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Abpfiff beim FCB

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Spielende.
Ich gehe etwas zaudernd ob der vergebenen Chancen und des unsäglichen Elfmeterpfiffs gegen uns, mit meinen sieben Kumpels raus aus dem erstaunlicherweise mit Bayern-Kunden gespickten „Gästeblock“. An der Treppe entscheiden wir dann (vier der Jungs sind Rote), dass wir noch zum „Paulaner Fan Treff“ gehen wollen. Das ist eine Art VIP-Raum ohne VIPs oberhalb der Südtribüne mit Bierzeltatmo.

Der Laden ist voll, am Eingang stehen Securities und sortieren die völlig betrunkenen aus. Wir dürfen anstandslos passieren. Von uns acht Mann (vier Rote, ein Freiburg-Fan, ein Handballer, zwei SGE´ler), haben nur wir Frankfurter Fan-Utensilien sichtbar an. Mein Kumpel ein Trikot, ich meinen Eintracht-Strandhut – wie immer. Drinnen suchen wir uns einen halbwegs freien Stehtisch, bestellen die erste Runde und sind mittendrin. Mit dabei ne handvoll Ü50-Bayern-Fans aus Hamburg, mit denen wir uns angeregt und sehr amüsant über das Spiel unterhalten. Es wird gelacht und über die Szenen auf der Leinwand diskutiert. Alles ist gut.
Auf einmal kommt ein augenscheinlich junger Security angerauscht und fährt uns an, wir sollen sofort Trikot und Mütze absetzen. Das sei hier ein Bayern-Fantreff. Mein Kumpel entledigt sich seines Trikots. Ich weigere mich höflich, da ich hierbei keinen Sinn sehe. Also kündigt der junge Mann an, seinen Vorgesetzten zu holen, was ich zugleich erbitte. Was dann kommt, ist eine bodenlose Frechheit. Und wenn sowas als Vorgesetzter durchgeht, dann hat der FCB ein Personalproblem. Ein etwa, na sagen wir einfach, recht kleiner, rotköpfiger Pitbull Terrier im Security-Outfit kommt wutschnaubend heran und brüllt: „Mütze aus!!!“ (Der Rest seiner Aussage ist aufgrund des stark sächsischen Akzents, nur schwer zu verstehen, klingt aber weiterhin sehr wütend. An der Stelle sei erwähnt dass meine Verwandtschaft mütterlicherseits aus Sachsen kommt und ich des sächsischen Dialekts durchaus mächtig bin.)
Ich entgegne ihm: „Können Sie mit mir in einem normalen Ton reden? Dann können wir uns unterhalten.“
Er schnaubt weiter: „Sofort die Mütze ausziehen“ und weiteres das ich nicht verstehe.
Ich mache ihm klar dass ich den Grund nicht verstehe und hier nur mein Bierchen mit ein paar Freunden trinken will. Er droht mit der Polizei. Ich nicke freundlich. Er dampft ab.
Zwei Minuten später. Auftritt: Die Staatsgewalt!
Zwei Polizisten, einer klein der andere meine Grösse, stapfen heran. Der Kleine brüllt (ebenfalls): „Glas abstellen, mitkommen.“
Ich sage: „Der junge Mann hat es schon nicht geschafft in normalem Ton mit mir zu reden. Würden Sie dann wenigstens in ganzen Sätzen mit mir kommunizieren?“
Er wiederholt seine Aussage als Frage und in vollständigem Satz. Ich gehe anstandslos mit den Beamten vor die Tür im 2. (oder 3. Stock). Hier führen wir die Diskussion um den Sinn dieser Maßnahme fort. Die Beamten berufen sich auf das Hausrecht der Securities und dass sie dieses durchsetzen müssten. Ohne dass ich ein Jura-Studium abgeschlossen hätte, leuchtet mir das als „möglich“ ein. Trotzdem bleibt die Frage nach der Art und Weise dieser Vorgehensweise und dass ein Rausschmiss aus diesem Raum, dem „Paulaner Fan Treff“, doch sicher nicht im Sinne des Erfinders sei. Eine vorherige Erläuterung der Situation wurde von Seiten der Sicherheit auch nicht erbracht. Der Ordnungshüter erklärt mir nun, dass dies zu meinem Schutz geschieht, da ein Bayern-Fan dem meine Mütze nicht gefallen könnte, mir ein Glas über den Schädel ziehen könnte. Auf meine Frage nach dem Kenntnisstand des Spielergebnisses ernte ich von beiden nur ahnungslose Gesichter. Auch als ich dann frage, welchen Grund jemand haben könnte sowas zu tun, wenn man das Spiel doch eh gewonnen hätte, lässt keinen Geistesblitz erkennen. Erst als ich im Zuge dessen den Security-Dienst in Frage stelle, sollte sowas doch mal vorkommen, packt mich einer der Beamten (der Kleine) und schiebt mich vehement Richtung Treppe. Ich sage ihm, er solle die Finger wegnehmen, da ich doch gut alleine laufen könne. Es wird kurz lauter und immer mehr umherstehende Menschen fragen sich offensichtlich, was das hier soll. Ein Bayern-Fan ruft den Beamten sogar zu, sie sollen es nicht übertreiben und aufhören sich wie Nazis aufzuführen. Scheinbar hat er die Unterhaltung genau verfolgt.
Die Beamten eröffnen mir nun, dass sie einen Platzverweis gegen mich aussprechen und mich deshalb vom Stadiongelände begleiten. Als Begründung heisst es: „Widerstand gegen die Stadionordnung und Zuwiderhandlung der Anweisung des Sicherheitspersonals“.
Wir gehen also die Treppe runter und stehen vorm Stadion. Ich bedanke mich und wünsche einen guten Abend, da entgegnet ein Beamter, ich müsse ganz raus – also Richtung S-Bahn. Ich sage voller Ernst: „Sie müssen es nicht übertreiben. Ich habe mich weder physisch auffällig verhalten noch verbal irgendjemand angegriffen. Ich habe mich dem Sicherheitspersonal und auch Ihnen gegenüber normal ausgedrückt und meine Situation erklärt. Und Ihnen fällt nichts besseres ein als mich aus dem Stadion zu werfen, nur weil ich eine Eintracht-Mütze trage und die nicht so ohne weiteres absetzen will? Das ist ja eine Diskriminierung wie im 3. Reich. Da könnten die da oben auch sagen, sie wollen hier nur weisse drin haben – das wäre genauso diskriminierend.“

