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Brasilien-Report bei Herrn Bruchhagen

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Vor zwei Monaten...
Zwischen den Jahren. Gegen 18 Uhr.
Draußen ist es natürlich schon längst dunkel.


Herr Bruchhagen steht mit einem Glas Merlot in seiner Dachwohnung am Fenster. Er trägt seine legere Feierabendkleidung. Jogginghose, an den Füßen die schwarz-roten Socken, die Geli gestrickt hat und die Eintrachtletten. Obenrum heute das Trikot mit der 8. Als Gedächtnisstütze. In dieser leidigen Personalie muß ja auch bald mal ´ne Entscheidung her....
Herr Bruchhagen schaut hinaus. Drüben die Skyline mit ihren glitzernden Bankentürmen. Schon schön, dieses Frankfurt. Hätte er nie gedacht. Und wie sich das alles so schön im Main spiegelt...Schade, das der nicht auch durch Harsewinkel fließt. Dieses Leben am Fluß...diese Stetigkeit...das hat schon was...schönschönschön.

Es klingelt.  Herr Bruchhagen geht zur Tür, öffnet, drückt den Summer und knipst das Treppenhauslicht an.
Es dauert...Nach etwa fünf Minuten taucht sein erwarteter Gast auf dem letzten Treppenabsatz auf, ächzend, stöhnend, schwer nach Atem ringend...

"Mannmannmann, Chef, biste verrückt...in de fünfte Stock zu ziehe, da is´ mer ja tot, bevor mer obbe ankommt! Und des am Tag e paar mal? Wie hältst ´n Du des aus?"

Herr Bruchhagen wippt sportiv auf den Zehenspitzen.
"Guten Abend Bernd, schön, daß Sie so kurzfristig Zeit hatten...Ja, die Treppen halten fit...Sie sollten auch mal ´n bißchen mehr tun...haben ganz schön zugelegt seit Ihrer aktiven Zeit, hahaha...naja, jetzt kommen Sie erstmal rein".

Der Besucher läßt sich erschöpft in einen Sessel fallen.
"Chef, was gibt´s? Was is´n so eilig? Wer kommt´n noch?  De Ralf un de Friedolin?"

"Nein, nur wir beide...vertraulich..darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten, Bernd? Ein Glas Rotwein vielleicht?"

"Ooooch naaaa, Chef...haste net e Lischer da?"

"Doch...mindestens zwanzig Kasten, Bernd, da müßten Sie aber bitte nochmal runter in den Keller...."

"Naaa, ich glaub´, es geht los...net noch emal die Trepp´...ich guck´ emal in Dein Fritsch...och, hier sinn ja noch zehn Flasche, was e Glück!"

"Jaja, kann sein... ich habe nicht so den Überblick...hat sicher Geli noch reingestellt, bevor sie gegangen ist. Bedienen Sie sich...Ein Glas?"

"Naaa, ich trink´aus de Flasch...nur kaa Umständ... da mußt´ Du net so oft spüle!"

"Also, Prost Bernd! Ich habe Sie heute abend zu mir gebeten, weil sich die Ereignisse überschlagen...der Müller hat nicht locker gelassen wegen Albert, Sie wissen schon..ich habe schließlich zugestimmt, macht schon mal 2,5 Millionen. Dann hat mir der Lionti den ominösen Zettel gebracht, der an Naohiros Spind hing...konnte ihn kaum lesen, so verlaufen war die Schrift...ich glaube, er hat geweint. Hat urplötzlich Heimweh bekommen, hat er geschrieben...ja, da müssen wir menschlich zustimmen, er hat ja große Verdienste um uns. Ich denke mal...Urawa, Kawasaki, Kashima...irgendeiner der Spitzenvereine dort drüben...ich addiere mal zirka 1 Million obendrauf...ja, und dann irgendwie noch hier die 8, das muß auch endlich mal vom Tisch...aber ich denke, da kriegen wir nur Peanuts...also da rechne ich mal nix..war nicht werthaltig....Wie Sie wissen, Bernd, an unser Festgeldkonto möchte ich nur ungern, diese 12 Millionen...ach neeneenee, das ist ja bei weitem nicht so viel, also diese ähhh...knapp 5 Millionen bleiben erstmal, wo sie sind.......So, Bernd, jetzt berichten Sie bitte mal detailiert über Ihr Scouting in Brasilien, welches Sie gemeinsam mit Ralf durchgeführt haben!"

