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Geld fürs Praktikum

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Hallo zusammen,

bei mir stehen in diesem Jahr ein paar Praktika an. Soweit, so gut. Allerdings haben mir alle Arbeitgeber vorab gesagt, dass es sich um unentgeltliche Praktika handelt. Wikipedia sagt dazu Folgendes:

Das hessische Landesarbeitsgericht hat dabei im Jahr 1999 festgestellt, dass Praktikanten gemäß Berufsbildungsgesetz (BerBiFG) grundsätzlich einen Anspruch auf angemessene Bezahlung haben. Dies gilt insbesondere, wenn der Praktikant Arbeiten verrichtet, die berufstypisch für eine reguläre Fachkraft gelten. Die entsprechende Entlohnung hat sich dann theoretisch an den verkehrsüblichen Gehältern zu orientieren. Oft bemisst sie sich nach dem Lebensalter des Praktikanten. [...] Grundsätzlich ist bei Praktika eine "normale" Vergütung auf stündlicher, wöchentlicher oder monatlicher Basis denkbar, die jedoch auch als Aufwandsentschädigung, zum Beispiel in Form einer Unterhaltsbeihilfe/Unterhaltshilfe, von einigen Unternehmen bezahlt wird. Eine weitere mögliche Form der Bezahlung stellt ein Honorar dar.

Habe ich, trotz Ankündigung des Arbeitgebers, einen finanziellen Anspruch? Wenn ja, wie kann man die Karte am cleversten ausspielen?

Gruß 069er
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Ich glaube das gilt nicht für Praktika, die im Rahmen einer Ausbildung wie z.B. einer Umschulung durchgeführt werden. Ich hab' jedenfalls damals nichts bekommen und auch keiner meiner Mitumschüler.

Auch bei Schülerpraktika kann ich mir das nicht vorstellen.

Ich glaube das Gesetzt zielt auf Brachen wie die Werbung in denen es leider üblich ist Leute teilweise jahrelange Praktika für extrem wenig Geld machen zu lassen und damit Personalkosten zu sparen.

In welchem Zusammenhang machst Du denn das Praktikum?
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Wichtig auch: Wie lange gehen deine Praktika jeweils?

Je länger, desto eher kann man Druck auf den Arbeitgeber ausüben. Leider gibt es Branchen, die einfach nix bezahlen (z.B. auch Verlagswesen). Ist leider so.
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Ich mache die Praktika freiwillig, der besseren Berufsperspektive wegen. Läuft nicht im Zuge der Uni oder ähnlichem.

Es ist halt eine Branche, die ziemlich überlaufen ist. Sprich, die Firmen sind sich der Knappheit bewusst und können guten Gewissens behaupten, dass sie keine Kohle zahlen. Wenn ich mir da so manch meiner Studienkollegen anschaue, die wirtschafsorientiert studieren, dann kann man durchaus neidisch werden. Das Geld scheint dort wesentlich lockerer zu sitzen.
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JaNik schrieb:

Je länger, desto eher kann man Druck auf den Arbeitgeber ausüben. Leider gibt es Branchen, die einfach nix bezahlen (z.B. auch Verlagswesen). Ist leider so.


Bingo!
Umso mehr überrascht mich der WikiArtikel, bzw das Gerichtsurteil.
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Ich bin immer zwigespalten, was Praktika angeht. Im Rahmen des Studiums um einen Einblick in die Arbeitswelt zu erhalten - ok, habe ich auch gemacht und ist auch wichtig. Mir hat es viel gebracht.

Viele machen aber auch nach dem Studium ein Praktikum nach dem anderen, um Arbeitserfahrung zu sammeln und lassen sich dabei als Billiglohnkräfte übern Tisch ziehen.

Mir wurde mal der Arbeitsplatz quasi von einer Praktikantin 'weggenommen'. Aufgrund der Auftragslage wurde ich bereits auf 20 Stunden reduziert. Sie war allerdings 40 Stunden die Woche da und das für 300.-€ im Monat. Und da sie am Ende des Studiums war, konnte man sie schon als ordentliche Bürokraft einsetzen.

Daher, sich das Praktikum gut bezahlen lassen. Sollte man trotzdem ein Praktikum unentgeltlich machen, dann sollte man sich die Zeit nehmen, sich mit Arbeitsweisen, Inhalte etc. so intensiv zu beschäftigen, dass man so viel wie möglich mitnimmt.
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069er schrieb:
... die Firmen sind sich der Knappheit bewusst und können guten Gewissens behaupten, dass sie keine Kohle zahlen...


