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Nachbetrachtung zum Jahr 2019

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Alle haben uns bewundert. Ich denke, das ist es, was am Ende des Tages hängenbleiben wird vom Jahr 2019. Der Treffer zum 2:4 in Lissabon, der 2:0-Sieg im Rückspiel. Die zweite, über zehn Spiele andauernde Serie der Unbesiegbarkeit. Inter, Donezk, Chelsea, insgesamt unglaubliche 20 Spiele im Europapokal. Jovic, Rebic, Haller und Kostic. Europokalhalbfinale. Fredi Bobic "Manager des Jahres". Wahnsinnige Fans. 100 Millionen Euro Einnahmen. Strasbourg und London. 5:1.
 
Mein persönlicher "Moment des Jahres" war derweil ein ganz kleiner am Rande. In den letzten Jahren habe ich bei jedem Spiel Besucher im Waldstadion gesehen, die Trikots großer ausländischer Mannschaften trugen. Jedes mal habe ich mir gedacht: "Wie albern, nur weil man ein Fußballspiel besucht, muss man doch nicht zwingend ein Trikot anziehen - und schon gar nicht, wenn es nicht mal von einem der beiden Teams ist." Genau bei dem Gedanken ertappte ich mich am 19. September, als ich zwei Typen in Arsenal-Jerseys durch den Stadtwald flanieren sah. Und dann realisierte ich nochmal mit Nachdruck, was hier in letzter Zeit abgegangen ist. Doch klar ist auch: Ich bin blöderweise nicht der einzige, der unsere Entwicklung mit Nachdruck realisiert hat.

Da sind zum einen unsere Gegner. Zum einen ist die Eintracht wieder namhafter geworden, zum anderen hatte sie ein Alleinstellungsmerkmal: 14mal (8x KO-Runde 18/19, 6x Quali 19/20) zeigte sie auf der europäischen Bühne ohne nennenswerte nationale Konkurrenz ihr Können. 14mal (mal mehr, mal weniger) gab sie allen Bundesligakickern donnerstags die Möglichkeit, sich in ihre Hirne einzupflanzen: "Verdammt, gegen die müssen wir höllisch gut aufpassen." Und dann gab´s ja auch noch Kovacs Abschiedsspiel.

Womit wir bei der anderen Seite der Medaille wären - unsere eigenen Jungs. Jörg Zeyringers "Treppenläufer" wurde hier an anderer Stelle schon thematisiert, unsere Spieler dürften sich phasenweise ausgewrungen haben, was Motivation und psychische Abnutzung angeht. Dass da am Ende des Jahres vielleicht körperlich noch soweit alles im Lot ist, geistig aber nichts mehr geht, und sich so eine Lähmung auch auf ein ganzes Team übertragen kann, wenn die entsprechenden Gegenströme fehlen, ist nicht verwunderlich.

Dass eben diese Gegenströme fehlen, wirft kein gutes Licht auf die Personalpolitik im Sommer, die situativ verfehlt wurde. Ein Ausbildungsverein spielt eher nicht um europäische Titel. Wir waren in der vergangenen Saison aber unfassbar nah an einem dran. Da hätte eine klarere Definition erfolgen sollen; wollen wir sowas wie der neue FC Sevilla werden, der realistisch mittelfristig Titelträger sein will, oder wollen wir weiterhin Ausbildungsverein sein? Bei uns ist irgendwie ein Mittelding rausgekommen.

Namhafte Spieler im Mittelklassesegment, mit bereits beladenen Schultern, die alle irgendwo ihr eigenes Süppchen kochen (Kohr und Sow waren, glaube ich, nicht auf dem Foto mit Rebic neulich), dazu Führungsspieler mit Altersschwächen (Abraham, Fernandes, Hasebe, Rode, Dost) und einer, der alle überragt, aber auf seinem Niveau keine Mitspieler mehr hat, statt einem guten Mix aus unverbrauchtem Blut und echten Leadertypen. Ein Team, das an einem guten Tag jeden Gegner aus dem Stadion schießen kann, das mental aber oft unterlegen scheint - irgendwie so eine Art günstigeres Leverkusen. (An dieser Stelle hoffe ich, dass mich jemand überzeugt, ich hätte mich da in etwas reingesteigert und liege grundlegend falsch.)

