / Regel“. Kommt aber natürlich nicht ganz so gut seinen Geldgebern Vorschriften zu machen. Geldgebern? Dauerbesucher, Auswärtsfahrer, Fahnenschwenker, Fanartikelkäufer, Reputationsgeber, Unterstützer, Meinungsbildner, Getränkekäufer. Ja, wir halten Euch sogar die Haare aus dem Gesicht wenn ihr von Eurem eigenen Gekicke mal wieder kotzen müsst.

DFB und DFL halten also völlig selbstlos nach der fantastischen Ballschubbs-WM die Pistole der Gesellschaftstauglichkeit auf die Brust von HB und fordern Taten. Der Prosecco im Aramark-Becher aus selbstauflösendem, fluguntauglichen Esspapier sowie das in Mondscheinwasser gegarte Putenbrustfilet wird wohl nicht mehr lange auf sich warten lassen, aber das ist es nicht. Obwohl Nationalmannschaft und Vereinsszene weiter auseinander liegen als ***** und Hirn ist die Faktenlage erschreckend:

Durch Zigarettenbengalos und tief fliegende Kunststoff-Becher sterben jedes Jahr in deutschen Fußballstadien Tausende Liter Bier. So hab ich das noch nie gesehen. Leute - das kann und darf so nicht weitergehen!

Damit entgegen jeder Annahme die Stellschrauben der Prävention nicht doch irgendwann mal aus gehen hätten wir da noch Präventivhaft, Sauerstoffentzug, Anschnallgurte, Fluchverbot. Das beste Wurfgeschoss gibt’s ad absurdum immer noch direkt im Stadion zu kaufen - trockene, knallharte Brötchen zur Worscht.

Klar - hinter all der Polemik tummelt sich die ernste Frage:
Hätten Vorfälle wie bspw. der böse Becher in Pauli, die assigen Ausschreitungen gegen Köln oder das fatale Feuerwerk in Karlsruhe durch diese rechtsverbindlichen Regeln verhindert werden können - allein durch die Tatsache, dass diese Selbstverständlichkeiten plötzlich synonymisiert als „Verhaltenskodex“ in Gold gemeißelt durchs Universum fliegen?
Natürlich! Denn in Deutschland gibt es an jeder Kreuzung Ampeln. Und wenn erst mal jeder weiß, dass das kein Vorschlag ist sondern eine Regel, dann – ja erst dann - passieren auch keine Unfälle mehr. Manchmal weiß ich selber nicht ob ich lachen oder weinen soll.

Warum gilt aber gerade die so lobbylose Frankfurter Szene als mit eine der lautesten, leidenschaftlichsten, treusten und bedingungslosesten? So simpel wie clever:
Weil Emotion funktioniert. Wie mit Allem kann es positiv oder negativ wirken. Aber erstmal wirkt es. Kontrollierte Emotionen wie Marienhof und ein Image aus Plastik sind:

[ulist]
  • Maßgeschneidert nach medienwirksamen, gesellschaftlich-abwegigen Idealen
  • Geschmacksneutral und jederzeit leicht austauschbar
  • Schmutz abweisend und für den Fall der Fälle aber
  • leicht sozial zu reinigen und gezielt nur
  • bei Bedarf abrufbar sowie jederzeit
  • unter Kontrolle und wegzusperren
  • [/ulist]
    Während Eintracht Frankfurt als die seit Jahren so etablierte, bei Erfolg still bewunderte und in Schieflage geraten als lauthals gefürchtete Titanic der Fanszene ihre Meilen auch bei schärfstem Gegenwind und größtem Wellengang treu und unbeeindruckt Stück für Stück runterschraubt, so könnten kontrollierte Emotionen der Eisberg sein, der "die Unkaputtbare“ zum ganz profanen Miet-Tretboot auf Malle für Jedermann machen. Wo die Sonne scheint fällt eben auch mal Regen. Den gibt es überall und er wird die Wüste nicht ertränken. Ebenso wird es trotzdem regnen, und wenn es Tausend Mal "nicht erlaubt ist".

    Ich meißle also meine eigenen Statuten und sende sie mit einem hässlichen, langhaarigen, schreienden Äffchen aus Offenbach ins All (Nein, nicht der Sternkopf-Michel):

    [ulist]
  • Ihr sollt AUFHÖREN zu versuchen aus der Diva eine medientaugliche Prinzessin machen zu wollen
  • Sie hat KEINE langen blonden Haare und keine blauen Augen
  • Sie trägt KEINE Röckchen und wenn doch, dann aus Leder
  • Sie hat KEINE makellose Haut sondern sichtbare Spuren des harten Alltags durch den sie geht
  • Sie ist tätowiert und gepierct
  • Sie will NICHT sein wie Andere, passt sich nicht an und bewahrt sich ihre Seele
  • Sie glitzert nicht kühl wie Stars sondern strahlt warm wie eine Fackel im Sturm
  • Sie schätzt das hemmungslose Gefühl bedingungslosen Rückhalts
  • [/ulist]

    „Wir mögen Menschen wegen ihrer Qualitäten,
    doch lieben wir sie erst wegen ihrer Makel.“


    In Liebe. Aufrichtig. Für immer.
    #
    #
    Mittelstürmer schrieb:
    Das beste Wurfgeschoss gibt’s ad absurdum immer noch direkt im Stadion zu kaufen - trockene, knallharte Brötchen zur Worscht.

    +1


    #
    großartig.
    #
    #
    Tja, jeder liebt halt anders. Aber ganz nett geschrieben
    #
    Ich such noch nach dem Inhalt.
    #
    Den letzten Satz habe ich verstanden und dem stimme ich auch zu!
    #
    Mittelstürmer schrieb:
    „Wir mögen Menschen wegen ihrer Qualitäten,
    doch lieben wir sie erst wegen ihrer Makel.“



    Aus Hellboy, oder? Passt ja irgendwie auch wieder zum Kontext  
    #
    groß!
    #
    #

    Schön Geschrieben
    #
    Top!!


    Teilen