Tackleberry schrieb: Der Ursprung der hier diskutierten Angelegenheit liegt ja offensichtlich im Elternhaus des Kindes. Auch wenn die Behörden augenscheinlich "danach" versagt haben, frage ich mich, wie man mit mehr Geld, mit Maßnahmen, oder mit Umstrukturierungen des Systems das Ganze hätte verhindern können.
Für mich ist der Verweis auf Bänker, i-Phone Konsumenten und Hotelerben daher zwar populistisch nachvollziehbar, doch was wären genau die Dinge die man anders machen könnte?
Ich frage mich in solchen Fällen immer, warum so Geschehnisse im Elternhaus viel zu lange unentdeckt oder geduldet werden. Dies ist für mich der springende Punkt, an dem man ansetzen müsste. Und ich zweifle daran, dass Eltern wie die des Jungen auch bei noch so intensiver Betreuunge zu sozialisieren sind und sich ändern. Was also hilft? Letzten Endes nur, ihnen das Kind frühzeitig zu entziehen, bevor es zu spät ist?
Ich habe ja schon in meinem vorherigen Beitrag geschrieben, dass ich mit einer gewissen Ohnmacht solche Berichte lese, weil ich mir einfach nicht vorstellen kann wie man so etwas effektiv verhindern kann. Daher finde ich die Diskussion und den Thread hier durchaus interessant, wenn konkrete Lösungsideen aufgezeigt werden, und nicht nur ein Betroffenheitsaustausch stattfindet. Ich selbst muss leider eingestehen, dass ich nur zu letzterem einen Beitrag leisten könnte.
Du beantwortest dir die Frage, die du stellst, doch Anfang Abs. 3 selbst. Mehr Geld = Mehr Sozialarbeit(er) = Frühere Erkennung -> Geschicktere Handlungsmöglichkeiten (rechtzeitig) + Entsprechende Therapieangebote (und nicht wegschließen im geschl. Heim)
Und den Faktor Mehr Kohle = Motiviertere (Sozial/Jugendamt)Arbeiter darf man wohl auch nicht außer acht lassen. Wird ja immer gesagt "Spitzenleute ala Ackermann kosten halt Millionen, sonst gehen sie ins Ausland". Tja, Spitzensozialarbeiter und Psychologen kosten auch - wenn auch keine Millionen für einen Mitarbeiter - aber selbst an den vergleichsweise bescheidenen Ansprüchen scheitert es ja scheinbar allzu oft. Kost halt Geld :neutral-face
Richtig.
Und eine Alternative hätte ich auch zu bieten: Kinderdörfer.
Hier wachsen die den Eltern (zu Recht) entzogenen Kinder in familienähnlichen Verhältnissen auf. Im sozialen Umfeld einer ganz normalen Vorstadtsiedlung. Kein Heim, kein Wegsperren, kein Stigma. Oder sagen wir mal: fast keines.
Kostet halt. Insbesondere, wenn es um Zusatzbetreuung (psychologisch, therapeutisch) geht. Und damit sind wir wieder beim Thema. Irgendwann wachen diejenigen, die - angefangen von den Zuschüssen für Sportvereine bis hin zur Streichung von Fördergeldern für Kinderdörfer - ihre Prioritäten woanders setzen, schockiert auf und rufen nach harten Strafen.
Genau das ist ja das perverse. Anstatt frühzeitig zu investieren und viele Probleme von vorne herein zu verhindern wird lieber Kohle verjubelt, an falscher Stelle gespart. Und hinterher dann das doppelte oder dreifache wieder "reingepumpt", weil entsprechend viel Polizei und Strafverfolgung gefordert und leider dann auch benötigt wird. Find ich ganz pervers und führt bei mir jedes mal zu kaltem Kotzen, wenn ich so darüber nachdenke. Und das kommt immer öfter vor.
Tackleberry schrieb: Der Ursprung der hier diskutierten Angelegenheit liegt ja offensichtlich im Elternhaus des Kindes. Auch wenn die Behörden augenscheinlich "danach" versagt haben, frage ich mich, wie man mit mehr Geld, mit Maßnahmen, oder mit Umstrukturierungen des Systems das Ganze hätte verhindern können.
Für mich ist der Verweis auf Bänker, i-Phone Konsumenten und Hotelerben daher zwar populistisch nachvollziehbar, doch was wären genau die Dinge die man anders machen könnte?
Ich frage mich in solchen Fällen immer, warum so Geschehnisse im Elternhaus viel zu lange unentdeckt oder geduldet werden. Dies ist für mich der springende Punkt, an dem man ansetzen müsste. Und ich zweifle daran, dass Eltern wie die des Jungen auch bei noch so intensiver Betreuunge zu sozialisieren sind und sich ändern. Was also hilft? Letzten Endes nur, ihnen das Kind frühzeitig zu entziehen, bevor es zu spät ist?
Ich habe ja schon in meinem vorherigen Beitrag geschrieben, dass ich mit einer gewissen Ohnmacht solche Berichte lese, weil ich mir einfach nicht vorstellen kann wie man so etwas effektiv verhindern kann. Daher finde ich die Diskussion und den Thread hier durchaus interessant, wenn konkrete Lösungsideen aufgezeigt werden, und nicht nur ein Betroffenheitsaustausch stattfindet. Ich selbst muss leider eingestehen, dass ich nur zu letzterem einen Beitrag leisten könnte.
Du beantwortest dir die Frage, die du stellst, doch Anfang Abs. 3 selbst. Mehr Geld = Mehr Sozialarbeit(er) = Frühere Erkennung -> Geschicktere Handlungsmöglichkeiten (rechtzeitig) + Entsprechende Therapieangebote (und nicht wegschließen im geschl. Heim)
Und den Faktor Mehr Kohle = Motiviertere (Sozial/Jugendamt)Arbeiter darf man wohl auch nicht außer acht lassen. Wird ja immer gesagt "Spitzenleute ala Ackermann kosten halt Millionen, sonst gehen sie ins Ausland". Tja, Spitzensozialarbeiter und Psychologen kosten auch - wenn auch keine Millionen für einen Mitarbeiter - aber selbst an den vergleichsweise bescheidenen Ansprüchen scheitert es ja scheinbar allzu oft. Kost halt Geld :neutral-face
Des weiteren gehört auch die ganze Sozialarbeit wieder in die Hände des Staats. Das ein Unternehmen, welches für die Unterbringung eines solchen Jugendlichen EUR +200,- pro Tag erhält nicht wirklich Interesse hat, dass die Rehabilitation möglichst schnell abgeschlossen ist, dürfte auch klar sein.