Zum Ende des Jahres ist das Fragezeichen groß hinter der Frage "Quo vadis, Eintracht". Vielleicht werden uns auch 2020 alle bewundern. Oder uns bricht die allgemeine Bewunderung mal wieder ganz divenhaft das Genick.
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Alle haben uns bewundert. Ich denke, das ist es, was am Ende des Tages hängenbleiben wird vom Jahr 2019. Der Treffer zum 2:4 in Lissabon, der 2:0-Sieg im Rückspiel. Die zweite, über zehn Spiele andauernde Serie der Unbesiegbarkeit. Inter, Donezk, Chelsea, insgesamt unglaubliche 20 Spiele im Europapokal. Jovic, Rebic, Haller und Kostic. Europokalhalbfinale. Fredi Bobic "Manager des Jahres". Wahnsinnige Fans. 100 Millionen Euro Einnahmen. Strasbourg und London. 5:1.
 
Mein persönlicher "Moment des Jahres" war derweil ein ganz kleiner am Rande. In den letzten Jahren habe ich bei jedem Spiel Besucher im Waldstadion gesehen, die Trikots großer ausländischer Mannschaften trugen. Jedes mal habe ich mir gedacht: "Wie albern, nur weil man ein Fußballspiel besucht, muss man doch nicht zwingend ein Trikot anziehen - und schon gar nicht, wenn es nicht mal von einem der beiden Teams ist." Genau bei dem Gedanken ertappte ich mich am 19. September, als ich zwei Typen in Arsenal-Jerseys durch den Stadtwald flanieren sah. Und dann realisierte ich nochmal mit Nachdruck, was hier in letzter Zeit abgegangen ist. Doch klar ist auch: Ich bin blöderweise nicht der einzige, der unsere Entwicklung mit Nachdruck realisiert hat.

Da sind zum einen unsere Gegner. Zum einen ist die Eintracht wieder namhafter geworden, zum anderen hatte sie ein Alleinstellungsmerkmal: 14mal (8x KO-Runde 18/19, 6x Quali 19/20) zeigte sie auf der europäischen Bühne ohne nennenswerte nationale Konkurrenz ihr Können. 14mal (mal mehr, mal weniger) gab sie allen Bundesligakickern donnerstags die Möglichkeit, sich in ihre Hirne einzupflanzen: "Verdammt, gegen die müssen wir höllisch gut aufpassen." Und dann gab´s ja auch noch Kovacs Abschiedsspiel.

Womit wir bei der anderen Seite der Medaille wären - unsere eigenen Jungs. Jörg Zeyringers "Treppenläufer" wurde hier an anderer Stelle schon thematisiert, unsere Spieler dürften sich phasenweise ausgewrungen haben, was Motivation und psychische Abnutzung angeht. Dass da am Ende des Jahres vielleicht körperlich noch soweit alles im Lot ist, geistig aber nichts mehr geht, und sich so eine Lähmung auch auf ein ganzes Team übertragen kann, wenn die entsprechenden Gegenströme fehlen, ist nicht verwunderlich.

Dass eben diese Gegenströme fehlen, wirft kein gutes Licht auf die Personalpolitik im Sommer, die situativ verfehlt wurde. Ein Ausbildungsverein spielt eher nicht um europäische Titel. Wir waren in der vergangenen Saison aber unfassbar nah an einem dran. Da hätte eine klarere Definition erfolgen sollen; wollen wir sowas wie der neue FC Sevilla werden, der realistisch mittelfristig Titelträger sein will, oder wollen wir weiterhin Ausbildungsverein sein? Bei uns ist irgendwie ein Mittelding rausgekommen.

Namhafte Spieler im Mittelklassesegment, mit bereits beladenen Schultern, die alle irgendwo ihr eigenes Süppchen kochen (Kohr und Sow waren, glaube ich, nicht auf dem Foto mit Rebic neulich), dazu Führungsspieler mit Altersschwächen (Abraham, Fernandes, Hasebe, Rode, Dost) und einer, der alle überragt, aber auf seinem Niveau keine Mitspieler mehr hat, statt einem guten Mix aus unverbrauchtem Blut und echten Leadertypen. Ein Team, das an einem guten Tag jeden Gegner aus dem Stadion schießen kann, das mental aber oft unterlegen scheint - irgendwie so eine Art günstigeres Leverkusen. (An dieser Stelle hoffe ich, dass mich jemand überzeugt, ich hätte mich da in etwas reingesteigert und liege grundlegend falsch.)

