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Aufstiegs-Tagebuch: Teil 6 vom 19.10.04

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Die erste Heimniederlage der Saison traf uns einigermaßen hart, denn es handelte sich um eines dieser Spiele, die man richtungsweisend nennt. Soweit so schlecht, muss man nun doch zum Tabellenführer nach Fürth reisen. Sollte es dort ein erneutes Negativerlebnis geben, dann besteht sicherlich die Gefahr, dass das zarte Pflänzchen „Neue Eintracht“ einzugehen droht. Darüber könnte man nun einen traurigen Beitrag erstellen. Will man so was heute lesen? Nö.

So richtig will sich bei mir keine große Traurigkeit einstellen. Mh, tut mir ja leid, ich kann nichts dazu. Schließlich kann man sich als Zuschauer nicht beklagen, man bekäme bei der Eintracht nichts für sein Geld geboten. Unsere Eintracht macht wieder Spaß. Die Stadionbesuche sind wieder ein Erlebnis. Richtige Events halt. Und mal Hand aufs Herz, wenn ich mir die Außenverteidiger Reinhard und Ochs so anschaue: Scheiß auf das ein oder andere Gegentor, mensch, was steckt in den beiden für ein riesiges Potential. Wollten wir nicht immer mittel- und langfristig denken? Jetzt haben wir die Chance dazu. Friedhelm, lass die Jungen drin, lass sie Fehler machen. Erfahrung ist auch die Summe der gemachten Fehler. Ja, ich stehe auf diese Harakiri-Taktik. Ich will sie sehen, die Dribblings von Reinhard und die Schüsse von Ochs aus der zweiten Reihe. Ja, ich gehe dafür auch die Hypothek von einem zusätzlichen Gegentor pro Spiel ein. Und ja, diese Einstellung gibt vielen von euch Anlass zu Kritik. Es geht ja um den Aufstieg, es geht um Erfolgsorientierung. Richtig. Aber ich will Fußball endlich wieder genießen. Mir ist danach. Das Stadion ist geil, aber will ich darin ermauerte Punkte sehen? Nein, ich will das Fest, ich will die Emotion, ich will Spannung und Tore. Ich will Essen-Spiele, möchte Jungs, die ehrlich kämpfen und dabei auch mal Fehler machen. Ich will keine einstudierten Robotererfolge. Für mich ist das eine geile Saison. Bisher schöner als die Aufstiegssaison, schöner als der Versuch des Erfolgs in der Bundesliga. So seltsam das auch klingen mag, ich bin zufrieden. Denn ich hatte echt das Bedürfnis nach genau dieser Art des Fußballs. Kritiklos muss man dabei nicht sein, selbstverständlich muss man an den Schwachpunkten arbeiten und es gibt Dinge, die gefallen mir auch nicht. Aber alles in allem möchte ich weder mit den Kölnern, noch mit den 1860-Fans tauschen. Wir gefallen mir einfach besser.

So. Punkt. Das ist meine Gefühlslage. Mir gefällt die Saison. Und nun mischt sich in die Freude zugegebener Weise doch noch Angst. So wenig die Punktzahl und der nicht allzu große Rückstand auf Rang drei auch zu bedeuten hat, so gefährlich ist die Lage bei einer Niederlage in Fürth. Es gab schon viele Vereine, die den Blick immer nur nach oben gerichtet hatten, und dabei vergaßen sie den Blick nach unten. Das geht schneller als man denkt und man hängt im Abstiegskampf fest.

Angst lähmt und deshalb weigere ich mich standhaft, den Ausblick zu pessimistisch werden zu lassen. Die nächsten Tage sind dazu da, sich vom guten (und wenn auch herbeigezwungenem) Gefühl leiten zu lassen, die realistischen Bedenken einzupacken und voller Hoffnung zu sein, dass sich unser attraktives Spiel auch in ein erfolgreiches verwandeln wird. Heute ist der Tag für eine gepflegte undifferenzierte und einseitige Betrachtungsweise.

Mahnungen, Hoffnungen, Realitätssinn, Angst, Freude, Trauer – alles ist legitim. Alles zu seiner Zeit.

Und vor dem Fürth-Spiel ist genug Zeit für Hoffnung und Freude:

…für ein junges Team wie Fürth, welches zu Saisonbeginn kaum unter Erwartungsdruck stand und welches ein dankbares Startprogramm hatte, ist es nicht so schwer, ganz oben zu stehen. Irgendwann wird man merken, dass man aufsteigen könnte und schon macht es „bing“ und der Druck lastet auf den schmalen Schultern. Die Serie reißt, das Spiel fällt nicht mehr so leicht und die Punkte bleiben beim Gegner. Schade Fürth.

