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Bilderfund in München/juristische Frage

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Hallo,

es kam die Tage raus, dass eine große Sammlung an verloren geglaubten Bildern in München gefunden wurde:

http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/fahnder-entdecken-kunstwerke-in-muenchner-wohnung-a-931531.html

Zu dem Artikel habe ich eine juristische Frage:

SpOn schrieb:
Ein mittlerweile 80-jähriger Mann. Laut "Focus" kontrollierten ihn Zollbeamte auf einer Zugfahrt in die Schweiz schon im Jahr 2010 und fanden 9000 Euro Bargeld in seiner Tasche. Obwohl dieser Betrag nicht angemeldet werden musste und der Mann sich nicht schuldig machte, beschattete die Polizei ihn in der Zeit nach dem Vorfall. "Ohne konkreten Verdacht", heißt es in dem Magazin. Trotzdem erteilte ein Gericht im Frühjahr 2011 Fahndern die Erlaubnis, die Wohnung des Mannes zu durchsuchen.


Ich verstehe das so:
Er wurde routinemässig im Zug kontrolliert und es gab nichts zu beanstanden. Die Polizei hat dann trotzdem ihn überwacht und mit den Funden davon ein Durchsuchungsbeschluss erwirkt. Der Mann wusste bis zur Durchsuchung von nichts.

Ist das legal? Darf die Polizei einfach jeden überwachen/beschatten? Muss man von einem Verfahren für eine Hausdurchsuchung informiert werden? Kann ich also nach jeder Kontrolle, wenn den Beamten irgendwas nicht passt, eine Zeit später mit einer Durchsuchung rechnen?

Ich hoffe, ich habe den Sachverhalt nicht komplett falsch aufgenommen und die Fragen sind nicht zu blöd.

Danke
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Ich finde die Geschichte auch in zweierlei Hinsicht  schier unglaublich.


Die eine Seite ist das Unverständnis warum dieser Mann, der  bei einer Kontrolle nichts unrechtes getan hat, einfach mal so observiert wird.
Ein paar Monate später wird dann mal so locker eine Hausdurchsuchung genehmigt.

Ich finde unsere Rechtsorgane in dieser Hinsicht kein deut besser als die NSA.

Ob es rechtlich dafür eine plausible Begründung gibt? Keine Ahnung, aber dafür  haben wir ja genug Juristen hier im Forum.

Die andere Seite ist die Geschichte an sich. Das ist so unglaublich und spannend. Mich hat dies heute echt interessiert. Es gab im HR 1 und HR Info schon vorab einige ganz gute Reportagen und Vermutungen, aber morgen wollen die Behörden ja alle Details bekanntgeben.


Alleine dass er scheinbar immer wenn er Kohle gebraucht hat mal so locker vom Hocker ein Meisterwerk verhökert hat ,macht neugierig.

Wie verkauft man ein Bild das angeblich  im Krieg verbrannt ist?

Bin echt gespannt auf morgen.
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Vorweg, ich bin kein Jurist
Anita1950 schrieb:

Darf die Polizei einfach jeden überwachen/beschatten?
ich denk mal JA
Anita1950 schrieb:
Muss man von einem Verfahren für eine Hausdurchsuchung informiert werden?
das wäre ja Unsinn. Dann könnte man sich ja eine Hausdurchsuchung ersparen, wenn man sie Tage vorher anmelden müsste.
Anita1950 schrieb:
Kann ich also nach jeder Kontrolle, wenn den Beamten irgendwas nicht passt, eine Zeit später mit einer Durchsuchung rechnen?
Dass diese Frage Quatsch ist, wirst Du wohl selber wissen.
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In den New York Times steht:

The Focus report said that customs officials stumbled onto Mr. Gurlitt in September 2010, when they searched his possessions as he traveled by train from Zurich to Germany. They found €9,000 in €500 notes, Focus said, adding that one customs official had already searched him on his trip to Switzerland, and noticed several empty white envelopes, which were now missing.

Immer für mich kein Grund, aber wenigstens ein wenig gehaltvoller.
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Das scheint im großen und ganzen erst mal eine Steuerstrafsache zu sein:
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunst/spektakulaerer-kunstfund-marc-matisse-picasso-duerer-12648192.html

Möglicherweise hat er den Beamten vom Zoll gegenüber nicht ganz zufriedenstellend Rechenschaft über die Herkunft des (legal) mitgeführten Geldes geben können, so daß die den Vorgang an die Steuerbehörden in seiner Heimat gemeldet haben.
Man hört da so manches, daß in dem Bereich schon geringe Anknüpfungstatsachen für einen Anfangsverdacht reichen. So sollen in grenznahen Städten schon Kennzeichen von in der Nähe von Banken parkenden deutschen KFZ notiert und weitergeleitet worden sein.
Wenn dann dieses Geld durch alte und neue Steuerunterlagen nicht erklärbar ist/wird, kommt man dann wohl schnell auf eine höhere Eskalationsstufe.

