Es gibt ja bei den Diskussionen hier immer wieder strittige Punkte, die für erhebliche Polarisierung sorgen - so wie es im Fußball ja sein soll.
Einmal ist es die Besetzung, wo Spieler wie Köhler, Altintop nicht selten diskutiert werden. Dann sind es die schlechte Eckenverwertung oder die schwache Einbindung von Neuzugängen. Der Abgang junger Talente und generell die Nachwuchsarbeit. Wenn ich mal wieder an einem Wochenende genügend Zeit habe, widme ich mich all diesen Punkten mit einer ebensolchen Analyse, wie ich es vergangenes Wochenende mal gemacht habe.
Beim ersten Teil geht es um die Taktik von Eintracht Frankfurt und der Bundesliga insgesamt. Zu diesem Zweck habe ich mir die Ergebnisse aller 234 bisher gespielten Bundesliga-Begegnungen der Saison 2010-2011 angeschaut und versucht ein paar gemeinsame Nenner herauszufinden.
Da wir morgen schon das nächste Spiel haben, die Analyse aber noch nicht abgeschlossen ist, hier vorab das wichtigste für die Partie gegen St. Pauli.
---------------------------------------------
Generell ist es ja so, dass wir nicht erst seit der Ära Funkel das offensive Spiel der Eintracht vermissen. Gefühlt hat es 1992/1993 aufgehört, als Bein, Okocha, Gaudino und Yeboah nicht mehr im Eintracht-Trikot spielten. Aber das war fußballerisch eine andere Zeit, da wurde noch mit Libero gespielt.
Die Systeme haben sich in den letzten 10-15 Jahren stark gewandelt und sind "moderner" geworden, was immer man darunter verstehen mag. Dazu gehört vor allem das Spiel mit einer Spitze. Taktikvarianten dazu gibt es unterschiedliche. Man kann z.B. 4-5-1 spielen, aber auch 4-2-3-1 oder 4-1-4-1.
Die einen machen aus der Taktik eine Wissenschaft für sich und sehen darin einen ganz erheblichen Schlüssel zum Erfolg, die anderen finden Taktik ganz nett, aber für sie steht das spielerische Können im Vordergrund. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen. Ohne Taktik kommt man heute bei der Spielplanung gar nicht aus, aber wenn man nur auf Taktik bedacht ist und das ganze zu steril betrachtet, kann es schon mal vorkommen, dass ein Beckenbauer beim damaligen UEFA-Cup-Spiel der Bayern gegen Nottingham Forest zur Halbzeit beim Rückstand in die Kabine kommt und die Jungs zusammenbrüllt: "Geht's einfach naus und spuits endlich Fußball!"
Wie schaut's bei der Eintracht aus? Wie schon geschrieben - das Spiel ist seit Jahren eindeutig defensiv gestaltet. Wenn man sich hinten einmauert, ist das für die Zuschauer unattraktiv. Und plötzlich kommen dann FIFA-Funktionäre wie Blatter auf die Idee, in den unteren Ligen anzutesten, wie es ist, wenn man im Strafraum mal das Spiel ähnlich wie beim Handball gestaltet und den Ball nur eine gewisse Zeit lang in den eigenen Reihen halten darf, bevor man schießt. Zum Glück werden solche Konzepte schnell wieder verworfen.
Ändert nix daran, dass jeder gern möglichst viele Tore von unserem Team bejubeln will. 25 mal konnten wir das bisher - so wenig wie kein anderes Team. Ja, die Torflaute hat uns leider zur torärmsten Mannschaft überhaupt in der Liga gemacht, mit 25 Treffern. Unser Gegner St. Pauli hat nur 3 mehr und hat mit 28 Treffern den zweitschwächsten Sturm.
Man würde sich ja schon über 1:0 freuen, selbst wenn es durch ein Eigentor von einem Paulianer erzielt wird. Man kann aber auch 3:0 gegen St. Pauli gewinnen, so wie Schalke oder mit 5:0, so wie Nürnberg.
