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Wachstum um jeden Preis?

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Ich habe eben gerade erfahren, dass das berühmte Spielzeugkaufhaus FAO Schwarz von Toys’R’Us übernommen wurde.

Ich persönlich finde es immer schade wenn kleine Fachgeschäfte zugunsten eines weiteren Ramsch-Anbieters oder dem hundertsten 10-Euro-Friseur schließen muss.

Umso erstaunter ist man über die bevorstehende Insolvenz von Karstadt bzw. Hertie.

Wenn ich heute durch die Spielzeugabteilungen aller Spielzeugketten tingele bzw. das Angebot der Warenhäuser sehe fällt mir auf, dass es überall das gleiche gibt, keine Individualität, keine Überraschungen oder Exklusivität.

Ein Grund für die Schieflage von FAO Schwarz wird Wal-Mart angeführt die in New York 10 Filialen in relativer  Nähe betreiben und vor allem Billigware anbieten.
Ich habe vor kurzem eine Kundin bei MyToys über Playmobil beraten, da sich die Aushilfe nicht im geringsten mit dem Sortiment von Playmobil auskannte.

Da sich momentan wohl alles nur über den Preis verkauft wird die Gleichmacherei immer mehr zunehmen. Ich bedaure das zutiefst, sehe aber auch keine Lösungen. Kaum noch einer kommt mit seinem Verdienst über die Runden, also muß auch beim Spielzeug gespart werden…

Ich bin kein Globalisierungskritiker oder Antikapitalist, aber irgendwie macht mir dieser Einheitsbrei (nicht nur beim Spielzeug) Angst. Die Monstren wie Wal-Mart wachsen und wachsen und die Masse macht es mit…

Was ist am Ende? Wenn in allen Branchen ein Wachstum nicht mehr möglich ist, dann haben wir die Zukunft aus dem Film Blade Runner, die Welt wird regiert von Konzernen…

Deshalb hier meine Dikussionsgrundlage (endlich): Kann die Wirtschaft von heute auch ohne ständiges Wachstum existieren? Ist eine Verdrängung von Konkurrenten wirklich notwendig? Man sieht ja an GM, das so ein Konzern auch keine Lebensversicherung ist, Porsche dagegen ein gesundes Unternehmen ist (ohne den VW-HickHack näher zu beleuchten) und im Verhältnis zu GM deutlich kleiner aber sehr viel Renditeträchtiger.

Sollte man die Größe von Unternehmen/Konzernen beschränken?
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naja porsche hat sich gerade durch den vw kauf erheblich in finazielle probleme gebracht.

zu  deiner frage: ich denke gerade im kapitalismus ist  das ziel einer jeden firma der wachstum. was ja auch eigentlich sinnvoll ist. aber in der heutigen zeit wird dieses system von einer unfassbaren gier geleitet. da wird der wachstum auf teufel komm raus betrieben ohne jegliche rücksicht auf verluste. und genau das ist das problem.
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Eben drum. Aldi möchte jetzt den Nordamerikanischen Markt mit Fillialen überschwemmen...

Die Aldi-Brothers haben doch mehr als genug, wozu also noch weiter wachsen?

Ich weiß auch, dass darauf der Kapitalismus aufbaut, es gibt jedoch viele Beispiele in denen Individualität und Exklusivität dem Unternehmer sein auskommen sichert.

Der Handel jedoch kann ungeheuren Druck auf die Lieferanten ausüben. Das ging so weit, dass zum Beispiel Schwälbchen nicht mehr an Real lieferte, weil die den Preis zu stark drücken wollten.

Ich arbeite bei einem Hersteller von alkoholischen Getränken, mittlerweile wird im Handel die Hälfte davon in der Aktion verramscht... Teilweise sogar unter EK. Die typischen Lockangebote. Dadurch wird aber der echte Preis verwässert...
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Troubadix schrieb:

Der Handel jedoch kann ungeheuren Druck auf die Lieferanten ausüben. Das ging so weit, dass zum Beispiel Schwälbchen nicht mehr an Real lieferte, weil die den Preis zu stark drücken wollten.

