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Mein persönlicher WM-Rückblick...

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So, die WM 2006, auf die so viele Jahre hingefiebert wurde, ist nun seit einigen Minuten vorbei. Italien ist Weltmeister, meine Meinung zu diesem Sieger gibts später im Text... auf jeden Fall ist es jetzt so langsam an der Zeit, sich Gedanken über die letzten vier Wochen zu machen....

Zum ersten ist da einmal der Auftritt der deutschen Mannschaft, über den schon viel gesagt und geschrieben wurde, und über den ich deshalb nicht sehr viele Worte verlieren brauche. Jürgen Klinsmann hat sich gegen alle Störfeuer aus der Bundesliga durchgesetzt und ist konsequent seinen Weg mit jungen Spielern gegangen. Dieser riskante Weg war von viel Erfolg und positiven Momenten, aber auch von kleineren Rückschlägen geprägt. Wird er jetzt weiterverfolgt, unabhängig davon, wer Nationaltrainer ist - auch wenn Jürgen Klinsmann da wünschenswert wäre -, dann sehe ich die Mannschaft auf einem guten Weg für die WM 2010. Deutschland wäre einer der Topfavoriten auf den Titel.

Die Stimmung in den Stadien war überwiegend sehr gut; und selbst wenn Spiele präsentiert wurden, die einen Fussballfan nicht unbedingt vom Hocker gerissen haben, so feierte man sich halt im Stadion selbst. Diese positive Stimmung war nach der sehr chaotischen und absolut schlechten Ticketvergabe vorher nicht zu erwarten und ist einzig und allein der Begeisterungsfähigkeit der deutschen Fans, nicht aber den Ticketspezialisten bei der Fifa zu verdanken. Positiv auch zu bemerken, das es einen nahezu 100%-ige Auslastung der Stadien und nur wenige freie Plätze gab, die ein grosses Ärgernis für diejenigen gewesen wären, die bei der Ticketvergabe leer ausgegangen sind.

Auch die Stimmung um die Stadien herum, wie zb auf den Fanfesten war wohl, soweit man dies aus den Zeitungen und den Medien entnehmen konnte, überaus friedlich und freundlich. Es gab, mit kleinen Ausnahmen, die auch auf jeder Kerb vorgenommen, nahezu keine Schlägereien und auch die grossangekündigte Invasion von Hooligans aus Polen blieb aus. Ja, sogar die englischen Fans waren absolut friedlich, fühlten sich in unseren Städten absolut wohl und haben sich schon via verschiedener britischer Medien bei uns als Gastgebern bedankt.

Die Stars der WM waren solche, die man von vornerei nicht unbedingt erwarten konnte. Nein, kein Ronaldinho, kein deutlich übergewichtiger Ronaldo oder auch ein Ballack waren die Highlights der WM; es waren vielmehr Spieler, die größtenteils noch eine lange Karriere vor sich haben werden: Christiano Ronaldo von Portugal, Ribery von Frankreich, aber auch die deutschen Spieler Klose, Podolski und Odonkor haben noch lange Spiele auf hohem Niveau vor sich und werden uns vermutlich auch bei der nächsten WM noch erfreuen.

Wobei ich nun bei dem Wort Niveau auf die Leistungen einzelner Mannschaften eingehen möchte. die grössten Enttäuschungen waren die immer als Favoriten genannten Brasilien, England und Niederlande. Diese Mannschaften sind aus den unterschiedlichen Gründen früh aus dem Turnier ausgeschieden, da sie die Leistungen, die sie zum Stande bringen in der Lage wären, zu nahezu keinem Zeitpunkt im Turnier abrufen konnten. Die Brasilianer zb sind an ihrer Lethargie und ihren Arroganz gescheitert, die Holländer konnten ihre Kräfte nicht zum richtigen Zeitpunkt bündeln und sind wie so oft im frühen Stadium des Turniers ausgeschieden. Gleiches gilt übrigens für Spanien, die traditionell die Vorrunde beherrschten und dann im ersten Ko-Spiel die Segel streichen mussten. Daher tauchen sie nicht bei den genannten Favoriten auf. Positiv überrascht haben neben der deutschen Mannschaft sicherlich auch die Spieler aus Frankreich, Portugal und Australien. Diese Länder, mit den unterschiedlichsten Ansprüchen gestartet, haben sehr erfreuliche Ergebnisse gezeigt und sind sehr weit im Turnier gekommen. Traurig kann man über die Leistungen der afrikanischen Mannschaften sein; die Elfenbeinküste hätte bei einer anderen Gruppeneinteilung weit kommen können. Ghana hat den Kontinent gut präsentiert und die Togolesen wiederum haben das Bild, das man in Europa vom afrikanischen Fussball hat, perfekt dargestellt, weil ihnen finanzielle Verhandlungen wichtiger waren als den Ruhm der Teilnahme an einer WM. Freuen konnte man sich an den kleinen Überraschungen der WM, zb an dem Punktgewinn von Trinidad und Tobago.