Jetzt ist die Frage: Liegt das ganze am spielerischen Potential oder an der Taktik, wie man spielt? Die Frage wird sich ganz nicht klären lassen, denn dazu gibt es im Fußball viel zu viele Faktoren, die ein Spiel beeinflussen. Fakt ist aber: Man kann zumindest gewisse Regelmäßigkeiten herauserkennen, die evtl. dafür ausschlaggebend sind, ob eine Mannschaft oben oder unten mitspielt. Diese Saison ist bisher äußerst kurios verlaufen - Dortmund hatte vorher keiner auf der Rechnung und jetzt sind sie fast Meister, Bayern hinkt seiner Form hinterher, Bremen, Stuttgart und teilweise Schalke sind schon fast ein Phänomen, was Erwartungshaltung und tatsächliches Ergebnis betrifft, Hannover spielt konstant um die Champions League mit und Mainz um den UEFA-Cup-Platz.
Schauen wir uns also jetzt mal im konkreten an, mit welchen taktischen Varianten die Eintracht bisher glaubte, den Gegner besiegen zu können.
Gegenüberstellung der Taktiken
Rot markiert: Die Gewinnertaktik.
Spiele mit 1 Spitze: Von 26 Spielen 24 mit einer Spitze Spiele mit 2 Spitzen: Von 26 Spielen 2 mit zwei Spitzen Spiele mit 3 Spitzen: Nie 3+ Tore : Eintracht gelang es 2 mal in 26 Spielen 3 Tore und mehr zu erzielen 3- Tore : Dem Gegner gelang es 6 mal in 26 Spielen gegen die Eintracht 3 Tore und mehr zu erzielen Gleiche Taktik: In 8 von 26 Spielen stellte der Gegner dieselbe Taktik auf wie die Eintracht. [ulist]
In
6 davon ging das gegnerische Team als Sieger vom Platz
In
1 davon gewann die Eintracht.
In
1 davon ging das Ergebnis Unentschieden aus. [/ulist]
1 Spitze vs. 2 Spitzen: Ein Spiel wo die Eintracht nur 1 Spitze aufstellte, der Gegner aber mindestens zwei, führte von 13 Spielen in
[ulist]
5 Fällen für die Eintracht zum Sieg.
3 Fällen zum Unentschieden.
5 Fällen für den Gegner zum Sieg.
[/ulist]
2 Spitzen vs. 1 Spitze: Ein Spiel wo die Eintracht mind. 2 Spitzen aufstellte, der Gegner aber nur eine, gab es bisher nie (!) als Konstellation!
Zwischenfazit: Die Eintracht ist eine extrem defensiv ausgerichtete Mannschaft, die sich so gut wie nie ein Spiel mit 2 Spitzen zutraut. Ganz zu Beginn der Saison startete sie gegen Hannover mit einem 4-4-2 System und verlor das Spiel. Danach stellte sie konsequent auf eine 1-Spitzen-Taktik um und gewann mehrere wichtige Spiele der Vorrunde. Die Eintracht konnte mit einem 4-2-3-1-System erfolgreich Stuttgart, Lautern und Wolfsburg knacken, die alle mit einer Doppelspitze aufliefen. Auffällig ist jedoch, dass diese Teams diese Saison spielerisch schwach sind und am Tabellenende standen.
Hoffenheim durchschaute als erste die Taktikvariante und besiegte Eintracht auswärts mit einem 0:4. Bayern konnte Eintracht mit seiner gewohnten 4-2-3-1 knacken. Mainz versuchte es dann besonders offensiv und fiel damit auf die Nase.
Auffällig auch: Alle drei Rückrunden-Auftaktspiele gingen für die Eintracht gegen Gegner verloren, die 4-4-2 spielten; die Eintracht trat jeweils immer mit einer Spitze an. Wurde der Gegner in der Vorrunde mit der 1-Spitzen-Taktik noch überrascht, konnte er sich ab der Rückrunde gut auf das stur defensive 1-Spitzenspiel einstellen.
Die Eintracht wurde taktisch viel zu durchschaubar.
--------------------------------------------------- Was macht St. Pauli?
