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Blitz, Donner und Remis - Das Österreicher Westderby

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Der Urlaub war bis auf einen spärlichen Rest aufgebraucht, die Batterien wieder aufgeladen und wir weilten in der Metropole am Inn.
Was lag also näher, als den FC Wacker Innschbruck im dritten Spiel der Kampfmannschaft gegen die verhassten Brausereklameträger aus der Mozartstadt zu unterstützen? Nix. Natürlich.
Also auf Richtung Tivoli im Bus. Ein zwischen Autobahn, Berg Isel und Nordwand gelegenes, gleichwohl schmuckes Stadion, das zwar für die EM im Land der Bergvölker aufgerüstetes Schmuckstückchen, das heuer aber wieder Normalmaß (irgendwas um die 18.000) fasst.

Beim FC Wacker war man mit dem Start durchaus zufrieden:
2:2 (man kassierter aber ärgerlicherweise kurz vor Schluss den Ausgleich) gegen Sturm Graz sowie ein fulminanter Auswärtserfolg bei Admira Wacker - das konnte sich sehen lassen für die Tiroler, die mit dem Sparstrumpf arbeiten müssen.
So hieß es denn auch im Stadionheft: "Bei Wacker ist wieder was los", milde Euphorie nach den 7500 Zahlenden im ersten Heimspiel gegen Sturm. Nach dem Beinaheabstieg im Frühjahr haben die Innschbrucker ihr Herz offenbar wieder entdeckt, was sich auch im Zuspruch bei Heimspiel nummer zwo ausdrückte.

Denn gegen die ungeliebten Salzburger fanden dann immerhin 9500 Zuschauer den Weg an den Tivoli. Für den Ligaalltag in Österreich jenseits von Rapid und Austria eine mehr als respektable Zahl.
Unser erster Weg führte uns zur Kasse (Stehplatz € 18,- - *kreisch*), der zweite ins Wackerzelt.
Man kann es mit Fug und Recht als funktional bezeichnen: Zwei mal Getränkeausgabe, fertig. Schmuck- und zeitlos. Mir hat's gereicht.

Vor Ort sichteten wir diverse Eintrachtler, die ausnahmslos freudig begrüßt wurden. Während er Donner-, Blitz- und sonstwas-Unterbrechung in der zweiten Halbzeit gab es auch lautstarke "Frankfurt"-Sprechchöre der Wacker-Kurve. Feini.

Das Spiel wurde eingeläutet durch endlose Beweihräucherungen des neuen Präsidenten des FC Wacker (38 Jahre, drei Kinder, erfolgreicher Unternehmer und sowieso ein dufter Typ) sowie eine Choreo, die mir unter Umständen besser als der Präsi gefallen hätte.
Ich konnte sie nur nicht gut sehen, da ich selbst auf der choreografierten Tribüne stand. Schwarz-grüne Folien von oben nach unten, dazu Papierschnipsel und Klorollen.
Der Wackerblock war entfesselt. Wirklich. Eine überschaubare Zuschauerzahl, totaler Außenseiter, turmhoch überlegene Bullen - das alles hinderte die grün-schwarzen Anhänger nicht daran, in beeindrucker Lautstärke klar zu machen, wer am Tivoli das Sagen hatte.

Leider legten die Salzburger los wie die Feuerwehr. Glanzparade, Pfosten, Glanzparade, knapp vorbei - batsch, nach einer Vierstelstunde war der Ball dann drin für die Dosen.
Scheiße.
Dennoch: Nach einer kaum für möglich gehaltenen noch schlechteren Viertelstunde der Hausherren mit Fehlpässen, Stockfehlern und Rumpelfußball schwang sich Wacker, angetrieben vom unermüdlichen Publikum auf der Nordtribüne, zumindest zum Dagegenhalten auf.

Spielerisch war es nichts Großes - aber: Man konnte den "scheiß Millionären" den Spaß vermiesen und nebenbei zu Chancen kommen.
Anderthalb Minuten vor der Halbzeit tauchte Lukas "Hansi" Hinterseer vor dem Tor der Dosen auf. Allein. Vor sich nur den Goalie.
Ein Schritt nach rechts, das Tor war scheunenweit offen. Und, ja, trotz "schlotternder Knie" erzielte Hansi den Ausgleich, der Folgeangriffe der Tiroler zur Folge hatte. Ebenso natürlich großen Jubel plus minutenlange Gesänder der Nordtribüne während des Pausentees.

Zweite Halbzeit: Wacker hat Blut getrunken. Oder wie sonst soll man die wütenden Angriffe erklären?
Den "Bullenschweinen" stand aber ihr Söldnertorwart und das Glück zur Seite. Dann erlahmten die Kräfte der Heimmannschaft und das Spiel verflachte. Auch die anfangs so präzisen Salzburger wurden nicht sehr munter.

Wir konzentrierten uns auf das Treiben neben uns auf den Rängen.
Ein sagenhaft Betrunkender skandierte Wortfetzen wie "Woacher", "Saholzburcher Orchlöer" und noch unverständlichere Worte mehr.
Desweiteren fiel mir ein dünner Nerd mit Brille und Stadionheft auf, der ständig Notizen machte. Einwürfe? Ecken? Hochgerollte Stutzen?
Inneseitenpässe? Wir werden es nie erfahren. Aber vielleicht sollte man dem eifrig Bemühten mal vom sogenannten Internet erzählten.
Der Größte aber war er: "Aaaaaaaaaaaaaeeeeeeöööööööööhrrrrrrrr!"
Das ging zum Beispiel so: Innschbruck mit Kontergelegenheit. Spieler wir gefoult. Schiri gibt Freistoß für Wacker und gelb für Bullen.
Fan, mit Mütze und grundsätzlich geballter Faust in die er von Zeit zu Zeit zu beißen schien: "Des war rod. Rod. Rod. Rod. Rooooooooooooooooooood! Du Schiri-Sau. Ich bringdichumdeswarrodduschweinduesalzburgerbullendrecksausdeswarrodrodroooooooooooodäääährrrrrrrrrrröööööööhrröchelargs!".

Großartig.

Während der Tiroler noch röchelte, sorgten Blitz und Donner für eine 8minütige Unterbrechung. Nachdem pünktlich zur zweiten Halbzeit der Gewitterregen einsetzte, war es jetzt zu viel und der Schiri bat zur zweiten Pause.
Im Wackerblock wurde die Eintracht besungen und die Adlerfahne geschwenkt, offenkundig machte man sich fertig für die letzten ca. 15 Minuten.
Diese waren dann ein offener Schlagabtausch, wie man so schön schreibt.
Beide Mannschaften suchten die Entscheidungm jetzt auch die zwischenzeitlich offenbar mit Börsengeschäften beschäftigten Salzburger.
Letzlich blieb es beim hartumkämpften 1:1, zwar remisierte Wacker zum zweiten mal hintereinander zuhause - aber gegen den weitaus finanzstärkeren Nachbarn war dies ein Riesenerfolg, der entsprechend gefeiert wurde von "Tivoli Nord".



































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Dazke für den Bericht.


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