Vor Wochen schon wollte ich Karten besorgen. Geht nicht – an diesem Tag hat meine Schwiegermutter Geburtstag.
Irgendwann hab ich das dann verdrängt und 2 Karten ergattert. Die Schwiegermama hat’s mit Fassung getragen.
Fast schwieriger war es, 4 Tage vor dem Konzert in Berlin noch ein gescheites Zimmer zu finden. Am Ende klappte auch das.
Letzte zu umschiffende Klippe war das Wetter, das in den Tagen zuvor für diesen Sommer vergleichsweise akzeptabel war und, natürlich passend zum Wochenende, einen (weiteren) Einbruch haben sollte. Der hielt sich jedoch in erträglichen Grenzen. Ein paar wenige Regenspritzer am Nachmittag, und auch abends um das Stadion herum blieb es praktisch komplett trocken. Erfroren ist auch niemand. Glück gehabt.
Das persönliche „Warm-Up-Programm“: eine sehr angenehme zweistündige 7-Seen-Bootsfahrt rund um den Wannsee. Einfach nur schön und empfehlenswert. Entsprechend den vielen Flüssen, Kanälen und Seen in und rings um Berlin gibt es viele Touren zu günstigen Preisen. Eine tolle Möglichkeit, bequem und in Ruhe Eindrücke von der Stadt und ihrer Umgebung zu gewinnen.
Praktischerweise befindet sich direkt gegenüber der Bootsanlegestelle ein großes Ausflugslokal, Gelegenheit, sich zu zivilen Preisen gutbürgerlich für den langen Abend zu stärken.
Selbst der S-Bahnhof Wannsee liegt nur ein paar Schritte entfernt. Passt alles wunderbar. Das Auto kann hier stehen bleiben, kein Verkehrs- und Parkplatzstress vor und nach dem Konzert.
Und schon bald ist es soweit, auf geht’s auf Richtung Stadion, unterwegs 1 mal umsteigen, das ist zu ertragen. Die Waggons sind sehr gut gefüllt, aber wen wundert’s: es ist Samstagnachmittag, und die Besuchermassen zum Konzert sind im Anmarsch. Die kurze Fahrtzeit macht die Enge im Zug akzeptabel. Viele haben U2-Shirts an und waren schon bei früheren Konzerten dabei.
Am Stadion angekommen, fallen etliche Kartenverkäufer auf. Wer den Nervenkitzel mag, hätte also auch ohne Ticket anreisen können - alles eine Frage des Preises.
Die Orientierung war mir als „routinierterem“ Olympiastadionbesucher leicht. Vor unserer Kurve war ein großer Merchandise-Truck platziert. Ein nettes U2-Shirt hätte ich gerne mitgenommen. 30€ sind nicht unbedingt günstig, wirklich vom Kauf abgehalten hat mich aber die Masse Mensch rund um den Truck. Unglaublich, das waren Hunderte von Leuten, und beileibe nicht etwa Kids sondern eher Familienväter.
So kamen wir recht früh ins Stadion, erst wenige Tausend hatten sich eingefunden. Der Platz war recht weit weg von der gigantischen, einer Art Raumschiff nachempfundenen Bühne. Ohne Fernglas hätte man nicht feststellen können, ob statt Bono vielleicht irgendein Würstchenverkäufer am Mikrofon steht. Auch 30 Meter näher war das sicher ähnlich. So ist das eben bei diesen großen Konzerten. Trotzdem war das Mitführen einer Sehhilfe nicht nötig, dank einer großer Projektionsfläche direkt über der vollen Breite der Bühne.
Entgegen der Situation im Innenraum (wir konnten mehrere Schlangen mit bis zu 50 Metern Länge vor den Dixi-Klos beobachten) war bei uns weiter oben in der Hertha-Kurve die „Toiletten-Lage“ laut Auskunft meiner Frau sehr komfortabel: keine Wartezeiten, alles sehr sauber.
