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Take Me Down To The Paradise City (Celtic FC vs Motherwell FC)

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Celtic FC vs Motherwell FC 5:1 (2:0)    02.12.2017, Celtic Park

ca 55.000 Zuschauer (ca. 120 Gästefans)

Scottish Premiership




Vor Monaten, als der Bundesligaspielplan noch nicht erstellt wurde, hoffte ich auf ein unattraktives Spiel der SGE an diesem Wochenende und buchte einen Flug nach Glasgow, um mal wieder britischen Fußball zu sehen.
Rangers oder Celtic – einer der beiden großen schottischen Clubs würde hoffentlich daheim spielen.
Ansonsten wäre auch eine kurze Zugfahrt nach Motherwell oder Edinburgh mühelos machbar geworden.
Nun ja, wir spielten bekanntlich höchst erfolgreich in Berlin, aber das Glasgow-Wochenende war eingetütet.

Wir fuhren Samstag mittags mit dem Bus gemütlich ins East End, eine weitgehend trostlose Gegend mit viel Gewerbe und einfachsten Siedlungen.
Das Wetter meinte es zunächst gut mit uns, Sonnenschein, ein leichter Wind ließ leere Plastikflaschen und anderen Müll über die Straßen in den mehr oder weniger abgefuckten Schlafstätten wehen.
Glasgow war mal eine vermögende Stadt, bevor der Niedergang irgendwann letztes Jahrhundert einsetzte. Eine Zeitlang war die Stadt voller Gewalt, Drogen, Armut und Kriminalität – weitaus schlimmer als in den armen Viertel von London.
Seit einigen Jahren hat es sich zum besseren gewendet, man sieht es natürlich vor allem in der Innenstadt – aber logischerweise gibt es immer noch genug Leute, die eher auf der Schattenseite leben und wenig vom Kuchen, der Downtown verteilt wird, abbekommen.
Meine Erinnerung mag mich täuschen, aber die Preise in den Pubs kamen mir günstiger als in England vor. Obendrein hilft noch das schwache Pfund. Brexit lässt grüßen.

Ein freundlicher Schotte, dessen Akzent wir erst im dritten Anlauf verstanden, wies uns den Weg zu einem Pub um die Ecke vom Bridgeton Bahnhof. Ein Pint geleert in relativ ruhigem und unfussballerischem Ambiente, dann beschlossen wir, einen Pub zu finden mit der typisch britischen Pre-Match-Atmosphäre.

Also zum Stadion getigert, in und um dies herum grün-weißer Farbenrausch dominierte.
Ein paar nicht-authorisierte Merchandise-Händler, ein riesiger Celtic-Fanstore, mobile Burgerbrater – sonst sah es sehr finster aus in Sachen Pub.

Schließlich umrundeten wir das Stadion zur Hälfte, schlugen ein paar Haken und fanden uns im brechend vollen Fiveways Inn wieder.
Luft zum Schneiden, 14856 verschiedene Biersorten, schottisches Geschnatter und Fachsimpeln, wie hoch man den Gast zerlegen würde – also astrein für ein letztes Pint vor dem Spiel.
Denn: Natürlich gibt’s direkt am Stadion geschweige denn innendrin kein Bier.

Dann also retour zum Einlass, klassische Turnstiles, der Durchgang nix für Leute mit Klaustrophobie, Kontrolle nicht vorhanden. Gar nix.Kein Abtasten, kein kritischer Blick, es waren nicht mal Stewards da. Interessant.

So einfach kommt man also ins Paradise, wie der klotzige und ein wenig verbaute Celtic Park bescheiden genannt wird.
Später sollte sich herausstellen, dass die Celtic Ultras diesen Umstand nicht nutzten, um die Stadionatmosphäre mit unerlaubten Hilfsmitteln aufzuhübschen. Hätte der Stimmung gut getan.
Dazu später mehr.

Also vier Etagen nach oben tigern durch ein durch und durch funktionales „Treppenhaus“, das auch jedem Knast zur Ehre gereicht hätte. Immerhin, auch hier natürlich wieder alles grün-weiß. Man möchte dem Verkäufer gratulieren, der die Farbe für das Stadion verkaufte. Vermutlich hat er entweder eine Loge im Celtic Park oder lebt zufrieden in der Karibik.

Rein in den Block, auch hier wieder sehr wenig Stewards, und, sehr angenehm, keine Verbotsschilder (außer dem obligatorischen Rauchverbot).