Spiele mit 1 Spitze: Von 26 Spielen 23 mit einer Spitze Spiele mit 2 Spitzen: Von 26 Spielen 3 mit zwei Spitzen Spiele mit 3 Spitzen: Nie 3+ Tore : St. Pauli gelang es 4 mal in 26 Spielen 3 Tore und mehr zu erzielen 3- Tore : Dem Gegner gelang es 7 mal in 26 Spielen gegen St. Pauli 3 Tore und mehr zu erzielen Gleiche Taktik: In 8 von 26 Spielen stellte der Gegner dieselbe Taktik auf wie St. Pauli (immer war dies 4-2-3-1). [ulist]
In
3 davon ging das gegnerische Team als Sieger vom Platz
In
3 davon gewann St. Pauli .
In
2 davon ging das Ergebnis Unentschieden aus. [/ulist]
1 Spitze vs. 2 Spitzen: Ein Spiel wo St. Pauli nur 1 Spitze aufstellte, der Gegner aber mindestens zwei, führte von 8 Spielen in
[ulist]
3 Fällen für St. Pauli zum Sieg.
1 Fällen zum Unentschieden.
4 Fällen für den Gegner zum Sieg.
[/ulist]
2 Spitzen vs. 1 Spitze: Ein Spiel wo St. Pauli mind. 2 Spitzen aufstellte, der Gegner aber nur eine, führte in 1 von 1 Spielen für St. Pauli zum Sieg.
Zwischenfazit: Wenn der Gegner gegen St. Pauli mit 2 Stürmern antrat, hat er das Spiel meistens gewonnen; nur das Derby St. Pauli-HSV und die beiden Spiele gegen Gladbach konnte St. Pauli dann mit einer Einzelspitze gewinnen. Spielte St. Pauli 4-1-4-1 verloren sie immer ihr Spiel.
St. Pauli hat auffällig Probleme, wenn der Gegner mit 4-4-2 (Raute) spielt. Wann immer der Gegner diese Taktik wählte, gewann er mit mindestens 2 Toren Unterschied.
Risikoreich: Das Aufstellen von nur einer Spitze, insbesondere 4-2-3-1. Die Eintracht gewann zwar damit in der Hinrunde, aber St. Pauli konnte mehrfach Gegner des oberen Tabellendrittels schlagen, wenn diese mit 4-2-3-1 antraten; u.a. wurden Hannover und Nürnberg besiegt.
St. Pauli kommt mit offensivem Spiel des Gegners nicht zurecht. Hoffenheim traute sich am meisten und spielte beide Male gegen St. Pauli mit 4-3-3 und holte damit 4 Punkte. Die offensive Variante des 4-3-3 brachte Hoffenheim einen Sieg, die defensive ein Unentschieden.
Schön für uns: Wenn St. Pauli 4-5-1 spielt; damit haben sie von sechs Spielen fünf verloren; die Wahrscheinlichkeit, dass sie damit antreten ist aber gering, denn nach dem 5:0 in Nürnberg werden sie davon erst mal kuriert sein.
Aus den Zahlen lässt sich außerdem erkennen: St. Pauli und Eintracht sind beide fast exakt gleich, was die Anzahl der taktischen Ausrichtungen betrifft. St. Pauli spielte 23 mal, Eintracht 24 mal mit einer 1-Spitzen-Taktik. Beide Teams sind aber auch diejenigen, die die allerwenigsten Tore in der Liga erzielt haben. Und beide Teams haben exakt gleich viel Punkte (28) bei jeweils 8 gewonnenen, 4 remis und 14 verlorenen Spielen.
Dass es einen ausschließlichen Zusammenhang zwischen Tabellenplatz und Taktik gibt, lässt sich wohl ausschließen. Das werde ich im nächsten Thread (irgendwann nächste Woche) mal erläutern.
Meine persönliche Empfehlung für das St. Pauli-Spiel: Eintracht soll 4-4-2 Raute spielen (erst recht, wenn Pauli 4-5-1 spielt).
Bitte: Scheuklappen ablegen und endlich mit 2 Spitzen sich was zutrauen. St. Pauli ist geradezu prädestiniert dafür, um mal auf 4-4-2 umzustellen. -----------------------------------------
Demnächst gibt's noch mehr davon - ich hab aus den ganzen Zahlen noch einiges Interessantes herausholen können.