Aldi verdient an dem Verkauf von den PC und Laptops so gut wie keinen Cent...die verdienen ihr Geld dadurch das sie bei dem Lieferanten ein Zahlungsziel von X Tagen haben....
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ich denke eher das aldi in sache personal sehr wenig kosten hat. wenn man bedenkt das die ganzen mitarbeiter fast alle auf teilzeit basis arbeiten spart man da ne menge ein. desweiteren muß man auch die menge an verkaufter ware einbeziehen. bei dieser menge geht der preis automatisch runter.
und wie du sagtest hat aldi mit sicherheit sehr gute lieferanten verträge
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Also Aldi hat bei uns ein Zahlungsziel von 21 Tagen netto. Absolut im Rahmen, zahlen auch pünktlichst.

Aber das ist ja auch so eine Sache: Ist man früher ins Fachgeschäft und hat sich beraten lassen wird heute beim Hard-Discounter PC und Fernseher eingekauft, ohne sich das Ding mal genauer ansehen zu können...
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Troubadix schrieb:
Also Aldi hat bei uns ein Zahlungsziel von 21 Tagen netto. Absolut im Rahmen, zahlen auch pünktlichst..
Klar zahlen sie pünktlich....weil sie das Geld so lange auf der Bank lassen und die Zinsen kassieren....kannst ja mal ausrechnen wieviel sie dann verdienen...wenn mal wieder so ne PC Aktion ansteht....
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aber diese zahlungsbedingungen sind ja für fast jeden käufer zu haben. da ist jetzt keine hexerei dabei.
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Weißt Du eigentlich, was der Zinsmarkt momentan hergibt? Die Rechnung geht nicht auf.
Natürlich haben die eine Marge, alles andere wäre kaufmännischer Selbstmord.
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Eigentlich wollte ich ja auf was anderes hinaus hier...  

Muß der Handel wirklich wachsen bis zur Schmerzgrenze?
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anscheinend muß er das...
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Verdrängung findet überall statt. Im Großen, wie im Kleinen. An Wochenenden arbeite ich auf einem großen Wochenmarkt und da läuft das nicht anders. Dort versuchen einige wenige, durch Dumpingpreise möglichst viele Kunden an sich zu binden. Mal abgesehen davon, dass die Rendite durch falsche Herkunftsangaben bei der Auszeichnung der Ware in die Höhe getrieben wird(auf Kosten der Ehrlichen Marktbeschicker), wird eine möglichst große Masse an Ware gekauft, die dann zunächst zum normalen Marktpreis angeboten wird und am Ende eines Markttages weit unter Einkaufpreis verramscht wird. Der durchaus üppige Rest wandert dann in den Müll. Das ist Marktwirtschaft, Rendite über die Masse. Den Kunden freut es, mal abgesehen davon, dass er berogen wird, was er allerdings nicht weiß, hat er ein Schnäppchen gemacht. Ein miteinander Überleben interessiert eben nicht jeden. Hauptsache, die eigene Kasse stimmt. Wie gesagt, das ist Marktwirtschaft.
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Naja, ich bin ja schon zufrieden, dass es Wal-Mart hier net geschafft hat.
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bla_blub schrieb:
Verdrängung findet überall statt. Im Großen, wie im Kleinen. An Wochenenden arbeite ich auf einem großen Wochenmarkt und da läuft das nicht anders. Dort versuchen einige wenige, durch Dumpingpreise möglichst viele Kunden an sich zu binden. Mal abgesehen davon, dass die Rendite durch falsche Herkunftsangaben bei der Auszeichnung der Ware in die Höhe getrieben wird(auf Kosten der Ehrlichen Marktbeschicker), wird eine möglichst große Masse an Ware gekauft, die dann zunächst zum normalen Marktpreis angeboten wird und am Ende eines Markttages weit unter Einkaufpreis verramscht wird. Der durchaus üppige Rest wandert dann in den Müll. Das ist Marktwirtschaft, Rendite über die Masse. Den Kunden freut es, mal abgesehen davon, dass er berogen wird, was er allerdings nicht weiß, hat er ein Schnäppchen gemacht. Ein miteinander Überleben interessiert eben nicht jeden. Hauptsache, die eigene Kasse stimmt. Wie gesagt, das ist Marktwirtschaft.


Aber in so extremer Form? Die Dumpingpreis-Verkäufer stehen dann irgendwann alleine auf dem Marktplatz und können ihre Preise diktieren. Sieht das der Kunde nicht? Haben wir das Gefühl für die Werthaltigkeit eines Produkts verloren? Quasi auch gezwungenermaßen?

Es wird das konsumiert was ich mir leisten kann, nicht das was mir schmeckt.

Ob das so weiter funktionieren kann?
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Troubadix schrieb:

Umso erstaunter ist man über die bevorstehende Insolvenz von Karstadt bzw. Hertie.