Das Stadion füllte sich wie in Groß-Brittanien üblich recht kurz vor Anpfiff, bis dahin musste man hauptsächlich Werbung und vor allem Eigenwerbung für Fanartikel, Bücher, Ticketkaufmöglichkeiten, die nächsten Spiele, Charity-Aktionen usw usf. In ohrenbetäubender Lautstärke ertragen.
Zwischendurch auch die Aufstellungen der Teams, die höflich klatschend vom Publikum zur Kenntnis genommen wurde. Einzig Scottie Sinclair, der junge Celtic Stürmer, erhielt größeren Applaus.

Beide Teams sah ich vor etwa zehn Jahren bereits live: Motherwell zuhause in der Premiership gegen die Hibs im vollbesetzten Gästeblock, es war ein raues, klassich-britisches Kampfspiel, das in dem engen und altehrwürdigen Stadion 1:1 endete.

Celtic damals am nächsten Tag im Liga Cup Finale in Hampden gegen Inverness in extrem stimmungsvoller Atmosphäre, natürlich mit dem Cupsieg für die Grün-Weißen.

In Sachen Atmosphäre und Spannung leider kaum ein Vergleich zu damals...

Das Spiel nahm seinen Lauf, Motherwell natürlich deutlich unterlegen, ohne dass Celtic zu größeren Chancen kam.

Bis Sinclair im Strafraum einen gut getimeten Steilpass erlief, unbedrängt quer legte, wo Edouard mühelos per Abstauber das erste seiner drei Tore am heutigen Nachmittag erzielte.

Freude bei den Zuschauern, Euphorie sieht anders aus, Highlight: Just Can't Enough von Depeche Mode als Tormusik. Sang aber niemand mit.
Celtic ließ noch vor der Pause das zweite Tor folgen, Motherwell hatte bestenfalls eine Halbchance, mit ihrem rustikalen Schottenstyle konnten sie die Heimmannschaft selten in Gefahr bringen.
Celtic dann noch mit einem Tor, das wegen angeblichem Foulspiel nicht gegeben wurde, dann war Halbzeit.

Nahezu jeder Schotte besorgte sich einen Pie und einen Tee, einige rauchten im Klo oder im Knast-Treppenhaus, drinnen dröhnte die Werbung, und allmählich wurde es frisch.

Anstoß zweite Halbzeit, und endlich mal ein bisschen britische Fußballstimmung. Von den Celtic Ultras initiierte Wechselgesänge sorgten für schöne choralartige akustische Untermalung. So machte es gleich viel mehr Spaß, dem eher bescheidenen Kick zuzuschauen oder die kurzbehosten oder -behemdeten Fans zu bestaunen.

Mitten in diese doch recht nette Fußballstimmung grätschte dann ein Motherwell-Sürmer, der sich  nach verunglückter Flanke völlig alleine im Strafraum der Hausherren wiederfand und kurzerhand den Anschlusstreffer für die Gelbroten erzielte.
Nun machte sich das Häufchen Away-Supporter zum zweiten und letzten Mal akustisch bemerkbar, erntete dafür gleich entsprechende Gesten und Gepöbel von den Celticfans nebenan.
Insgesamt aber vermutlich kein ernstzunehmender Gegner für den Rekordchampion, weder auf dem Rasen noch auf den Rängen.

Ein sehr schöner Moment war noch, als in der 67. Minute Tausende ihre Handies leuchten ließen:
Ein Tribut an die Lisbon Lions, die vor 50 Jahren den Europacup der Landesmeister mit beinahe ausschließlich aus Glasgow stammenden Spielern mit zwei zu eins gegen Inter Mailand errang.

Tribut hin oder her: Die Mannschaft von Motherwell wollte es jetzt wissen, so kam mal für einige Minuten so etwas wie Spannung auf. Ein Fernschuss strich knapp am Gehäuse von Celtic vorbei, und ich hoffte so sehr auf den Ausgleich, wie man es meistens tut, wenn ein Team haushoher Favorit ist.
In der 76. Minute erstickte der eingewechselte Forrest mit einem präzisen Schuss aus etwa 12 Metern das zarte Pflänzchen Hoffnung der Provinzler rabiat. 3:1, damit war nix mehr zu holen für die Gäste.
In der Schlussphase ließen erneut Edouard und Forrest noch jeder ein Tor folgen, im Stadion, das sich bereits zehn Minuten vor Schluss rasch leerte, war zu spüren, wie schön das atmosphärisch sein könnte.
Vermutlich aber das Bayern-Prinzip: Ein 5:1 gegen eine Mannschaft aus dem Mittelfeld der Tabelle ist halt standesgemäß, sorgt für Zufriedenheit, wird aber auch mehr weniger vorausgesetzt.
Ein schöner Europacup-Abend oder ein Pokalspiel im Paradise dürften lohnender sein.
Oder gleich zu Aberdeen, Dundee oder sonstwo zu den kleineren Clubs.
Vom Old Firm ganz zu schweigen, aber dafür Tickets zu erhalten, ist für unsereins illusorisch.