4-4-2 Raute bin ich inzwischen absolut dagegen... warum? Weil wir keinen 10er haben. Da wäre das 4-2-3-1 (oder Pseudo 4-3-3 unter Funkel, lacht nur) sogar besser. Ein flaches 4-4-2 würde uns da eher entgegen kommen. Schwegler und Rode als 6er, Ochs und Köhler über die Außen und Gekas und Amanatidis/Fenin im Sturm.
Unser Spiel lebt über die Außenbahnen... wir haben keinen Mittelfeldregisseur, keinen Diego und keinen Lincoln. Unser MF muss/sollte von Schwegler und Rode angetrieben werden... das sind unsere kreativ wie spielerisch attraktivsten leute.
Tja, das Spiel gewonnen und die Aufstellung war heute mit Gekas, Ama und Fenin in der Startformation erstaunlich offensiv. Ich dachte ja erst, die Eintracht tritt heute mit gleich 3 Stürmern an, was ich allerdings ebenso für Quatsch gehalten hätte, wie ein erneutes Aufstellen einer einzigen Spitze. Neben der Taktik und den Ecken müssen wir außerdem mal genauer hinterfragen, ob die Spieler auf den Positionen, auf denen sie eingesetzt werden, dort überhaupt ihre beste Leistung bringen können.
Das Spiel gegen Pauli hat auf jeden Fall gezeigt, dass wir weitaus größere Probleme haben als die Taktik. Individuelle Fehler, die in der höchsten Spielklasse einfach nicht passieren dürfen, konzeptloses Gebolze und manche Spieler geben sich schlafmützig und passen nicht auf, wenn man sie anspielt. Ständig zum Torwart zurück, usw. usw.
Ich hab bisher noch keine offizielle Taktikbestätigung gesehen, aber es sieht so aus, als hätten heute beide Mannschaften 4-5-1 gespielt.
Hätte ich nicht gedacht, dass Pauli damit nochmal antritt, nachdem sie damit 5 von 6 Spielen verloren. Hätte aber auch nicht gedacht, dass die Eintracht weiterhin so stur an der 1-Spitzen-Formation festhält.
Warum lässt man Ama und Gekas nicht mal wenigstens als Doppelspitze agieren? Sieht da jemand einen Fehler drin?
Wir haben echt so viele Unerklärlichkeiten im Spiel...warum lässt man Tzavellas, nachdem er von links eine Ecke getreten hat, über den ganzen Platz traben, nur damit er auf der genau anderen Seite einen Einwurf macht? Kann das kein anderer? Traut man denen nix zu? Genauso wie man den anderen Stürmern mittlerweile nicht mehr zutraut, vorne eine Doppelspitze zu bilden?
Ich versteh es ehrlich gesagt nicht. Das einzige, was das ganze heute erträglich macht, ist das zurechtgeschusterte Ergebnis. Spielerisch war es eine Katastrophe.
Erstmal Dank für den interessanten Thread. Genau über diese Frage (ein oder zwei Stürmer) mache ich mir auch gerade intensiv Gedanken. Und ich denke, vor dem Hintergrund, dass nun mit Daum ein neuer Trainer kommt, erhält die Taktik Diskussion noch mal ein neues Gewicht.
Ich muss sagen, dass ich die Eintracht auch gerne mit zwei Stürmern sehen würde. Mein Problem ist dabei aber, dass wir dafür mMn nach nicht die richtigen Spieler haben. Wir haben zwar eine genügend defensive Mittelfeldspieler (Schwegler, Rode, Clark) und Stürmer (Gekas, Fenin, Amanatidis, Altintop), aber wenige echte offensive Außenspieler. Hinzu kommen dann noch Caio und Meier, die man theoretisch irgendwo unterkriegen könnten.
Gerade durch die beiden letztgenannten tendiere ich deshalb eher zu einem 4-2-3-1, in etwas so:
Ich bin wirklich gespant, was Daum spielen lassen wird. Weiß jemand, ob er sowas wie ein "Lieblingssystem" hat? Es kommt ja nicht selten vor, dass Trainer nicht die Taktik spielen lassen, die zum Spielermaterial am besten passt, sondern ihnen ihr "Lieblingssystem" lieber auszwingt.
