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Zeit-Artikel über Namensrechte / Entmündigung der Bürger

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In der aktuellen Ausgabe der Zeit (erste Seite im Feuilleton) ist ein interessanter Artikel über den Verkauf von Namensrechten der Stadien und allgemein über Privatisierung und der damit verbundenen Einschränkungen für die Bürger zu finden. Zwar wurde die Thematik hier schon des öfteren diskutiert, trotzdem finde ich es wichtig, dass man einige Dinge nicht einfach nur "schluckt". Hier ein paar Auszüge aus dem Artikel "Nicht mehr Herr im eigenen Haus":

„Das Hamburger Beispiel hat aber eine besondere Symbolik, die darin besteht, dass hier das Volk aus dem Namen vertrieben und durch ein Privatunternehmen ersetzt wurde. Und in der Tat ist in der Rechnung des HSV mit dem Medienkonzern ein dritter Vertragspartner enthalten, der freilich für die erwartete Leistung kein Geld bekam und auch nicht gefragt wurde: der Bürger, der in Zukunft nur noch von der AOL Arena sprechen sollte. Und AOL wollte sich keineswegs mit der bloßen Hoffnung darauf zufrieden geben. Der Vertrag enthält eine Klausel, wonach der HSV nur dann die volle Summe bekommt, wenn der neue Name oft genug in den Medien fällt. (...)

Nun wird freilich niemand zur Verwendung des neuen Namens gezwungen werden können. Heikel würde es erst, wenn eine städtische U-Bahn-Station AOL Arena heißen sollte. So weit ist es noch nicht; aber doch knapp davor. Denn schon hat sich die Stadt Frankfurt am Main, weit davon entfernt, den Bürger vor dem Verlust seiner semantischen Umwelt zu schützen, selbst an einer solchen Enteignung der Sprache beteiligt. Der Magistrat setzte seine Unterschrift unter einen Vertrag, der die Umbenennung des Waldstadions für zehn Jahre in Commerzbank Arena vorsieht. (...)

In einer langen Kette von Privatisierungen gesellschaftlichen Eigentums war dies die bislang dreisteste. Privatisiert wurde zwar keine Immobilie in öffentlichem Besitz. Privatisiert, das heißt: dem Bürger enteignet, wurde aber die öffentliche Rede. Das Sprechen über das Waldstadion, Pardon: die Commerzbank Arena gehört nun nicht mehr dem Bürger, sondern einer Firma. Gerade weil es um keine großen Summen, sondern nur um die Modernisierung des Stadions ging, verrät der Verkauf die Enthemmung, mit der neuerdings Allgemeinbesitz preisgegeben wird. Man fragt sich, ob für ein paar Euro mehr sogar die Umbenennung der ganzen Stadt in Commerzbank-City drin gewesen wäre. Wolfsburg wurde ja schon für einige Tage in Golfburg umgetauft. (...)

Wenn Staatseigentum privatisiert wird, wird Volkseigentum privatisiert. Nur Politiker scheinen zu glauben, dass es sich um eine Art Beute handelt, die man in Stunden der Not wie Hehlerware verjubeln kann. Zwar bekommt das Volk dabei etwas von seinem Geld zurück. Es verliert aber mehr als sein Eigentum. Es verliert die Kontrolle. (...)

Zum Beispiel lässt sich auch die Meinungsfreiheit nur einmal verkaufen, auch die Freiheit zur persönlichen Lebensgestaltung oder was sonst noch im Grundgesetz steht. Ein alberner Vergleich? Und doch ist es schon geschehen, als die Kommunen der Fifa eine Bannmeile versprachen, in der die Sponsoren der Fußball-WM vor konkurrierender Werbung geschützt werden. (...)

Und schon wird spekuliert, dass auch die Zuschauer in den Stadien – wie bereits bei den Olympischen Spielen von Athen – nicht mehr frei in ihrer Kleidung sein werden. Wer dort, wo adidas als Sponsor herrscht, etwa ein Shirt von Puma trägt, könnte gezwungen sein, es verkehrt herum anzuziehen, damit der generische Werbeaufdruck verschwindet. In diesem Fall würde der Bürger den Preis der Privatisierung am eigenen Leibe erfahren: Nicht irgendein anonymer Staatsbetrieb, er selbst wäre die Beute, die an ein Unternehmen verscheuert wurde.“

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Hatte das gerade in den anderen thread "Waldstadion" geschrieben, passt aber sehr schön hierher:


Wartet mal ab. Wenn diese Namensvermarktungwelle von Stadien und nächste Saison wohl auch der gesamten Liga erst mal ihren Höhepunkt erreicht hat, banalisiert sich das Ganze. Und dann kommt der Grundsatz des Marketing "be different" zum Tragen. Wer weiß, ob nicht irgendwann ein Sponsor, der sich ein cooles Image zulegen will, einfach die Namensrechte erwirbt und das Stadion dann wieder in Waldstadion umbenennen lässt - unter entsprechendem Werbe-Tamtam selbstverständlich, dass den Namen des Sponsors umso besser mit dem gewünschten Image verbindet. Die Negativ-Auswirkungen von nicht akzeptiertem Marketing (wie etwa hier bei den Umbenennungen) traut sich keiner zu analysieren, weil sich damit die Werbevermarkter ja selbst das schöne Geschäft vermasseln würden. Es wird aber schon lange gemunkelt, dass nicht akzeptiertes Marketing zu Imageschäden führen kann. Also, immer weiter am Namen Waldstadion festhalten, dann können sie es hundertmal wirkungslos XYZ-Arena taufen.  
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der markt reguliert sich immer wieder von selbst.

was ändern kannst du sowieso nicht. eigentlich sit die städtische namensvergebung doch fast identisch.

aus der kaiser zeit stammen die ganzen "kaiser-wilhelms-plätze, ringe oder alleen." früher war halt der kaiser das monopol.

und um ehrlich zu sein: auch wenn es auf immer das waldstadion sein wird (für mich zumindenst)... es ist doch scheiss egal wie sie es nennen wollen.

in meiner stadt gab es früher einen allkauf, der jetzt ein real geworden ist. 99% der bürger hier sagen immer noch allkauf.

ich hab damals immer meine großeltern dabei ertappt, wie sie längst vergessene namen zu irgendwas sagten. heute bin ich einer von denen.

unterm strich
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scheiss der hund drauf

ein hoch auf die frolic-arena
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Das ist doch alles Unsinn.... Wir legen alle zusammen, kaufen die Commerzbank und bennnen diese in "Wald-Bank" um. Dann kann die C****-Arena wieder Waldstadion heißen.


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