Und von einer Hausdurchsuchung wird man in der Regel in dem Moment informiert, in dem sie stattfindet, ansonsten könnte man ja alles wegschaffen, was belastend sein könnte. Für gewöhnlich brauchen die Ermittlungsbehörden hier aber einen richterlichen Durchsuchungsbeschluß, es sei denn, das wäre so eilig, daß man einen solchen nicht abwarten könnte.
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Hier noch mal was aus der SZ bzgl. der Steuer geschichte:
http://www.sueddeutsche.de/kultur/raubkunst-fund-in-muenchen-wie-eine-routinekontrolle-zum-nazi-schatz-fuehrte-1.1810003
das bringt vielleicht etwas mehr Licht ins Dunkel...
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Der Kunstsammler Cornelius Gurlitt ist tot. Das bestätigte sein Sprecher der Nachrichtenagentur dpa am Dienstag. Er wurde 81 Jahre alt.
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Da wird sich der deutsche Staat drüber freuen. Schließlich lagert der Großteil der Kunstsammlung von Gurlitt in Deutschland. Da Gurlitt kinderlos war und trotz eines Wohnsitzes in Österreich auch zeitweise in Deutschland lebte fällt sein Besitz unter deutsches Erbschaftsteuerecht.

Da Österreich keine Erbschaftsteuern mehr erhebt und Deutschland seinerzeit das Doppelbesteuerungsabkommen mit Österreich in diesem Punkt aufkündigte wird der deutsche Fiskus wegen einer Vermögensmasse von über 6 Mio Euro mit saftigen 50% zuschlagen können.

Da die Erben erfahrungsgemäß derartige Summen kaum besitzen wird der Staat anbieten Bilder zur Tilgung der Erbschaftsteuerschuld in seinen Besitz zu übernehmen.

Hierdurch wird der Staat möglicherweise in der Lage dazu sein etwaige Ristitutionsansprüche fix erledigen zu können und auch einige Werke durch Museumsleihgaben der  Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.
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.... es sei denn, der werte Herr hat klug gehandelt und rechtzeitig eine Stiftung gegründet oder per Testament sein ganzes Vermögrn in kleine Partien gesplittet an gemeinnützige Organisationen gespendet.
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Hat er nicht. Angeblich erbt alles eine ausländische Kunstinstitution damit die Sammlung beisammen bliebe. Möglich daß dann eine deutsche Erbschaftsteuerbefreiung eintritt.
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EFCB schrieb:
Hat er nicht. Angeblich erbt alles eine ausländische Kunstinstitution damit die Sammlung beisammen bliebe. Möglich daß dann eine deutsche Erbschaftsteuerbefreiung eintritt.


Bei einem Vermächtnis auch?
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EFCB schrieb:
Hat er nicht. Angeblich erbt alles eine ausländische Kunstinstitution damit die Sammlung beisammen bliebe. Möglich daß dann eine deutsche Erbschaftsteuerbefreiung eintritt.


Jep. Hab ich später dann in der Tagesschau auch gehört (das mit dem vermächnis). ob unser Staat aber finanziell daran teilhaben wird? Ich bezweifele es. da es sich ja auch teilweise um Naziraubgut handelt, werden sich unsere Finanzbehörden mal schön bedeckt halten (zu Recht).
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Ob Erbschaft oder Vermächtnis wäre erbschaftsteuerlich erst einmal egal. Zahlen müßte derjenige dem Gegenstände aus der Erbmasse zufließen. Ob der deutsche Fiskus überhaupt einen müden Euro an Erbschaftsteuer erhielte hängt zunächst einmal davon ab, ob die erbende Schweizer Institution (vermutlich ein Museum) eine Begünstigung im Sinne des deutschen Erbschaftsteuerrecht besitzt (Gemeinnützigkeit) und wo sich die ganzen Bilder zum Todeszeitpunkt befanden (lt. Presseberichten vollständig im Ausland).

Ich schätze mal daß der deutsche Fiscus leer ausgehen wird. Gurlitt hat sich da vor der notariellen Testamentsgestaltung sicherlich erbschaftsteuerlich beraten lassen.
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Aus der heutigen Ausgabe der SZ:

"Die bayerische Regierung hatte sich lange Zeit Hoffnungen gemacht, die Sammlung zu bekommen. Vielleicht finde man in Bayern ein passendes Schloss mit einem Türmchen für Gurlitt, hatte vor ein paar Monaten ein Spitzenbeamter des bayerischen Justizministeriums gemeint. Gurlitt könne dann in dem Schloss ein Zimmerchen bekommen. Das hat nicht geklappt. Die angeordnete Obduktion der Leiche wirkt da wie ein letzter Übergriff des Staates."

Der "Spitzenbeamte" könnte ja veranlassen, Herrn Gurlitt nach altbewährter bayrischer Problembärenmanier, ausgestopft im "Zimmerchen" des "Türmchens" neben seiner Sammlung zu zeigen. Wie widerlich.


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