"Okee Chef, wart´...ich hol´ mir erst noch e Flasch...so...jetzt...aaaaalso, des erste Mal war ´n ich und de Ralf im Februar drübbe.  Beziehungsweise...des hat net so ganz geklappt...Wie mir am Morsche zum Flughafe fahr´n wollte, war´n leider die Straße glatt...Eis...da hammer den Flieger verpaßt...ich hab´ zum Ralf gesagt, was mache mer ´n jetzt mit dene Fahrkarte? Da hat der Ralf gemeint, ich soll mer kein´Kopp machen, die tät er ´m ibee gebbe..., einszweidrei...keine Ahnung, wer des is´...is´ ja auch egal, der kann ´se sicher gebrauche......Ja, und bei ´m zweite Mal war ´n mir im Juni....da simmer Freitagnacht gefloge, ich glaub sogar beim Nachtstartverbot...werri impoortend, und da war ´n mer am Samstagmittag, weil des Spiel, des mer gucke wollte, war am Sonntag. Also ich sag´ Dir, Chef, wenn Du aus ´m Flugzeug in Sankt Paulo rauskommst.....wie wenn Du an e Wand rennst!!!  Was e Hitz!!!  Ich hab´ gleich zum Ralf gesagt, ei die Spieler solle doch froh sein, wenn ´se ma wo kicke könne, wo ´s net so heiß is´......Mir sinn dann ins Hotel, und des Mädche da hinner der Theke...ich sag Dir Chef...erste Sahne...was e Figur...und was für ´n Hinnern...und vorne rum..."

"Jaja Bernd, lassen Sie jetzt mal bitte diese Details...wie war das Spiel, wie war unser Mann?"

"Ei Chef, ich bin doch debei, Dir des zu erklär´n...also  ich und de Ralf sinn dann auf´s Zimmer uns e bissi frisch mache...da kam die Klaa von hinner der Theke und wollt´ wisse, ob mir noch was bräuchte......Der Ralf hat so´n Auge zugekniffe und hat gesagt, mir könnte schon noch was gebrauche. Und dann is´ die noch was zu trinke hole gegange...Kaipiranja, oder so ähnlich...und dann is´ es e bissi spät geworde...
Als mir aufgewacht sinn...oh Mann, mein Kopp...und was ´n Hinnern....war des Spiel schon vorbei....Der Ralf hat aber gleich gesagt, des wär´ net so schlimm, bei unsrer neu Freundin hinner der Theke wär ´n Kompjuder, da könnte mir des Spiel sehn. Da wär´s auch net so voll!!  Ich hab´gesagt, ei Ralf, des Spiel ist doch schon längst vorbei...aber der Ralf ganz kuul, ei Holz, jetzt gucke mer e paar Ausschnitte auf Juutuub....Ich hab´ gesagt, Ralf, da fällt mir ein, ich hab´mei Zahnpasta vergesse!  Und der Ralf, ei des macht doch nix, kannst mei mit nehme, mir sinn doch ein Tiem!  Und was für eins, hab´ ich gesagt, mir sinn Schörmenies Best Skautz!  Da hat er sich halbtot gelacht, der Ralf.  Des wär´ja überhaupt e Mordsidee, er hätt´ Beziehunge über de Helmer zum DSF, da tät er des emal vorschlage für nach Mitternacht, da käm sowieso immer so ´n Mist!   Auf jeden Fall, Chef, dann hammer´n gesehn, den Kajo...ich sag´ Dir, Chef, des is ´n Kracher der Mann, e Granat, e Bomb...der schießt Ecke und Freistöß wie de Dokter Hammer...da könne mir garnix falsch mache!  Gas gebbe, Gas gebbe, sofort kaufe...ich hol´mir ma noch e Bier!"

"Ja, aber... Bernd...jetzt sagen Sie doch um Gotteswillen...Sie müssen doch unser Objekt unbedingt mal live gesehen haben...um ihn im Wettkampf beurteilen zu können?"