Genau das ist die Begründung, warum es beim Praktikum i.d.R. nichts gibt. Angebot und Nachfrage - ganz einfach  :neutral-face

"Praktikum" wird von mancher Firma sehr weit gefasst; ursprünglich sollte ein Praktikum dazu dienen, eine Branche / Unternehmen kennenzulernen. Es werden diverse Arbeitsabläufe erklärt, was allerdings dazu führt, dass bezahlte Angestellte in dieser Zeit nicht ihrer Arbeit nachgehen können; diese investierte Zeit soll dadurch ausgeglichen werden, dass der Praktikant auch "mitanpackt".
Daher kannst du davon ausgehen, dass es bei Kurzpraktika ( geschätzt ca. 6-8 Wochen ) kein Entgelt gibt.

Bei längeren Praktika könnte durchaus ein Anspruch entstehen, wenn Praktikanten -wie im Urteil beschrieben- zu Arbeiten eingesetzt werden, die nach Qualifikation und Umfang einer Vollzeitstelle entsprechen. Damit würde nämlich ein Praktikant als Vollzeitbeschäftigter "missbraucht", was nicht Sinn und Zweck eines Praktikums sein sollte.

Allerdings gibt es ( noch ) kein explizites "Praktikantengesetz" - vieles ist, wie im Arbeitsrecht häufig - an sogenanntes Richterrecht angelehnt.  
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Google doch einfach mal. Habe z.B. nach 30 sec dies hier gefunden:

http://www.generation-praktikum.de/mod/resource/view.php?id=63
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Für die Frage der Vergütungspflicht ist es nicht entscheidend, ob das Ganze als „Praktikum oder sonstwie bezeichnet wird. Wichtig ist vielmehr, wie das Vertragsverhältnis tatsächlich durchgeführt wird. Wenn es sich um echte Mitarbeit handelt,besteht einVergütungsanspruch .

Ein Praktikant ist vorübergehend in einem Betrieb tätig, um sich dort praktische Kenntnisse und Erfahrungen anzueignen, die zur Vorbereitung auf einen (meist akademischen) Beruf notwendig sind.

Ein Arbeitnehmer ist zur Arbeitsleistung verpflichtet. Er ist in die Arbeitsorganisation eingegliedert und unterliegt einem Weisungsrecht betreffend Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort seiner Tätigkeit.

Ist ein Praktikum Bestandteil einer Fachhochschul- oder Hochschulausbildung, haben die Praktikanten weder Anspruch auf Vergütung noch auf Urlaub. Ebenso wenig genießen sie Kündigungsschutz.


Auch wenn der Praktikant nützliche oder verwertbare Tätigkeiten verrichtet, besteht nur dann eine Verpflichtung zur Zahlung einer Vergütung, wenn dies ausdrücklich vereinbart wurde.


Fälle, in denen der Praktikant weisungsgebunden in den Betrieb eingebunden wird sind anders zu beurteilen.. Hier handelt es sich um ein echtes, wenn auch verschleiertes Arbeitsverhältnis. Eine unentgeltliche Tätigkeit ist dann nicht möglich!  
Eine Vergütungspflicht ergibt sich aus § 611 Absatz 1 und § 612 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Ist die Arbeitsleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten, gilt eine solche stillschweigend vereinbart. Allerdings trifft den Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast, dass es sich um ein vergütungspflichtiges Arbeitsverhältnis handelt bzw. gehandelt hat. Gleiches gilt, falls er behauptet, es sei eine Bezahlung vereinbart worden.

Wenn – wie üblich – keine Vereinbarung zur Höhe der Vergütung getroffen wurde, bestimmt sich diese nach Maßgabe einer Taxe (nach Bundes- oder Landesrecht zugelassene und festgelegte Gebühren oder Vergütungssätze) oder nach der Üblichkeit. Hierbei kommt zunächst – auch bei nicht tarifgebundenen Vertragsparteien – eine Anlehnung an tarifliche Regelungen in Betracht. Existieren keine, wird man sich an den tariflichen Entgelten vergleichbarer Gehaltsgruppen orientieren müssen. Vergütungsansprüche können innerhalb von drei Jahren rückwirkend eingeklagt werden (§ 195 BGB)


Alle übrigen Praktikanten werden von § 26 Berufsbildungsgesetz (BBiG) erfasst. Diese Vorschrift gilt „für Personen, die eingestellt werden, um berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder berufliche Erfahrungen zu erwerben, ohne dass es sich um eine Berufsausbildung im Sinne dieses Gesetzes handelt
Diese Praktikanten haben ähnlich wie Auszubildende Anspruch auf entsprechenden Lohn und Urlaub (§§ 10 bis 23 und 25 BBiG).

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Danke für die Infos!


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