Rahvin schrieb: Der Denkfehler hierbei ist einfach, dass ihr davon ausgeht, dass diese Nahrungsmittel auf jeden Fall hergestellt werden würden. Und nur da sie in die Schweiz gehen, stehen sie den unterernährten indischen Kindern nicht zur Verfügung. Das ist so aber nicht richtig. Es lohnt sich eben nur für die Hersteller, wenn sie für gutes Geld exportieren können, aber nicht, wenn sie es an die eigene Bevölkerung verkaufen. Würde man etwas dagegen tun, wäre die einzige Folge nur noch mehr unterernährte indische Kinder. Die Tatsache, dass Nahrungsmittel in die Schweiz exportiert werden, hilft indischen Farmern und bekämpft somit im Gegenzug die Unterernährung. Die indische Regierung ist gefragt, mit Programmen die Armut und Unterernährung im Volk zu bekämpfen. Damit diese Leute dann auch genug Geld haben, um Farmen zu eröffnen und Nahrungsmittel in die Schweiz zu exportieren...
Sorry für Offtopic. Finde im Übrigen auch die Kündigung wegen 6 weggeworfener Maultaschen völlig lächerlich. Nicht dass ich eine solche Vorgehensweise der Arbeitgeber jetzt in irgendeiner Weise gutheißen würde, aber wären die Kündigungsschutz-Gesetze nicht so streng, wären Arbeitgeber nicht gezwungen, sich durch solche ekelhaften Maßnahmen von Arbeitnehmern zu trennen...
An die Kündigungsschutzgesetze mußte ich natürlich auch zwangsläufig denken.Das Wort " ekelhaft" ist mir dabei auch eingefallen.Nur steh ich halt auf der Seite der arbeitenden Bevölkerung:
Nie war Kündigungsschutz wichtiger als heute, die Arbeitsbedingungen wären sonst nur noch ekelhafter als sie es zum teil ohnehin schon sind.
es gibt zwei positionen die gerne mal mit gesenktem kopf, wie zwei junge ziegenböcke, aufeinander zurennen.
das eine ist "das volksempfinden", das andere ist der "gesunde menschenverstand".
von daher möchte ich keine von diesen beiden positionen in anspruch nehmen. und ich begrüße es ausdrücklich in einer gesellschaft zu leben, in der gesetze definieren was richtig oder falsch ist, was sanktioniert gehört und was nicht.
ob all diese gesetze richtig und sinnvoll sind werden wahrscheinlich auch anwälte verschieden sehen, ihre aufgabe besteht allerdings im normalfall darin die interessen ihres mandanten zu wahren und nach den möglichen auslegungen des gesetzes zu suchen, die sie in dieser tätigkeit unterstützen. das ist ihr job, nicht gerechtigkeit, sondern die interpretation vorgegebener richtlinien.
ich, als nichtjurist und staatsbürger, kann aber genauso gut eine meinung zu gesetzen und gesellschaftlichen vorgängen haben. das bedeutet noch nicht, dass ich auf das gesetzbuch kacke, es bedeutet lediglich, dass die gesetzgebung nicht immer meinen persönlichen vorstellungen entspricht. dieses äußern zu können ist für mich eine grundlegende errungenschaft der demokratie.
und deswegen lasse ich es mir als bürger nicht nehmen anzumerken, dass in einer gesetzgebung, die es einem arbeitgeber ermöglich eine langjährige mitarbeiterin zu feuern, weil sie abfall gegessen hat, irgendwo der wurm drin sein muss. das sagt mir mein gerechtigkeitsgefühl.
Rahvin schrieb: (...) aber wären die Kündigungsschutz-Gesetze nicht so streng, wären Arbeitgeber nicht gezwungen, sich durch solche ekelhaften Maßnahmen von Arbeitnehmern zu trennen...
Ja, da lacht das Kapital: Wenn ihr euch selbst umbringt, brauchen wir euch nicht zu erwürgen...
Auch Juristen machen sich manchmal Gedanken. Weniger um die Rettung der Welt im Allgemeinen, aber über den Fall den sie zu beurteilen haben. Gesetze und deren Auslegungen unterliegen einer ständigen Anpassung. Das ist auch vernünftig. Ich halte es jedoch nicht für richtig wenn manche meinen sie scheißen auf das Gesetz. Zumindest dann wenn es ihnen in den Kram passt. Der leider früh verstorbene Sebastian Cobler hat mal gesagt " Die jeweiligen gesellschaftlichen Gruppen betrachten die Justiz als Selbsbedienungsladen" Könnte was dran sein.