Auch die Versorgung war zufrieden stellend: Hot-Dogs, Curry- und Bratwurst, große Brezel und Creppes konnte ich erspähen, neben den obligatorischen Getränken gab es sogar Erdbeerbowle. Natürlich waren die Preise „stadionüblich“, schließlich wollen die Leute was verdienen.
Der Uhrzeiger war auf etwa 19.20 Uhr vorgerückt, als vor geschätzten 20.000 Besuchern die Vorgruppe die Bühne betrat.
SNOW PATROL sind jenen, die die Rockszene beobachten, mittlerweile als Interpreten gutklassiger Songs bekannt, einige davon dank Präsenz im Radio mit hohem Bekanntheitsgrad. U2 lassen schließlich auch nicht irgendwen auf die Bühne…So war es denn kein Wunder, dass die Gruppe von der ersten Minute an Zugang zum Publikum hatte und auch Dank ihres sehr gut gelaunten und kommunikativen Leadsängers den Job bestens erfüllte, der ihr zugedacht war: die Leute in Stimmung zu bringen. Die Jungs spielten wohl etwa 45 Minuten, vielleicht war es auch eine knappe Stunde. Die Zeit war schnell vorbei. Erstes Fazit: wer sie verpasst hatte, der hat was verpasst.
Danach die üblichen Umbauarbeiten, man kennt das ja. Gelegenheit, sich zu füllen oder zu entleeren, je nachdem. Gelegenheit, Kontakt zum Sitznachbarn aufzunehmen. Und vor allem Gelegenheit, die riesige Bühnenkonstruktion und das sich immer mehr füllende große Stadion genauer in Augenschein zu nehmen. Eine absolut interesante, schöne und zunehmend prickelnde Atmosphäre, die man schließlich nicht aller Tage erlebt. Man konnte es spüren: heute steht etwas Außergewöhnliches bevor.
Die Helligkeit des Tages begann langsam zu schwinden. Die wenig bedrohlich wirkende Bewölkung behielt ihre Last bei sich. Das mittlerweile praktisch vollbesetzte Stadion versprühte gute Laune, etliche Laola-Wellen schwappten durch das erwartungsfrohe Rund.
Plötzlich stieg rund um die Bühne Rauch auf. Der Geräuschpegel der Kulisse stieg auf Spitzenwerte an. Um den hinteren Teil der Bühne, zum Marathontor hin, setzte ein sich durch das ganze Stadion ausbreitendes Blitzlichtgewitter ein, die Leute dort sahen sie als erste kommen: Bono, Edge & Co. waren im Anmarsch und betraten die Bühne. Ein Orkan von wildem Willkommensgeschrei und Pfiffen dröhnte durch das Stadion, das Publikum befand sich schon in Rage, bevor die erste Note gespielt war.
Die ließ allerdings auch nicht lange auf sich warten, U2 legten gleich mit Volldampf los, die ersten Lieder praktisch ohne Pause und sämtlich aus ihrem großartigen aktuellen Album „No Line On The Horizon“, wo sich mehrere Titel mit dem Zeug zum Klassiker befinden, stellvertretend sei hier „Magnificent“ genannt. Danach begrüßte Bono sehr herzlich die Zuschauer, dokumentierte die hohe Affinität der Band zur Stadt Berlin, und bedankte sich auch sehr herzlich bei der Vorgruppe für den guten Job.
Für mich gibt es da keinen Zweifel: diese Jungs sind Weltstars, aber sie kommen sehr authentisch rüber, sie meinen was sie sagen, ohne erkennbare Allüren, und: sie leisten auf der Bühne absolut erstklassige und professionelle Arbeit.
Was folgte, war ein Querschnitt ihrer mittlerweile etwa 30jährigen Karriere (was für sich allein schon Aussage genug ist), ein Traum von Klängen und optischen Reizen ohnegleichen. Zu hören waren u.a. natürlich Titel wie „One“, „Where The Streets Have No Name“, „In The Name Of Love“, oder „Sunday Bloody Sunday“, um nur Einige zu nennen. Kurzum, ein Höhepunkt jagte den Nächsten, die wohligen Schauer nahmen kein Ende. Die Gruppe nahm sogar einen kurzen musikalischen Bezug auf Michael Jackson, was vom Publikum wohlwollend quittiert wurde.