Daraufhin flippt der kleine Beamte sofort aus. Er schimpft und rudert mit den Armen, das sei doch alles überzogen und ich solle nicht auf die Tour kommen – und rennt weg! Ja, er nimmt die kurzen Beine in die Hand und eilt schnellen Schrittes davon. Einfach so.
Ein dritter Beamter kommt stattdessen hinzu. Mit den beiden ist einigermassen vernünftig zu reden, aber man merkt Polizisten in diesem Umfeld einfach immer wieder ihre behördlich auferlegte Arroganz an. Es ist fast zum Kotzen, wie hochnäsig sich diese (teilweise) Bubis verhalten.
Sie beordern mich schliesslich noch 50m weg und ziehen dann ab.

Glückwunsch FCB zu diesem Bild das der Verein an diesem Tag abgegeben hat! Als ich vor dem Spiel von Eintrachtfans gefragt werde „Gehst Du da wirklich rein?“, war für mich klar, dass ich mich nicht ausziehen werde. Ich setze schon nicht meine Mütze ab, nur weil sie einem steinzeitlichen Security nicht passt. Dass am Ende die vielleicht entscheidenden 200 Leute vorm Stadion bleiben und es dadurch an Stimmung fehlt, ist sehr traurig. Dass es aber wohl wieder mal nur „wir“ merken und sonst keine Sau, ist das Erschütternde an der Sache. Solch ein Fanprotest macht wohl erst Sinn, wenn der Block leer bleibt.

Es war für mich jedenfalls der letzte Besuch eines Heimspiels dieses Vereins! Und ich denke weiterhin, dass die Umsetzung der Maßnahme gegen mich, NICHT im Sinne des Erinders, sprich der Marketing-Abteilung des FCB ist.

Forza SGE
Fingerfertig


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