Zum Ende des Jahres ist das Fragezeichen groß hinter der Frage "Quo vadis, Eintracht". Vielleicht werden uns auch 2020 alle bewundern. Oder uns bricht die allgemeine Bewunderung mal wieder ganz divenhaft das Genick.
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Vielen Dank für deinen Beitrag, der doch das aufzeigt, was sicherlich in vielen Fanköpfen rührt. Auf der einen Seite steht die pure Bewunderung des in den letzten Jahren Geleisteten des Vereins auf fast durch weg allen Ebenen. Es wurden viele Fortschritte gemacht, einige Erfolge gefeiert.

Am Ende findet man sich nun aber auch Tatsachen gegenüber, die durch die Erfolgswelle eher in den Hintergrund getreten sind: Die SGE nimmt noch ihren - derzeit aufgrund der spielerischen Situation leicht getrübten - Aufstieg und ist eben noch nicht im Kreise der internationalen Dauervertreter angekommen.

Es gilt nun, die Ruhe zu bewahren, um nicht mit blinder Verzweiflung und überhastetem Aktionismus die eingeschlagene Entwicklung selbst ins Wanken zu bringen. Dass gehandelt werden muss, wenn der Trend fortbesteht, steht außer Frage.

Und da gebe ich dir, lieber Threadersteller, vollkommen Recht: Die Mannschaft ist zu weitaus mehr fähig, als sie es derzeit abrufen vermag. Deshalb erhoffe ich mir, dass sich jeder einzelne Akteur des Teams rund um den erweiterten Kader und Stab bewusst wird, welche Ziele individuell und gemeinschaftlich angestrebt werden wollen, um eine doch noch im Bundesligageschäft ruhige und auf europäischer Bühne aufregende Halbserie zu gestalten.
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Vielen Dank für deinen Beitrag, der doch das aufzeigt, was sicherlich in vielen Fanköpfen rührt. Auf der einen Seite steht die pure Bewunderung des in den letzten Jahren Geleisteten des Vereins auf fast durch weg allen Ebenen. Es wurden viele Fortschritte gemacht, einige Erfolge gefeiert.

Am Ende findet man sich nun aber auch Tatsachen gegenüber, die durch die Erfolgswelle eher in den Hintergrund getreten sind: Die SGE nimmt noch ihren - derzeit aufgrund der spielerischen Situation leicht getrübten - Aufstieg und ist eben noch nicht im Kreise der internationalen Dauervertreter angekommen.

Es gilt nun, die Ruhe zu bewahren, um nicht mit blinder Verzweiflung und überhastetem Aktionismus die eingeschlagene Entwicklung selbst ins Wanken zu bringen. Dass gehandelt werden muss, wenn der Trend fortbesteht, steht außer Frage.

Und da gebe ich dir, lieber Threadersteller, vollkommen Recht: Die Mannschaft ist zu weitaus mehr fähig, als sie es derzeit abrufen vermag. Deshalb erhoffe ich mir, dass sich jeder einzelne Akteur des Teams rund um den erweiterten Kader und Stab bewusst wird, welche Ziele individuell und gemeinschaftlich angestrebt werden wollen, um eine doch noch im Bundesligageschäft ruhige und auf europäischer Bühne aufregende Halbserie zu gestalten.
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Dem kann ich nur zustimmen. Der entscheidende Punkt, der all dem zugrunde liegt,  ist im dritten Absatz zu finden. Ruhe bewahren.
Ruhe bewahren und kühlen,  klaren Kopf behalten sind essentiell, um  besonders jetzt die richtigen Entscheidungen zu treffen.

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Alle haben uns bewundert. Ich denke, das ist es, was am Ende des Tages hängenbleiben wird vom Jahr 2019. Der Treffer zum 2:4 in Lissabon, der 2:0-Sieg im Rückspiel. Die zweite, über zehn Spiele andauernde Serie der Unbesiegbarkeit. Inter, Donezk, Chelsea, insgesamt unglaubliche 20 Spiele im Europapokal. Jovic, Rebic, Haller und Kostic. Europokalhalbfinale. Fredi Bobic "Manager des Jahres". Wahnsinnige Fans. 100 Millionen Euro Einnahmen. Strasbourg und London. 5:1.
 