Einmal ist es die Besetzung, wo Spieler wie Köhler, Altintop nicht selten diskutiert werden. Dann sind es die schlechte Eckenverwertung oder die schwache Einbindung von Neuzugängen. Der Abgang junger Talente und generell die Nachwuchsarbeit. Wenn ich mal wieder an einem Wochenende genügend Zeit habe, widme ich mich all diesen Punkten mit einer ebensolchen Analyse, wie ich es vergangenes Wochenende mal gemacht habe.
Beim ersten Teil geht es um die Taktik von Eintracht Frankfurt und der Bundesliga insgesamt.
Zu diesem Zweck habe ich mir die Ergebnisse aller 234 bisher gespielten Bundesliga-Begegnungen der Saison 2010-2011 angeschaut und versucht ein paar gemeinsame Nenner herauszufinden.
Da wir morgen schon das nächste Spiel haben, die Analyse aber noch nicht abgeschlossen ist, hier vorab das wichtigste für die Partie gegen St. Pauli.
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Generell ist es ja so, dass wir nicht erst seit der Ära Funkel das offensive Spiel der Eintracht vermissen.
Gefühlt hat es 1992/1993 aufgehört, als Bein, Okocha, Gaudino und Yeboah nicht mehr im Eintracht-Trikot spielten.
Aber das war fußballerisch eine andere Zeit, da wurde noch mit Libero gespielt.
Die Systeme haben sich in den letzten 10-15 Jahren stark gewandelt und sind "moderner" geworden, was immer man darunter verstehen mag. Dazu gehört vor allem das Spiel mit einer Spitze. Taktikvarianten dazu gibt es unterschiedliche. Man kann z.B. 4-5-1 spielen, aber auch 4-2-3-1 oder 4-1-4-1.
Die einen machen aus der Taktik eine Wissenschaft für sich und sehen darin einen ganz erheblichen Schlüssel zum Erfolg, die anderen finden Taktik ganz nett, aber für sie steht das spielerische Können im Vordergrund. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen. Ohne Taktik kommt man heute bei der Spielplanung gar nicht aus, aber wenn man nur auf Taktik bedacht ist und das ganze zu steril betrachtet, kann es schon mal vorkommen, dass ein Beckenbauer beim damaligen UEFA-Cup-Spiel der Bayern gegen Nottingham Forest zur Halbzeit beim Rückstand in die Kabine kommt und die Jungs zusammenbrüllt: "Geht's einfach naus und spuits endlich Fußball!"
Wie schaut's bei der Eintracht aus? Wie schon geschrieben - das Spiel ist seit Jahren eindeutig defensiv gestaltet. Wenn man sich hinten einmauert, ist das für die Zuschauer unattraktiv. Und plötzlich kommen dann FIFA-Funktionäre wie Blatter auf die Idee, in den unteren Ligen anzutesten, wie es ist, wenn man im Strafraum mal das Spiel ähnlich wie beim Handball gestaltet und den Ball nur eine gewisse Zeit lang in den eigenen Reihen halten darf, bevor man schießt.
Zum Glück werden solche Konzepte schnell wieder verworfen.
Ändert nix daran, dass jeder gern möglichst viele Tore von unserem Team bejubeln will. 25 mal konnten wir das bisher - so wenig wie kein anderes Team. Ja, die Torflaute hat uns leider zur torärmsten Mannschaft überhaupt in der Liga gemacht, mit 25 Treffern. Unser Gegner St. Pauli hat nur 3 mehr und hat mit 28 Treffern den zweitschwächsten Sturm.
Man würde sich ja schon über 1:0 freuen, selbst wenn es durch ein Eigentor von einem Paulianer erzielt wird.
Man kann aber auch 3:0 gegen St. Pauli gewinnen, so wie Schalke oder mit 5:0, so wie Nürnberg.
Jetzt ist die Frage: Liegt das ganze am spielerischen Potential oder an der Taktik, wie man spielt? Die Frage wird sich ganz nicht klären lassen, denn dazu gibt es im Fußball viel zu viele Faktoren, die ein Spiel beeinflussen. Fakt ist aber: Man kann zumindest gewisse Regelmäßigkeiten herauserkennen, die evtl. dafür ausschlaggebend sind, ob eine Mannschaft oben oder unten mitspielt.