Mehrfach im Laufe der Show verließen alle Musiker (außer dem Schlagzeuger natürlich) den zentralen mittleren Bühnenteil und begaben sich über 2 geschwungene, jeweils mehrere Meter lange Brücken auf einen äußeren Bühnenring, um von dort Rundgänge zu unternehmen und dem Publikum überall etwas näher zu sein. Darüber hinaus dokumentierte die Gruppe, dass sie nicht im Elfenbeinturm lebt und ihr der Rest der Welt egal ist. So wurde auf die aktuell ausgesprochene langjährige Haftstrafe gegen eine chinesische Bürgerrechtlerin hingewiesen (so habe ich es jedenfalls verstanden, aufgrund des großen Lärms und der Entfernung war nicht Alles zweifelsfrei zu verstehen), zusätzlich erschien ihr Bild über der Bühne. Per Videoclip verlas Nelson Mandela eine politisch orientierte Grußbotschaft, und nach anschliessendem Hinweis von Bono entrichtete das Publikum dem afrikanischen Menschenrechtler ein Geburtstagsständchen.
Die Zeit verging wie im Flug, gerne hätte man den Uhrzeiger festgenagelt. 3 Titel vor Schluß nahm die Band eine kurze, vielleicht einminütige Pause, dann ging es auch schon mit dem - von vielen gar nicht als solchem wahrgenommenen - Zugabenteil weiter.
Und dann war es auch schon vorbei, dieses wunderbare und sicher unvergessliche Konzert. Der Abschied der Musiker fand recht kurz und ohne großes Brimborium statt, und kaum hatten sie die Bühne verlassen, teilweise schon vorher, stürmten die ersten Leute zu den Ausgängen. Eine Unart. Dabei war das Getümmel angesichts von wohl 80 – 90.000 Besuchern absolut erträglich, zumindest die Abfahrt der Massen an den Bahnsteigen war gut organisiert.
Auch unsere eigene Heimfahrt verlief gut, lediglich am Hotel gab es Probleme, noch einen Parkplatz zu finden. Aber auch das wurde geregelt. Was folgte, war noch ein kleiner Imbiß nebst Absacker und eine erholsame, wenn auch kurze Nacht.
Der folgende Morgen begrüßte uns mit – Sonnenschein! Und so wurde die Heimfahrt noch einige Stunden hinaus geschoben, in der Nähe gab es eine lauschige Frühstücksgelegenheit. Bei herrlicher Atmosphäre im Grünen gesellten sich an 2 Nachbartischen weitere U2-Reisende hinzu, und so wurden aus 1 Stunde Frühstück am Ende fast deren 3. Unterhaltsam, amüsant, bepackt mit Erfahrungsberichten und Anekdoten.
Danach waren wir schnell auf der Autobahn. 1 kurzer Stau gleich zu Beginn, 1 kurzer heftiger Regenguß, und dann waren wir wieder zuhause in Nordhessen.
Ein Berlin-Besuch, wie er besser kaum sein konnte. Wir haben die Weltspitze der Rockmusik und Konzertszene erlebt und erneut gesehen: Berlin ist eine sehr schöne und vielfältige Stadt mit einem enormen kulturellen Angebot. Was diesmal alleine fehlte, war die Bembelbar in Kreuzberg. Es wird weitere Besuche geben!
Zum Schluß noch ein Tip: U2 spielt während dieser Tournee nur noch 1 mal in Deutschland, leider ausgerechnet in der Turnhalle in Gelsenkirchen, am Montag, den 3. August. Dennoch: wer Gelegenheit hat, dieses Konzert zu sehen, sollte es tun.
U2 ist eine der wenigen Bands, deren Werke ich schon sehr lange aktiv verfolge und die es immer wieder geschafft, super Songs herauszubringen und die ich mir auch live gerne noch mal ansehen würde.