…ein Team wie der 1. FC Köln spielt scheiße und punktet glücklich. Das ist gut für die Tabellensituation, aber man ist dort latent unzufrieden und hat bei Negativerlebnissen trotz guter Position gleich Angriffspunkte. Das führt zu Nervosität und es macht „bing“ und man wird seinen Ansprüchen nicht gerecht. Schade Köln.

…da spielt man im Uefa-Cup. Und findet das alles irre spannend. Der Ligaalltag wird Routine. Die Kraft schwindet, die Verletzungen lassen sich nicht kompensieren. Ein Zweitligateam ist halt nicht für den Uefa-Cup gemacht. Es macht „bing“ und du wirst durchgereicht. Schade Aachen.

…da spielt man in Duisburg endlich erfolgreich. Aber da es nie klappt beim MSV mal mit Konstanz zu überzeugen, macht es „bing“ und das neue schöne Stadion gehört einem Club im Mittelmaß. Schade Duisburg.

…da spielt ein tolles Team im Erzgebirge um Platz 4 und da macht es „bing“ und man schafft diesen Erfolg. Glückwunsch Aue. Vielleicht nächstes Jahr.

… da grüßt Burghausen von oben und winkt den anderen da unten. Doch in den Bergen ist den Menschen klar: Es macht „bing“ und du bist wieder im Tal. Denn nach jedem Berg kommt ein Tal. Schade Burghausen.

…da spielt 1860 eine Scheiß-Saison und gewinnt ausgerechnet in Frankfurt. Das ist gut, kaschiert es doch die Probleme, die zu spät bekämpft werden. Zu spät. Schade 1860. Aber nettes Zweitligastadion nächstes Jahr.

Und außerdem:

…wir hatten beim letzten Aufstieg nach dem 8. Spieltag auch bereits drei Spiele verloren.

…der Vfl Bochum stieg in der Saison 99/00 auf, nachdem er am 8. Spieltag bereits viermal verloren hatte und nur 8 Punkte aufweisen konnte

…der 1. FC Nürnberg startete 97/98 so schlecht, dass er nach dem 8. Spieltag auf einem Abstiegsplatz mit lediglich 7 Punkten rangierte. Der Club schaffte dennoch den Aufstieg mit 3 Punkten Vorsprung.

…auch die Hertha hatte bei ihrem Aufstieg 96/97 zum gleichen Zeitpunkt der Saison lediglich einen Zähler mehr als wir heute auf dem Konto, am Ende hatte man 4 Punkte Vorsprung auf Platz 4

…wir haben zwei Punkte mehr als Nürnberg nach dem 8. Spieltag der Vorsaison. Diese wurden mit 7 Punkten Vorsprung noch deutlich Zweitligameister, siehe Tabelle:

Tabelle der 2. Bundesliga 2003/2004 am 8. Spieltag
 
Pl.   Verein Sp  S U N Tore Diff. Punkte
1. (4.) Arminia Bielefeld 8  5 1 2  15:9   +6 16
2. (1.) FSV Mainz 05 8  4 3 1  14:10  +4 15
3. (2.) FC Energie Cottbus 8  4 2 2  15:11  +4 14
4. (3.) SpVgg Unterhaching 8  4 2 2  13:12  +1 14
5. (7.) Alemannia Aachen 8  4 2 2  18:18  0 14
6. (5.) MSV Duisburg 8  3 3 2  11:10  +1 12
7. (11.) VfB Lübeck 8  3 2 3  14:13  +1 11
8. (12.) Wacker Burghausen 8  3 2 3  10:9   +1 11
9. (14.) Karlsruher SC 8  3 2 3  12:12  0 11
10. (15.) Rot-Weiß Oberhausen 8  3 2 3  11:11  0 11
11. (6.) Eintracht Trier 8  3 2 3  15:16  -1 11
12. (10.) Jahn Regensburg 8  2 4 2  10:13  -3 10
13. (8.) SpVgg Greuther Fürth 8  2 3 3  16:15  +1 9

14. (9.) 1. FC Nürnberg 8  2 3 3  14:14  0 9

15. (16.) LR Ahlen 8  3 0 5   9:13  -4 9
16. (12.) Erzgebirge Aue 8  2 2 4   8:10  -2 8
17. (17.) VfL Osnabrück 8  1 3 4   8:15  -7 6
18. (18.) 1. FC Union Berlin 8  1 2 5   9:11  -2 5

Tabelle der 2. Bundesliga 2004/2005 am 8. Spieltag  

Pl.   Verein Sp  S U N Tore Diff. Punkte
1. (1.) SpVgg Greuther Fürth 8  6 1 1   9:2   +7 19
2. (3.) 1. FC Köln 8  5 1 2  14:12  +2 16
3. (4.) Alemannia Aachen 8  4 3 1  20:7   +13 15
4. (5.) MSV Duisburg 8  5 0 3  10:8   +2 15
5. (2.) Wacker Burghausen 8  4 2 2  16:12  +4 14
6. (10.) 1860 München 8  3 3 2  11:11  0 12
7. (12.) Erzgebirge Aue 8  3 2 3  14:10  +4 11
8. (6.) 1. FC Saarbrücken 8  3 2 3  10:8   +2 11

