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owladler

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Das Museum präsentiert seit längerem auch einige schöne Medaillen, die Eintrachtsportler bei Wettkämpfen errangen und dann erfreulicherweise der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung stellten. So findet sich hier zum Beispiel die Weltmeisterschaftsgoldmedaille der Hammerwerferin Betty Heidler oder die olympische Goldmedaille der Speerwerferin Tilly Fleischer.
Anhand dieser Prunkstücke wird auch ersichtlich, dass es sich bei dem Eintrachtmuseum keineswegs um ein Fussballmuseum handelt, sondern um einen Ort der Darstellung der geschichtlichen Entwicklung des Gesamtvereins, der als echter Großsportverein eine Vielzahl von sportlichen Aktivitäten aufzuweisen hat.

Bedeutenden ideellen Wert hat dabei die olympische Bronzemedaille des großen Eintrachtathleten Heinz Ulzheimer von den Sommerspielen in Helsinki 1952. Wer dieses Objekt in der Vitrine betrachtet, freut sich vielleicht, wenn er einige der Aspekte kennt, die sich hinter diesem schönen Schaustück verbergen.

Nach dem zweiten Weltkrieg war die junge Bundesrepublik Deutschland zunächst vom großen internationalen Sportgeschehen ausgeschlossen, auch die Teilnahme an den Olympischen Spielen 1948 war sowohl für die Sommerspiele in London wie auch für die Winterspiele in St. Moritz verwehrt.
Erst 1952 in Helsinki nahmen wieder deutsche Athleten teil und es blieb Heinz Ulzheimer vorbehalten, hierbei im 800-Meter-Lauf die erste Medaille für die deutsche Mannschaft überhaupt zu erringen; die Erste von ohnehin lediglich 24, denn mit 7 x Silber und 17 x Bronze und keiner einzigen Goldmedaille blieb die Ausbeute der westdeutschen Mannschaft vergleichsweise bescheiden. Eine gesamtdeutsche Mannschaft war seinerzeit übrigens noch nicht am Start, da die ostdeutschen Sportfunktionäre mit dem IOC-Beschluss zur gemeinsamen Teilnahme des geteilten Deutschlands nicht einverstanden waren.

Der Erfolg der Frankfurters Heinz Ulzheimer beruhte im Übrigen nicht lediglich auf der läuferischen Qualität des Eintrachtsportlers, er zeigte auch das angemessene Maß an Selbstbewusstsein, als er im Vorfeld des Laufes das Ersuchen des damaligen DLV-Präsidenten ablehnte, die „Lokomotive“ für einen weiteren deutschen Starter zu spielen, sondern im richtigen Vertrauen auf die eigenen Fähigkeiten erklärte, seine sportliche Chance selbst suchen zu wollen. Der Erfolg gab ihm Recht.

Die Darstellung dieses entscheidenden Laufes in der Deutschen Wochenschau soll kurios gewesen sein – ohne das ich das aber aus eigener Anschauung bestätigen kann:
Die technischen Möglichkeiten und die Ausstattung des Sportstadions in Helsinki mit Übertragungskameras waren von den Bedingungen der heutigen Sportberichterstattung weit entfernt. Den packenden Endspurt im 800-Meter-Lauf sollen die Kameraleute in Helsinki schlichtweg verpasst haben. Da aber wegen der großen Entfernung der Tribünenkamera von der Laufbahn alle Läufer ohnehin nur in ganz geringer Größe dargestellt waren, riskierten es die Wochenschauregisseure,
dem Publikum einfach das Finale im 400-Meter-Lauf ein zweites Mal zu präsentieren
– mit entsprechender textlicher Neugestaltung.