Hier mal eine Schilderung des Falles von jemanden der ziemlich nah dran war.
Ich glaube dennoch dass das BAG die Kündigung bestätigt hätte.
Das könnte sein. Und die Begründung wäre gewesen, wie in ständiger Rechtsprechung des BAG: Der Arbeitgeber muss sich vor Diebstahl schützen, und darum auch bei diesen Fällen fristlos kündigen dürfen, da er sonst von seinen Angestellten bis aufs Hemd ausgeraubt würde.
Hierzu mal ein kleines Rechenbeispiel: Hätte jeder der rund 80.000 Angestellten von Karstadt/Quelle von 2005 bis 2009 jeden Tag 10 Euro geklaut, hätten sie nur die Hälfte des Schadens angerichtet, den Thomas Middelhof in dieser Zeit mit seinen Machenschaften zum Nachteil seines Arbeitgebers angerichtet hat. Gegen Middelhoff wird wegen Untreue ermittelt. Was war die Reaktion des Arbeitgebers? 2,3 Mio. Abfindung und ein Beratervertrag über 10 Mio. Vielleicht macht sich das BAG die falschen Gedanken, wie man Arbeitgeber vor Diebstahl schützt...
Da ich nicht in iregednweiner Art und Weise von dieser Problematik betroffen war hab ich das alles nicht direkt verfolgt, sondern nur am Rande. Hab aber dennoch eine Frage an die Juristen das ja aus dem ff beurteilen können. Ist die bedauernstewerte Angestellte im Bezug auf die Aneignung wegen Diebstahl oder Unterschlagung angeklagt gewesen. Sorry wenn das aus dem Rahmen fällt. Ist nur ne Frage.
@wildturkey: Sie ist gar nicht angeklagt worden, da kein entsprechender Strafantrag nach § 248a StGB gestellt wurde. Ein Verfahren wäre mit Sicherheit wegen geringer Schuld eingestellt worden, § 153 StPO. Der Unterschied zwischen Diebstahl (§242 StGB) und Unterschlagung (246 StGB) ist lediglich der Wegfall des Gewahrsamsbruchs bei der Unterschlagung, die insoweit als Auffangtatbestand wirkt. Der Strafrahmen ist in beiden Fällen der gleiche. Hier durfte Unterschlagung vorliegen.
wildturkey schrieb: Da ich nicht in iregednweiner Art und Weise von dieser Problematik betroffen war hab ich das alles nicht direkt verfolgt, sondern nur am Rande. Hab aber dennoch eine Frage an die Juristen das ja aus dem ff beurteilen können. Ist die bedauernstewerte Angestellte im Bezug auf die Aneignung wegen Diebstahl oder Unterschlagung angeklagt gewesen. Sorry wenn das aus dem Rahmen fällt. Ist nur ne Frage.
Hallo Wildturkey
lies u.a. meinen 1. Beitrag.
Frau war 17 Jahre beschäftigt und wurde nicht normal, d.h. fristgerecht gekündigt. Hat auch keine Abfindung vom Arbeitgeber erhalten.
Sie wurde fristlos, d.h. sofort gekündigt, weil sie nach Auffasung des Arbeitgebers eine schwere Verfehlung( Diebstahl) begangen hat.
Sie hatte Essensreste, die im Altenheim weggeworfen werden sollten, mitgenommen( d.h. entwendet).
Vermutlich wollte der Arbeitgeber sie billig- d.h ohne Abfindung- los werden.Sonst hätte er ihr eine Abmahnung(Ermahnug) und nicht gleich die fristl. kündigung erteilt.
Es geht also um Arbeitsrecht. Nicht um Strafrecht.
Die Frage beim Arbeitsgericht war, ob sie fristlos( sofort) gekündigt werden kann. Oder normal, d.h.im Rahmen der für sie maßgebenden Frist. Unter zahlung einer Abfindung.
stefank schrieb: @wildturkey: Sie ist gar nicht angeklagt worden, da kein entsprechender Strafantrag nach § 248a StGB gestellt wurde. Ein Verfahren wäre mit Sicherheit wegen geringer Schuld eingestellt worden, § 153 StPO. Der Unterschied zwischen Diebstahl (§242 StGB) und Unterschlagung (246 StGB) ist lediglich der Wegfall des Gewahrsamsbruchs bei der Unterschlagung, die insoweit als Auffangtatbestand wirkt. Der Strafrahmen ist in beiden Fällen der gleiche. Hier durfte Unterschlagung vorliegen.