Denkmal für Billy McNeill:
https://abload.de/img/p1100058usk5h.jpg

"A Club Like No Other":
https://abload.de/img/p1100060hmk21.jpg

So müssen Tribünen heißen:
https://abload.de/img/p1100064gaj8v.jpg

Catering:
https://abload.de/img/p11000665ojlz.jpg

Schottisch bescheiden:
https://abload.de/img/p1100070p5k22.jpg

Turnstile:
https://abload.de/img/p1100072rjjlh.jpg

Kein Knast, sondern Aufgang zum Block:
https://abload.de/img/p1100074ggjds.jpg

Gegentribüne:
https://abload.de/img/p1100080ufsdj.jpg

Haupttribüne:
https://abload.de/img/p1100082fasfp.jpg

Verhaltener Jubel nach dem zwonull:
https://abload.de/img/p1100087diswl.jpg

Halbzeit:
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Lights On For The Lisbon Lions:
https://abload.de/img/p11000969xs8t.jpg
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Celtic FC vs Motherwell FC 5:1 (2:0)    02.12.2017, Celtic Park

ca 55.000 Zuschauer (ca. 120 Gästefans)

Scottish Premiership




Vor Monaten, als der Bundesligaspielplan noch nicht erstellt wurde, hoffte ich auf ein unattraktives Spiel der SGE an diesem Wochenende und buchte einen Flug nach Glasgow, um mal wieder britischen Fußball zu sehen.
Rangers oder Celtic – einer der beiden großen schottischen Clubs würde hoffentlich daheim spielen.
Ansonsten wäre auch eine kurze Zugfahrt nach Motherwell oder Edinburgh mühelos machbar geworden.
Nun ja, wir spielten bekanntlich höchst erfolgreich in Berlin, aber das Glasgow-Wochenende war eingetütet.

Wir fuhren Samstag mittags mit dem Bus gemütlich ins East End, eine weitgehend trostlose Gegend mit viel Gewerbe und einfachsten Siedlungen.
Das Wetter meinte es zunächst gut mit uns, Sonnenschein, ein leichter Wind ließ leere Plastikflaschen und anderen Müll über die Straßen in den mehr oder weniger abgefuckten Schlafstätten wehen.
Glasgow war mal eine vermögende Stadt, bevor der Niedergang irgendwann letztes Jahrhundert einsetzte. Eine Zeitlang war die Stadt voller Gewalt, Drogen, Armut und Kriminalität – weitaus schlimmer als in den armen Viertel von London.
Seit einigen Jahren hat es sich zum besseren gewendet, man sieht es natürlich vor allem in der Innenstadt – aber logischerweise gibt es immer noch genug Leute, die eher auf der Schattenseite leben und wenig vom Kuchen, der Downtown verteilt wird, abbekommen.
Meine Erinnerung mag mich täuschen, aber die Preise in den Pubs kamen mir günstiger als in England vor. Obendrein hilft noch das schwache Pfund. Brexit lässt grüßen.

Ein freundlicher Schotte, dessen Akzent wir erst im dritten Anlauf verstanden, wies uns den Weg zu einem Pub um die Ecke vom Bridgeton Bahnhof. Ein Pint geleert in relativ ruhigem und unfussballerischem Ambiente, dann beschlossen wir, einen Pub zu finden mit der typisch britischen Pre-Match-Atmosphäre.

Also zum Stadion getigert, in und um dies herum grün-weißer Farbenrausch dominierte.
Ein paar nicht-authorisierte Merchandise-Händler, ein riesiger Celtic-Fanstore, mobile Burgerbrater – sonst sah es sehr finster aus in Sachen Pub.

Schließlich umrundeten wir das Stadion zur Hälfte, schlugen ein paar Haken und fanden uns im brechend vollen Fiveways Inn wieder.
Luft zum Schneiden, 14856 verschiedene Biersorten, schottisches Geschnatter und Fachsimpeln, wie hoch man den Gast zerlegen würde – also astrein für ein letztes Pint vor dem Spiel.
Denn: Natürlich gibt’s direkt am Stadion geschweige denn innendrin kein Bier.