Sieht so aus als ob man da wirklich was verpasst hat, wenn man nicht da war
Schöner Bericht aber jedesmal wenn ich Bono sehe muss ich Kotzen... Wieder mal einer dieser "Promis" der die Welt verbessern will und anderen ein schlechtes gewissen einredet es aber selbst nicht besser macht.....
Grow schrieb: Schöner Bericht aber jedesmal wenn ich Bono sehe muss ich Kotzen... Wieder mal einer dieser "Promis" der die Welt verbessern will und anderen ein schlechtes gewissen einredet es aber selbst nicht besser macht.....
Seh ich genauso. Aber erstmal, wirklich ein schöner Bericht!
Dennoch: Die Tatsache, dass sich der liebe Weltverbesser mit seinem Gefolge in einem Stadion vor 80.000 Menschen präsentieren muss, macht für mich einen entschieden zu selbstglorifizierenden Eindruck. Das ist Popstar gehabe, das sollte eine "Rock" (Pop) Band wie U2 nicht nötig haben. Ähnliches gilt natürlich auch für AC/DC usw.
In der Tat ein sehr gelungener (und auch sprachlich höchst anspruchsvoller!) Bericht. Vielen Dank dafür! U2 ist so ziemlich die einzige zeitgenössische Band, die auch ich seit längerem verfolge. Ich glaube, wenn ich das Lied "Sunday Bloody Sunday" live hören würde, wäre da mit Sicherheit mehr zu verspüren, als nur eine krasse Gänsehaut. Diese stellt sich ja schön beim Hören dieser Version ein. Zu beachten sind Bonos Statements (no more IRA) am Ende des Songs; "twentynine people - too many!"
ghostinthemachine schrieb: Für mich gibt es da keinen Zweifel: diese Jungs sind Weltstars, aber sie kommen sehr authentisch rüber, sie meinen was sie sagen, ohne erkennbare Allüren, [...]
Tja, so sind sie eben, die Iren.
Wall of Fame, Dublin, August letzten Jahres
Und ich muss mich Kine anschließen ...
... das Ganze hört sich tatsächlich nach einem äußerst gelungenen Wochenende an. Freut mich!
wer snow patrol mag und lust auf gänsehaut hat: http://www.youtube.com/watch?v=CmK6IEDnvAk 2004 spielten sie ihren ersten hit "run" auf dem glastonbury-festival und man kann ihnen richtig ansehen, dass sie zuvor so ungefähr nur in garagen gespielt hatten. und wenn dann am ende die 80.000 den refrain... schauts euch einfach an.
Henk schrieb: wer snow patrol mag und lust auf gänsehaut hat: http://www.youtube.com/watch?v=CmK6IEDnvAk 2004 spielten sie ihren ersten hit "run" auf dem glastonbury-festival und man kann ihnen richtig ansehen, dass sie zuvor so ungefähr nur in garagen gespielt hatten. und wenn dann am ende die 80.000 den refrain... schauts euch einfach an.
An die Bono-Kritker: ich habe ein Konzert gesehen, und ganz sicher keine politische Veranstaltung! Das Bono und Co. sich in Vergangenheit und Gegenwart engagiert haben, war mir in der Summe bekannt, jedoch ohne Details.
Grundsätzlich kann ich zunächst einmal nicht erkennen, warum Stars wie er das nicht machen sollten, wenn sie das möchten. Schliesst der Status eines Rockstars ein politisches Engagement per se aus? Und wenn ja, warum? Sind diese Leute dafür zu dumm oder macht Reichtum automatisch verdächtig und unglaubwürdig?
Ich hatte jedenfalls noch nicht den Eindruck, daß Bono Leuten ein schlechtes Gewissen einredet. Könnt ihr aus dem Stehgreif Beispiele nennen oder müßt ihr erst mal googeln? Was ich zunächst mal zum Kotzen finde, sind derart pauschale Anschuldigungen.
Und wenn eine Band vom Format und Bekanntheitsgrad von U2 in ein großes Stadion geht, so ist das einfach nur eine normale Sache. Die Nachfrage ist da, und andere Bands in ähnlicher Situation haben das in der Vergangenheit auch schon gemacht. Wenn man solche Großveranstaltungen nicht mag, ist das eine rein persönliche Geschichte. Niemand wird gezwungen, dort hin zu gehen. Jedenfalls hat auf mich niemand im Stadion einen unglücklichen Eindruck gemacht - ganz im Gegenteil.