Mein persönlicher "Moment des Jahres" war derweil ein ganz kleiner am Rande. In den letzten Jahren habe ich bei jedem Spiel Besucher im Waldstadion gesehen, die Trikots großer ausländischer Mannschaften trugen. Jedes mal habe ich mir gedacht: "Wie albern, nur weil man ein Fußballspiel besucht, muss man doch nicht zwingend ein Trikot anziehen - und schon gar nicht, wenn es nicht mal von einem der beiden Teams ist." Genau bei dem Gedanken ertappte ich mich am 19. September, als ich zwei Typen in Arsenal-Jerseys durch den Stadtwald flanieren sah. Und dann realisierte ich nochmal mit Nachdruck, was hier in letzter Zeit abgegangen ist. Doch klar ist auch: Ich bin blöderweise nicht der einzige, der unsere Entwicklung mit Nachdruck realisiert hat.

Da sind zum einen unsere Gegner. Zum einen ist die Eintracht wieder namhafter geworden, zum anderen hatte sie ein Alleinstellungsmerkmal: 14mal (8x KO-Runde 18/19, 6x Quali 19/20) zeigte sie auf der europäischen Bühne ohne nennenswerte nationale Konkurrenz ihr Können. 14mal (mal mehr, mal weniger) gab sie allen Bundesligakickern donnerstags die Möglichkeit, sich in ihre Hirne einzupflanzen: "Verdammt, gegen die müssen wir höllisch gut aufpassen." Und dann gab´s ja auch noch Kovacs Abschiedsspiel.

Womit wir bei der anderen Seite der Medaille wären - unsere eigenen Jungs. Jörg Zeyringers "Treppenläufer" wurde hier an anderer Stelle schon thematisiert, unsere Spieler dürften sich phasenweise ausgewrungen haben, was Motivation und psychische Abnutzung angeht. Dass da am Ende des Jahres vielleicht körperlich noch soweit alles im Lot ist, geistig aber nichts mehr geht, und sich so eine Lähmung auch auf ein ganzes Team übertragen kann, wenn die entsprechenden Gegenströme fehlen, ist nicht verwunderlich.

Dass eben diese Gegenströme fehlen, wirft kein gutes Licht auf die Personalpolitik im Sommer, die situativ verfehlt wurde. Ein Ausbildungsverein spielt eher nicht um europäische Titel. Wir waren in der vergangenen Saison aber unfassbar nah an einem dran. Da hätte eine klarere Definition erfolgen sollen; wollen wir sowas wie der neue FC Sevilla werden, der realistisch mittelfristig Titelträger sein will, oder wollen wir weiterhin Ausbildungsverein sein? Bei uns ist irgendwie ein Mittelding rausgekommen.

Namhafte Spieler im Mittelklassesegment, mit bereits beladenen Schultern, die alle irgendwo ihr eigenes Süppchen kochen (Kohr und Sow waren, glaube ich, nicht auf dem Foto mit Rebic neulich), dazu Führungsspieler mit Altersschwächen (Abraham, Fernandes, Hasebe, Rode, Dost) und einer, der alle überragt, aber auf seinem Niveau keine Mitspieler mehr hat, statt einem guten Mix aus unverbrauchtem Blut und echten Leadertypen. Ein Team, das an einem guten Tag jeden Gegner aus dem Stadion schießen kann, das mental aber oft unterlegen scheint - irgendwie so eine Art günstigeres Leverkusen. (An dieser Stelle hoffe ich, dass mich jemand überzeugt, ich hätte mich da in etwas reingesteigert und liege grundlegend falsch.)

Zum Ende des Jahres ist das Fragezeichen groß hinter der Frage "Quo vadis, Eintracht". Vielleicht werden uns auch 2020 alle bewundern. Oder uns bricht die allgemeine Bewunderung mal wieder ganz divenhaft das Genick.
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Eendracht schrieb:

Zum Ende des Jahres ist das Fragezeichen groß hinter der Frage "Quo vadis, Eintracht". Vielleicht werden uns auch 2020 alle bewundern. Oder uns bricht die allgemeine Bewunderung mal wieder ganz divenhaft das Genick.

Gut geschrieben, wenn ich auch nicht allem zustimmen kann. "Quo vadis Concordia?" (um in der Sprache zu bleiben) stimmt natürlich. Aber das stimmt immer. Wer lange genug Eintracht-Fan ist, weiß, dass es für uns immer nur hop oder top gibt. Wer die Eintracht im Niemandsland verortet (wie kürzlich häufiger zu lesen war), hat von der Eintracht keine Ahnung. Wir werden - davon bin ich überzeugt - demnächst wieder angreifen und alle Bobic-hat-sich-verzockt-Kritiker Lügen strafen. In diesem Sinne: auf eine neues 2020!


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