Dann also retour zum Einlass, klassische Turnstiles, der Durchgang nix für Leute mit Klaustrophobie, Kontrolle nicht vorhanden. Gar nix.Kein Abtasten, kein kritischer Blick, es waren nicht mal Stewards da. Interessant.

So einfach kommt man also ins Paradise, wie der klotzige und ein wenig verbaute Celtic Park bescheiden genannt wird.
Später sollte sich herausstellen, dass die Celtic Ultras diesen Umstand nicht nutzten, um die Stadionatmosphäre mit unerlaubten Hilfsmitteln aufzuhübschen. Hätte der Stimmung gut getan.
Dazu später mehr.

Also vier Etagen nach oben tigern durch ein durch und durch funktionales „Treppenhaus“, das auch jedem Knast zur Ehre gereicht hätte. Immerhin, auch hier natürlich wieder alles grün-weiß. Man möchte dem Verkäufer gratulieren, der die Farbe für das Stadion verkaufte. Vermutlich hat er entweder eine Loge im Celtic Park oder lebt zufrieden in der Karibik.

Rein in den Block, auch hier wieder sehr wenig Stewards, und, sehr angenehm, keine Verbotsschilder (außer dem obligatorischen Rauchverbot).

Das Stadion füllte sich wie in Groß-Brittanien üblich recht kurz vor Anpfiff, bis dahin musste man hauptsächlich Werbung und vor allem Eigenwerbung für Fanartikel, Bücher, Ticketkaufmöglichkeiten, die nächsten Spiele, Charity-Aktionen usw usf. In ohrenbetäubender Lautstärke ertragen.
Zwischendurch auch die Aufstellungen der Teams, die höflich klatschend vom Publikum zur Kenntnis genommen wurde. Einzig Scottie Sinclair, der junge Celtic Stürmer, erhielt größeren Applaus.

Beide Teams sah ich vor etwa zehn Jahren bereits live: Motherwell zuhause in der Premiership gegen die Hibs im vollbesetzten Gästeblock, es war ein raues, klassich-britisches Kampfspiel, das in dem engen und altehrwürdigen Stadion 1:1 endete.

Celtic damals am nächsten Tag im Liga Cup Finale in Hampden gegen Inverness in extrem stimmungsvoller Atmosphäre, natürlich mit dem Cupsieg für die Grün-Weißen.

In Sachen Atmosphäre und Spannung leider kaum ein Vergleich zu damals...

Das Spiel nahm seinen Lauf, Motherwell natürlich deutlich unterlegen, ohne dass Celtic zu größeren Chancen kam.

Bis Sinclair im Strafraum einen gut getimeten Steilpass erlief, unbedrängt quer legte, wo Edouard mühelos per Abstauber das erste seiner drei Tore am heutigen Nachmittag erzielte.

Freude bei den Zuschauern, Euphorie sieht anders aus, Highlight: Just Can't Enough von Depeche Mode als Tormusik. Sang aber niemand mit.
Celtic ließ noch vor der Pause das zweite Tor folgen, Motherwell hatte bestenfalls eine Halbchance, mit ihrem rustikalen Schottenstyle konnten sie die Heimmannschaft selten in Gefahr bringen.
Celtic dann noch mit einem Tor, das wegen angeblichem Foulspiel nicht gegeben wurde, dann war Halbzeit.

Nahezu jeder Schotte besorgte sich einen Pie und einen Tee, einige rauchten im Klo oder im Knast-Treppenhaus, drinnen dröhnte die Werbung, und allmählich wurde es frisch.

Anstoß zweite Halbzeit, und endlich mal ein bisschen britische Fußballstimmung. Von den Celtic Ultras initiierte Wechselgesänge sorgten für schöne choralartige akustische Untermalung. So machte es gleich viel mehr Spaß, dem eher bescheidenen Kick zuzuschauen oder die kurzbehosten oder -behemdeten Fans zu bestaunen.

Mitten in diese doch recht nette Fußballstimmung grätschte dann ein Motherwell-Sürmer, der sich  nach verunglückter Flanke völlig alleine im Strafraum der Hausherren wiederfand und kurzerhand den Anschlusstreffer für die Gelbroten erzielte.
Nun machte sich das Häufchen Away-Supporter zum zweiten und letzten Mal akustisch bemerkbar, erntete dafür gleich entsprechende Gesten und Gepöbel von den Celticfans nebenan.
Insgesamt aber vermutlich kein ernstzunehmender Gegner für den Rekordchampion, weder auf dem Rasen noch auf den Rängen.