Die Leistungen der Schiedsrichter, allen voran unseres Vorzeigepfeifenmanns Merk liessen doch während des Turniers sehr zu wünschen übrig: nicht gegebene Tore, falsche Abseitsentscheidungen, falsche Elferentscheidungen sind ein Ärgernis, welches durch die Einführung eines Videobeweises sehr leicht beendet werden könnte. Dies scheitert jedoch an der Dickköpfigkeit des alternden Fifa-Präsidenten Sepp Blatters, dessen Ruhestand für die Fortentwicklung der WM unerläßlich sein wird.

So, das war es fast mit meinem persönlichen WM-Rückblick. Eines fehlt noch, nämlich meine Meinung zum neuen Weltmeister: Glückwunsch an Italien, aber mit euch ist eine Mannschaft Weltmeister geworden, die es am wenigsten verdient hat. Ein unsauberer Fussball mit vielen versteckten Fouls, ein Spieler wie Gattuso, der von den Fans gefeiert wird, aber normalerweise nach jedem Spiel wegen versuchter Körperverletzung verhaftet werden müsste, eine Taktik, die an Cattenaccio der früheren Jahre erinnert, das Glück, in den entscheidenden Momenten Unterstützung der Schiris zu erhalten (Elfer gegen Australien, nicht gegeben Elfer für Deutschland und Frankreich), die Sperre gegen Frings, die von der italienischen Presse lanciert wurde; nein, ruhmreich wurden andere Mannschaften Weltmeister, nicht aber Italien....

Schade, dass ein solches Fussballfest mit einer kleinen Enttäuschung enden musste. Aber - frei nach den Sportfreunden Stiller - 2010 werden wir Weltmeister sein....
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"Im Vorfeld der WM: Moggi telefoniert. Seine Spieler (5 Nationalspieler) und sein Trainer Lippi mischen mit. Ein Urteil zu diesem Skandal soll nach (!) der WM gesprochen werden.
WM-Finale: Malouda wird permanent gefoult, 2-mal im 16er, einmal davor, gepfiffen wird nicht, kein italienischer Spieler erhält die gelbe Karte. Generell: Wird ein französischer Spieler gefoult, folgt nichts daraus, spielt ein Italiener den sterbenden Schwan, wird gepfiffen.
Der Schiedsrichter: Abgesehen von dem, was er nicht abgepfiffen hat - Zidane zeigt er Rot, aber nicht Materazzi. Beim Elfmeterschießen geht er Barthez und die französischen Torschützen an, nicht die Italiener. Ein "Unparteiischer"?
Der Kommentator - Gibt es irgendeinen Zuschauer dieses Finalspiels der Beckmann für die Creme der Kommentatoren hält? Wenn ein Kommentator schon keine Ahnung vom Fußball hat, sollte er wenigstens beschreiben, was zu sehen ist. Nicht so Beckmann. Beckmann würde auch noch die Telefonate von Moggi als "großartige Meisterleistung italienischer Verhandlungskunst" kommentieren. Als "geniales Zuspiel von Moggi auf Lippi".

Unwürdiger kann keine Mannschaft Weltmeister werden, der schmutzige Fußball hat gewonnen.

Um Mißverständnissen vorzubeugen: Im Jahr 2000 war ich absoluter Fan der italienischen Mannschaft, unter Dino Zoff hat sie den bestmöglichen Fußball zelebriert und nur unglücklich gegen Frankreich verloren. 2006 hat sie unter Lippi den Fußball in den Schmutz gezogen.