Ein weiterer Aspekt, den ich noch garnich bedacht habe. Chapeau
Ein Beispiel für viele verkorkste Kindheiten. Meine Frau ist Erzieherin in einer Einrichtung aus dem sozialen Brennpunkt. Ich höre, staune und erschrecke beinahe jeden Tag, welch familiäre Situationen zu sogenannten "Problemkindern" führen. Das ist nicht immer der Sohn von Eiche und Murat oder von Dieter und Sieglinde. Gerade in bessergestellten Haushalten geht die Liebe zum Kind oft verloren. Weicht Ersatzliebkosungen, in Form von Geld-oder Sachzuwendungen und bringt die Kinder letztlich aus der Spur. Alles traurig! Aber leider kein Einzelfall!
simima schrieb: Bei diesem Kind liegt die Schuld an seinem Verhalten wohl eindeutig bei den Eltern. Wobei ich das Wort Eltern bei diesen, diesen ......... gar nicht in den Mund nehmen möchte.
Tust du jetzt nicht genau das, worauf es peter im Fall von Max eigentlich ankommt? Unrecht, Verbrechen zu sehen und draufzuschlagen? Wer weiß, vielleicht war den Eltern von Max ein ähnliches Schicksal beschieden? Vielleicht noch Schlimmeres? Vielleicht sind auch sie gefangen in einem Teufelskreis, an dessen vorläufigen Ende Max steht?
Ich denke, peter wollte auf das kompexe Thema "soziale Brennpunkte und ihre Folgen" gar nicht explizit eingehen; es ging ihm vielmehr um unsere Reaktionen, um Verurteilen ohne eine Situation zu hinterfragen. Ergebnisneutral.
Vielleicht haben die Eltern ähnliche Erfahrungen gemacht, vielleicht ist es ein Teufelskreis.
Aber ich bin nicht bereit, nur Entschuldigungen für Fehlverhalten zu suchen, welches an dem schwächsten Glied in der Kette, dem Kind, ausgelassen wird.
es geht mir nicht um entschuldigungen. es geht mir um ursache und wirkung. möchtest du, dass max irgendwann kinder bekommt?
Die Frage möchte ich nicht beantworten, Peter. Zu schwierig.
ganz ehrlich: ich habe da auch keine antwort. und die frage war nicht polemisch gemeint.
Wusste ehrlich gesagt auch nicht, dass quasi Hochsicherheitseinrichtungen für Jungs besteht, die in der Vorpubertät sexuell auffällig sind. Straftaten, die sowas irgendwie rechtfertigen würden, sehe ich nicht.
Gibt es diese Einrichtung schon lange oder ist dass die Konsequenz davon, dass immer über Kuschelpädagogik geätzt wird, wenn sich herausstellte, dass jemand der mit 18 straffällig wurde, nach einer Auffälligkeit mit 8 Jahren Musiktherapie bekam?
Tackleberry schrieb: Der Ursprung der hier diskutierten Angelegenheit liegt ja offensichtlich im Elternhaus des Kindes. Auch wenn die Behörden augenscheinlich "danach" versagt haben, frage ich mich, wie man mit mehr Geld, mit Maßnahmen, oder mit Umstrukturierungen des Systems das Ganze hätte verhindern können.
Für mich ist der Verweis auf Bänker, i-Phone Konsumenten und Hotelerben daher zwar populistisch nachvollziehbar, doch was wären genau die Dinge die man anders machen könnte?
Ich frage mich in solchen Fällen immer, warum so Geschehnisse im Elternhaus viel zu lange unentdeckt oder geduldet werden. Dies ist für mich der springende Punkt, an dem man ansetzen müsste. Und ich zweifle daran, dass Eltern wie die des Jungen auch bei noch so intensiver Betreuunge zu sozialisieren sind und sich ändern. Was also hilft? Letzten Endes nur, ihnen das Kind frühzeitig zu entziehen, bevor es zu spät ist?
Ich habe ja schon in meinem vorherigen Beitrag geschrieben, dass ich mit einer gewissen Ohnmacht solche Berichte lese, weil ich mir einfach nicht vorstellen kann wie man so etwas effektiv verhindern kann. Daher finde ich die Diskussion und den Thread hier durchaus interessant, wenn konkrete Lösungsideen aufgezeigt werden, und nicht nur ein Betroffenheitsaustausch stattfindet. Ich selbst muss leider eingestehen, dass ich nur zu letzterem einen Beitrag leisten könnte.
Du beantwortest dir die Frage, die du stellst, doch Anfang Abs. 3 selbst. Mehr Geld = Mehr Sozialarbeit(er) = Frühere Erkennung -> Geschicktere Handlungsmöglichkeiten (rechtzeitig) + Entsprechende Therapieangebote (und nicht wegschließen im geschl. Heim)
Und den Faktor Mehr Kohle = Motiviertere (Sozial/Jugendamt)Arbeiter darf man wohl auch nicht außer acht lassen. Wird ja immer gesagt "Spitzenleute ala Ackermann kosten halt Millionen, sonst gehen sie ins Ausland". Tja, Spitzensozialarbeiter und Psychologen kosten auch - wenn auch keine Millionen für einen Mitarbeiter - aber selbst an den vergleichsweise bescheidenen Ansprüchen scheitert es ja scheinbar allzu oft. Kost halt Geld :neutral-face
Des weiteren gehört auch die ganze Sozialarbeit wieder in die Hände des Staats. Das ein Unternehmen, welches für die Unterbringung eines solchen Jugendlichen EUR +200,- pro Tag erhält nicht wirklich Interesse hat, dass die Rehabilitation möglichst schnell abgeschlossen ist, dürfte auch klar sein.