Dadran ist nix erstaunlich, das zieht sich jetzt schon über Jahre hin. Es wurden immer wieder mal Läden von Karstadt geschlossen und die Kaufhauskette ausgedünnt. Dabei ging man aber nicht gerade vernünftig vor, denn man schloss teilweise Läden die gut liefen und ließ Läden offen die nicht gut gingen. Das erklärt dann teilweise auch den weiteren Niedergang der Kaufhauskette.
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propain schrieb:
Troubadix schrieb:

Umso erstaunter ist man über die bevorstehende Insolvenz von Karstadt bzw. Hertie.

Dadran ist nix erstaunlich, das zieht sich jetzt schon über Jahre hin. Es wurden immer wieder mal Läden von Karstadt geschlossen und die Kaufhauskette ausgedünnt. Dabei ging man aber nicht gerade vernünftig vor, denn man schloss teilweise Läden die gut liefen und ließ Läden offen die nicht gut gingen. Das erklärt dann teilweise auch den weiteren Niedergang der Kaufhauskette.


Ja natürlich waren dort Fehler in der Führung der Kette. Aber was war ein Kaufhaus früher? Ein Vorreiter, ein Trendsetter, dort gab es das besondere. Siehe meinen Eingangspost bezüglich FAO Schwarz.

Heute gibt es bei Karstadt auch nur die übliche Ware, die ich auch beim Real draußen vor der Stadt bekomme. Bis auf die Textilien vielleicht.

FAO Schwarz stand für mich für das besondere Einkaufserlebnis, ich hoffe, die machen dort keinen Toys draus, in dem nur Ahnungslose Aushilfen rumrennen...
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Troubadix schrieb:

Sollte man die Größe von Unternehmen/Konzernen beschränken?


Kommt darauf an.

Internes Wachstum, also des Unternehmens aus sich selbst heraus soll und kann man nicht beschränken.

Extenes Wachstum, also dadurch, dass ein Unternehmen ein anderes aufkauft, findet bereits durch gegebenes Recht seine Grenzen, sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene.
Wenn Zusammenschlüsse gewisse Schwellenwerte erreichen, wird ihre Verträglichkeit auf den Wettbewerb bzw Markt vom Bundeskartellamt bzw. der Kommission überprüft und ggf. untersagt.
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Isaakson schrieb:
Troubadix schrieb:

Sollte man die Größe von Unternehmen/Konzernen beschränken?


Kommt darauf an.

Internes Wachstum, also des Unternehmens aus sich selbst heraus soll und kann man nicht beschränken.

Extenes Wachstum, also dadurch, dass ein Unternehmen ein anderes aufkauft, findet bereits durch gegebenes Recht seine Grenzen, sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene.
Wenn Zusammenschlüsse gewisse Schwellenwerte erreichen, wird ihre Verträglichkeit auf den Wettbewerb bzw Markt vom Bundeskartellamt bzw. der Kommission überprüft und ggf. untersagt.


Ja, das ist mir auch alles geläufig. Meine Frage ist dann eher ethischer Natur, weniger rechtlicher Natur.

War wohl der Schock über FAO.

Aber mal was anderes: Wer weiss schon, dass der Oetker-Konzern in 2007 den meisten Umsatz mit seinen Containerschiffen machte...  
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Troubadix schrieb:
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Da sich momentan wohl alles nur über den Preis verkauft wird die Gleichmacherei immer mehr zunehmen. Ich bedaure das zutiefst, sehe aber auch keine Lösungen. ...


Geh' mal über die Zeil. Anhand der Geschäfte dort kannst Du nicht mehr feststellen, in welcher europäischen Großstadt Du Dich gerade befindest.

Allerdings ist das auch zu einem guten Teil die Schuld der Verbraucher. Wer immer nur bei H&M kauft, muss sich nicht wundern, dass es keine Boutiquen mehr gibt; wer ständig zu Saturn rennt, wird irgendwann keinen PC-Laden an der Ecke mehr haben.

Das Argument des Preises greift übrigens, gerade im Bereich der Elektronik, keinen Millimeter - oftmals erhält man im Einzelhandel mehr für's Geld.
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Troubadix schrieb:
Also Aldi hat bei uns ein Zahlungsziel von 21 Tagen netto. Absolut im Rahmen, zahlen auch pünktlichst.
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Aber definitiv nicht im Non-Food Bereich.

Die Zahlungsmoral ist allerdings wirklich vorbildlich.


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