Ein in mehrfacher Hinsicht - Scheißtrainer, Scheißmannschaft, Scheißschiedsrichter, Scheißkommentator - absolut unwürdiger Abschluss einer sonst schönen WM. Frankreich mal wieder von Italien betrogen.
Ganz Gallien? Gallien hat wenigstens einen Zidane, der sich von den Römern nichts gefallen lässt. Seine Aktion vor dem Platzverweis verdient den Asterix-Preis."

@Somborn2:
"So, das war es fast mit meinem persönlichen WM-Rückblick. Eines fehlt noch, nämlich meine Meinung zum neuen Weltmeister: Glückwunsch an Italien, aber mit euch ist eine Mannschaft Weltmeister geworden, die es am wenigsten verdient hat. Ein unsauberer Fussball mit vielen versteckten Fouls, ein Spieler wie Gattuso, der von den Fans gefeiert wird, aber normalerweise nach jedem Spiel wegen versuchter Körperverletzung verhaftet werden müsste, eine Taktik, die an Cattenaccio der früheren Jahre erinnert, das Glück, in den entscheidenden Momenten Unterstützung der Schiris zu erhalten (Elfer gegen Australien, nicht gegeben Elfer für Deutschland und Frankreich), die Sperre gegen Frings, die von der italienischen Presse lanciert wurde; nein, ruhmreich wurden andere Mannschaften Weltmeister, nicht aber Italien....

Schade, dass ein solches Fussballfest mit einer kleinen Enttäuschung enden musste"

Du sprichst mir aus der Eintracht-Seele!
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Gut gefangen, nur: gegen Ukraine und Deutschland konnte von klassischem Cattenaccio wirklich keine Rede sein.

Es ist wie das "klassische" Glück der deutschen Elf und der Bayern...diese Weisheiten gelten nicht mehr und schon gar nicht ewig.
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Hallo Somborn,
m.E. eine weitgehende sehr treffende Zusammenfassung der zurückliegenden Weltmeisterschaft !

Doch in zwei Punkten möchte ich widersprechen :

Die Leistungen der Schiedsrichter, allen voran unseres Vorzeigepfeifenmanns Merk liessen doch während des Turniers sehr zu wünschen übrig: nicht gegebene Tore, falsche Abseitsentscheidungen, falsche Elferentscheidungen sind ein Ärgernis, welches durch die Einführung eines Videobeweises sehr leicht beendet werden könnte.


Die Schiedsrichterleistungen waren in meinen Augen gut bis sehr gut. Daß sie nicht alles richtig gemacht haben, steht außer Zweifel. Doch bin ich nach wie vor gegen den Videobeweis. Er würde den Fußball zu technokratisch machen und ihm viel von seiner Lebendigkeit nehmen.

Punkt zwei : Italien ist Weltmeister, und das, ohne zu betrügen. Vielleicht glücklich, aber trotzdem verdient.


Grüße
Adler aus Freiburg
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Punkt zwei : Italien ist Weltmeister, und das, ohne zu betrügen. Vielleicht glücklich, aber trotzdem verdient.


Grüße
Adler aus Freiburg [/quote]

Hallo Freiburger Adler!

Ich wollte damit auch nicht zum Ausdruck bringen, dass Italien betrogen hat, sondern das ich vielmehr enttäuscht über die Art bin, wie sie sich durchgesetzt haben. Betrug ist das, was in der italienischen Liga abging und was jetzt nach dem Gewinn des WM-Titels in einer Amnestie endet...

Schöne Grüße!
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Ein gut geschriebener Text, in dem ich vor allem bei den hervorstechenden Spielern zustimme. Dass ein Zidane jetzt Spieler des Turniers geworden ist, grenzt nach seiner Attacke an Hohn. Jeglicher Versuch Verständnis dafür aufzubringen muss scheitern, wenn man der betreffende Spieler eine Karriere wie eben Zidane hinter sich hat.
Natürlich hätte es einen verdienteren Weltmeister geben können, aber die große spielerische Offenbarung hat wohl keine eine mannschaft gezeigt.
Die Spielweise Frankreichs in der Vorrunde ist wohl ebensowenig eines Finalteilnehmers würdig.
Die vielerorts beschworene Amnestie für die Weltmeister gibt es nicht - davon bin ich überzeugt, denn da wird die FIFA notfalls mitreden wollen.
Also kann man insofern seine Bewunderung für diese Mannschaft aussprechen, die zwar nicht in glanzvollem Hurra-Fußball aufgegangen ist, aber in einer Zeit von persönlich eher ungewisser Zukunft seine Konzentration auf den Punkt gebracht hat und - so ist es nun einmal -  gegen alle gewonnen hat. *punkt*!