9. (7.) Eintracht Frankfurt 8  3 2 3  16:16  0 11

10. (8.) SpVgg Unterhaching 8  3 1 4  14:13  +1 10
11. (11.) FC Energie Cottbus 8  2 4 2   6:8   -2 10
12. (9.) Eintracht Trier 8  2 4 2   8:11  -3 10
13. (13.) LR Ahlen 8  1 5 2   7:7   0 8
14. (16.) Karlsruher SC 8  2 2 4   9:12  -3 8
15. (18.) Dynamo Dresden 8  2 1 5  12:17  -5 7
16. (14.) FC Rot-Weiß Erfurt 8  1 4 3   4:11  -7 7
17. (15.) Rot-Weiß Essen 8  1 3 4  13:20  -7 6
18. (17.) Rot-Weiß Oberhausen 8  1 2 5   8:16  -8 5

Wenn wir uns also auf die Spur des 1.FC Nürnberg begeben würden, dann hätten wir 2 Punkte mehr als der Vorjahresmeister zum gleichen Zeitpunkt der Vorsaison geholt.

Da man davon nicht ausgehen sollte, könnte man sich den von Nürberg trotz dieser Ausgangsposition erspielten Puffer von 7 Punkten und 15 Toren in der Abschlußtabelle auf Platz 4 anschauen. Bei angenommenem gleichen Verlauf (allerdings Idealfall, weil so wenig Punkte für Platz 3 wohl kaum noch einmal reichen werden) könnten wir somit ab jetzt 9 Punkte und 14 Tore weniger als Nürnberg in der Restsaison holen und trotzdem aufsteigen.

Und wem das alles immer noch nicht reicht, der sollte mal die großen Siege des Erik Zabel studieren: Er kam stets aus dem Windschatten, um dann als erster zu jubeln.

Wir schaffen das.

Und wenn nicht: Endlich mal wieder geilen Fußball gesehen. Dann halt nächstes Jahr.

Gruß von Jermi
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Bisher erschienen:

1. Aufstiegs- Tagebuch: Einleitung vom 21.06.04

http://www.eintracht.de/forum/list.php?thread=10886113

2. Aufstiegs- Tagebuch: Vorbereitung Teil 1 vom 09.07.04

http://www.eintracht.de/forum/details.php?id=11148560

3. Aufstiegs- Tagebuch: Teil 3 vom 27.08.04

http://www.eintracht.de/forum/list.php?thread=10888233

4. Aufstiegs- Tagebuch: Teil 4 vom 31.08.04

http://www.eintracht.de/forum/list.php?thread=10888322

5. Aufstiegs- Tagebuch: Teil 5 vom 20.09.04

http://www.eintracht.de/forum/list.php?thread=10888818
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Danke Jermi!!!
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Sehr schön mein Junge,mir gehts wieder besser !
PM
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...es macht "bing" und die Enttäuschung verflacht.



Jermi´s Aufstiegstagebuch hätte ich gerne als Newsletter- Abo.
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Wie immer - fein gemacht .

Ich will aber doch einen Punkt anbringen der mich seit gestern beschäftigt. Vorweg ich hoffe ich irre mich.

Du hast vollkommen recht, wenn Du unsere Spielweise für gut und spektakulär erklärst. Finde ich auch. Ich habe auch gestern einen eher glücklichen Sieger 1860 gesehen. Aber so wars auch gegen Köln. Die Kölner waren uns spielerisch und chancentechnisch unterlegen, haben aber trotz dieser sehr einfältigen Spielweise aus wenigen Torchancen nunmal 2 Tore gemacht.

Meine Angst richtet sich auf die Motivation der Spieler. Denn im Gegensatz zu anderen Mannschaften, die im Adlerdress rumgerannt sind, fighten unsere Jungs bis zum Schluß. Gestern wäre der Ausgleich auch mehr als verdient gewesen. Und genau darin sehe ich eine Gefahr. Wenn Du kämpfst und es springt am Ende nichts bei raus, wenn Du Woche um Woche die bessere Mannschaft bist, aber leider nicht gewinnst (das ist ja zum Glück noch nicht der Fall), kann dies zu Frustration führen. Ich habe es schon gesagt, ich hoffe ich irre mich, aber ich vergleiche mal die Situation mit Köln letzte Saison in Liga 1. Die waren in den ersten Spielen, immer ihren Gegnern überlegen, haben aber trotzdem verloren, trotz mehr und besseren Torchancen. Irgendwann waren sie müde, frustriert und für jeden Gegener eine leichte Beute.