Diese Saison ist bisher äußerst kurios verlaufen - Dortmund hatte vorher keiner auf der Rechnung und jetzt sind sie fast Meister, Bayern hinkt seiner Form hinterher, Bremen, Stuttgart und teilweise Schalke sind schon fast ein Phänomen, was Erwartungshaltung und tatsächliches Ergebnis betrifft, Hannover spielt konstant um die Champions League mit und Mainz um den UEFA-Cup-Platz.
Schauen wir uns also jetzt mal im konkreten an, mit welchen taktischen Varianten die Eintracht bisher glaubte, den Gegner besiegen zu können.
Gegenüberstellung der Taktiken
Rot markiert: Die Gewinnertaktik.
Spiele mit 1 Spitze: Von 26 Spielen 24 mit einer Spitze
Spiele mit 2 Spitzen: Von 26 Spielen 2 mit zwei Spitzen
Spiele mit 3 Spitzen: Nie
3+ Tore : Eintracht gelang es 2 mal in 26 Spielen 3 Tore und mehr zu erzielen
3- Tore : Dem Gegner gelang es 6 mal in 26 Spielen gegen die Eintracht 3 Tore und mehr zu erzielen
Gleiche Taktik: In 8 von 26 Spielen stellte der Gegner dieselbe Taktik auf wie die Eintracht.
[ulist]
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1 Spitze vs. 2 Spitzen: Ein Spiel wo die Eintracht nur 1 Spitze aufstellte, der Gegner aber mindestens zwei, führte von 13 Spielen in
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2 Spitzen vs. 1 Spitze: Ein Spiel wo die Eintracht mind. 2 Spitzen aufstellte, der Gegner aber nur eine, gab es bisher nie (!) als Konstellation!
Zwischenfazit: Die Eintracht ist eine extrem defensiv ausgerichtete Mannschaft, die sich so gut wie nie ein Spiel mit 2 Spitzen zutraut. Ganz zu Beginn der Saison startete sie gegen Hannover mit einem 4-4-2 System und verlor das Spiel. Danach stellte sie konsequent auf eine 1-Spitzen-Taktik um und gewann mehrere wichtige Spiele der Vorrunde.
Die Eintracht konnte mit einem 4-2-3-1-System erfolgreich Stuttgart, Lautern und Wolfsburg knacken, die alle mit einer Doppelspitze aufliefen. Auffällig ist jedoch, dass diese Teams diese Saison spielerisch schwach sind und am Tabellenende standen.
Hoffenheim durchschaute als erste die Taktikvariante und besiegte Eintracht auswärts mit einem 0:4. Bayern konnte Eintracht mit seiner gewohnten 4-2-3-1 knacken. Mainz versuchte es dann besonders offensiv und fiel damit auf die Nase.
Auffällig auch: Alle drei Rückrunden-Auftaktspiele gingen für die Eintracht gegen Gegner verloren, die 4-4-2 spielten; die Eintracht trat jeweils immer mit einer Spitze an.
Wurde der Gegner in der Vorrunde mit der 1-Spitzen-Taktik noch überrascht, konnte er sich ab der Rückrunde gut auf das stur defensive 1-Spitzenspiel einstellen.
Die Eintracht wurde taktisch viel zu durchschaubar.
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Was macht St. Pauli?
Spiele mit 1 Spitze: Von 26 Spielen 23 mit einer Spitze
Spiele mit 2 Spitzen: Von 26 Spielen 3 mit zwei Spitzen
Spiele mit 3 Spitzen: Nie
3+ Tore : St. Pauli gelang es 4 mal in 26 Spielen 3 Tore und mehr zu erzielen
3- Tore : Dem Gegner gelang es 7 mal in 26 Spielen gegen St. Pauli 3 Tore und mehr zu erzielen
Gleiche Taktik: In 8 von 26 Spielen stellte der Gegner dieselbe Taktik auf wie St. Pauli (immer war dies 4-2-3-1).