Die Schiedsrichterleistung, gerade bei Abseits fand ich nun wirklich nicht schlecht sondern eher ziemlich gut! Und wie kann der arme Leiter des Spiels Portugal - Niederlande so zum Symbol einer angeblich katastrophalen Schiri-WM werden? Wenn Spieler irgendwann anfangen, die einzige Macht des Unparteiischen zu ignorieren, was sollte er tun? Das Einzige, was mir einfällt, wäre eine rote Karte zur Abschreckung anstatt der vielen Verwarnungen gewesen. Das war eine reine Klopperei und keineswegs eine Niederlage für die Männer in Schwarz, sondern vielmehr für den Fußball an sich.

Also Leute... Ich freue mich, dass Frankreich nicht Weltmeister geworden ist. Einfach aus purer Antisympathie. Italien, Weltmeister... Meinetwegen, denn der große Beschiss wars nun auch nicht. Der zweite, nicht gegebene Elfer im Finale war eine Konzessionsentscheidung, denn der Erste war vielleicht 75% einer, auch wenn Materrazzi natürlich ungeschickt reingeht. Das Bruststoß-Opfer kann man niemals mit einer roten Karte belegen, denn niemand hat gehört, was er gesagt hat. So ist das nunmal. Mogeln darf man, solange es keiner sieht. Dass das unschön ist - keine Frage.

Letztlich darf ich übrigens anmerken, dass ich gegen den Fernsehbeweis bin.
Fehlentscheidungen und Menschlichkeit gehören zum Fußball, sonst könnten wir Roboter spielen lassen und uns zurücklehnen. Außerdem will ich keine amerikanischen Verhältnisse die den Spielfluss zu sehr hemmen.

Die Welt zu Gast bei Freunden, die auch gönnen können.
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Italien ist also Weltmeister. Nicht nur das ich deswegen bei betandwin 20 Euro verloren habe, nein, auch vor dem Turnier habe ich gesagt, dass das die Mannschaft ist, die ich am wenigsten als Weltmeister sehen will. Spätestens seit dem Spiel gegen die Schweiz und den dort zur Schau gestellten "Kampfsporteinlagen" einiger Italiener, waren mir einige wichtige Spieler dieser Mannschaft hochgradig unsympathisch (de Rossi, Gattuso und Inzaghi mochte ich eh noch nie).

Aber man muss auch sagen, dass sie den besten Abwehrspieler (Cannavaro) und den besten Torhüter hatten und ich es gerade diesen beiden aufgrund der gezeigten Leistung gönne.

Sie haben den Ausfall von Nesta problemlos kompensiert und Rückschläge (richtige rote Karte gegen de Rossi, falsche rote Karte gegen Materazzi) weggesteckt.

Sicherlich waren auch glückliche Entscheidungen dabei (Elfer gegen Australien, der zweite nicht gegebene gestern, wobei der sicherlich Konzession war). Aber unverdient wird man nunmal nicht Weltmeister.

Jaja, die Taktik, aber seien wir mal ehrlich: die Italiener waren nicht die einzigen, die bei dieser WM mit dieser Taktik gespielt haben, England, Holland, ja sogar Brasilien gg. Frankreich und die Franzosen selbst haben oft bzw. immer so gespielt.

Was ist dann der Unterschied? Aus meiner Sicht ganz klar das Mittelfeld, dass bis auf Gattuso ausnahmslos mit Leuten besetzt ist, die sowohl ordentlich hinlangen können (im positiven Sinne) als auch gut "Fußball spielen" können. Da hat unsere Mannschaft noch Lehrgeld bezahlen müssen. Schweinsteiger und Borowski sind da m. E. noch zu brav, Kehl war etwas zu schüchtern und Ballack hatte nicht seinen besten Tag im HF.

Das hat die italienische Mannschaft dazu befähigt, dieses System an der Grenze zur Perfektion durchzuziehen.

Am meisten freut es mich aber für die Fans in Italien, die durch den Skandal in allem erschüttert sein müssen, an das sie jemals geglaubt haben.

Aus diesem Grunde: Gratulation an den neuen Weltmeister.


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