Ich wünsche mir, die Mannschaft gewinnt in Führt, somit kann ich meine Theorie begraben und das Jermi recht behält
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[big]Vielen Dank![/big]
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@Jermi

Du triffst meine Stimmungslage perfekt, wie machst Du das....

grüße,
pallazio
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Menno, alle Punkte, die ich anbringen wollte, hat Jermi schon genannt.
Auch wenn mir das Spiel gestern größtenteils weniger gefallen hat, so muß ich den o.g. Ausführungen absolut Recht geben. Ich sehe lieber erfrischend offensiven Zweitligafußball als den Fußballverhinderungskrampf, den wir in der letzten Buli-Saison erleben "durften". Der Spaß ist zurückgekehrt. Trotz der ersten Heimniederlage gestern - hatte schon ganz vergessen, daß sowas auch passieren kann - ist das Zwischenfazit wirklich positiv.
Einzig dies trübend ist derzeit, daß unsere "alten Recken" wie besonders die Helden des letzten Aufstiegs, Jens Keller und Alex Schur, hier scheinbar nicht mehr mithalten können und den Sturm und Drang der jungen Wilden eher blockieren. Keller ist nach der langen Verletzung meilenweit von seiner Form von 02/03 entfernt und Schui wirkt nur noch als ein Schatten seiner Selbst. Vielleicht sollte Funkel doch noch einmal Husterer eine neue Chance geben und Chris nach seiner Verletzung dann wieder im defensiven Mittelfeld einsetzen. Und evtl. überraschen uns dann auch Keller/Schur in ein paar Wochen, daß sie das Fußball spielen noch lange nicht verlernt haben.

Einträchtliche Grüße
Jens (Aabeemick)
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Im Moment bin ich schon etwas -nein, nicht wirklich enttäuscht, sondern frustriert.

Wir hatten das Thema auch gestern im Stadion: Offensichtlich brachte 60 ausgerechnet gegen uns die beste Saisonleistung.
Gleiches darf man von Saarbrücken annehmen.
Und von Köln.
Und von Essen.

Hat das was zu sagen? Und wenn ja, was?

Sicher ist: es bleibt noch genug Zeit, den Zug ins Gleis zu heben.
Sicher ist auch: wir werden zukünftig im neuen Stadion eine Art Erlebniswelt haben - das hilft schon mal über Enttäuschungen hinweg, zumal wir in erster Linie uns selbst erleben können und staunen können über unsere Power.

Für mich ist allerdings auch sicher, wo ich gerne wieder hin möchte und wo die Eintracht ihre Zukunft suchen muß. Nur in Liga 1 erfährt sie die gebührende Aufmerksambkeit.

Deshalb sollte auch alles vertretbare unternommen werden, dieses Ziel zu ereichen.

Denn keiner weiß, was nächstes Jahr sein wird. Welche Spieler bleiben, wer kommt, wer geht?

Wer steigt auf und wer ab?

Ein leichtfertiger Verzicht auf eine mögliche Aufstiegschance könnte sehr negative Folgen haben.

Deshalb muß das Motto bleiben: Ran an den Feind!
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Ich glaube, leichtfertig wird bei der Eintracht niemand auf die Aufstiegschance verzichten. Und natürlich will ich auch wieder zurück in die BL.

Aber ganz ehrlich: Wenn man mich vor die Wahl stellen würde, entweder
a) ein vergleichsweise sicherer Aufstieg, indem in der Winterpause noch schnell ein paar erfahrene und nicht ganz billige "Retter" verpflichtet werden und das ganze Eintracht-Spiel wieder mehr auf eine starke Defensive abgestellt wird, die vor allem die Aufgabe hat, das Spiel des Gegners zu zerstören,
oder aber
b) ein kontinuierlicher Aufbau einer Perspektivmannschaft mit erfrischendem, leidenschaftlichem, sehenswertem Fußball und zumindest der Aufstiegsoption 2005, aber - weil in einer Perspektivmannschaft eben zwangsläufig auch viel junges Blut rumspringt, das noch ein bissi Lehrgeld zahlen muss  - eben auch mit dem Risiko, dass es erst 2006 klappt..,

dann würde ich mich glasklar für die zweite Variante entscheiden.

Erstmals seit langem muss ich im Waldstadion während des Spiels auch dann aufspringen (ja, ich bin leidenschaftlicher Sitzplatzfan ), brüllen und jubeln, wenn kein Eintracht-Tor fällt, sondern weil mich das Spiel so mitreißt.... Daran kann ich mich in der letzten Aufstiegssaison abgesehen vom Reutlingen-Highlight nicht erinnern.