War ja nur eine ganz blöde Frage, ich hatte nämlich Schwierigkeiten im wie weit sie das tatsächliche Herrschaftsverhältnis im Bezug auf die wertlosen Maultauschen gebrochen hat. Hätte nicht der Patient dem die Maultaschen gehört haben klagen müssen? Hmmm ich glaube ich reden mich hier gerade um Kopf und Kragen. Will aber auch nicht stören, klink mich mal aus. Viel Spass noch beim Meinungsautausch.
HeinzGründel schrieb: Ich halte es jedoch nicht für richtig wenn manche meinen sie scheißen auf das Gesetz. Zumindest dann wenn es ihnen in den Kram passt. Der leider früh verstorbene Sebastian Cobler hat mal gesagt " Die jeweiligen gesellschaftlichen Gruppen betrachten die Justiz als Selbsbedienungsladen" Könnte was dran sein.
Das war doch jener Kollege Cobler, R.I.P., welcher Ende der 80er den Arzt Dr. Theißen im Memminger Abtreibungsprozeß verteidigte..
Dazu ein kleiner Exkurs:
Damals ging es um den Abtreibungs-Verbotsparagrafen 218 StGB und die sog Notlagenindikation. In dem Memminger "Selbstbedienungsladen" saß damals als Beisitzer zB ein Richter Ott, von dem der Spiegel damals im Laufe des Verfahrens berichtete, daß der etwa 10 Jahre zuvor bei einem Schwangerschaftsabbruch seiner damaligen Freundin, um nicht zu Theißen zu gehen, mit seiner Freundin nach Hessen gefahren sein soll... In mehreren Befangenheitsverfahren nach Anträgen der Verteidigung bescheinigten die betroffenen Richter sich jeweils gegenseitig Unbefangenheit in einem nach diesem Vorgang benannten "Befangenheitskarrussell".
Cobler damals im Plädoyer: "Wenn es nach der Staatsanwaltschaft ginge, dann gäbe es hier nicht eine einzige Notlage die von Belang wäre – außer vielleicht der des trefflichen Richters Ott."
Hunderte Frauen aus der im Rahmen eines Steuerverfahrens gegen den Arzt beschlagnahmten Patientenkartei, die die Steuerfahndung einfach mal so an die Staatsanwaltschft übergab, wurden im Strafbefehlsverfahren verurteilt. Den vielen Frauen, die als Zeuginnen gegen Theißen geladen waren, wurde ein Fragebogen vorgelegt, in dem sie unter anderem über ihre finanziellen und familiären Verhältnisse Auskunft geben sollten. Außerdem wurde ihnen versprochen, wenn sie den Fragebogen vollständig ausfüllten, nicht mehr vorgeladen zu werden...
Ich glaube, daß Sebastian Cobler den von dir zitierten Ausspruch nach diesen Erfahrungen in einem etwas anderen Kontext verstanden haben wollte, als in dem von dir angedachten.
In der Bundesrepublik wurde das Abtreibungsverbot aus der Nazizeit zunächst aufrechterhalten. Die gerade an diesem Thema wachsende Frauenbewegung ("Mein Bauch gehört mir" "Weg mit § 218" usw) erreichte nicht die vollständige Abschaffung des Strafparagrafen 218. 1972 kam es stattdessen zu einer Fristenlösung, die auf Antrag der CDU/CSU vom Bundesverfassungsgericht als gemessen an der Verfassung zu weitgehend wieder gekippt wurde. Schließlich wurde eine Indikationslösung Gesetz, welche die Frauen nur dann straffrei stellte, wenn sie entweder medizinisch, eugenisch, kriminologisch, oder einer Notlage zufolge den Schwangerschaftsabbruch vornahmen und eine Beratung durchliefen. Insbesondere Bayerische Gerichte nahmen es mit der Notlagenindikation, die in über 80% der Fälle als Begründung der Abbrüche diente, zu Lasten der Frauen sehr "genau". Das führte dazu, daß ein regelrechter Abtreibungstourismus nach Hessen einsetzte, wo es liberaler zuging. Auch der von Kollege Sebastian Cobler als "treffliche Richter Ott" gekennzeichnete Beisitzer im Memminger Prozeß fuhr mit seiner Freundin nach Recherchen des Spiegel nach Hessen..
Nach wie vor ist der Schwangerschaftsabbruch in Deutschland grundsätzlich strafbar und nur im Rahmen der §§ 218a, 219 "ausnahmsweise" straffrei. Sieht man sich die soziale und finanzielle Situation von alleinstehenden Müttern in Deutschland und ihre staatliche "Unterstützung" an, so ist der Einkauf im realen Selbstbedienungsladen, was die Versorgungsmöglichkeiten dieser Frauen aber auch die vieler männlicher Elternteile und ihrer Kinder betrifft, oft genug eine einzige Tortur an Entsagung.