Ein sehr schöner Moment war noch, als in der 67. Minute Tausende ihre Handies leuchten ließen:
Ein Tribut an die Lisbon Lions, die vor 50 Jahren den Europacup der Landesmeister mit beinahe ausschließlich aus Glasgow stammenden Spielern mit zwei zu eins gegen Inter Mailand errang.

Tribut hin oder her: Die Mannschaft von Motherwell wollte es jetzt wissen, so kam mal für einige Minuten so etwas wie Spannung auf. Ein Fernschuss strich knapp am Gehäuse von Celtic vorbei, und ich hoffte so sehr auf den Ausgleich, wie man es meistens tut, wenn ein Team haushoher Favorit ist.
In der 76. Minute erstickte der eingewechselte Forrest mit einem präzisen Schuss aus etwa 12 Metern das zarte Pflänzchen Hoffnung der Provinzler rabiat. 3:1, damit war nix mehr zu holen für die Gäste.
In der Schlussphase ließen erneut Edouard und Forrest noch jeder ein Tor folgen, im Stadion, das sich bereits zehn Minuten vor Schluss rasch leerte, war zu spüren, wie schön das atmosphärisch sein könnte.
Vermutlich aber das Bayern-Prinzip: Ein 5:1 gegen eine Mannschaft aus dem Mittelfeld der Tabelle ist halt standesgemäß, sorgt für Zufriedenheit, wird aber auch mehr weniger vorausgesetzt.
Ein schöner Europacup-Abend oder ein Pokalspiel im Paradise dürften lohnender sein.
Oder gleich zu Aberdeen, Dundee oder sonstwo zu den kleineren Clubs.
Vom Old Firm ganz zu schweigen, aber dafür Tickets zu erhalten, ist für unsereins illusorisch.

Denkmal für Billy McNeill:
https://abload.de/img/p1100058usk5h.jpg

"A Club Like No Other":
https://abload.de/img/p1100060hmk21.jpg

So müssen Tribünen heißen:
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Catering:
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Schottisch bescheiden:
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Turnstile:
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Kein Knast, sondern Aufgang zum Block:
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Gegentribüne:
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Haupttribüne:
https://abload.de/img/p1100082fasfp.jpg

Verhaltener Jubel nach dem zwonull:
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Halbzeit:
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Lights On For The Lisbon Lions:
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Geh doch mal zu den Hibs, da gibt es auch einen relativ großen Eintrachtfanclub, die Edinburgh Adler, da hat man dann auch gleich Gesprächsstoff.
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Celtic FC vs Motherwell FC 5:1 (2:0)    02.12.2017, Celtic Park

ca 55.000 Zuschauer (ca. 120 Gästefans)

Scottish Premiership




Vor Monaten, als der Bundesligaspielplan noch nicht erstellt wurde, hoffte ich auf ein unattraktives Spiel der SGE an diesem Wochenende und buchte einen Flug nach Glasgow, um mal wieder britischen Fußball zu sehen.
Rangers oder Celtic – einer der beiden großen schottischen Clubs würde hoffentlich daheim spielen.
Ansonsten wäre auch eine kurze Zugfahrt nach Motherwell oder Edinburgh mühelos machbar geworden.
Nun ja, wir spielten bekanntlich höchst erfolgreich in Berlin, aber das Glasgow-Wochenende war eingetütet.

Wir fuhren Samstag mittags mit dem Bus gemütlich ins East End, eine weitgehend trostlose Gegend mit viel Gewerbe und einfachsten Siedlungen.
Das Wetter meinte es zunächst gut mit uns, Sonnenschein, ein leichter Wind ließ leere Plastikflaschen und anderen Müll über die Straßen in den mehr oder weniger abgefuckten Schlafstätten wehen.
Glasgow war mal eine vermögende Stadt, bevor der Niedergang irgendwann letztes Jahrhundert einsetzte. Eine Zeitlang war die Stadt voller Gewalt, Drogen, Armut und Kriminalität – weitaus schlimmer als in den armen Viertel von London.
Seit einigen Jahren hat es sich zum besseren gewendet, man sieht es natürlich vor allem in der Innenstadt – aber logischerweise gibt es immer noch genug Leute, die eher auf der Schattenseite leben und wenig vom Kuchen, der Downtown verteilt wird, abbekommen.
Meine Erinnerung mag mich täuschen, aber die Preise in den Pubs kamen mir günstiger als in England vor. Obendrein hilft noch das schwache Pfund. Brexit lässt grüßen.

