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Die SGE-Matrix reloaded

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[font=Arial][/font]Hallo liebe SGE-Junkies,

nach einer längeren Pause gibt es heute mal wieder eine neue Folge der SGE-Matrix. Die unnötige Niederlage in Hannover hat uns alle  schwer genervt. Und viele Ursachen für den enttäuschenden Ausgang des Spiels sind in den letzten Tagen hier und andernorts genannt worden.

Angesichts der Diskussion über Spielsysteme, 4 4 2 vs. 4 5 1, Aufstellung, v.a. Gekas und Einstellung, glaube ich aber trotzdem, eine Analyse der Partie mithilfe der Passmatrix einige interessante Schlüsse ermöglicht. Ausführlicheres über die Vorgehensweise findet ihr hier.

1. Die Matrix der Zu-und Abspiele

Tabelle 1: Matrix des Passspiels der Partie H96:SGE (21.010.2010)
[IMG">http://a.imageshack.us/img192/4056/matrixh96sge.jpg[/IMG]]

Die Matrix zeigt zunächst einmal die hohe  Passquote und niedrige Fehlpassquote im Spiel der SGE in Hannover. Hier trägt Skibbes Arbeit eindeutig Früchte.

2. Zentralität und Balleroberung
Außerdem lässt sich an der Matrix ablesen,  wie viele Zuspiele  die einzelnen Spieler erhielten (Tabelle 2) und wie viele Abspiele sie machten (Tabelle 3) und damit, wie „zentral“ die einzelnen Spieler für das Spiel der Eintracht waren (Tabelle 4).  

Aus dem Verhältnis von Zu- und Abspielen lässt sich zudem die „Balleroberungsquote“ der einzelnen Spieler bestimmen (Tabelle 5). Denn macht ein Spieler mehr Abspiele als er Zuspiele bekommt, folgt daraus, dass die entsprechenden Bälle vom Gegner gekommen sein müssen.

[IMG">http://a.imageshack.us/img841/2769/tabellenh96sgejpg.jpg[/IMG]]

Wichtigster Spieler im Passspiel der SGE in Hannover war Jung (Tabelle 4). Er machte die meisten Abspiele (Tabelle 3) und erhielt auch die meisten Zuspiele (Tabelle 2).

Auf ihn folgt Alex Meier, der die zweit meisten Pässe spielte und auch die zweit meisten Zuspiele erhielt. Außerdem beruht seine Zentralität auf einer hohen Balleroberungsquote.  

54 Zuspielen standen bei ihm 77 Abspiele gegenüber. Das heißt: fast ein Drittel der Bälle (29, 9 %), die Meier in Hannover zu seinen Mitspielern passte, kamen vom Gegner.

Bei Patrick Ochs dagegen, dem Spieler mit der dritthöchsten Zentralität, liegen die Dinge umgekehrt. Er bekam mit 53 die dritt meisten Zuspiele, konnte diese jedoch nur zu 44 Pässen zu seinen Mitspielern verarbeiten.  

Er weist daher eine signifikant negative Balleroberungsquote (-17 %) auf.  Auch in der letzten Saison hatte Ochs hier oft negative Werte, aber nie war der Wert so schlecht wie im Spiel gegen Hannover letzten Samstag.

Auffällig ist, dass die Balleroberung in Hannover insgesamt schwach war. Vor allem Schwegler liegt mit 14 % deutlich unter seinen Werten der letzten Saison, in der er regelmäßig zwischen 30 und 40 Prozent der Bälle, die er zu seinen Mitspielern spielte, selbst erobert hatte.  

Schwegler war in Hannover nicht der „Umschaltspieler“, der frühzeitig die Angriffe des Gegners abfängt und eigene Angriffe initiiert, der er letzte Saison so oft war.

3. Passwege und die Struktur des Spiels
Die wichtigsten Passwege lassen die Struktur des Spiels erkennen.  Deutlich wird abermals die enorme Rolle , die Jung im Passspiel  hatte. Er ist an  neun der elf wichtigsten Passwege  entweder als Anspielstation, oder als Passgeber beteiligt (Tabelle 6).

Tabelle 6: Wichtigste Passwege (>=7) in der Partie H96:SGE (21.10.2010)

Jung>Amanatidis 17
Ochs>Jung 16
Jung>Ochs 15
Franz>Russ 14
Jung>Franz 13
Meier>Jung 13
Schwegler>Jung 13
Jung>Meier 12
Amanatidis>Ochs 12
Amanatidis>Jung 12
Jung>Schwegler 11
Meier>Schwegler 10
Franz>Meier 10
Schwegler>Ochs 8
Meier>Ochs 8
Meier>Köhler 8
Franz>Jung 8
Russ>Tzavellas 8
Ochs>Amanatidis 7
Russ>Schwegler 7
Tzavellas>Köhler 7

Deutlicher wird die Spielanlage noch im Diagramm, für das ich diesmal eine neue Darstellungsweise gewählt habe. Vielleicht lasst Ihr mich wissen, ob ihr sie hilfreich oder eher irritierend findet.  