Natürlich müssen wir irgendwas mit unserer Abwehr anstellen. Und richtig ist auch, dass JK in der einjährigen Pause vor allem eines verloren hat: seine vorher noch so überragende Fähigkeit, Angriffe des Gegners vorauszuberechnen und dadurch eben immer einen Schritt schneller als der Stürmer zu sein.

Aber: Auch wenn wir unsere Viererkette auf Höchstform trimmen, werden wir hinten immer anfällig bleiben, weil wir mit einem unglaublich offensiven Mittelfeld spielen und in der Abwehr zumindest in der AV-Variante Reinhard/Ochs zwei Spieler haben, die es niemals stur hinten halten wird.

Eine derart offensive Gesamtausrichtung ist einfach attraktiv und ermöglicht in der Regel viele Torchancen. Wenn wir es irgendwann schaffen, von all diesen Chancen wenigstens die Hälfte auch tatsächlich zu nutzen, dann werden auch die Löcher nicht mehr so schwer wiegen, die sich hinten bei so ner Taktik zwangsläufig auftun. (Wobei ich mich gerade frage, wie schief das Bild von schwer wiegenden Löchern eigentlich ist, aber egaaaaaaal )

grüßle,

pallazio
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Es ist unbestritten so, dass wir alle davon träumen, in der 1.Bundesliga ein Team zu erleben, welches spektakulären Fußball spielt ohne dabei immer ums Überleben zu kämpfen. Fürs erste würde uns eine Saison wie diese, halt nur eine Liga höher, ja vollkommen ausreichen.

Noch sieht die Realität anders aus. Und dennoch muss man damit leben, dass man zwischenzeitlich mit weniger zufrieden sein muss. Was aber nicht heißt, dass man sich vom Ziel Abstieg verabschieden soll. Nein, aber man wird die Liga keinesfalls dominieren. Man kann die aktuellen Ansprüche an die Eintracht nicht formulieren, ohne auch die Probleme der Vergangenheit im Hinterkopf zu haben. In der heutigen Zeit ist das Aus für einen Verein bei falscher Führung und übertriebener Ausgabepolitik bei fehlendem sportlichen Erfolg ganz nahe. Man stelle sich nur mal vor, der BVB würde absteigen. Wir gehörten seit jeher zu den Clubs, denen man ohne weiteres zugetraut hat, sich zu Tode zu wirtschaften. Es ist in etwa so, als ob wir von einer langen lebensgefährlichen Krankheit befallen waren und so langsam am Gesunden sind. Wir dürfen uns noch nicht übernehmen, aber wir haben das Leben noch vor uns. Dazu gehört die Geduld, uns nicht gleich wieder zuviel zuzumuten. Die Gesundheit steht im Vordergrund.

Wichtig ist, das wir als Eintracht das Leben noch vor uns haben - mit allen Chancen. Stell dir vor, du bist ein Verein wie Dynamo Dresden, voller Tradition, aus einem tiefen Tal kommend und doch die Sonne nicht sehend. Kein konkurrenzfähiges Stadion, Probleme im Umfeld, kein Geld und akut gefährdet, das bißchen Erfolg schon wieder zu verlieren. Oder stell dir vor, du bist Fortuna Düsseldorf. Die zweite Liga ist für die ein zwischenzeitliches Paradies.

Die Eintracht hat mit viel Dusel im richtigen Moment die Kurve gekriegt und sie hat dank der WM 2006 mitten während des Tiefpunktes glücklicherweise die Nutzung eines Stadions "geschenkt" bekommen, sie ist durch äußerst glückliche Umstände  dem Tod von der Schippe gesprungen, ohne sich dabei vollständig verkaufen zu müssen.

Ich weiß gar nicht, ob jedem bewußt ist, in welcher Lage man war und in welcher Lage man nun ist. Man muss sich das mal ganz bewußt vor Augen halten.

Natürlich soll der Aufstieg her, natürlich brauchen wir ihn. Wir Fans, wir als SGE, die so schnell wie möglich, ihr erstes Grundziel "Etablierung in der Bundesliga" erreichen will, um die Konkurrenzfähigkeit zu festigen, um die Riskiken, die eine zu lange Aufenthaltsdauer in der zweiten Liga ohne Frage mit sich bringt, zu minimieren. Aber wir sind trotzdem in einer Lage, wie wir sie uns im Lizenztheatersommer 2002, erträumt haben.

Ich werde gut unterhalten von unserem Team. Zu gegebener Zeit werde ich mich auch erstklassig über unsere Mannschaft freuen können. Da bin ich mir sicher. Und das Schöne daran: Unsere Zielskala und unsere Träume sind nach oben hin offen. Wir haben das Umfeld, das Stadion, die Tradition - einfach alles, was man braucht, um irgendwann einmal auf Wolken anzukommen, von denen man derzeit nicht zu träumen wagt.