Jep, das ist für mich einer der wichtigsten Punkte. Darüber hinaus müßte für eine viel bessere Ausbildung der Sozialarbeiter gesorgt werden, auch und gerade bei den staatlichen. Viele "Sachbearbeiter" beim Jugendamt sind doch genau das, sie bearbeiten Sachen, Fälle. Keine Menschen und Schicksale.
@peter, Deine Frage ob man möchte, daß Max jemals Vater wird lässt mich schaudern. Nicht weil Du sie gestellt hast, sondern weil mein erster, reflexhafter Gedanke war "um Gottes Willen, blos nicht " das läßt mich vor mir selbst erschrecken.
simima schrieb: Drogensucht fängt auch mit Fehlverhalten an. Wenn man eben damit anfängt.
Dieser moralische Zeigefinger kann zwar erhoben werden, allerdings geht daraus an dieser Stelle kein Lösungsansatz für solche Fälle hervor, finde ich.
Grundsätzlich zu dem Them: Ein extremer Fall! Ganz, ganz schwierige Geschichte. Die Ursachen, dass es so gekommen ist, sind ziemlich komplex und schwer in ihrer Gänze zu benennen. Patentrezepte wird es nicht geben, um so etwas in Zukunft ausschließen zu können.
Die Eltern waren ganz offensichtlich nicht in der Lage, ihrem Kind die Familie zu geben, die es bräuchte. Aus welchen Gründen auch immer. Jedes menschliche Verhalten ist erklärbar. Das bedeutet unter keinen Umständen, dass man jedes Verhalten entschuldigen darf. Aber die Hintergründe zu kennen ist wichtig, um Schlüsse für die Zukunft zu ziehen.
Deutlich wird auch, dass dieses Kind durch diverse Maßnahmen geschickt wurde, ohne dass das Wohl des Kindes dabei im Mittelpunkt stand. Dies ist ein Phänomen, was in diesem Bereich häufig zu beobachten ist. Behörden und Ämter neigen oft zu blindem Aktionismus, um dokumentieren zu können, dass sich um den Fall gekümmert wurde. Allerdings werden dies Aktionen dann oft zum Selbstzweck. Ich halte es für ein großes Problem, dass Biographien von Kindern häufig in Form einer dicken Akte, mit diversen Gutachten, Anträgen und Anlagen, auf dem Schreibtisch von überlasteten und dadurch demotivierten Sachbearbeitern in irgendwelchen Behörden und Ämtern rum liegen. Diese Akten werden dann nach Schema F abgearbeitet und wiederum „zu den Akten gelegt“.
Was ist also zu tun? Wie gesagt: Patentrezepte wird es nicht geben und es wird immer unfassbare Fälle geben.
Soll man das Jugendamt also bemächtigen, frühzeitig in Familien gehen zu können und Kinder schneller aus Familien nehmen zu können? Auch ganz schwierig zu beantworten. In bestimmten Fällen macht das ganz sicher Sinn. In anderen aber nicht. Es gibt schließlich viele gute Gründe dafür, dass man Eltern ihr Kind nicht so ohne weiteres weg nehmen kann. Zudem gibt es einige Untersuchungen die besagen, dass für die Entwicklung von Kindern ein gestörtes Elternhaus immer noch um einiges besser ist, als kein Elternhaus (um es mal sehr plakativ auszudrücken).
Sollte man gewissen Eltern also verbieten, Eltern zu werden? Eine rethorische Frage, na klar. Wo würden wir dann hinkommen? Darf man gar nicht drüber nachdenken. Also auch keine Alternative.
Abbau von Bürokratie wäre noch so ein Vorschlag. Ganz sicher: ein guter Vorschlag!!! Dennoch müssen in solchen Fällen unbedingt auch bestimmte Abläufe eingehalten werden. Sonst besteht die latente Gefahr der Willkür und des Beliebens, was wiederum zu unglaublichen Geschichten führen kann. Wie kann man aber diese Abläufe organisieren, ohne diese bürokratischen Strukturen? Auch wieder so ne ganz schön schwierige Frage.
Mehr präventive und - wenn es dann mal soweit ist - auch therapeutische Einrichtungen, Maßnahmen und Möglichkeiten wären toll. Ganz klar. Aber auch hier gibt es heute schon Angebote, die aber nicht genutzt werden oder genutzt werden können. Aus ganz unterschiedlichen Gründen.
Wie gesagt: Patentrezepte kann es in solch komplexen Fällen nicht geben. Und dennoch komme ich persönlich zumindest bei allen Gedankenspielen zu diesem Thema immer wieder auf einen entscheidenden Punkt: Es müsste in das Sozial- und Bildungswesen eben doch mehr Geld rein gehen. Klar ist dabei auch, dass mehr Geld nicht zwangsläufig bessere Qualität bedeutet. Das Geld muss natürlich auch sinnvoll rein fließen (zugegebnermaßen eine ziemlich allgemein gehaltene Phrase, an dieser Stelle).
Aber seht euch mal um: Das Sozial- und Bildungswesen ist derzeit de facto eine Verwaltung der Mangelwirtschaft, wenn man mal hinter die Fassaden schaut.
Fragt doch mal bei Sozialarbeitern, Lehrern, Behörden oder auch (bei aller Kritik die ich an anderer Stelle an diesem Berufstand äußere) Polizisten nach. Die pfeifen alle auf dem allerletzten Loch. auf deren Rücken wird ein absoluter Irrsinn ausgetragen. Die haben es extrem schwer in einer Zeit, in der uns Milliarden-Rettungsschirme und Banken-Bürgschaften als alternativlos verkauft werden und wir im Sozialwesen um jeden Cent kämpfen müssen, dass der nicht auch noch gekürzt wird. Klingt alles ziemlich dogmatisch oder gar sozialistisch, soll es aber gar nicht. Wirklich nicht! Aber es ist meiner Meinung nach schon eine Frage von gesellschaftlicher und somit politischer Prioritätensetzung.