Die Bands fangen alle klein an, und sofern sie vorher nicht auseinanderfallen, werden sie später auch mal wieder an kleineren Plätzen zu sehen sein. So what?
Irgendwann hab ich das dann verdrängt und 2 Karten ergattert. Die Schwiegermama hat’s mit Fassung getragen.
Fast schwieriger war es, 4 Tage vor dem Konzert in Berlin noch ein gescheites Zimmer zu finden. Am Ende klappte auch das.
Letzte zu umschiffende Klippe war das Wetter, das in den Tagen zuvor für diesen Sommer vergleichsweise akzeptabel war und, natürlich passend zum Wochenende, einen (weiteren) Einbruch haben sollte.
Der hielt sich jedoch in erträglichen Grenzen. Ein paar wenige Regenspritzer am Nachmittag, und auch abends um das Stadion herum blieb es praktisch komplett trocken. Erfroren ist auch niemand. Glück gehabt.
Das persönliche „Warm-Up-Programm“: eine sehr angenehme zweistündige 7-Seen-Bootsfahrt rund um den Wannsee. Einfach nur schön und empfehlenswert. Entsprechend den vielen Flüssen, Kanälen und Seen in und rings um Berlin gibt es viele Touren zu günstigen Preisen. Eine tolle Möglichkeit, bequem und in Ruhe Eindrücke von der Stadt und ihrer Umgebung zu gewinnen.
Praktischerweise befindet sich direkt gegenüber der Bootsanlegestelle ein großes Ausflugslokal, Gelegenheit, sich zu zivilen Preisen gutbürgerlich für den langen Abend zu stärken.
Selbst der S-Bahnhof Wannsee liegt nur ein paar Schritte entfernt. Passt alles wunderbar. Das Auto kann hier stehen bleiben, kein Verkehrs- und Parkplatzstress vor und nach dem Konzert.
Und schon bald ist es soweit, auf geht’s auf Richtung Stadion, unterwegs 1 mal umsteigen, das ist zu ertragen. Die Waggons sind sehr gut gefüllt, aber wen wundert’s: es ist Samstagnachmittag, und die Besuchermassen zum Konzert sind im Anmarsch. Die kurze Fahrtzeit macht die Enge im Zug akzeptabel. Viele haben U2-Shirts an und waren schon bei früheren Konzerten dabei.
Am Stadion angekommen, fallen etliche Kartenverkäufer auf. Wer den Nervenkitzel mag, hätte also auch ohne Ticket anreisen können - alles eine Frage des Preises.
Die Orientierung war mir als „routinierterem“ Olympiastadionbesucher leicht. Vor unserer Kurve war ein großer Merchandise-Truck platziert. Ein nettes U2-Shirt hätte ich gerne mitgenommen. 30€ sind nicht unbedingt günstig, wirklich vom Kauf abgehalten hat mich aber die Masse Mensch rund um den Truck. Unglaublich, das waren Hunderte von Leuten, und beileibe nicht etwa Kids sondern eher Familienväter.
So kamen wir recht früh ins Stadion, erst wenige Tausend hatten sich eingefunden. Der Platz war recht weit weg von der gigantischen, einer Art Raumschiff nachempfundenen Bühne. Ohne Fernglas hätte man nicht feststellen können, ob statt Bono vielleicht irgendein Würstchenverkäufer am Mikrofon steht. Auch 30 Meter näher war das sicher ähnlich. So ist das eben bei diesen großen Konzerten. Trotzdem war das Mitführen einer Sehhilfe nicht nötig, dank einer großer Projektionsfläche direkt über der vollen Breite der Bühne.
Entgegen der Situation im Innenraum (wir konnten mehrere Schlangen mit bis zu 50 Metern Länge vor den Dixi-Klos beobachten) war bei uns weiter oben in der Hertha-Kurve die „Toiletten-Lage“ laut Auskunft meiner Frau sehr komfortabel: keine Wartezeiten, alles sehr sauber.