Die Größe der Kreise, die für die Spieler stehen, ist jetzt proportional zu deren Zentralität im Passspiel. Ich finde, so kann man optisch noch schneller erfassen, welche Spieler die wichtigsten Stationen im Passspiel waren.

Außerdem habe ich nur noch die drei  häufigsten Abspiele eines jeden Spielers aufgenommen (z.B. bei Jung waren das: Jung>Amanatidis 17; Jung>Ochs 15; Jung>Franz 13). Ich wollte so die Grundzüge der Spielanlage deutlicher machen.  

Die roten Kreise stehen für Spieler, die durchgespielt haben, orange für Spieler die aus-, gelb für Spieler, die eingewechselt wurden.

[IMG">http://a.imageshack.us/img686/2838/h96sgegraph.jpg[/IMG]]

Auf den ersten Blick fällt die Leere im Zentrum auf. Ein Passspiel zwischen den beiden Sechsern, Meier und Schwegler, und den Stürmern fand praktisch nicht statt. Durch die Mitte ging in Hannover gar nichts.  

Dafür lief das Spiel sogar noch in stärkerem Maße als letzte Saison über rechts, da Amanatidis offensichtlich bewusst das Zusammenspiel mit Ochs und Jung gesucht hat.

Das Spiel über links ist mit Tzavellas genauso schwach ausgeprägt wie letzte Saison mit Spycher. Zwei seiner drei wichtigsten waren defensiv: zu Russ und zu Nikolov. Außerdem hatte er die höchste Fehlpassquote aller Spieler.

Aber auch zwischen Köhler und den beiden Spitzen lief praktisch nichts. Das lag aber wohl nichtzletzt daran, dass Amanatidis sich nach rechts orientierte und Gekas sich nicht aktiv am Passspiel beteiligte.

Das ist sein Spiel, das wurde mehrfach angemerkt. Ich habe mir allerdings einmal seine Zentralitätswerte in den Spielen, die er letzte Saison für Hertha gemacht hat, angeschaut.

Die waren zwar auch nicht bombig, aber doch meistens c.a. doppelt so hoch wie im Spiel für die SGE in Hannover, d.h. er machte in der Regel ungefähr doppelt so viele Abspiele und erhielt doppelt soviel Zuspiele. Die Hertha spielte allerdings 4 4 2 mit Raute und nicht 4 4 2 mit flacher  Vier.

Und das lässt vermuten, dass auch das System erheblich dazu beitrug, dass Gekas in Hannover so gar keine Bindung zum Spiel hatte.  Von der  „Sechs“ ist der Weg in Spitze einfach weiter als von der „Zehn“.

Abschließende Überlegungen
Das Spiel in Hannover ging zwar wegen individueller Fehler und Benachteiligung durch den Schiedsrichter verloren. Es offenbarte aber auch strukturelle Schwächen. Die Spielanlage ist im neuen 4 4 2 gegenwärtig noch rechtslastiger als sie letzte Saison ohnehin schon war.

Und bereits letzte Saison haben wir gegen Mannschaften, die unser Offensivspiel über die rechte Seite lahm legen konnten, praktisch keinen Stich gemacht. Erinnert sei an das Heimspiel gegen Schalke, als Rafinha Ochs komplett aus dem Spiel genommen hat.

Man kann daher nur hoffen, dass Skibbe sich etwas einfallen lässt, um das Spiel durch die Mitte wieder zu beleben und die Spielanlage so variabler zu machen.

Sollte er am 4 4 2 mit flacher Vier festhalten, dann muss er Gekas opfern, der zu diesem System einfach nicht passt.
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ach du schande...  
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Danke, Wahnsinnsarbeit!
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net schlecht skippi.
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Großartig, besten Dank, der Herr.

Vorab: die neue Form des Diagramms mit der feineren Differenzierung finde ich durchaus aussagefähiger als zuvor.

Ja, erstaunlich: zum Teil entsprechen Deine Ergebnisse meiner Spielbeobachtung, zum anderen Teil wiederum gar nicht.

Was die beiden 6er anbelangt: absolut d'accord. Meier wenig auffällig, aber durchaus solide und eingebunden ins Spiel; Schwegler eindeutig unter seinen Möglichkeiten (das kann und wird besser werden).

Ochs habe ich deutlich besser, Jung weniger stark gesehen, als die Zahlen es nahelegen. Mag an Patricks eher expressiver und jedenfalls offensiverer Spielart liegen - interessant.

Ich teile Deine Einschätzung, was die beanstandete Rechtslastigkeit des Eintrachtspiels betrifft. In der Tat: ein 4-2-3-1 sollte hier Abhilfe schaffen, ohne die starke rechte Seite zu beeinträchtigen.. Vielleicht würde es mit Tzavellas und Altintop links in der 3er-Reihe klappen? Dazu ein starker zentraler Spieler (Meier, Caio) hinter der Spitze, die hoffentlich bald Fenin heißen kann.
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Tzavellas mit nur 7 Pässen auf Köhler? Würde mich bei seiner Klopperei ausm Halbfeld nicht wundern...
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sehr schöne Analyse,
höchster Respekt vor der Arbeit!