Es ist der Abtreibungsparagraf eine interessante Parallele zum Maultaschenfall. In beiden Fällen handelt es sich um einschneidende Folgen von Gesetzesverstößen, die der Gesellschaft nicht wirklich einen Schaden zufügen. Es geht zum einen um einen Diebstahl von Müll, zum anderen um eine Abtreibung einer im eigenen Bauch der Delinquentin befindlichen Leibesfrucht.
Beiden Taten möchte ich nicht das Wort reden. Aber die Wegnahme einer zuvor schon als Müll deklarierten Maultasche und ihre Sanktion mit dem Verlust der Existenzgrundlage, sowie deren (bisherige) Befürwortung durch ein oberstes Gericht sagt ebenso viel über die Moral in dieser Gesellschaft aus, wie die Bestrafung bzw Gängelung des Staates von Frauen, die sich selbst in ihrer übergroßen Mehrzahl die Entscheidung über eine Abtreibung alles andere als leicht machen.
Hier wird in beiden Fällen die Justiz und die Gesetzgebung in der Tat zum Selbstbedienungsladen einer bigotten Oligarchie von Kapital und Kirche.
stefank schrieb: @wildturkey: Sie ist gar nicht angeklagt worden, da kein entsprechender Strafantrag nach § 248a StGB gestellt wurde. Ein Verfahren wäre mit Sicherheit wegen geringer Schuld eingestellt worden, § 153 StPO. Der Unterschied zwischen Diebstahl (§242 StGB) und Unterschlagung (246 StGB) ist lediglich der Wegfall des Gewahrsamsbruchs bei der Unterschlagung, die insoweit als Auffangtatbestand wirkt. Der Strafrahmen ist in beiden Fällen der gleiche. Hier durfte Unterschlagung vorliegen.
War ja nur eine ganz blöde Frage, ich hatte nämlich Schwierigkeiten im wie weit sie das tatsächliche Herrschaftsverhältnis im Bezug auf die wertlosen Maultauschen gebrochen hat. Hätte nicht der Patient dem die Maultaschen gehört haben klagen müssen? Hmmm ich glaube ich reden mich hier gerade um Kopf und Kragen. Will aber auch nicht stören, klink mich mal aus. Viel Spass noch beim Meinungsautausch.
Im Gegenteil. Die Meinung, daß der patient hätte klagen müßen ist gar nicht schlecht, dem gehört die Mahlzeit ja auch( er hat sie bezahlt).
Wenn ich nicht selbst im Pflegebereich tätig gewesen wäre, hätte ich genau so nachgedacht.
ist etwas kompliziert.Der Vertrag besteht zw. Altenheim und Patient. Das Altenheim erbringt seine Leistung durch Angestellte( hier Pflegekraft).
Das Altenheim ist verantwortlich, daß die Angestellten( man spricht von Erfüllungsgehilfen oder Verrichtungshilfen) die Leistung ordentlich erbringen. Insofern haben sie eine Fürsorgepflicht gegenüber dem Patienten. Im Rahmen dieser Fürsorgepflicht sind sie verantwortlich, daß Angestellte keine Patienten bestehlen , beleidigen, körperl. Gewalt ausüben usw,
Deshalb kann/ muß immer das Altenheim reagieren ,wenn etwas zum Nachteil des Patienten durch die Pflegekraft passiert.
HeinzGründel schrieb: Ich halte es jedoch nicht für richtig wenn manche meinen sie scheißen auf das Gesetz.
Das hier ist eine Internetdiskussion, keine persönliche. Was es nicht immer leichter macht. Dennoch empfinde ich die Behauptung, ich würde auf das Gesetz scheißen, ziemlich unverschämt. ich schrieb extra "Es gibt Fälle, da scheiße ich auf das Gesetz". Du erweckst den Eindruck, ich würde mich außerhalb einer regulativen Norm stellen. Das ist so nicht der Fall. Ich habe hier aber den Eindruck, dass die betreffende Gesetzgebung amoralischen Normen gehorcht. Nichts anderes wollte ich zum Ausdruck bringen. Schade, dass das so schnell hier weitertransportiert wird. So entstehen auch (falsche) Meinungen.
Sehr bedauerlich finde ich bei der Diskussion zu diesem Thema, dass ein ethisches Empfinden zugunsten juristischer Befindlichkeiten weitgehend ausgeklammert wird. Was sicher, und das meine ich jetzt ausnahmsweise gar nicht bösartig, der Teilnahme einiger Juristen in dieser Diskussion geschuldet ist.