Auch die Versorgung war zufrieden stellend: Hot-Dogs, Curry- und Bratwurst, große Brezel und Creppes konnte ich erspähen, neben den obligatorischen Getränken gab es sogar Erdbeerbowle. Natürlich waren die Preise „stadionüblich“, schließlich wollen die Leute was verdienen.
Der Uhrzeiger war auf etwa 19.20 Uhr vorgerückt, als vor geschätzten 20.000 Besuchern die Vorgruppe die Bühne betrat.
SNOW PATROL sind jenen, die die Rockszene beobachten, mittlerweile als Interpreten gutklassiger Songs bekannt, einige davon dank Präsenz im Radio mit hohem Bekanntheitsgrad. U2 lassen schließlich auch nicht irgendwen auf die Bühne…So war es denn kein Wunder, dass die Gruppe von der ersten Minute an Zugang zum Publikum hatte und auch Dank ihres sehr gut gelaunten und kommunikativen Leadsängers den Job bestens erfüllte, der ihr zugedacht war: die Leute in Stimmung zu bringen. Die Jungs spielten wohl etwa 45 Minuten, vielleicht war es auch eine knappe Stunde. Die Zeit war schnell vorbei. Erstes Fazit: wer sie verpasst hatte, der hat was verpasst.
Danach die üblichen Umbauarbeiten, man kennt das ja. Gelegenheit, sich zu füllen oder zu entleeren, je nachdem. Gelegenheit, Kontakt zum Sitznachbarn aufzunehmen. Und vor allem Gelegenheit, die riesige Bühnenkonstruktion und das sich immer mehr füllende große Stadion genauer in Augenschein zu nehmen. Eine absolut interesante, schöne und zunehmend prickelnde Atmosphäre, die man schließlich nicht aller Tage erlebt. Man konnte es spüren: heute steht etwas Außergewöhnliches bevor.
Die Helligkeit des Tages begann langsam zu schwinden. Die wenig bedrohlich wirkende Bewölkung behielt ihre Last bei sich. Das mittlerweile praktisch vollbesetzte Stadion versprühte gute Laune, etliche Laola-Wellen schwappten durch das erwartungsfrohe Rund.
Plötzlich stieg rund um die Bühne Rauch auf. Der Geräuschpegel der Kulisse stieg auf Spitzenwerte an. Um den hinteren Teil der Bühne, zum Marathontor hin, setzte ein sich durch das ganze Stadion ausbreitendes Blitzlichtgewitter ein, die Leute dort sahen sie als erste kommen: Bono, Edge & Co. waren im Anmarsch und betraten die Bühne. Ein Orkan von wildem Willkommensgeschrei und Pfiffen dröhnte durch das Stadion, das Publikum befand sich schon in Rage, bevor die erste Note gespielt war.
Die ließ allerdings auch nicht lange auf sich warten, U2 legten gleich mit Volldampf los, die ersten Lieder praktisch ohne Pause und sämtlich aus ihrem großartigen aktuellen Album „No Line On The Horizon“, wo sich mehrere Titel mit dem Zeug zum Klassiker befinden, stellvertretend sei hier „Magnificent“ genannt.
Danach begrüßte Bono sehr herzlich die Zuschauer, dokumentierte die hohe Affinität der Band zur Stadt Berlin, und bedankte sich auch sehr herzlich bei der Vorgruppe für den guten Job.
Für mich gibt es da keinen Zweifel: diese Jungs sind Weltstars, aber sie kommen sehr authentisch rüber, sie meinen was sie sagen, ohne erkennbare Allüren, und: sie leisten auf der Bühne absolut erstklassige und professionelle Arbeit.
Was folgte, war ein Querschnitt ihrer mittlerweile etwa 30jährigen Karriere (was für sich allein schon Aussage genug ist), ein Traum von Klängen und optischen Reizen ohnegleichen.