Andere haben es da schwerer, sie stoßen irgendwann an natürliche Grenzen, erreichen sensationell den Uefa-Cup und versinken dann wieder als graue Maus im Alltag (Bochum, Freiburg) oder verschwinden gar in den Niederungen der Zweit- oder Drittklassigkeit (KSC).

So sehr sich die Bochumer im letzten Jahr oder die Mainzer in diesem Jahr auch freuen mögen, wer hoch fliegt und nur ein kleiner Vogel ist, der stürzt auch krass ab. Nicht jedes kleine Rotkehlchen kann den Atlantik in hohen Lüften überqueren.

Und in diesem arroganten Wissen, dass der Adler vielleicht etwas braucht, bis er abhebt, dass er aber all die kleinen Vögelchen irgendwann majestätisch unter sich lassen wird, verbleibe ich mit einträchtlichen Grüßen

Jermi (zu dick aufgetragen, macht aber nix )
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Danke für Deine Antidepressionsbeiträge.

Ich selbst sehe unsere Situation auch alles andere als Schwarz!

Meldet Euch alle, die ihr auch nicht gleich immer die Geduld verliert.

helli,
dessen Stimme vom 60er-Spiel so belegt ist, dass er besser schreibt statt zu sprechen!
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Jermainator schrieb:
Nicht jedes kleine Rotkehlchen kann den Atlantik in hohen Lüften überqueren.


Das hast Du aber herzallerliebst gesagt...
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Jermainator schrieb:

... dass der Adler vielleicht etwas braucht, bis er abhebt, dass er aber all die kleinen Vögelchen irgendwann majestätisch unter sich lassen wird, ...


Danke Jermi für diesen Satz. Das ist genau die Argumentationshilfe, die mir noch gegen die Mainzer Übermacht in meinem Arbeitskollegenkreis gefehlt hat.
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@jermainator:
deine meinung kann ich leider nicht teilen.
klar, jeder sieht gerne attraktiven fussball.
aber, fussball sollte in erster linie auch erfolgreich sein.
was können wir uns heute dafür kaufen, dass wir 1992 den fussball 2000 gespielt haben? nicht viel.
was konnten wir uns damals unter dietrich weise (mit dem jungen falkenmayer, berthold, anthes usw.) dafür kaufen, dass wir ansehnlichen fussball spielten, aber doch in die relegation gegen die meidericher mussten? glaube mir, jeder sportler zieht es vor, in erster linie mal erfolgreich zu sein. der rest kommt dann von alleine. das essener spiel war für mich kei spektakel an geballter offensivkraft, sondern ein offenbarungseid der gesamten defensive.
der sturm gewinnt spiele - die abwehr meisterschaften. eintracht frankfurt kann es sich nicht leisten, dauerhaft in liga zwei zu spielen.
wo sind denn die ansprüche in der fangemeinde geblieben? jede noch so kleine kritik wird hier im forum sofort torpediert. man kann sich auch alles schönreden.
eintracht frankfurt ist meines erachtens auf dem besten weg zur grauen maus.
man sollte sich an dieser stelle mal die möglichkeiten und den etat vor augen halten, den wir haben und den andere mannschaften wie burghausen, fürth, aue und wie sie alle heissen haben.
da liegen welten dazwischen. und genau das ist die aufgabe des trainers daraus was zu machen.
es ist ja nicht so dass bei uns nur namenlose rumlaufen.
bis jetzt kann ich jedenfalls noch keine klare handschrift des trainers erkennen. vielmehr besticht er durch dauerhafte rotation auf gewissen positionen.
in frankfurt gab es schon trainer (ehrmantraut und reimann), die in der zweiten liga mit viel weniger viel mehr erreicht haben.  
wenn es denn der plan ist, erst in ein paar jahren aufzusteigen, dann sollte man doch auch bitte schön 2. ligapreise für eintrittskarten für 2. ligafussball nehmen.
mir schwant böses, doch hoffe ich natürlich das beste.
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…oder wie stoppe ich einen Ball mit dem Fuß?

Nun eigentlich hatte ich heute vor, meine alte Serie aufleben zu lassen, doch dann kam mir wieder mal Jermi zuvor und ich dachte mir, dass ich vielleicht noch einiges hinzufügen könnte und auf der anderen Seite, die positiven Aspekte nicht wiederholen muss.

