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Eine Fabel- XXL

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Es war einmal ein Dorf in Afrika. Jahrzehntelang ging es den Bewohnern gut, sie hatten reichlich zu essen und zu trinken. Die Ernte war meistens gut, es gab aber auch schlechtere Jahre. Die Bewohner waren aber immer zufrieden. Dann begab sich eine Gruppe Wilderer in das Dorf. Sie versprachen große Dinge. Mehr Essen, mehr zu trinken. Das Dorf sollte wachsen und gedeihen.
Doch es kam anders.
Die Wilderer hausten wie die Hottentotten und nach ein paar Jahren bestand das Dorf nur noch aus verbrannter Erde.
Da wurde ein Entwicklungshelfer hellhörig und machte sich auf diesem Dorf zu helfen.
Im Dorf gab es fast kein Wasser mehr und die Bewohner hatten Angst um Ihr Dorf. Sollte es für immer von der Landkarte verschwinden ?
Der Entwicklungshelfer hatte nicht viel Geld zur Verfügung. Das Geld hatten die großen Dörfer mit den starken Stammesfürsten.
Also überlegte er was das wichtigste im Moment war. Da kam es ihm, ein neuer Brunnen musste her. Er suchte gute Brunnenbauer, die bereit waren in das Dorf zu kommen und unter sehr schweren Bedingungen ihm bei diesem Projekt zu helfen. Viele wollten nicht, sie sagten das Dorf sei es nicht wert gerettet zu werden. Dann erinnerte er sich an einen Brunnenbauer aus dem Westen, der schon immer in kleinen Dörfern geholfen hatte. Dieser war dann auch bereit zu helfen.
Die Dorfbewohner waren enttäuscht, denn sie wollten jemanden, der ihrem Dorf ganz schnell wieder zu altem Glanz verhilft, so einen der in den großen Dörfern die Kathedralen und die Parks baut. Aber die wollten  nicht kommen. So kam der Brunnenbauer aus dem Westen und wurde sehr argwöhnisch und misstrauisch betrachtet.
Er fing an nach Wasser zu suchen und fand nur Staub. Das Dorf wurde unruhig, aber schließlich fand er Wasser. Es wurde sofort gegraben und zur riesigen Überraschung aller stand der Brunnen  schneller als gedacht und es sprudelte ein klares, frisches Wasser.
Das Dorf war glücklich. Die Menschen tanzten und feierten mit ihrem Held.
Da sprach der Entwicklungshelfer die mahnenden Worte: Liebe Dorbewohner, denkt daran, wir haben nicht viel Geld. Wir können es nur gemeinsam schaffen aus diesem kaputten Dorf wieder ein schönes zu machen. Alle nickten und versprachen zu helfen wo sie nur können.
Das Dorf hatte nun wieder Wasser und es wuchsen sogar wieder Blumen und Gras, wo noch vor Monaten nur tote Erde war.
Aber es kam wie es kommen musste. Die Dorfbewohner wurden ungeduldig. Sie sagten: Es ist schön wieder Wasser zu haben, es ist auch schön wieder Gras zu haben für die Tiere. aber unser Dorf muss so schön sein wie die großen Dörfer. Wir wollen auch all die Dinge haben wie diese Dörfer. Sie baten den Entwicklungshelfer doch zur Bank zu gehen und sich Geld zu leihen. „ Mit diesem Geld kaufen wir uns viele Experten, die machen unser Dorf schön“
Aber der Entwicklungshelfer und der Brunnenbauer wollten das nicht. „ Lasst uns erst wieder die Felder bestellen und dafür sorgen dass alle zu Essen haben. Das Dorf muss langsam wachsen, dann wird es später umso schöner und gefestigter“. Die Dorfbewohner murrten, das gefiel ihnen nicht. Warten, wenn es andere schöner haben? Es begannen sich Grüppchen zu bilden die auf einmal an allem etwas auszusetzen hatten. Zugegeben, der Brunnen war nicht tief und man musste schon hart arbeiten um an sein Wasser heranzukommen. Auch war der Brunnen kein architektonisches Schmuckstück. Aber er führte Wasser, dass vorher nicht da war. Aber die Bewohner wollten davon nichts mehr wissen. Sie meckerten an diesem und an jenem. Dem einen war er zu rund, dem anderen nicht rund genug. Die Alten des Dorfes versuchten die aufgebrachten Bewohner zu beruhigen, aber es war bereits zu spät. Die Saat der Unvernunft war bereits gesät. Als dann auch noch wieder Wilderer in das Dorf kamen, die von den Bewohnern wider besseren Wissens als ihre neuen Helden gefeiert wurden, begann das Unheil seinen Lauf zu nehmen. Die wahren Helden waren vergessen, die die das Wasser zurück ins Dorf brachten. Steine wurden auf sie geworfen und mit Schimpf und Schande warf man sie den Löwen zum Fraß vor. Denn eines hatten die Wilderer dem Brunnenbauer voraus, glitzernde, wertlose Steine. Die Dorfbewohner wussten aber nicht dass diese Steine wertlos waren. „ Aber sie glitzern dich so schön in der Sonne“ sagte einer und die anderen nickten zustimmend. Die Alten wussten was nun kommen würde und verkrochen sich in ihre Hütten und beteten die alten Götter an. Den heiligen Gott „ Holz“ und den Gott des
schmiedeeisernen Werkzeugs „Dr. Hammer“ . Das Wehklagen der Alten hörte man bis weit in die Steppe. Der Dorfheilige „Petermann“ beschwor sogar alte Schriften.
Die Jungen aber waren voller Angst und Verwirrung. Die glitzernden Steine vernebelten ihr Gehirn. So kam es dass nur noch die Wilderer in diesem Dorf gefeiert wurden. Denn alle wollten die glitzernden Steine. Doch die Wilderer verließen alsbald das Dorf, denn sie wollten mit ihren Steinen mehr Geld verdienen und auch mehr Ruhm erhaschen.
Da saßen die Bewohner nun, und während sie das klare, frische Wasser tranken, weinten sie nicht den Glitzersteinen nach, sondern dem Brunnenbauer, den sie den Löwen zum Fraß vorgeworfen hatten.