Und trotz allem wird es immer Kinder geben, die extreme Biographien durchleben und dadurch evtl. zu extremen Gefahren für die Gesellschaft werden. Das ist vielleicht vergleichbar mit der Medizin. Egal wie viel Geld in Forschung gesteckt wird, das Geld wird immer helfen, aber es wird auch immer eine Krankheit geben, die nicht heilbar ist. Das muss auch klar sein.
Foofighter schrieb: Gerade in bessergestellten Haushalten geht die Liebe zum Kind oft verloren. Weicht Ersatzliebkosungen, in Form von Geld-oder Sachzuwendungen und bringt die Kinder letztlich aus der Spur.
So ist es... Das erlebe ich an meinem Arbeitsplatz in einer Grundschule in einer "bessergestellten" Gegend auch öfters. Hauptsache, das neueste, beste und teuerste Markenprodukt ist da. Zeit und Zuwendung dagegen haben so manche Eltern für ihre Kinder kaum zu bieten. Traurig, aber wahr...
"Es ist ja tatsächlich oft genug traurig und äußerst bedrückend zu sehen, wie Leiden sich perpetuiert, von Generation zu Generation, von Mensch zu Mensch. Da braucht man garnicht nur auf andere zu sehen, man darf sich ruhig selber als Exempel hernehmen und es erstmal aushalten."
"Es ist ja tatsächlich oft genug traurig und äußerst bedrückend zu sehen, wie Leiden sich perpetuiert, von Generation zu Generation, von Mensch zu Mensch. Da braucht man garnicht nur auf andere zu sehen, man darf sich ruhig selber als Exempel hernehmen und es erstmal aushalten."
In der Tat. Auch eine Motivation, es jeden Tag aufs Neue zu versuchen und sich auch der Verantwortung bewusst zu sein.
@all: Danke für die sehr lebhafte und tiefgreifende Diskussion bzw. Gedankenaustausch !
"Es ist ja tatsächlich oft genug traurig und äußerst bedrückend zu sehen, wie Leiden sich perpetuiert, von Generation zu Generation, von Mensch zu Mensch. Da braucht man garnicht nur auf andere zu sehen, man darf sich ruhig selber als Exempel hernehmen und es erstmal aushalten."
ja, den satz fand ich auch sehr gut und richtig.
aber du, ak und ich sind nicht mehr 12 oder 13. klar haben wir unsere ränzlein auf, die hat (fast) jeder. und der eine oder andere mühlstein kommt im verlauf des erwachsenenlebens dazu.
aber dazu muss man erst einmal vernünftig in ein erwachsenenleben hineinstarten können. die chancen erachte ich diesem fall als extrem gering.
es heißt immer "hinfallen ist nicht schlimm, das wieder aufstehen ist die leistung". dazu gehört aber auch ein plan wo man hingehen möchte nach dem wieder aufstehen. ich habe keine ahnung woher der junge den haben könnte.
miraculix250 schrieb: Add.: Den Satz bzgl. Eierphone hätte ich mir an der Stelle tatsächlich sparen können, das ist klar. Die wenigsten, die ich mit dieser "unterschwelligen" Kritik erreichen wollte, lesen diesen Thread überhaupt. Oder springen auf Kritik an (wieso auch?). Ist einfach Ausdruck meiner Frustration ob der Umstände, daß sich so viele über allen möglichen Sinnloskrams nachdenken und sich das Maul zerreißen. Aber bei wirklich wichtigem kommt dann meistens nichts nichts und nochmals nichts.
Das mit dem iphone hatte ich Dir gar nicht anprangern wollen, ich habe dir ja für Deine unterschwellige Kritik auch Recht gegeben. Ich wollte damit auch nur noch einmal die Diskussion ein wenig anstoßen, an welchen Stellen man anpacken müsste um in Zukunft Fälle wie diesen verhindern zu können. Und die folgende Diskussion hat ja bis jetzt auch gezeigt, wie schwierig es ist.
Viele gute Beiträge hier, muss ich mal allen Schreibern an dieser Stelle sagen! Und mich an dieser Stelle Nordadler_HH_79 voll anschließen. Denn er hat in seinem Beitrag die Schwierigkeiten und - in seinem letzten Absatz - auch die Ohnmacht ganz gut ausgedrückt, so wie ich es nicht hätte in Worte fassen können. Mit Geld kann man bis zu einem gewissen Punkt etwas erreichen. Aber eben nicht alles, und Fälle wie diesen wird es (leider!) immer geben. Denn das immer noch entscheidende ist der Faktor Mensch. Und im konkreten Fallbeispiel hat gleich eine ganze Menschenkette versagt.
Und ein Letztes noch: Großen Respekt an alle, die beruflich oder privat in sozialen Einrichtungen arbeiten und helfen. Vor euch ziehe ich echt meinen Hut.
"Es ist ja tatsächlich oft genug traurig und äußerst bedrückend zu sehen, wie Leiden sich perpetuiert, von Generation zu Generation, von Mensch zu Mensch. Da braucht man garnicht nur auf andere zu sehen, man darf sich ruhig selber als Exempel hernehmen und es erstmal aushalten."
Ja, ein sehr starker Satz, der mir zumindest eine Gänsehaut verursacht hat.
Die Frage, die mich dabei aber am meisten umtreibt ist, wie kann man diesen Teufelskreis durchbrechen. Kann man es überhaupt auch wenn man die Kinder frühzeitig aus den Familien nehmen würde und ihnen die bestmöglichen Therapien gibt ? Das folgende ist sehr privat und eigentlich wollte ich es gar nicht abschicken, aber es ist ein Beispiel für ein frühzeitiges Eingreifen von Familie und Behörden, das letztlich zu nichts geführt hat.