[ulist]
[/ulist]
1 Spitze vs. 2 Spitzen: Ein Spiel wo St. Pauli nur 1 Spitze aufstellte, der Gegner aber mindestens zwei, führte von 8 Spielen in
[ulist]
2 Spitzen vs. 1 Spitze: Ein Spiel wo St. Pauli mind. 2 Spitzen aufstellte, der Gegner aber nur eine, führte in 1 von 1 Spielen für St. Pauli zum Sieg.
Zwischenfazit: Wenn der Gegner gegen St. Pauli mit 2 Stürmern antrat, hat er das Spiel meistens gewonnen; nur das Derby St. Pauli-HSV und die beiden Spiele gegen Gladbach konnte St. Pauli dann mit einer Einzelspitze gewinnen.
Spielte St. Pauli 4-1-4-1 verloren sie immer ihr Spiel.
St. Pauli hat auffällig Probleme, wenn der Gegner mit 4-4-2 (Raute) spielt. Wann immer der Gegner diese Taktik wählte, gewann er mit mindestens 2 Toren Unterschied.
Risikoreich: Das Aufstellen von nur einer Spitze, insbesondere 4-2-3-1. Die Eintracht gewann zwar damit in der Hinrunde, aber St. Pauli konnte mehrfach Gegner des oberen Tabellendrittels schlagen, wenn diese mit 4-2-3-1 antraten; u.a. wurden Hannover und Nürnberg besiegt.
St. Pauli kommt mit offensivem Spiel des Gegners nicht zurecht. Hoffenheim traute sich am meisten und spielte beide Male gegen St. Pauli mit 4-3-3 und holte damit 4 Punkte. Die offensive Variante des 4-3-3 brachte Hoffenheim einen Sieg, die defensive ein Unentschieden.
Schön für uns: Wenn St. Pauli 4-5-1 spielt; damit haben sie von sechs Spielen fünf verloren; die Wahrscheinlichkeit, dass sie damit antreten ist aber gering, denn nach dem 5:0 in Nürnberg werden sie davon erst mal kuriert sein.
Aus den Zahlen lässt sich außerdem erkennen: St. Pauli und Eintracht sind beide fast exakt gleich, was die Anzahl der taktischen Ausrichtungen betrifft.
St. Pauli spielte 23 mal, Eintracht 24 mal mit einer 1-Spitzen-Taktik. Beide Teams sind aber auch diejenigen, die die allerwenigsten Tore in der Liga erzielt haben. Und beide Teams haben exakt gleich viel Punkte (28) bei jeweils 8 gewonnenen, 4 remis und 14 verlorenen Spielen.
Dass es einen ausschließlichen Zusammenhang zwischen Tabellenplatz und Taktik gibt, lässt sich wohl ausschließen. Das werde ich im nächsten Thread (irgendwann nächste Woche) mal erläutern.
Meine persönliche Empfehlung für das St. Pauli-Spiel:
Eintracht soll 4-4-2 Raute spielen (erst recht, wenn Pauli 4-5-1 spielt).
Bitte: Scheuklappen ablegen und endlich mit 2 Spitzen sich was zutrauen. St. Pauli ist geradezu prädestiniert dafür, um mal auf 4-4-2 umzustellen.
-----------------------------------------
Demnächst gibt's noch mehr davon - ich hab aus den ganzen Zahlen noch einiges Interessantes herausholen können.
Unser Spiel lebt über die Außenbahnen... wir haben keinen Mittelfeldregisseur, keinen Diego und keinen Lincoln. Unser MF muss/sollte von Schwegler und Rode angetrieben werden... das sind unsere kreativ wie spielerisch attraktivsten leute.
Tolle Arbeit das
Ja Donnerwetter!
Wird das gerade die Doktorarbeit über die Eintracht?
Heute kommt es auf die innere EINSTELLUNG und nicht auf die AUFSTELLUNG, Taktik usw. an.
Morgen sollen es sich die Spieler und Trainer (welche auch immer...) der Eintracht gerne mal sehr genau ansehen!
Ich dachte ja erst, die Eintracht tritt heute mit gleich 3 Stürmern an, was ich allerdings ebenso für Quatsch gehalten hätte, wie ein erneutes Aufstellen einer einzigen Spitze.