Die Moral aus dieser Geschichte ist, ……………………………
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Klasse Fabel. Sehr schön geschrieben und absolut zutreffend.
Bleibt nur zu hoffen, dass es auch Dörfer gibt, die mit dem Wasser zufrieden sind und Geduld beweisen. Aus einem Dorf kann nämlich mit viel Zeit, Geduld und etwas Glück auch eine Stadt werden!
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Schöne Allegorie.
Die Brunnenbauer sind ja zum Glück noch da.
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womeninblack schrieb:
Die Brunnenbauer sind ja zum Glück noch da.


In der Tat - als bekennender Leitungswasser-Addict gehöre ich ja zwangsläufig in das Lager der Genügsamen, die dem Brunnenbauer weiterhin beste Absichten unterstellen.

Je später der Abend, desto interessanter die Beiträge.
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Der Brunnenbauer und der Entwicklungshelfer aber waren es selbst, die den einen oder anderen Wilderer ins Dorf holten, weilinzwischen ja Wasser aus dem Brunnen gewonnen wurde und es mit dem Dorf weiter bergauf gehen sollte.
Und einer der Wilderer konnte tatsächlich besser als andere Wasser schöpfen.
Statt aber diesen Wilderer für die Entwicklung des Brunnens auszunutzen und
Wasser schöpfen zu lassen und ihn gleichzeitig weitgehend am Wildern zu hindern, kreidete der Brunnenbauer ihm seine Wilderei an
und ließ lieber das Wasser im Brunnen versiegen, als den begabten Wilderer schöpfen. Er wollte eben kein Wasser von einem Wilderer geschöpft haben und der Brunnen trocknete immer mehr aus, weil die anderen mit dem Schöpfen nicht so zurecht kamen, um den Brunnen am Leben zu halten. Und so kam es, daß das Dorf schließlich wieder mit leeren Krügen und trockenen Kehlen dastand.
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Nach einer Phase in der das Wasser kräftig und stetig sprudelte, obwohl man für 3 Hochzeiten schöpfte, versandete der Brunnen merklich und einige Dorfbewohner warnten vor weiterer Versandung während der Brunnenbauer stoisch verharrte. Im Winter hatte man etwas Geld, um neue Schöpfeimer zu kaufen, die auch für sandiges Wasser geeignet sein sollten, doch der Entwicklungshelfer verwies auf alte Eimer, die löchrig waren. "Wenn die geflickt sind, sind sie wie neu".
Die warnenden Stimmen einiger Dorfbewohner, die ihrer Sorge Ausdruck verliehen, die Löcher in den älteren Eimern könnten nicht zufriedenstellend gestopft werden, wurden ignoriert. Einer der Eimer versagte den Dienst völlig und protzte mit Angeboten von reicheren russischen & schwäbischen Dörfern und sogar welchen, die ihn gar nicht wollten. Er glaubte, dass ein sehr löchriger Plastikeimer, der kaum je geschöpft hatte tatsächlich ein reicher Eimer werden könnte und landete schließlich in der gelben Tonne.
Die anderen beiden löchrigen Eimer gaben sich Mühe, aber erreichten nicht das Schöpfniveau früherer Zeiten. Sogar der Entwicklungshelfer mußte zugeben, daß er sich bei den Eimern getäuscht hatte.
Der Brunnenbauer wiederholte nach jedem erfolglosen Schöpfen: "Vor zwei Jahren hattet ihr kein Wasser, nun wenigstens ab und zu". Ein Jahr später: "Vor drei Jahren hattet ihr kein Wasser, nun wenigstens ab und zu". Die meisten Dorfbewohner stimmten ihm zu und beschimpften jeden, der seine Kritik am Brunnenbauer offen verkündete oder gar seine Ablösung forderte. Kurz bevor der Brunnen gänzlich trocken war gab es plötzlich viele, die gewußt hatten, daß der Brunnenbauer der falsche gewesen sei.
Trotzdem nahmen viele treue Dorfbewohner ihre besten Eimer & Kanister und fuhren in ein großes Dorf 220 Km entfernt. Dort halfen sie dem altmodischen, bärbeißigen und trotzigen Brunnenbauer mit unbändigem Schöpfen das fremde Wasser zu holen, weil sie ihr Dorf mehr liebten als alles andere auf der Welt.
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Siehste caligula, da war ein Fehler im Konzept  ,-)