Zu hören waren u.a. natürlich Titel wie „One“, „Where The Streets Have No Name“, „In The Name Of Love“, oder „Sunday Bloody Sunday“, um nur Einige zu nennen. Kurzum, ein Höhepunkt jagte den Nächsten, die wohligen Schauer nahmen kein Ende. Die Gruppe nahm sogar einen kurzen musikalischen Bezug auf Michael Jackson, was vom Publikum wohlwollend quittiert wurde.
Mehrfach im Laufe der Show verließen alle Musiker (außer dem Schlagzeuger natürlich) den zentralen mittleren Bühnenteil und begaben sich über 2 geschwungene, jeweils mehrere Meter lange Brücken auf einen äußeren Bühnenring, um von dort Rundgänge zu unternehmen und dem Publikum überall etwas näher zu sein.
Darüber hinaus dokumentierte die Gruppe, dass sie nicht im Elfenbeinturm lebt und ihr der Rest der Welt egal ist. So wurde auf die aktuell ausgesprochene langjährige Haftstrafe gegen eine chinesische Bürgerrechtlerin hingewiesen (so habe ich es jedenfalls verstanden, aufgrund des großen Lärms und der Entfernung war nicht Alles zweifelsfrei zu verstehen), zusätzlich erschien ihr Bild über der Bühne. Per Videoclip verlas Nelson Mandela eine politisch orientierte Grußbotschaft, und nach anschliessendem Hinweis von Bono entrichtete das Publikum dem afrikanischen Menschenrechtler ein Geburtstagsständchen.
Die Zeit verging wie im Flug, gerne hätte man den Uhrzeiger festgenagelt. 3 Titel vor Schluß nahm die Band eine kurze, vielleicht einminütige Pause, dann ging es auch schon mit dem - von vielen gar nicht als solchem wahrgenommenen - Zugabenteil weiter.
Und dann war es auch schon vorbei, dieses wunderbare und sicher unvergessliche Konzert. Der Abschied der Musiker fand recht kurz und ohne großes Brimborium statt, und kaum hatten sie die Bühne verlassen, teilweise schon vorher, stürmten die ersten Leute zu den Ausgängen. Eine Unart. Dabei war das Getümmel angesichts von wohl 80 – 90.000 Besuchern absolut erträglich, zumindest die Abfahrt der Massen an den Bahnsteigen war gut organisiert.
Auch unsere eigene Heimfahrt verlief gut, lediglich am Hotel gab es Probleme, noch einen Parkplatz zu finden. Aber auch das wurde geregelt. Was folgte, war noch ein kleiner Imbiß nebst Absacker und eine erholsame, wenn auch kurze Nacht.
Der folgende Morgen begrüßte uns mit – Sonnenschein! Und so wurde die Heimfahrt noch einige Stunden hinaus geschoben, in der Nähe gab es eine lauschige Frühstücksgelegenheit. Bei herrlicher Atmosphäre im Grünen gesellten sich an 2 Nachbartischen weitere U2-Reisende hinzu, und so wurden aus 1 Stunde Frühstück am Ende fast deren 3. Unterhaltsam, amüsant, bepackt mit Erfahrungsberichten und Anekdoten.
Danach waren wir schnell auf der Autobahn. 1 kurzer Stau gleich zu Beginn, 1 kurzer heftiger Regenguß, und dann waren wir wieder zuhause in Nordhessen.
Ein Berlin-Besuch, wie er besser kaum sein konnte. Wir haben die Weltspitze der Rockmusik und Konzertszene erlebt und erneut gesehen: Berlin ist eine sehr schöne und vielfältige Stadt mit einem enormen kulturellen Angebot. Was diesmal alleine fehlte, war die Bembelbar in Kreuzberg. Es wird weitere Besuche geben!
Zum Schluß noch ein Tip: U2 spielt während dieser Tournee nur noch 1 mal in Deutschland, leider ausgerechnet in der Turnhalle in Gelsenkirchen, am Montag, den 3. August.
Dennoch: wer Gelegenheit hat, dieses Konzert zu sehen, sollte es tun.