"Hab ich doch, Chef, hab ich doch, mach Dich doch ma ganz locker...im September bin ich noch ema allein rübergemacht, de Ralf war ja leider krank...da hab ich´n gesehn im Lokalderbi gegen die Korindekacker, des sinn da in Sankt Paulo dene ihr was bei uns die Oxxebacher sinn, de absolute Haß. Nachdem ich angekomme bin, hatt´ ich noch e paar Tag Zeit, was sollt´ ich mache, bin ich halt an de Strand...e Hitz´ wie immer....
Hab´ e bissi geguckt, die Hühner da, mannmannmann....und natürlich etliche Serwesa reingepfiffe.  Was is´ prompt passiert?  Eingeschlafe bin ich...irgendwelche Strandpoliziste hamm mich gefunde...natürlich krebsrot....hamm mich ins Krankenhaus geschafft, acht Tag...Hitzschlag...und mei Haut hat ausgesehn wie ´n Riwwelkuche..."

"Mann, Bernd, wie ärgerlich, dann haben Sie den Mann ja wieder nicht live analysieren können?"

"Doch, Chef, doch, ich hab ´n dann im Krankenhaus im Radio gesehe, ich sag´ Dir, des war leifer als leif...den Reportascher haste durchs ganze Haus brülle hör´n....Ka-juuuuuuuuuuuu...und... Gooooooooooool....so ging des in einemfort. Chef, den mußt´ Du gesehn habbe...fee-noo-mee-naaal...geb mir die Kohle, ich hol ´n gleich rüber!"

"Gut, Bernd, das genügt mir. Dann ist die Entscheidung also gefallen...ich verlasse mich natürlich auf Ihr fachmännisches Urteil. Dann fliegen Sie bitte Anfang Januar mit Dr. Pröckl rüber und machen den Deal mit den Brasilianern perfekt!"

"Och neeee, Chef, muß des sein mit dem Pröckl? Der is´ immer so forztrocken und nüchtern...könnt´ ich net wieder mit ´m Ralf...?"

"Neinneinnein, lassen Sie mal, Bernd, das muß der Pröckl machen, der spricht die Landessprache, ist ein ausgewiesener Finanzfachmann, und die ganzen rechtlichen Fragen...in wievielen Händen...wo liegen die Rechte an dem Spieler, jede Menge Dokumente, undundund...ja, so wird´s gemacht!....Okay, Bernd, dann danke ich Ihnen für Ihre sorgfältige Recherche, sehr gute Arbeit...wir sehen uns dann also morgen im Büro."

"Okay Chef, ich hol´ mir dann grad noch ´n Bier....."

"Ach Bernd, seien Sie mir bitte nicht böse, aber ich müßte noch einige Dinge erledigen...noch ein bißchen aufräumen, Sie wissen doch, morgen ist Donnerstag, da kommt meine Frau...."

"Schon gut Chef, ich wollt´ sowieso grad gehn...also dann, bis morsche...."

"Gute Nacht Bernd, kommen Sie gut nach Hause."

"Mach ich Chef, tschöö Chef!"

Herr Bruchhagen öffnet seinem Gast  die Wohnungstür und knipst das Treppenhauslicht an. Der Gast steigt die Treppe hinab. Herr Bruchhagen geht ins Wohnzimmer zurück, nimmt sein Glas Rotwein und begibt sich ans Dachfenster.
Nochmal alles auf sich wirken lassen....
Kurz ist ihm, als sei aus dem Treppenhaus Gepolter zu hören. Bernd wird doch nicht...nein, alles ruhig jetzt.
Rundum zufrieden leert Herr Bruchhagen sein Glas in einem Zug. Aahhhhh - wunderbar, wie alles fließt...der Rotwein...die Abgänge...die Zugänge...der Main...wie hieß dieser Film gleich noch mal?...In der Mitte entspringt ein Fluß....ja, alles wie in einem Film...großes Kino...schönschönschön.  
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  sehr geil gemacht    
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 sehr geil
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E Lischer........!
Und wieder jede Menge Details...
schönschönschön......
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"... doch, ich hab ´n dann im Krankenhaus im Radio gesehe ..."

 

Bravo, Zugabe, bitte mehr davon.
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herrlisch        
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Ich hoffe schwer, das dies der 2. aber nicht Letzte war. Dann wäre mir einerseits keiner entgangen und auf weitere könnte ich mich freuen.

thx uaa
war wieder Muhahaha


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