Der Brunnenbauer und der Entwicklungshelfer hätten es wirklich wissen können: Dorfbewohner, die sich seit Generationen mit der Flüssigkeit von gegorenen faulen Äpfeln laben, werden mit klarem Wasser nie zufrieden sein. Es löscht den Durst aber es schmeckt nicht fein.

Merke:

willst du diese Dorf entwickeln musst du viele Äpfel schicken;
Pflanz die Hälfte in den Boden, lass die Wilderer dann mal roden.
Und in 3 Jahren ist es dann soweit, dank der Äpfel sind wir alle breit  
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Prima. Weitermachen so.    
Eine erfrischende Abwechslung zu den anderen eintönigen Pro-/Contra-Fukel/Vorstand/Streit usw. usf. -Threads.
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Sehr geil Caligula  
Aber auch die kritischen Antworten sind sehr schön zu lesen, weil dem Niveau angepasst  

Und der erste der ein AKW für das das Dorf fordert wird gelyncht!
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@ pedrogranata
Die Wilderer die ins Dorf kamen sollten aber kein Wasser schöpfen. Sie sollten jagen und somit etwas Fleisch für alle Dorfbewohner erlegen. Aber nach dem sie eine Antilope erlegten und die übrigen Dorfbewohner mit offenem Mund staunten, holten sie schon ihre Glitzersteine heraus. Als der Brunnenbauer dann zum Wilderer sagte:"Du musst für uns Fleisch besorgen, du bist doch ein guter Jäger", zog sich der Wilderer mit seinen Glitzersteinen zurück und verstand die Welt nicht mehr. Für die Dorfbewohner wollte er kein Fleisch mehr jagen. Sollte der Brunnenbauer jetzt auch noch jagen?  An dieser Situation zerbrach die Dorfgemeinschaft. Und da der Brunnenbauer es nicht schaffte aus Sand ein großes, schönes Dorf zu bauen, überließ man ihn den Löwen.
Wie heisst es so schön: Es braucht ein ganzes Dorf um einen Wilderer zu erziehen.
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Sehr schön Stiefelchen.

Als Sohn der Agrippina hättest du auch noch auf die Siedlung verweisen können die die Namensvetterin deiner Mutter am Rhein gegründet hat. Dort hat der Priester der den Einflüsterungen  nachgegeben und einen immer lachendenden Bergdoktor geholt. Kein Mensch weiß heute wo der wieder hinverschwunden ist. Es hat bekanntlicherweise nichts genutzt.
Der arme Priester fristet heute sein Leben in der Provinzstadt Augusta Vindelicorum . Radi heißt er, im dortigen Idiom
Da ein Priester ja nur ein Priester ist, haben sie danach einen Zauberer an seine Stelle gesetzt. Der Zauberer hat schon an andere Stelle gezeigt wie schön er mit den bunten Steinen und den Wildereren umgehen kann. Am liebsten hat er die Steine ins Feuer geworfen. Er hatte ja damals genug( glaubte er) Hei, wie schön das geleuchtet hat. Schwarz gelbe Dampfwolken flogen fast bis zum Himmel.