Ich hab in meiner Familie ein Beispiel. Eltern verlassen ihre 4 Kinder im Alter von 1-6 Jahren. Die Kinder kamen nicht ins Heim, sondern die beiden ältesten zu meiner Mutter, die anderen in Pflegefamilien (getrennt voneinander). Sie bekamen alle psychologische Hilfe, der Kontakt zu einander und zur Restfamilie blieb bestehen. Mindestens ein mal im monat kamen die Geschwister zusammen, meist bei meiner Mutter. Wenn die Kinder wollten auch öfter. Trotzdem haben alle 4, selbst der Jüngste, der seine Mutter nicht mal erkennen würde wenn er sie sieht, massivste Probleme und wiederholen den Weg ihrer Eltern.
In dem Fall wurde eigentlich von allen Seiten relativ schnell und, zumindest nach meinem Ermessen, richtig gehandelt. Therapien wurden ermöglicht. Was hätte man besser machen können ?
Oder sind manche Familienlasten zu schwer, zu tief in den Genen verankert und nur zu stoppen wenn tatsächlich die Fortpflanzungskette unterbrochen wird ? Und wohin würde uns das führen ?
Geiler Thread, schöne Diskussion. Aber leider lasst ihr euch dann doch ein wenig mitreißen, bleibt mir nicht erspart zu konstatieren.
Wuerzburger Adler schrieb: Und eine Alternative hätte ich auch zu bieten: Kinderdörfer.
Hier wachsen die den Eltern (zu Recht) entzogenen Kinder in familienähnlichen Verhältnissen auf. Im sozialen Umfeld einer ganz normalen Vorstadtsiedlung. Kein Heim, kein Wegsperren, kein Stigma. Oder sagen wir mal: fast keines.
Kostet halt. Insbesondere, wenn es um Zusatzbetreuung (psychologisch, therapeutisch) geht. Und damit sind wir wieder beim Thema.
Irgendwann wachen diejenigen, die - angefangen von den Zuschüssen für Sportvereine bis hin zur Streichung von Fördergeldern für Kinderdörfer - ihre Prioritäten woanders setzen, schockiert auf und rufen nach harten Strafen.
Du weißt schon, dass das Haus in dem der Max untergebracht war mit zu dem Besten was Betreuung anbelangt gehört, was dieser "Markt" zu bieten hat oder? Diese Einrichtung ist IMHO noch ein Stückchen familiärer als ein Kinderdorf, der Ansatz ganz ähnlich. Das Albert-Schweitzer Familienwerk hat ganz explizit den Ansatz, Kinder möglichst in Familien unterzubringen. Die beste Freundin meiner Frau, auch Sozialpädagogin, betreut für das Albert-Schweitzer Familienwerk drei Kinder in ihrer eigenen Familie. Dieser Philosophie, Kinder, besonders die die aus äußerst prekären Verhältnissen kommen, in möglichst kleinen Wohneinheiten zu betreuen, am liebsten in Familien zeichnet diese Einrichtung aus! Im übrigen hat das Jugendamt bei Max nach der Inobhutnahme damit auch finanziell keineswegs gespart. Diese Form der Unterbringung die Max zu Teil wurde gehört eindeutig zu den eher teuren!
Bigbamboo schrieb: Des weiteren gehört auch die ganze Sozialarbeit wieder in die Hände des Staats. Das ein Unternehmen, welches für die Unterbringung eines solchen Jugendlichen EUR +200,- pro Tag erhält nicht wirklich Interesse hat, dass die Rehabilitation möglichst schnell abgeschlossen ist, dürfte auch klar sein.
Es gilt in Deutschland das Subsidiaritätsprinzip. Die Behauptung, Sozialarbeit könne nur von staatlicher Seite positiv gestaltet werden halte ich für Überzogen. Gewinninteresse dürfte eher sekundär sein. In der Realität ist es so, dass die Städte und Landkreise, also die originären Träger der Jugendhilfe immer öfter Angebote öffentlich ausschreiben und der günstigste Anbieter den Zuschlag erhält! Das führt natürlich zu frustrierten Kolleginnen und Kollegen. Kolping bspw. hat sich einen Großteil der Angebote im Zuge der Hartz4 Reformen geschnappt. Die zahlen Diplom-Sozialpädagogen (jetzt Bachelor) nach 3,5 Jahren Studium ein Anfangsgehalt von 1200 € netto für eine Vollzeitstelle! Der Staat als Auftraggeber befördert dies noch!
Taunusabbel schrieb: Jep, das ist für mich einer der wichtigsten Punkte. Darüber hinaus müßte für eine viel bessere Ausbildung der Sozialarbeiter gesorgt werden, auch und gerade bei den staatlichen. Viele "Sachbearbeiter" beim Jugendamt sind doch genau das, sie bearbeiten Sachen, Fälle. Keine Menschen und Schicksale.
Bitte nicht verwechseln! Sachbearbeiter beim Jugendamt, das sind Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit abgeschlossenem Hochschulstudium. Die Spezialisierung in unserm Beruf erfolgt zum Teil bereits im Studium (bspw. Jugendarbeit, Arbeit mit Behinderten, interkulturelle Arbeit ...). Gerade in Jugendämtern gibt es aber noch relativ gute Arbeitsbedingungen und viele Möglichkeiten zu Fort- und Weiterbildung.
Nordadler schrieb: Deutlich wird auch, dass dieses Kind durch diverse Maßnahmen geschickt wurde, ohne dass das Wohl des Kindes dabei im Mittelpunkt stand. Dies ist ein Phänomen, was in diesem Bereich häufig zu beobachten ist. Behörden und Ämter neigen oft zu blindem Aktionismus, um dokumentieren zu können, dass sich um den Fall gekümmert wurde. Allerdings werden dies Aktionen dann oft zum Selbstzweck. Ich halte es für ein großes Problem, dass Biographien von Kindern häufig in Form einer dicken Akte, mit diversen Gutachten, Anträgen und Anlagen, auf dem Schreibtisch von überlasteten und dadurch demotivierten Sachbearbeitern in irgendwelchen Behörden und Ämtern rum liegen. Diese Akten werden dann nach Schema F abgearbeitet und wiederum „zu den Akten gelegt“.