Im Prinzip stimme ich Jermi, wie übrigens meistens, zu, aber ganz so freudig kann ich dann die Geschehnisse der letzten Wochen doch nicht hinnehmen, bzw. muss man dann doch mal über den Tellerrand, der spielfreudigen Eintracht schauen und sich auch mit den unangenehmen Dingen beschäftigen. Eines noch vorneweg, dies soll jetzt keine Abrechnung mit Funkel werden, welchen ich bei seiner Einstellung verteufelt habe, denn ich bin von ihm derart positiv überrascht worden, dass mir fast die Worte fehlen, aber auch bei ihm muss Kritik zugelassen sein, bzw. das Recht gegeben werden, einige  Entscheidungen zu hinterfragen.

Wie Jermi auch, freue ich mich über das engagierte, beherzte und motivierte Spiel unserer Jünglinge und habe auch gar kein Problem damit, wenn sie mal einen Fehler machen, denn nur so können sie auch lernen. Komischerweise sind diese aber auch nicht für meine Sorgenfalten zuständig, sondern vielmehr die Alten, welche eigentlich unseren „Kindergarten“ führen sollten, aber derzeit so sehr mit sich selbst beschäftigt sind, dass sich die Verhältnisse zum Teil umgekehrt haben.
Nehmen wir nur mal die Gegentore aus den letzten beiden Spielen als Vorlage:

- Im Spiel gegen Essen haben wir eine Abseitsfalle, welche wunderbar von Weissenberger ausgehebelt wurde, ein Kopfballtor bei dem Van Lent den Ball ohne Probleme hätte rausköpfen können, aber er blieb stehen, zwei Tore durch Konter, bei denen sich Wiedener ausspielen ließ wie ein Schulbub!

- Im gestrigem Spiel gegen 60 haben wir nun eine Situation bei der Reinhard sich natürlich nicht sonderlich clever anstellt und den Ball hätte längst wegspitzeln müssen, aber die viel wichtigere Frage ist, warum sich Keller so verhalten hat und seinen Gegenspieler Kolomaznik so frei vor dem Tor stehen lässt, ohne dass ein anderer Spieler diesen dann deckt. Schur stand relativ gesehen recht nah dran, aber machte keinerlei Anstalten aufzurücken. Man muss sich hier also die Frage stellen, ob die Aktion von Keller sinnvoll war und die Entscheidung, einen Spieler an der Außenlinie zu doppeln und dafür den gefährlichsten Stürmer frei vor dem Tor stehen zu lassen, nicht einfach dumm war. Beim zweitem Gegentor, bzw. dem von Arie verschuldetem Elfmeter frage ich mich wirklich, was einen Spieler dazu bewegt, einen Ball, welcher in einer Höhe von ca. 30 cm über dem Boden auf ihn zugeflogen kommt, zu köpfen, um dann im Stile eines Klassetorwarts den Ball unter sich zu begraben, anstatt ihn einfach mit dem Fuß zu stoppen oder diesen wegzukicken. Sind dies nicht Dinge, die man schon in der Fußballgrundschule lernt?

Hallo Arie, falls Du davon noch nichts gehört hast, hier mal eine kleine Hilfe für Dich:

http://www.zzzebra.de/index.asp?themaid=658&titelid=4314
[small]*Probiers mal, ist gar nicht so schwer!*[/small]


Addiert man dann auch noch die derzeit katastrophale Form von Schur, Weissenberger, Keller und Wiedener  hinzu, sowie die nicht vorhandene Torgefährlichkeit von Van Lent, muss man sich schon ernsthaft fragen, warum Funkel nicht reagiert und uns von diesen Qualen erlöst.
Klar kann man hier sagen, dass diese ja eigentlich das Team führen sollten und auch Verständnis dafür aufbringen, dass man ihnen Spielpraxis verschaffen möchte, doch stellt sich mir gerade hierbei die Frage, ob man nicht lieber Spielern mit einer Zukunft Spielpraxis geben sollte, anstatt diese in kurz vor dem Karriere Ende stehende Persönlichkeiten zu investieren, denn es ist doch schon arg auffällig, dass gerade mit der Hereinnahme von Keller und Wiedener, die Abwehrleistung extrem gesunken ist, anstatt sich zu stabilisieren.
Ist es also womöglich sogar so, dass Funkel Angst davor hat, alte Hierarchien zu durchbrechen und im Gegenzug neue zu formen? Brauchen unsere jungen Wilden wirklich die Führung von Spielern, welche derzeit, aus verschiedensten Gründen, kaum Leistung bringen oder anders gefragt, wie erklärt man einem Husterer, dass er bei den Amateuren spielen muss, während ein Keller, Woche für Woche, über den Platz stolpert?

Nun versteht mich nicht falsch, ich habe weder etwas gegen Keller, noch gegen Schur oder Weissenberger, doch auch hier sollte die Regel greifen, dass die Besten spielen und die Anderen sich aufdrängen müssen und nicht umgekehrt.