Neben der Taktik und den Ecken müssen wir außerdem mal genauer hinterfragen, ob die Spieler auf den Positionen, auf denen sie eingesetzt werden, dort überhaupt ihre beste Leistung bringen können.
Das Spiel gegen Pauli hat auf jeden Fall gezeigt, dass wir weitaus größere Probleme haben als die Taktik. Individuelle Fehler, die in der höchsten Spielklasse einfach nicht passieren dürfen, konzeptloses Gebolze und manche Spieler geben sich schlafmützig und passen nicht auf, wenn man sie anspielt. Ständig zum Torwart zurück, usw. usw.
Ich hab bisher noch keine offizielle Taktikbestätigung gesehen, aber es sieht so aus, als hätten heute beide Mannschaften 4-5-1 gespielt.
Hätte ich nicht gedacht, dass Pauli damit nochmal antritt, nachdem sie damit 5 von 6 Spielen verloren.
Hätte aber auch nicht gedacht, dass die Eintracht weiterhin so stur an der 1-Spitzen-Formation festhält.
Warum lässt man Ama und Gekas nicht mal wenigstens als Doppelspitze agieren? Sieht da jemand einen Fehler drin?
Wir haben echt so viele Unerklärlichkeiten im Spiel...warum lässt man Tzavellas, nachdem er von links eine Ecke getreten hat, über den ganzen Platz traben, nur damit er auf der genau anderen Seite einen Einwurf macht? Kann das kein anderer? Traut man denen nix zu? Genauso wie man den anderen Stürmern mittlerweile nicht mehr zutraut, vorne eine Doppelspitze zu bilden?
Ich versteh es ehrlich gesagt nicht. Das einzige, was das ganze heute erträglich macht, ist das zurechtgeschusterte Ergebnis. Spielerisch war es eine Katastrophe.
Und ich denke, vor dem Hintergrund, dass nun mit Daum ein neuer Trainer kommt, erhält die Taktik Diskussion noch mal ein neues Gewicht.
Ich muss sagen, dass ich die Eintracht auch gerne mit zwei Stürmern sehen würde. Mein Problem ist dabei aber, dass wir dafür mMn nach nicht die richtigen Spieler haben. Wir haben zwar eine genügend defensive Mittelfeldspieler (Schwegler, Rode, Clark) und Stürmer (Gekas, Fenin, Amanatidis, Altintop), aber wenige echte offensive Außenspieler. Hinzu kommen dann noch Caio und Meier, die man theoretisch irgendwo unterkriegen könnten.
Gerade durch die beiden letztgenannten tendiere ich deshalb eher zu einem 4-2-3-1, in etwas so:
[ulist]
Fährmann(/Nikolov)
[/ulist]
Jung, Franz, Russ, Tzavellas(/Köhler)
[ulist]
Rode, Schwegler
[/ulist]
Ochs, Meier(/Caio), Altintop(/Kittel)
[ulist]
Gekas(/Fenin)(/Amanatidis)
[/ulist]
Das Dilemma ist für mich, dass Korkmaz weggeben wurde. Mit ihm könnte ich mir ein 4-4-2 wesentlich besser vorstellen:
Mit Raute:
[ulist]
Fährmann(/Nikolov)
[/ulist]
Jung, Franz, Russ, Tzavellas(/Köhler)
[ulist]
Schwegler(/Rode)
[/ulist]
Ochs, Meier(/Caio), Korkmaz(/Kittel)
[ulist]
Gekas, Fenin(/Amanatidis)
[/ulist]
Ohne Raute:
[ulist]
Fährmann(/Nikolov)
[/ulist]
Jung, Franz, Russ, Tzavellas(/Köhler)
[ulist]
Schwegler, Rode
[/ulist]
Ochs(/Heller), Korkmaz(/Kittel)
[ulist]
Gekas, Fenin(/Amanatidis)
[/ulist]
Ich bin wirklich gespant, was Daum spielen lassen wird. Weiß jemand, ob er sowas wie ein "Lieblingssystem" hat? Es kommt ja nicht selten vor, dass Trainer nicht die Taktik spielen lassen, die zum Spielermaterial am besten passt, sondern ihnen ihr "Lieblingssystem" lieber auszwingt.