Dass dem nicht so war, zumindest Anfangs, habe ich bereits dargestellt. Die Behauptung, hier würde nach Schema F verfahren halte ich für sehr gewagt und als Außenstehender auch für unzulässig. Hier wird mir dann doch zu sehr auf den Leim gegangen. Wir kennen hier nur einen kleinen Ausschnitt der Geschichte. Dass ein Jugendamt zu so einem drastischen Schritt greift, hat mit Schema F jedenfalls nichts zu tun. Dieser Schritt stellt eine große Ausnahme dar! Auch finanziell ist diese Maßnahme alles andere als lukrativ für das Jugenamt. Deinen restlichen Beitrag finde ich übrigens hervorragend!
Komme übrigens grad von der Arbeit. Ein Sozialer Trainingskurs nach richterlicher Weisung für Alkohol- und Drogengefährdete Jugendliche.
Kids wie der Max laufen in jeder Großstadt zu Hunderten rum. Wir sind völlig überlastet in den Jugendämtern genau so wie bei den freien Trägern. Durch den Kostendruck gibt es nicht mal mehr Supervision bei uns in der Einrichtung, vor einem Jahr konnten wir, trotz einer ellenlangen Warteliste nicht absehen, ob unsere Finanzierung noch über dieses Jahr hinaus reicht. So sehen die Bedingungen aus. Das ganze dann für "Angelehnt an TVöD XI" # Und wenn dann eine/r von unseren Kollegen vom Jugendamt einen Fehler macht, dann kommt der Spiegel oder die Süddeutsche und haut einen Bericht voller Halbwahrheiten raus. Wie gut war denn die Erziehung der liebevollen Oma bei der eigenen Tochter? Hat irgendwie auch nicht so recht geklappt, oder? Dann bleibt noch die Frage, wie sich unsereins wehren soll. Man hat schon allein aus Datenschutzrechtlichen Gründen keinerlei Möglichkeit zu solchen Sachen Stellung zu beziehen, das wird dann immer mit "XYZ wollte sich, angeblich aus Datenschutzgründen, nicht zur Sache äußern ..." Fühlt sich dann toll an. XYZ könnte zur Arbeitsagentur gehen äußerte er/sie sich.
Das soll jetzt keine Rechtfertigung sein, ich war ja nicht bei der Geschichte dabei. Was ich aber zur Genüge kenne ist, dass Angehörige, NACHDEM das Kind im Brunnen liegt, eine große Show abziehen.
Nichts desto Trotz hört sich diese Geschichte insgesamt klar übel an.
Du weißt schon, dass das Haus in dem der Max untergebracht war mit zu dem Besten was Betreuung anbelangt gehört, was dieser "Markt" zu bieten hat oder? Diese Einrichtung ist IMHO noch ein Stückchen familiärer als ein Kinderdorf, der Ansatz ganz ähnlich. Das Albert-Schweitzer Familienwerk hat ganz explizit den Ansatz, Kinder möglichst in Familien unterzubringen. Die beste Freundin meiner Frau, auch Sozialpädagogin, betreut für das Albert-Schweitzer Familienwerk drei Kinder in ihrer eigenen Familie. Dieser Philosophie, Kinder, besonders die die aus äußerst prekären Verhältnissen kommen, in möglichst kleinen Wohneinheiten zu betreuen, am liebsten in Familien zeichnet diese Einrichtung aus! Im übrigen hat das Jugendamt bei Max nach der Inobhutnahme damit auch finanziell keineswegs gespart. Diese Form der Unterbringung die Max zu Teil wurde gehört eindeutig zu den eher teuren!
Mein Beitrag sollte sich in keiner Weise gegen diese spezielle Einrichtung wenden, sondern war mehr allgemein gemeint. Sollte ein gegenteiliger Eindruck entstanden sein, war das nicht beabsichtigt.
Drogensucht fängt auch mit Fehlverhalten an. Wenn man eben damit anfängt. Und ja, wenn es zur Sucht wird, dann ist es eine Krankheit
Nur Fehlverhalten von wem. Es ist ja nicht selten der Fall das Leute die abhängig werden das schon ins Kinderbett gelegt bekamen, sprich die Mutter war süchtig und das Kind kam schon so auf die Welt. Aus diesen Kindern wird dann später oftmals auch wieder ein Süchtiger. Eine Familie erleben die oftmals nicht, von Erziehung kann man auch meist nicht reden. Durch solche Eltern werden die Problemfälle der Zukunft erzeugt.
Genauso verhält es sich bei gewalttätigen Eltern die meinen ihre Kinder mit Schlägen erziehen zu müssen, da die Kinder nix anderes kennen verhalten sie sich auf der Strasse auch so.
Manchmal erwischt man sich das man denkt das einige Leute keine Kinder bekommen sollten.
Hoch interessant, was hier dargelegt wird. Viele Blickwinkel, viele Aspekte und noch mehr Qualität. Schön, dass es auch noch solche Threads gibt.
Zu Max: Ich habe meinen Zivildienst in einer Sonderschule geleistet. Dort "durfte" ich auch einiges miterleben.
Nach einem Jahr hat sich mein Bild einer Sonderschule grundlegend geändert. Die Belastung und in dem Fall dieser Schule fehlende staatliche Unterstützung sind haarsträubend. Eine wirklich zielgerichtete Betreuung ist nahezu unmöglich. Zudem sind häufig die Eltern das bremsende Element und weisen die Lehrer/Pädagogen zurecht, "warum diese sich denn in die Erziehung einmischen würden". Mir hat es dort häufig die Sprache verschlagen.
Ich war dort primär in einer zweiten/dritten Klasse eingesetzt und habe gerade bei den "Kleinen" beobachtet, dass dort nahezu alle "Schichten" vorhanden sind. Von Kindern, die einfach nur kein deutsch sprechen, über Kinder die unter extremen AD(H)S Formen leiden bis hin zu Fällen wie Max. Ein unmögliches Terrain für gezielte Förderung. Dennoch - was mir sehr imponiert hat - bemühten sich der Großteil der Lehrer nach Kräften ein möglichst gutes "Niveau" zu etablieren - dabei spreche ich nicht von Leistung, sondern von Sozialverhalten und -kompetenz.