Aktuell ist es ja nur eine Momentaufnahme, den Trend nach ein paar Spielen zu beobachten wird bestimmt noch spannender.

Ich hoffe nur das sich keine gegnerischen Trainer deiner Analyse bedienen  
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Wirklich sehr interessant, vielen Dank.

Eine große Hilfe, um eigene Eindrücke zu bestätigen bzw. zu widerlegen.

Die Kreis-Grafik gefällt mir.
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Respekt für Deine Arbeit, als Statistikfan bin ich sehr für so etwas zu haben! Knackpunkt aller Analysen sind natürlich die Schlüsse, die aus den verfügbaren Daten gezogen werden.

Hier im Forum ist ja die These stark vertreten, dass Gekas nicht ins flache 4-4-2 passt. Ehrlich gesagt, und ich will hier niemand auf den Schlips treten, ist mir das viel zu billig. Auch deine Analyse bietet außer den Daten zu Zu- und Abspielen keine griffige Erkenntnisse für diese These.

Amanatidis als hängender Stürmer war nicht in der Lage seinen Ballbsitz im zentralen letzten Drittel zu nutzen und den Mittelstürmer effektiv einzusetzen - könnte man beispielsweise argumentieren, das wäre nicht weniger plausibel...
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Großartig !!!

Sehe ich da eine Bestätigung eines nicht nur von mir, sondern auch von diversen anderen Usern gehegten Wunsches, Jung als nächstes ins DM zu beordern, da er den Werten deiner Analyse zufolge eh schon diese Aufgabe ausübt. Also Franz nach rechts und Jung neben Schwegler in der Doppel-6.
Das geht aber nur, wenn Chris wieder einsatzbereit ist.
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Tolle Arbeit und interessante Ergebnisse. Danke.
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sCarecrow schrieb:
Tzavellas mit nur 7 Pässen auf Köhler? Würde mich bei seiner Klopperei ausm Halbfeld nicht wundern...


... zeigt aber auch, dass Tzavellas zu wenig Unterstützung auf seiner Seite bekommen hat bzw. dass das Zusammenspiel nicht klappt. Ich habe den Eindruck, dass das mit Halil besser klappt. Er konzentriert sich nicht so sehr auf rechts wie Ama und nimmt mehr am Spiel teil als Gekas. Trotzdem muss Tzavellas passsicherer werden.
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hi,
erstma thx.
kurze frage.
ist tabelle 5 in diesem bild fehlerhaft oder werden nicht zu- durch abspiele geteilt?
weil franz zb hat mehr zuspiele bekommen laut tabelle 2.
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okok, hab die tabelle verstanden, sry, is spaet ...
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Großes Dazke!

Jetzt verstehe ich zu 100%, was im Spiel gegen Hannover nicht gestimmt hat! Hoffentlich schaut Skibbe auch hier rein
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beagel schrieb:
Großartig !!!

Sehe ich da eine Bestätigung eines nicht nur von mir, sondern auch von diversen anderen Usern gehegten Wunsches, Jung als nächstes ins DM zu beordern, da er den Werten deiner Analyse zufolge eh schon diese Aufgabe ausübt. Also Franz nach rechts und Jung neben Schwegler in der Doppel-6.
Das geht aber nur, wenn Chris wieder einsatzbereit ist.


Nö, siehst Du nicht.

Letzte Saison war Spycher regelmäßig der mit den meisten Ballkontakten, jetzt ist es halt Jung und das logischerweise.

Spycher war etablierter als Jung, ergo man (speziell IVs und TW) spielte eher ihn an, jetzt ist Jung etablierter als Schorsch, also wird er angespielt.
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Vielen Dank für diese Übersicht, Ich fand' das letztes Jahr schon toll.

Ausserdem bestätigen mir die Zahlen, dass Ich mit dem Meier-Flock für's Trikot alles richtig gemacht habe.  
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Goldlocke1502 schrieb:
sCarecrow schrieb:
Tzavellas mit nur 7 Pässen auf Köhler? Würde mich bei seiner Klopperei ausm Halbfeld nicht wundern...


... zeigt aber auch, dass Tzavellas zu wenig Unterstützung auf seiner Seite bekommen hat bzw. dass das Zusammenspiel nicht klappt. Ich habe den Eindruck, dass das mit Halil besser klappt. Er konzentriert sich nicht so sehr auf rechts wie Ama und nimmt mehr am Spiel teil als Gekas. Trotzdem muss Tzavellas passsicherer werden.


Vor allen Dingen aber die Klopperei aus dem Halbfeld sein lassen oder zumindest dezimieren.
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Dphil is back. Ich les mir das heute mal in Ruhe wieder durch. Schön, dass du das wieder für uns machst.  
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Na hoppla, Respekt und Dank für dieses Werk!
Echt Aufschlussreich!

Gerne mehr davon  


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