Ein freundlicher Schotte, dessen Akzent wir erst im dritten Anlauf verstanden, wies uns den Weg zu einem Pub um die Ecke vom Bridgeton Bahnhof. Ein Pint geleert in relativ ruhigem und unfussballerischem Ambiente, dann beschlossen wir, einen Pub zu finden mit der typisch britischen Pre-Match-Atmosphäre.

Also zum Stadion getigert, in und um dies herum grün-weißer Farbenrausch dominierte.
Ein paar nicht-authorisierte Merchandise-Händler, ein riesiger Celtic-Fanstore, mobile Burgerbrater – sonst sah es sehr finster aus in Sachen Pub.

Schließlich umrundeten wir das Stadion zur Hälfte, schlugen ein paar Haken und fanden uns im brechend vollen Fiveways Inn wieder.
Luft zum Schneiden, 14856 verschiedene Biersorten, schottisches Geschnatter und Fachsimpeln, wie hoch man den Gast zerlegen würde – also astrein für ein letztes Pint vor dem Spiel.
Denn: Natürlich gibt’s direkt am Stadion geschweige denn innendrin kein Bier.

Dann also retour zum Einlass, klassische Turnstiles, der Durchgang nix für Leute mit Klaustrophobie, Kontrolle nicht vorhanden. Gar nix.Kein Abtasten, kein kritischer Blick, es waren nicht mal Stewards da. Interessant.

So einfach kommt man also ins Paradise, wie der klotzige und ein wenig verbaute Celtic Park bescheiden genannt wird.
Später sollte sich herausstellen, dass die Celtic Ultras diesen Umstand nicht nutzten, um die Stadionatmosphäre mit unerlaubten Hilfsmitteln aufzuhübschen. Hätte der Stimmung gut getan.
Dazu später mehr.

Also vier Etagen nach oben tigern durch ein durch und durch funktionales „Treppenhaus“, das auch jedem Knast zur Ehre gereicht hätte. Immerhin, auch hier natürlich wieder alles grün-weiß. Man möchte dem Verkäufer gratulieren, der die Farbe für das Stadion verkaufte. Vermutlich hat er entweder eine Loge im Celtic Park oder lebt zufrieden in der Karibik.

Rein in den Block, auch hier wieder sehr wenig Stewards, und, sehr angenehm, keine Verbotsschilder (außer dem obligatorischen Rauchverbot).

Das Stadion füllte sich wie in Groß-Brittanien üblich recht kurz vor Anpfiff, bis dahin musste man hauptsächlich Werbung und vor allem Eigenwerbung für Fanartikel, Bücher, Ticketkaufmöglichkeiten, die nächsten Spiele, Charity-Aktionen usw usf. In ohrenbetäubender Lautstärke ertragen.
Zwischendurch auch die Aufstellungen der Teams, die höflich klatschend vom Publikum zur Kenntnis genommen wurde. Einzig Scottie Sinclair, der junge Celtic Stürmer, erhielt größeren Applaus.

Beide Teams sah ich vor etwa zehn Jahren bereits live: Motherwell zuhause in der Premiership gegen die Hibs im vollbesetzten Gästeblock, es war ein raues, klassich-britisches Kampfspiel, das in dem engen und altehrwürdigen Stadion 1:1 endete.

Celtic damals am nächsten Tag im Liga Cup Finale in Hampden gegen Inverness in extrem stimmungsvoller Atmosphäre, natürlich mit dem Cupsieg für die Grün-Weißen.

In Sachen Atmosphäre und Spannung leider kaum ein Vergleich zu damals...

Das Spiel nahm seinen Lauf, Motherwell natürlich deutlich unterlegen, ohne dass Celtic zu größeren Chancen kam.

Bis Sinclair im Strafraum einen gut getimeten Steilpass erlief, unbedrängt quer legte, wo Edouard mühelos per Abstauber das erste seiner drei Tore am heutigen Nachmittag erzielte.

Freude bei den Zuschauern, Euphorie sieht anders aus, Highlight: Just Can't Enough von Depeche Mode als Tormusik. Sang aber niemand mit.
Celtic ließ noch vor der Pause das zweite Tor folgen, Motherwell hatte bestenfalls eine Halbchance, mit ihrem rustikalen Schottenstyle konnten sie die Heimmannschaft selten in Gefahr bringen.
Celtic dann noch mit einem Tor, das wegen angeblichem Foulspiel nicht gegeben wurde, dann war Halbzeit.

Nahezu jeder Schotte besorgte sich einen Pie und einen Tee, einige rauchten im Klo oder im Knast-Treppenhaus, drinnen dröhnte die Werbung, und allmählich wurde es frisch.