Die verhaltensauffälligen Kinder (Behinderungen oder Sprachbarrieren - zu Hause herrscht meistens eine sehr familiäre Atmosphäre - nehme ich hiervon aus) waren häufig "verloren". Sie standen zwischen den Stühlen, wurden meist allein gelassen, ignoriert oder haben Dinge gesehen und erlebt, die ich nicht beschreiben möchte. Das daraus ein Teufelskreis entsteht, wurde hier schon reichlich belegt.
Lernen heißt wiederholen - egal ob Mathe oder Sozialverhalten.
Kinder werden nicht böse geboren, Eltern erziehen ihre Kinder - fast nie - wissentlich "schlecht" und dennoch entwicklen sich solche Extremfälle. Und die daraus oft resultierende soziale Isolation und Verurteilung verbessert diese Situation sicherlich nicht.
Für mich ist ein Charakter nur eine Summe der Eindrücke und Erlebnisse eines Menschen und deren Verarbeitung. Dazu zählen nicht nur die Eltern, sondern auch TV & PC, Schule und Kindergarten, Freundeskreis, zufällige Begegnungen und Erlebnisse, einfach jeder Tag, jede Handlung.
Ich habe auch das Gefühl, dass die meisten dieser extrem "verhaltensauffälligen"(was ein Ausdruck ) Kindern bereits in den ersten 6 Lebensjahren "verdorben" wurden. Allerdings ist dies nur ein Eindruck.
Ich habe unter den Kindern dort zwei Gruppen am häufigsten beobachtet. Entweder haben sie sich nach Aufmerksamkeit gesehn, sich aufgedrängt und schnell ein (brüchiges) Vertrauensverhältnis aufgebaut oder sie waren verschlossen, still und "abwesend" - beide Verhalten extrem ausgeprägt.
Dies ist ein so komplexes Thema, dass man sich die Finger wund schreiben könnte. Ich wollte nur mal meine Erfahrungen und Eindrücke einwerfen - Schlussfolgerungen sind rein subjektiv und gerne zu kritisieren
Genau das ist ja das perverse. Anstatt frühzeitig zu investieren und viele Probleme von vorne herein zu verhindern wird lieber Kohle verjubelt, an falscher Stelle gespart. Und hinterher dann das doppelte oder dreifache wieder "reingepumpt", weil entsprechend viel Polizei und Strafverfolgung gefordert und leider dann auch benötigt wird. Find ich ganz pervers und führt bei mir jedes mal zu kaltem Kotzen, wenn ich so darüber nachdenke. Und das kommt immer öfter vor.
Ein weiterer Aspekt, den ich noch garnich bedacht habe. Chapeau
Meine Frau ist Erzieherin in einer Einrichtung aus dem sozialen Brennpunkt.
Ich höre, staune und erschrecke beinahe jeden Tag, welch familiäre Situationen zu sogenannten "Problemkindern" führen.
Das ist nicht immer der Sohn von Eiche und Murat oder von Dieter und Sieglinde. Gerade in bessergestellten Haushalten geht die Liebe zum Kind oft verloren. Weicht Ersatzliebkosungen, in Form von Geld-oder Sachzuwendungen und bringt die Kinder letztlich aus der Spur.
Alles traurig! Aber leider kein Einzelfall!
ganz ehrlich: ich habe da auch keine antwort. und die frage war nicht polemisch gemeint.
Gibt es diese Einrichtung schon lange oder ist dass die Konsequenz davon, dass immer über Kuschelpädagogik geätzt wird, wenn sich herausstellte, dass jemand der mit 18 straffällig wurde, nach einer Auffälligkeit mit 8 Jahren Musiktherapie bekam?
Kurz off topic, aber der Tippfehler ist ja wirklich zu geil!
sorry
Jep, das ist für mich einer der wichtigsten Punkte.
Darüber hinaus müßte für eine viel bessere Ausbildung der Sozialarbeiter gesorgt werden, auch und gerade bei den staatlichen.
Viele "Sachbearbeiter" beim Jugendamt sind doch genau das, sie bearbeiten Sachen, Fälle. Keine Menschen und Schicksale.
@peter,
Deine Frage ob man möchte, daß Max jemals Vater wird lässt mich schaudern. Nicht weil Du sie gestellt hast, sondern weil mein erster, reflexhafter Gedanke war "um Gottes Willen, blos nicht " das läßt mich vor mir selbst erschrecken.
Dieser moralische Zeigefinger kann zwar erhoben werden, allerdings geht daraus an dieser Stelle kein Lösungsansatz für solche Fälle hervor, finde ich.
Grundsätzlich zu dem Them: Ein extremer Fall! Ganz, ganz schwierige Geschichte. Die Ursachen, dass es so gekommen ist, sind ziemlich komplex und schwer in ihrer Gänze zu benennen. Patentrezepte wird es nicht geben, um so etwas in Zukunft ausschließen zu können.
Die Eltern waren ganz offensichtlich nicht in der Lage, ihrem Kind die Familie zu geben, die es bräuchte. Aus welchen Gründen auch immer. Jedes menschliche Verhalten ist erklärbar. Das bedeutet unter keinen Umständen, dass man jedes Verhalten entschuldigen darf. Aber die Hintergründe zu kennen ist wichtig, um Schlüsse für die Zukunft zu ziehen.
Deutlich wird auch, dass dieses Kind durch diverse Maßnahmen geschickt wurde, ohne dass das Wohl des Kindes dabei im Mittelpunkt stand. Dies ist ein Phänomen, was in diesem Bereich häufig zu beobachten ist. Behörden und Ämter neigen oft zu blindem Aktionismus, um dokumentieren zu können, dass sich um den Fall gekümmert wurde. Allerdings werden dies Aktionen dann oft zum Selbstzweck.
Ich halte es für ein großes Problem, dass Biographien von Kindern häufig in Form einer dicken Akte, mit diversen Gutachten, Anträgen und Anlagen, auf dem Schreibtisch von überlasteten und dadurch demotivierten Sachbearbeitern in irgendwelchen Behörden und Ämtern rum liegen. Diese Akten werden dann nach Schema F abgearbeitet und wiederum „zu den Akten gelegt“.