Nun seis drum . In der Ubierstadt gelang ihm der ganz große Coup. Er holte den Messias. Der leidet mittlerweile scheinbar noch an -sagen wir mal- " Ausfallerscheinungen". Manche sagen mittlerweile er wäre gar nicht der Messias ,sondern der Leibhaftige . Es sind die gleichen die seinen Einzug begrüßt haben. Wie auch immer Volkes Stimme ist wankelmütig.


Nun ja ,auch wenn der Unterzeichner meint das ein saftiges Steak( frisch gewildert) etwas sehr leckeres ist, so meint er doch das die Zeit der Jäger und Sammler sich dem Ende zuneigt. Die Zukunft gehört den Ackerbauern und Viehzüchtern die mühsam im Schweiße ihres Angesichts  sich ernähren.

Ich denke AK wird uns in bewährter Weise einen kleinen völkerkundlichen Exkurs liefern
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Hallo HG,

die Welt ist voller Fabelwesen, Zauberer und Regenmacher.
Eine Konstante in diesem Universum ist, dass die Völker geneigt sind jemandem zu glauben, der behauptet durch einen Tanz Regen zu erzeugen. Sagt dem Volk aber einer, dass das mit Tanz und Gesang nicht geht, wird er in den Main
geworfen. Eine Provinz im süden des germanischen Reiches, geführt von den 3 Weisen aus dem Abendland ( einer von ihnen sogar kaiserlicher Abstammung ) wurde auch im nachhinein eines besseren belehrt. Da konnte ein sogar annerkannter und großer Zauberer nichts bewirken.
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caligula schrieb:

Da saßen die Bewohner nun, und während sie das klare, frische Wasser tranken, weinten sie nicht den Glitzersteinen nach, sondern dem Brunnenbauer, den sie den Löwen zum Fraß vorgeworfen hatten.

Die Moral aus dieser Geschichte ist, ……………………………


.......................... die Löwen sind satt.

Und noch ne Alternative. Bei der Suche nach Wasser auf Öl gestoßen. Die Moral: Lieber Chateau La Tour getrunken, Schweizer Nummernkonto, aus allen Ecken des Kontinents die besten jungen Magier verpflichtet und all die umliegenden Angeberdörfer ein für allemal platt gemacht.
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Das Problem mit den anderen schöneren Dörfern war nicht nur, dass sie den Bewohnern des kleinen Dorfes als Grund zu Neid und Mißgunst dienten.
Nein, denn es gab im Verbund der Dörfer auch die gestrengen Medizinmänner, die einmal im Jahr beim großen Zusammentreffen diejenigen drei Dörfer bestimmten, die im Laufe des Jahres am wenigstens Wasser geschöpft hatten. Diese wurden dann in einem ebenso traditionellen wie blutigen Ritual niedergebrannt. Auch wenn die Dorfbewohner selbst der Meinung war es wurde genug Wasser geschöpft und die Wiesen seien grün und saftig genug. Die Medizinmänner nahmen geheime Mittelchen udn waren wie im Rausch. Kein noch so gnädiger Verweis auf die eigenen Errungenschaften des Dorfes konnten sie von ihrem blutigen Tun abhalten.......
Einzig das erfolgreiche Schöpfen in fremden Brunnen konnte unser kleines Dorf auch in diesem Jahr wieder vor dem Niederbrennen retten und alle ehemaligen Wilderer und Brunnenbauer feierten ein großes Fest.
Von Anderen, die sich auf den Weg in die staubige Wüste gemacht hatten, blieben nur die Knochen und kreisende Geier.....  
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Fein

So werden die unterschiedlichsten Gesinnungen lesbar, aber an einem Punkt finden sich alle zusammen: Was nützt der beste Brunnen, wenn kein Wasser fliesst. Somit ist derjenige, welcher das Wasser fliessen lässt auch derjenige, welcher dass Überleben sichert, alle anderen können nur auf seine Kunst aufbauend Ihre eigene praktizieren.
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Für eine Fabel sind mir da zu wenige Tiere drin.

Was ist mit der Horde Halbaffen am östlichen Palisadenzaun? Auch dieses lustige Brillenäffchen, das am südwestlichen Horizont manchmal für Heiterkeit sorgt, vermisse ich. Ich begrüße allerdings die Abwesenheit der großen Elefantenherde am austrocknenden Sumpfloch vor den hohen Bergen.

Desweiteren bitte ich zu korrigieren, daß im Dorf schon der schönste Dom der Welt steht, eine weitere Kathedrale also unnötig ist. Der Streit unter den Dorfbewohnern geht doch eigentlich darum, die Schatzkammern des Domes mit unnützem Zierrat zu befüllen.
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schlusskonferenz schrieb:
Für eine Fabel sind mir da zu wenige Tiere drin.




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