Anstoß zweite Halbzeit, und endlich mal ein bisschen britische Fußballstimmung. Von den Celtic Ultras initiierte Wechselgesänge sorgten für schöne choralartige akustische Untermalung. So machte es gleich viel mehr Spaß, dem eher bescheidenen Kick zuzuschauen oder die kurzbehosten oder -behemdeten Fans zu bestaunen.

Mitten in diese doch recht nette Fußballstimmung grätschte dann ein Motherwell-Sürmer, der sich  nach verunglückter Flanke völlig alleine im Strafraum der Hausherren wiederfand und kurzerhand den Anschlusstreffer für die Gelbroten erzielte.
Nun machte sich das Häufchen Away-Supporter zum zweiten und letzten Mal akustisch bemerkbar, erntete dafür gleich entsprechende Gesten und Gepöbel von den Celticfans nebenan.
Insgesamt aber vermutlich kein ernstzunehmender Gegner für den Rekordchampion, weder auf dem Rasen noch auf den Rängen.

Ein sehr schöner Moment war noch, als in der 67. Minute Tausende ihre Handies leuchten ließen:
Ein Tribut an die Lisbon Lions, die vor 50 Jahren den Europacup der Landesmeister mit beinahe ausschließlich aus Glasgow stammenden Spielern mit zwei zu eins gegen Inter Mailand errang.

Tribut hin oder her: Die Mannschaft von Motherwell wollte es jetzt wissen, so kam mal für einige Minuten so etwas wie Spannung auf. Ein Fernschuss strich knapp am Gehäuse von Celtic vorbei, und ich hoffte so sehr auf den Ausgleich, wie man es meistens tut, wenn ein Team haushoher Favorit ist.
In der 76. Minute erstickte der eingewechselte Forrest mit einem präzisen Schuss aus etwa 12 Metern das zarte Pflänzchen Hoffnung der Provinzler rabiat. 3:1, damit war nix mehr zu holen für die Gäste.
In der Schlussphase ließen erneut Edouard und Forrest noch jeder ein Tor folgen, im Stadion, das sich bereits zehn Minuten vor Schluss rasch leerte, war zu spüren, wie schön das atmosphärisch sein könnte.
Vermutlich aber das Bayern-Prinzip: Ein 5:1 gegen eine Mannschaft aus dem Mittelfeld der Tabelle ist halt standesgemäß, sorgt für Zufriedenheit, wird aber auch mehr weniger vorausgesetzt.
Ein schöner Europacup-Abend oder ein Pokalspiel im Paradise dürften lohnender sein.
Oder gleich zu Aberdeen, Dundee oder sonstwo zu den kleineren Clubs.
Vom Old Firm ganz zu schweigen, aber dafür Tickets zu erhalten, ist für unsereins illusorisch.

Denkmal für Billy McNeill:
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"A Club Like No Other":
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So müssen Tribünen heißen:
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Catering:
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Schottisch bescheiden:
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Turnstile:
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Kein Knast, sondern Aufgang zum Block:
https://abload.de/img/p1100074ggjds.jpg

Gegentribüne:
https://abload.de/img/p1100080ufsdj.jpg

Haupttribüne:
https://abload.de/img/p1100082fasfp.jpg

Verhaltener Jubel nach dem zwonull:
https://abload.de/img/p1100087diswl.jpg

Halbzeit:
https://abload.de/img/p1100092dcsgq.jpg

Lights On For The Lisbon Lions:
https://abload.de/img/p11000969xs8t.jpg
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reggaetyp schrieb:

Paradise, wie der klotzige und ein wenig verbaute Celtic Park bescheiden genannt wird

Ja, schon. Für mich trotzdem eines der faszinierendsten Stadien der Welt - wenn man den British Style mag. Und das tue ich.

Danke dir für diesen lebendigen, tollen Bericht aus Glasgow. Klasse Bilder inklusive. Dank auch an Oesch für seinen witzigen Italienbericht. Perlen dieses Fußballforums.
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reggaetyp schrieb:

Paradise, wie der klotzige und ein wenig verbaute Celtic Park bescheiden genannt wird

Ja, schon. Für mich trotzdem eines der faszinierendsten Stadien der Welt - wenn man den British Style mag. Und das tue ich.

Danke dir für diesen lebendigen, tollen Bericht aus Glasgow. Klasse Bilder inklusive. Dank auch an Oesch für seinen witzigen Italienbericht. Perlen dieses Fußballforums.
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WuerzburgerAdler schrieb:

reggaetyp schrieb:

Paradise, wie der klotzige und ein wenig verbaute Celtic Park bescheiden genannt wird

Ja, schon. Für mich trotzdem eines der faszinierendsten Stadien der Welt - wenn man den British Style mag. Und das tue ich.