Betrachtet man im Museum die von Heinz Ulzheimer errungene Medaille einmal genauer, fällt der Blick auf die klassische Abbildung einer jungen Frau, die mit der linken Hand einen Palmwedel im Schoß hält und mit der hoch erhobenen Rechten dem Athleten die Siegeskrone – vielleicht einen Kranz aus Olivenzweigen – entgegenstreckt. Bei der jungen Frau handelt es sich wohl um die Siegesgöttin Viktoria; sie sitzt in einem etwas abschüssigen Gelände, da der Künstler, der Florentiner Giuseppe Cassioli noch etwas Platz für weitere Darstellungen auf der Medaille benötigte. Unterzubringen war noch die Aufschrift, - hier „ XV Olympia Helsinki 1952 „ und eine weitere Reminiszenz an die antike Herkunft der Olympiagedankens, nämlich ein stilisiertes Amphitheater, ähnlich dem Amphitheatrum Flavium, dem sogenannten Kolosseum.
Diese Darstellung wurde auf den Olympiamedaillen der Sommerspiele von 1928 (Amsterdam) bis 1968 (Mexico) benutzt, bis dem Olympischen Komitee auffiel, dass die olympische Idee zwar aus der Antike stammt, aber eben nicht aus der römischen, sondern der griechischen.
Den Italiener Cassioli, der auch selbstbewusst genug war, sich in einem Eigenporträt auf dem Bronzeportal des Florentiner Domes Santa Maria del Fiore zu verewigen, konnte dies nicht irritieren, das Olympische Komitee lässt jedoch seit 1972 neue Medaillengestaltungen zu.

Ich muss an dieser Stelle allerdings bekennen, dass ich leider gar nicht genau weiß, welche Bronzemedaille von Heinz Ulzheimer das Eintrachtmuseum zur Schau stellen kann, denn er gewann am Abschlusstag der Leichtathletikwettkämpfe noch eine Weitere mit der 4 x 400-Meter Staffel.
Auch hier ging es kurios zu, denn einer seiner Staffelkameraden bemerkte bei den letzten Vorbereitungen vor dem Start, dass er unter der Trainingshose keine weitere Sporthose trug. Ein Tribünengast im Athletenblock rettete die Einhaltung der Kleiderordnung und damit auch den 3. Platz.

Ohne größere Störungen verlief schließlich nach den Spielen die Rückreise in die Heimat, lediglich eine Kleinigkeit wurde vergessen. Ich zitiere hierzu aus dem Abendblatt vom 07.08.1952:

„ Von unserer Frankfurter Redaktion.

Frankfurt, 7.August

Einen fast echten Schildbürgerstreich hat sich die Frankfurter Stadtverwaltung geleistet. Als man sah, daß andere deutsche Städte ihre Olympiasieger bei der Rückkehr von Helsinki im Triumphzug durch die Straßen geführt hatten, entsann man sich, daß ja auch innerhalb der Frankfurter Stadtmauern ein solcher Sieger wohnt: Heinz Ulzheimer. Er war zwar schon Ende letzter Woche mit dem Flugzeug eingetroffen und niemand außer einigen Photoreportern hatte davon Notiz genommen, doch das konnte man ja ändern.
Ein zweites, diesmal „ offizielles „ Eintreffen Ulzheimers wurde angeordnet.
„ Achtung, Achtung! Es fährt der Triebwagen aus Höchst ein “, klang es aus dem Lautsprecher im Frankfurter Hauptbahnhof. Höchst, das sollte in diesem Fall Helsinki sein. Ohne Koffer, ohne Hut und Mantel stieg der Bronzemedaillen-Gewinner Ulzheimer aus. Eine begeisterte Menge rief „ Hoch “.
„ Straße frei für der Welt besten weißen Läufer! “, riefen die Polizisten. Dann ging es im Triumphzug durch die Hauptstraßen. Der Verkehr stockte, huldvoll grüßten Ulzheimer und seine Frau aus dem stadteigenen Wagen. Vor der Paulskirche standen die Stadtväter. OB Kolb grüßte den Helsinki-Sieger. Schließlich kam auch „ Heinz “ zu Worte. Er dankte ebenfalls und konnte dann beruhigt wieder nach Höchst zurückfahren.“

Schaut euch die Medaille einmal an. Und alles Andere auch, es lohnt sich. Und geht am Sonntag ins Stadion, da ist noch Platz.

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Größtes Eintracht-Erlebnis:
2 : 2 gegen die D-Jugend der Eintracht
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5.