Wir in Kapstadt warten ja immer noch auf Bono und seine Jungs.
Mein Sohn (was zeigt nicht nur was für Grufties) und ich würden uns riesig freuen.
Uns bleibt dann halt nur mal wieder ne DVD anzusehen.
Danke für den Bericht
Gruß Afrigaaner
U2 ist eine der wenigen Bands, deren Werke ich schon sehr lange aktiv verfolge und die es immer wieder geschafft, super Songs herauszubringen und die ich mir auch live gerne noch mal ansehen würde.
Sieht so aus als ob man da wirklich was verpasst hat, wenn man nicht da war
Durfte sie in den 90ern in Mannheim bewundern....
Wieder mal einer dieser "Promis" der die Welt verbessern will und anderen ein schlechtes gewissen einredet es aber selbst nicht besser macht.....
Southpark hat das mal schön dargestellt...
http://www.youtube.com/watch?v=J-PyihD7F-Y
Seh ich genauso.
Aber erstmal, wirklich ein schöner Bericht!
Dennoch: Die Tatsache, dass sich der liebe Weltverbesser mit seinem Gefolge in einem Stadion vor 80.000 Menschen präsentieren muss, macht für mich einen entschieden zu selbstglorifizierenden Eindruck.
Das ist Popstar gehabe, das sollte eine "Rock" (Pop) Band wie U2 nicht nötig haben. Ähnliches gilt natürlich auch für AC/DC usw.
Außerdem mag ich Bono einfach nicht
Tja, so sind sie eben, die Iren.
Wall of Fame, Dublin, August letzten Jahres
Und ich muss mich Kine anschließen ...
... das Ganze hört sich tatsächlich nach einem äußerst gelungenen Wochenende an. Freut mich!
http://www.youtube.com/watch?v=CmK6IEDnvAk
2004 spielten sie ihren ersten hit "run" auf dem glastonbury-festival und man kann ihnen richtig ansehen, dass sie zuvor so ungefähr nur in garagen gespielt hatten. und wenn dann am ende die 80.000 den refrain...
schauts euch einfach an.
gruß von
henk
großartig...
An die Bono-Kritker: ich habe ein Konzert gesehen, und ganz sicher keine politische Veranstaltung! Das Bono und Co. sich in Vergangenheit und Gegenwart engagiert haben, war mir in der Summe bekannt, jedoch ohne Details.
Grundsätzlich kann ich zunächst einmal nicht erkennen, warum Stars wie er das nicht machen sollten, wenn sie das möchten. Schliesst der Status eines Rockstars ein politisches Engagement per se aus? Und wenn ja, warum? Sind diese Leute dafür zu dumm oder macht Reichtum automatisch verdächtig und unglaubwürdig?
Ich hatte jedenfalls noch nicht den Eindruck, daß Bono Leuten ein schlechtes Gewissen einredet. Könnt ihr aus dem Stehgreif Beispiele nennen oder müßt ihr erst mal googeln? Was ich zunächst mal zum Kotzen finde, sind derart pauschale Anschuldigungen.
Und wenn eine Band vom Format und Bekanntheitsgrad von U2 in ein großes Stadion geht, so ist das einfach nur eine normale Sache. Die Nachfrage ist da, und andere Bands in ähnlicher Situation haben das in der Vergangenheit auch schon gemacht. Wenn man solche Großveranstaltungen nicht mag, ist das eine rein persönliche Geschichte. Niemand wird gezwungen, dort hin zu gehen. Jedenfalls hat auf mich niemand im Stadion einen unglücklichen Eindruck gemacht - ganz im Gegenteil.
Die Bands fangen alle klein an, und sofern sie vorher nicht auseinanderfallen, werden sie später auch mal wieder an kleineren Plätzen zu sehen sein. So what?
ich war am samstag aufm glockenturm am olypiastadion... interessante perspektive, direkt hinter der bühne...
Du hörst doch eh nur den alten Dessauer
http://www.youtube.com/watch?v=aAzW7S9AAps&feature=related
Das gibt ne Erzieherische Massnahme -in Form einer Beule