In dem Stadion musst du dir mal die Logen anschauen, ein Witz und dafür zahlen die richtig viel Geld. Da stehen ein paar Stühle drinnen, eine Kaffeemaschine, ein Schrank, ein Tisch, ich glaube ein Waschbecken war noch drinnen und ist ein kleiner Hasenkasten. Dafür zahlen die 6stellig pro Saison.

Allerdings ist die Geschichte mit den Ersatzbänken klasse. Die Ersatzbänke liegen etwas tiefer, so das man ein paar Stufen rauf muss. Diese Stufen gibt es aber nur bei der Heimersatzbank, bei der Gästeersatzbank nicht in der Hoffnung das sich ein gegnerischer Spieler beim raufsteigen zum Spielfeld was zerren kann (wurde so erzählt bei einer Stadionführung).
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reggaetyp schrieb:

Paradise, wie der klotzige und ein wenig verbaute Celtic Park bescheiden genannt wird

Ja, schon. Für mich trotzdem eines der faszinierendsten Stadien der Welt - wenn man den British Style mag. Und das tue ich.

Danke dir für diesen lebendigen, tollen Bericht aus Glasgow. Klasse Bilder inklusive. Dank auch an Oesch für seinen witzigen Italienbericht. Perlen dieses Fußballforums.
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Sehr geil, tausend Dank für den Bericht!

Ich mag es ja total auf der Insel. Die 90 Minuten im Stadion sind zwar oftmals harte Kost,dafür ist die allgemeine Atmosphäre aus typisch britischen Stadien, Pubs, Menschen und Essen (sic!) einfach schwer zu toppen.
Und ich habe auch das Gefühl, dass es in Schottland günstiger als weiter südlich ist.


WuerzburgerAdler schrieb:

Dank auch an Oesch für seinen witzigen Italienbericht. Perlen dieses Fußballforums.


Vielen Dank. Ich werde rot
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WuerzburgerAdler schrieb:

reggaetyp schrieb:

Paradise, wie der klotzige und ein wenig verbaute Celtic Park bescheiden genannt wird

Ja, schon. Für mich trotzdem eines der faszinierendsten Stadien der Welt - wenn man den British Style mag. Und das tue ich.

In dem Stadion musst du dir mal die Logen anschauen, ein Witz und dafür zahlen die richtig viel Geld. Da stehen ein paar Stühle drinnen, eine Kaffeemaschine, ein Schrank, ein Tisch, ich glaube ein Waschbecken war noch drinnen und ist ein kleiner Hasenkasten. Dafür zahlen die 6stellig pro Saison.

Allerdings ist die Geschichte mit den Ersatzbänken klasse. Die Ersatzbänke liegen etwas tiefer, so das man ein paar Stufen rauf muss. Diese Stufen gibt es aber nur bei der Heimersatzbank, bei der Gästeersatzbank nicht in der Hoffnung das sich ein gegnerischer Spieler beim raufsteigen zum Spielfeld was zerren kann (wurde so erzählt bei einer Stadionführung).
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Ich sag ja: British Style.

Ich kenne das Emirate nicht, nicht das neue Stadion an der White Heart Lane, nicht das neue Wembley. Und ich habe mich auch entschlossen, die neuen Versionen nicht heimzusuchen. Es könnte zu weh tun, den Vergleich zu dem guten alten Highbury zu ziehen. Rein vom Stadion her, vielleicht aber auch vom Publikum. Keine Ahnung, war länger nicht mehr da.
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Ich sag ja: British Style.

Ich kenne das Emirate nicht, nicht das neue Stadion an der White Heart Lane, nicht das neue Wembley. Und ich habe mich auch entschlossen, die neuen Versionen nicht heimzusuchen. Es könnte zu weh tun, den Vergleich zu dem guten alten Highbury zu ziehen. Rein vom Stadion her, vielleicht aber auch vom Publikum. Keine Ahnung, war länger nicht mehr da.
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Ich galube, dass die neue White Hart Lane ziemlich gut wird, der Standort ändert sich ja auch nicht. Im Emirates war ich einmal, brauche ich auch kein 2. Mal. Ich war zwar nie im Highbury, kann aber mit dir nachfühlen. Mir geht es so mit dem London Stadium. Der Vergleich zum Boleyn würde einfach zu sehr schmerzen.


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