@dirty-harry: Gar nicht schlecht gedacht, aber juristisch nicht richtig. Zwar wird tatsächlich der Patient Eigentümer des ihm servierten Essens. Das bedeutet im rechtlichen Sinn, dass er damit machen kann, was er will, auch das Eigentum daran wieder aufgeben. Genau das tut er in dem Moment, in dem er die Essensreste abräumen lässt. Diesen Abfall eignet sich die Klinik in diesem Moment wieder an, und ist somit darüber allein verfügungsberechtigt.
@reggaetyp: Der Gesetzgeber hat in diesem Fall zunächst wenig mit dem Problem zu tun. Die Vorschrift, die Grundlage für eine fristlose Kündigung ist, lautet:
"§ 626 Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund (1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann."
Diese Vorschrift anzuwenden, ist Sache der Rechtsprechung. Und das BAG hat in ständiger Rechtsprechung betont, dass auch bei Diebstahl geringwertiger Sachen ohne vorherige Abmahnung fristlos gekündigt werden kann. Hiergegen wendet sich die Kritik, die auch ich teile.
Wenn schon, dann scheißt du in diesen Fällen nicht auf das Gesetz, sondern auf die Rechtsprechung. Auch das würde ich mangels vernünftiger Alternative nicht tun.
@reggaetyp: Der Gesetzgeber hat in diesem Fall zunächst wenig mit dem Problem zu tun. Die Vorschrift, die Grundlage für eine fristlose Kündigung ist, lautet:
[...]
Diese Vorschrift anzuwenden, ist Sache der Rechtsprechung. Und das BAG hat in ständiger Rechtsprechung betont, dass auch bei Diebstahl geringwertiger Sachen ohne vorherige Abmahnung fristlos gekündigt werden kann. Hiergegen wendet sich die Kritik, die auch ich teile.
Wenn schon, dann scheißt du in diesen Fällen nicht auf das Gesetz, sondern auf die Rechtsprechung. Auch das würde ich mangels vernünftiger Alternative nicht tun.
Bitte alle Juristen um Entschuldigung, dass ich mein Moralempfinden über Rechtssprechung, Gesetzgebung oder was auch immer stelle. Übrigens handelt es sich dabei um meine Gedanken, nicht um eine tätige Konsequenz, die daraus folgen wird. Ich werde jetzt nicht anfangen, gewissenlose Arbeitgebern zusammenzuschlagen.
Aber diese Paragrafenhuberei incl. Ausblenden ethischer Ansprüche nervt mich. Deshalb bin ich raus. Aber natürlich gerne bereit, dies dann mal für Laien bei nem Schoppen zu besprechen.
HeinzGründel schrieb: Ich würde gern mal wissen wann für unsere Ethiker hier der Vertrauensbereich verletzt ist. Bei einem Euro, bei zehn, bei hundert?
HeinzGründel schrieb: Ich würde gern mal wissen wann für unsere Ethiker hier der Vertrauensbereich verletzt ist. Bei einem Euro, bei zehn, bei hundert?
Ist mir zu polemisch, die Fragestellung.
Nein ist sie nicht. Ist es denn "gerecht" jemanden bei 100 Euro zu kündigen bei 99 Euro aber nicht? Da erscheint mir eine klare Linie doch irgendwie besser.
An die Kündigungsschutzgesetze mußte ich natürlich auch zwangsläufig denken.Das Wort " ekelhaft" ist mir dabei auch eingefallen.Nur steh ich halt auf der Seite der arbeitenden Bevölkerung:
Nie war Kündigungsschutz wichtiger als heute, die Arbeitsbedingungen wären sonst nur noch ekelhafter als sie es zum teil ohnehin schon sind.
Und was setzt man anstelle des Gesetzes? Das gesunde Volksempfinden oder eine wie auch immer geartete Moralvorstellung?