Wie auch immer, ich freue mich jedenfalls riesig, wenn ein Meier wieder mal einen Zuckerpass spielt, ein Köhler ein Tänzchen mit den Abwehrspielern macht, ein Reinhard und ein Ochs die Flügel auf und ab flitzen, ein Cha seine Chance nutzt, wie gestern, auch wenn der Kopfball nur an die Latte ging und ein Pröll, auch wenn er derzeit die ärmste Sau ist, all seine Kritiker verstummen lässt!

In diesem Sinne....

Unsere Ballermänner werden es gegen Kräuter Fürz gewaltig krachen lassen!

[big]"Eintracht Frankfurt - Mission Aufstieg!"[/big]  

[small]*Denn der ist noch lange nicht abgeschrieben!*[/small]
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@Kanu,

auch wenn ich Deine Argumentation nachvollziehen kann, so ist es doch ein Widerspruch zu behaupten, mit dieser Spielweise eine graue Maus zu werden.
Mag sein, dass man mit einer starken Defensive Meisterschaften gewinnt, doch damit kann man ohne Meisterschaft zu einer grauen Maus werden.
Mit einer tollen Offensive wird man auch dann beachtet, wenn man sich nur im Mittelfeld bewegt (alles jetzt natürlich eher auf die erste Liga bezogen).
Beispiele: Stuttgarts magisches Dreieck, Köln mit Polster und Labbadia, und viele andere tolle Sturmformationen.

Übrigens ist das mit der Defensive und der Meisterschaft auch nicht immer wahr. Hat Bremen letzte Saison nicht die meisten Tore geschossen?
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Tschock schrieb:
Übrigens ist das mit der Defensive und der Meisterschaft auch nicht immer wahr.


Ergänzung:

Wir haben in der letzten Saison 53 Gegentore kassiert und es gab 9 Mannschaften, welche mehr Gegentore kassierten als wir, aber nur zwei dieser Mannschaften waren schlechter als wir, nämlich 60 und Köln!

In diesem Sinne....

Komisch, oder?
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@Kanu

Ich sehe nicht, dass hier im Forum "jede noch so kleine kritik wird ... sofort torpediert" und alles schön geredet wird. Dazu ist der Haufen hier viel zu vielschichtig und bunt gewürfelt.

Und im Gegenteil: Deine Kritik, mit der Du ja auch weiß Gott nicht alleine stehst, wird ja aufgenommen und erwidert, und das ist doch eischendlisch das Gegenteil von Torpedieren.

Wie dem auch sei: Wir haben wahrscheinlich alle keinen Bock, in Schönheit zu sterben, aber zumindest ich habe auch keinen Bock mehr, alles Attraktive an Fußball einem (möglichen) Erfolg weitgehend unterzuordnen. Vielleicht sind das einfach unterschiedliche Fußballphilosophien: Schönheit oder Erfolg Wobei klar ist, dass wir alle am liebsten eigentlich die geniale Verbindung aus beidem haben wollen. Und ich habe auch längst noch nicht die Hoffnung aufgegeben, dass uns das diese Saison gelingen könnte.... Da finde ich Dich, ehrlich gesagt, ein wenig zu schnell zu skeptisch:

in frankfurt gab es schon trainer (ehrmantraut und reimann), die in der zweiten liga mit viel weniger viel mehr erreicht haben.


Kanu, wir haben gerade mal den 8. Spieltag hinter uns, das ist doch echt ein bisschen zu früh für FFs Abschlusszeugnis...

grüße.
pallazio
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@ZoZo

Zur Senioren-Kritik: Also in Sachen van Lent hab isch ja so mei eigene Meinung, die brauch ich ja nicht zu wiederholen... Tatsächlich unsicher bin ich mir aber bei Weissenberger. Ich finde, da brichst Du etwas früh den Stab...

Erstens gehört er mit 29 für mich noch nicht unbedingt zur geriatrischen Abteilung, zum anderen war er ewig lange verletzt, zum dritten spielt er zurzeit auf einer Position, die ihm erkennbar nicht liegt (was Du bei Frommer ja auch als Entschuldigungsgrund für maue Leistungen akzeptierst... ), und viertens zeigte er - im Gegensatz zu JK - durchaus auch schon ausgesprochen vielversprechende Ansätze. Ich denke da vor allem an das Pokalspiel gegen Fürth.

Wie das allerdings mit der Kombi Meier/Weissenberger hinhauen soll, weiß ich nicht so recht. Hier im Forum ist ja schon ab und an der Vorschlag gemacht worden, Meier als Stürmer einzusetzen. Er wäre dann natürlich ein spielender Stürmer, der auch im Mittelfeld schon aktiv wäre und nicht nur vorne steht und auf nette Bälle wartet. Vielleicht wäre es tatsächlich mal einen Versuch wert...

grüße,
pallazio


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