Da bleib ich lieber in meiner Parallelwelt.
das eine ist "das volksempfinden", das andere ist der "gesunde menschenverstand".
von daher möchte ich keine von diesen beiden positionen in anspruch nehmen. und ich begrüße es ausdrücklich in einer gesellschaft zu leben, in der gesetze definieren was richtig oder falsch ist, was sanktioniert gehört und was nicht.
ob all diese gesetze richtig und sinnvoll sind werden wahrscheinlich auch anwälte verschieden sehen, ihre aufgabe besteht allerdings im normalfall darin die interessen ihres mandanten zu wahren und nach den möglichen auslegungen des gesetzes zu suchen, die sie in dieser tätigkeit unterstützen. das ist ihr job, nicht gerechtigkeit, sondern die interpretation vorgegebener richtlinien.
ich, als nichtjurist und staatsbürger, kann aber genauso gut eine meinung zu gesetzen und gesellschaftlichen vorgängen haben. das bedeutet noch nicht, dass ich auf das gesetzbuch kacke, es bedeutet lediglich, dass die gesetzgebung nicht immer meinen persönlichen vorstellungen entspricht. dieses äußern zu können ist für mich eine grundlegende errungenschaft der demokratie.
und deswegen lasse ich es mir als bürger nicht nehmen anzumerken, dass in einer gesetzgebung, die es einem arbeitgeber ermöglich eine langjährige mitarbeiterin zu feuern, weil sie abfall gegessen hat, irgendwo der wurm drin sein muss. das sagt mir mein gerechtigkeitsgefühl.
Ja, da lacht das Kapital: Wenn ihr euch selbst umbringt, brauchen wir euch nicht zu erwürgen...
Gesetze und deren Auslegungen unterliegen einer ständigen Anpassung. Das ist auch vernünftig. Ich halte es jedoch nicht für richtig wenn manche meinen sie scheißen auf das Gesetz. Zumindest dann wenn es ihnen in den Kram passt. Der leider früh verstorbene Sebastian Cobler hat mal gesagt " Die jeweiligen gesellschaftlichen Gruppen betrachten die Justiz als Selbsbedienungsladen" Könnte was dran sein.
Hier mal eine Schilderung des Falles von jemanden der ziemlich nah dran war.
http://blog.betriebsrat.de/gerichtsmassig/frikadellen-isst-man-ohne-teig-ist-das-das-ende-der-maultaschen/
Ich glaube dennoch dass das BAG die Kündigung bestätigt hätte.
Das könnte sein. Und die Begründung wäre gewesen, wie in ständiger Rechtsprechung des BAG: Der Arbeitgeber muss sich vor Diebstahl schützen, und darum auch bei diesen Fällen fristlos kündigen dürfen, da er sonst von seinen Angestellten bis aufs Hemd ausgeraubt würde.
Hierzu mal ein kleines Rechenbeispiel: Hätte jeder der rund 80.000 Angestellten von Karstadt/Quelle von 2005 bis 2009 jeden Tag 10 Euro geklaut, hätten sie nur die Hälfte des Schadens angerichtet, den Thomas Middelhof in dieser Zeit mit seinen Machenschaften zum Nachteil seines Arbeitgebers angerichtet hat. Gegen Middelhoff wird wegen Untreue ermittelt. Was war die Reaktion des Arbeitgebers? 2,3 Mio. Abfindung und ein Beratervertrag über 10 Mio. Vielleicht macht sich das BAG die falschen Gedanken, wie man Arbeitgeber vor Diebstahl schützt...
Der Unterschied zwischen Diebstahl (§242 StGB) und Unterschlagung (246 StGB) ist lediglich der Wegfall des Gewahrsamsbruchs bei der Unterschlagung, die insoweit als Auffangtatbestand wirkt. Der Strafrahmen ist in beiden Fällen der gleiche.
Hier durfte Unterschlagung vorliegen.
Hallo Wildturkey
lies u.a. meinen 1. Beitrag.
Frau war 17 Jahre beschäftigt und wurde nicht normal, d.h. fristgerecht gekündigt. Hat auch keine Abfindung vom Arbeitgeber erhalten.
Sie wurde fristlos, d.h. sofort gekündigt, weil sie nach Auffasung des Arbeitgebers eine schwere Verfehlung( Diebstahl) begangen hat.
Sie hatte Essensreste, die im Altenheim weggeworfen werden sollten, mitgenommen( d.h. entwendet).
Vermutlich wollte der Arbeitgeber sie billig- d.h ohne Abfindung- los werden.Sonst hätte er ihr eine Abmahnung(Ermahnug) und nicht gleich die fristl. kündigung erteilt.
Es geht also um Arbeitsrecht.
Nicht um Strafrecht.
Die Frage beim Arbeitsgericht war, ob sie fristlos( sofort) gekündigt werden kann.
Oder normal, d.h.im Rahmen der für sie maßgebenden Frist. Unter zahlung einer Abfindung.
War ja nur eine ganz blöde Frage, ich hatte nämlich Schwierigkeiten im wie weit sie das tatsächliche Herrschaftsverhältnis im Bezug auf die wertlosen Maultauschen gebrochen hat. Hätte nicht der Patient dem die Maultaschen gehört haben klagen müssen? Hmmm ich glaube ich reden mich hier gerade um Kopf und Kragen. Will aber auch nicht stören, klink mich mal aus. Viel Spass noch beim Meinungsautausch.
Das war doch jener Kollege Cobler, R.I.P., welcher Ende der 80er den Arzt Dr. Theißen im Memminger Abtreibungsprozeß verteidigte..
Dazu ein kleiner Exkurs:
Damals ging es um den Abtreibungs-Verbotsparagrafen 218 StGB und die sog Notlagenindikation.
In dem Memminger "Selbstbedienungsladen" saß damals als Beisitzer zB ein Richter Ott, von dem der Spiegel damals im Laufe des Verfahrens berichtete, daß der etwa 10 Jahre zuvor bei einem Schwangerschaftsabbruch seiner damaligen Freundin, um nicht zu Theißen zu gehen, mit seiner Freundin nach Hessen gefahren sein soll... In mehreren Befangenheitsverfahren nach Anträgen der Verteidigung bescheinigten die betroffenen Richter sich jeweils gegenseitig Unbefangenheit in einem nach diesem Vorgang benannten "Befangenheitskarrussell".
Cobler damals im Plädoyer: "Wenn es nach der Staatsanwaltschaft ginge, dann gäbe es hier nicht eine einzige Notlage die von Belang wäre – außer vielleicht der des trefflichen Richters Ott."
Hunderte Frauen aus der im Rahmen eines Steuerverfahrens gegen den Arzt beschlagnahmten Patientenkartei, die die Steuerfahndung einfach mal so an die Staatsanwaltschft übergab, wurden im Strafbefehlsverfahren verurteilt. Den vielen Frauen, die als Zeuginnen gegen Theißen geladen waren, wurde ein Fragebogen vorgelegt, in dem sie unter anderem über ihre finanziellen und familiären Verhältnisse Auskunft geben sollten. Außerdem wurde ihnen versprochen, wenn sie den Fragebogen vollständig ausfüllten, nicht mehr vorgeladen zu werden...
Ich glaube, daß Sebastian Cobler den von dir zitierten Ausspruch nach diesen Erfahrungen in einem etwas anderen Kontext verstanden haben wollte, als in dem von dir angedachten.
In der Bundesrepublik wurde das Abtreibungsverbot aus der Nazizeit zunächst aufrechterhalten. Die gerade an diesem Thema wachsende Frauenbewegung ("Mein Bauch gehört mir" "Weg mit § 218" usw) erreichte nicht die vollständige Abschaffung des Strafparagrafen 218. 1972 kam es stattdessen zu einer Fristenlösung, die auf Antrag der CDU/CSU vom Bundesverfassungsgericht als gemessen an der Verfassung zu weitgehend wieder gekippt wurde. Schließlich wurde eine Indikationslösung Gesetz, welche die Frauen nur dann straffrei stellte, wenn sie entweder medizinisch, eugenisch, kriminologisch, oder einer Notlage zufolge den Schwangerschaftsabbruch vornahmen und eine Beratung durchliefen. Insbesondere Bayerische Gerichte nahmen es mit der Notlagenindikation, die in über 80% der Fälle als Begründung der Abbrüche diente, zu Lasten der Frauen sehr "genau". Das führte dazu, daß ein regelrechter Abtreibungstourismus nach Hessen einsetzte, wo es liberaler zuging. Auch der von Kollege Sebastian Cobler als "treffliche Richter Ott" gekennzeichnete Beisitzer im Memminger Prozeß fuhr mit seiner Freundin nach Recherchen des Spiegel nach Hessen..
Nach wie vor ist der Schwangerschaftsabbruch in Deutschland grundsätzlich strafbar und nur im Rahmen der §§ 218a, 219 "ausnahmsweise" straffrei.
Sieht man sich die soziale und finanzielle Situation von alleinstehenden Müttern in Deutschland und ihre staatliche "Unterstützung" an, so ist der Einkauf im realen Selbstbedienungsladen, was die Versorgungsmöglichkeiten dieser Frauen aber auch die vieler männlicher Elternteile und ihrer Kinder betrifft, oft genug eine einzige Tortur an Entsagung.
Es ist der Abtreibungsparagraf eine interessante Parallele zum Maultaschenfall. In beiden Fällen handelt es sich um einschneidende Folgen von Gesetzesverstößen, die der Gesellschaft nicht wirklich einen Schaden zufügen. Es geht zum einen um einen Diebstahl von Müll, zum anderen um eine Abtreibung einer im eigenen Bauch der Delinquentin befindlichen Leibesfrucht.
Beiden Taten möchte ich nicht das Wort reden. Aber die Wegnahme einer zuvor schon als Müll deklarierten Maultasche und ihre Sanktion mit dem Verlust der Existenzgrundlage, sowie deren (bisherige) Befürwortung durch ein oberstes Gericht sagt ebenso viel über die Moral in dieser Gesellschaft aus, wie die Bestrafung bzw Gängelung des Staates von Frauen, die sich selbst in ihrer übergroßen Mehrzahl die Entscheidung über eine Abtreibung alles andere als leicht machen.
Hier wird in beiden Fällen die Justiz und die Gesetzgebung in der Tat zum Selbstbedienungsladen einer bigotten Oligarchie von Kapital und Kirche.
Im Gegenteil.
Die Meinung, daß der patient hätte klagen müßen ist gar nicht schlecht, dem gehört die Mahlzeit ja auch( er hat sie bezahlt).
Wenn ich nicht selbst im Pflegebereich tätig gewesen wäre, hätte ich genau so nachgedacht.
ist etwas kompliziert.Der Vertrag besteht zw. Altenheim und Patient.
Das Altenheim erbringt seine Leistung durch Angestellte( hier Pflegekraft).
Das Altenheim ist verantwortlich, daß die Angestellten( man spricht von Erfüllungsgehilfen oder Verrichtungshilfen) die Leistung ordentlich erbringen. Insofern haben sie eine Fürsorgepflicht gegenüber dem Patienten. Im Rahmen dieser Fürsorgepflicht sind sie verantwortlich, daß Angestellte keine Patienten bestehlen , beleidigen, körperl. Gewalt ausüben usw,
Deshalb kann/ muß immer das Altenheim reagieren ,wenn etwas zum Nachteil des Patienten durch die Pflegekraft passiert.
Das hier ist eine Internetdiskussion, keine persönliche. Was es nicht immer leichter macht.
Dennoch empfinde ich die Behauptung, ich würde auf das Gesetz scheißen, ziemlich unverschämt. ich schrieb extra "Es gibt Fälle, da scheiße ich auf das Gesetz".
Du erweckst den Eindruck, ich würde mich außerhalb einer regulativen Norm stellen. Das ist so nicht der Fall. Ich habe hier aber den Eindruck, dass die betreffende Gesetzgebung amoralischen Normen gehorcht. Nichts anderes wollte ich zum Ausdruck bringen. Schade, dass das so schnell hier weitertransportiert wird. So entstehen auch (falsche) Meinungen.
Sehr bedauerlich finde ich bei der Diskussion zu diesem Thema, dass ein ethisches Empfinden zugunsten juristischer Befindlichkeiten weitgehend ausgeklammert wird. Was sicher, und das meine ich jetzt ausnahmsweise gar nicht bösartig, der Teilnahme einiger Juristen in dieser Diskussion geschuldet ist.
@reggaetyp: Der Gesetzgeber hat in diesem Fall zunächst wenig mit dem Problem zu tun. Die Vorschrift, die Grundlage für eine fristlose Kündigung ist, lautet:
"§ 626 Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann."
Diese Vorschrift anzuwenden, ist Sache der Rechtsprechung. Und das BAG hat in ständiger Rechtsprechung betont, dass auch bei Diebstahl geringwertiger Sachen ohne vorherige Abmahnung fristlos gekündigt werden kann. Hiergegen wendet sich die Kritik, die auch ich teile.
Wenn schon, dann scheißt du in diesen Fällen nicht auf das Gesetz, sondern auf die Rechtsprechung. Auch das würde ich mangels vernünftiger Alternative nicht tun.
Bitte alle Juristen um Entschuldigung, dass ich mein Moralempfinden über Rechtssprechung, Gesetzgebung oder was auch immer stelle.
Übrigens handelt es sich dabei um meine Gedanken, nicht um eine tätige Konsequenz, die daraus folgen wird. Ich werde jetzt nicht anfangen, gewissenlose Arbeitgebern zusammenzuschlagen.
Aber diese Paragrafenhuberei incl. Ausblenden ethischer Ansprüche nervt mich. Deshalb bin ich raus. Aber natürlich gerne bereit, dies dann mal für Laien bei nem Schoppen zu besprechen.
Ist mir zu polemisch, die Fragestellung.
Nein ist sie nicht. Ist es denn "gerecht" jemanden bei 100 Euro zu kündigen bei 99 Euro aber nicht?
Da erscheint mir eine klare Linie doch irgendwie besser.