Was ist also zu tun? Wie gesagt: Patentrezepte wird es nicht geben und es wird immer unfassbare Fälle geben.
Soll man das Jugendamt also bemächtigen, frühzeitig in Familien gehen zu können und Kinder schneller aus Familien nehmen zu können? Auch ganz schwierig zu beantworten. In bestimmten Fällen macht das ganz sicher Sinn. In anderen aber nicht. Es gibt schließlich viele gute Gründe dafür, dass man Eltern ihr Kind nicht so ohne weiteres weg nehmen kann. Zudem gibt es einige Untersuchungen die besagen, dass für die Entwicklung von Kindern ein gestörtes Elternhaus immer noch um einiges besser ist, als kein Elternhaus (um es mal sehr plakativ auszudrücken).
Sollte man gewissen Eltern also verbieten, Eltern zu werden? Eine rethorische Frage, na klar. Wo würden wir dann hinkommen? Darf man gar nicht drüber nachdenken. Also auch keine Alternative.
Abbau von Bürokratie wäre noch so ein Vorschlag. Ganz sicher: ein guter Vorschlag!!! Dennoch müssen in solchen Fällen unbedingt auch bestimmte Abläufe eingehalten werden. Sonst besteht die latente Gefahr der Willkür und des Beliebens, was wiederum zu unglaublichen Geschichten führen kann. Wie kann man aber diese Abläufe organisieren, ohne diese bürokratischen Strukturen? Auch wieder so ne ganz schön schwierige Frage.
Mehr präventive und - wenn es dann mal soweit ist - auch therapeutische Einrichtungen, Maßnahmen und Möglichkeiten wären toll. Ganz klar. Aber auch hier gibt es heute schon Angebote, die aber nicht genutzt werden oder genutzt werden können. Aus ganz unterschiedlichen Gründen.
Wie gesagt: Patentrezepte kann es in solch komplexen Fällen nicht geben. Und dennoch komme ich persönlich zumindest bei allen Gedankenspielen zu diesem Thema immer wieder auf einen entscheidenden Punkt: Es müsste in das Sozial- und Bildungswesen eben doch mehr Geld rein gehen. Klar ist dabei auch, dass mehr Geld nicht zwangsläufig bessere Qualität bedeutet. Das Geld muss natürlich auch sinnvoll rein fließen (zugegebnermaßen eine ziemlich allgemein gehaltene Phrase, an dieser Stelle).
Aber seht euch mal um: Das Sozial- und Bildungswesen ist derzeit de facto eine Verwaltung der Mangelwirtschaft, wenn man mal hinter die Fassaden schaut.
Fragt doch mal bei Sozialarbeitern, Lehrern, Behörden oder auch (bei aller Kritik die ich an anderer Stelle an diesem Berufstand äußere) Polizisten nach. Die pfeifen alle auf dem allerletzten Loch. auf deren Rücken wird ein absoluter Irrsinn ausgetragen. Die haben es extrem schwer in einer Zeit, in der uns Milliarden-Rettungsschirme und Banken-Bürgschaften als alternativlos verkauft werden und wir im Sozialwesen um jeden Cent kämpfen müssen, dass der nicht auch noch gekürzt wird. Klingt alles ziemlich dogmatisch oder gar sozialistisch, soll es aber gar nicht. Wirklich nicht! Aber es ist meiner Meinung nach schon eine Frage von gesellschaftlicher und somit politischer Prioritätensetzung.
Und trotz allem wird es immer Kinder geben, die extreme Biographien durchleben und dadurch evtl. zu extremen Gefahren für die Gesellschaft werden. Das ist vielleicht vergleichbar mit der Medizin. Egal wie viel Geld in Forschung gesteckt wird, das Geld wird immer helfen, aber es wird auch immer eine Krankheit geben, die nicht heilbar ist.
Das muss auch klar sein.
So ist es... Das erlebe ich an meinem Arbeitsplatz in einer Grundschule in einer "bessergestellten" Gegend auch öfters. Hauptsache, das neueste, beste und teuerste Markenprodukt ist da. Zeit und Zuwendung dagegen haben so manche Eltern für ihre Kinder kaum zu bieten. Traurig, aber wahr...
Ein ganz starker Satz..
"Es ist ja tatsächlich oft genug traurig und äußerst bedrückend zu sehen, wie Leiden sich perpetuiert, von Generation zu Generation, von Mensch zu Mensch. Da braucht man garnicht nur auf andere zu sehen, man darf sich ruhig selber als Exempel hernehmen und es erstmal aushalten."
In der Tat. Auch eine Motivation, es jeden Tag aufs Neue zu versuchen und sich auch der Verantwortung bewusst zu sein.
@all: Danke für die sehr lebhafte und tiefgreifende Diskussion bzw. Gedankenaustausch !
ja, den satz fand ich auch sehr gut und richtig.
aber du, ak und ich sind nicht mehr 12 oder 13. klar haben wir unsere ränzlein auf, die hat (fast) jeder. und der eine oder andere mühlstein kommt im verlauf des erwachsenenlebens dazu.
aber dazu muss man erst einmal vernünftig in ein erwachsenenleben hineinstarten können. die chancen erachte ich diesem fall als extrem gering.
es heißt immer "hinfallen ist nicht schlimm, das wieder aufstehen ist die leistung". dazu gehört aber auch ein plan wo man hingehen möchte nach dem wieder aufstehen. ich habe keine ahnung woher der junge den haben könnte.
Das mit dem iphone hatte ich Dir gar nicht anprangern wollen, ich habe dir ja für Deine unterschwellige Kritik auch Recht gegeben. Ich wollte damit auch nur noch einmal die Diskussion ein wenig anstoßen, an welchen Stellen man anpacken müsste um in Zukunft Fälle wie diesen verhindern zu können. Und die folgende Diskussion hat ja bis jetzt auch gezeigt, wie schwierig es ist.
Viele gute Beiträge hier, muss ich mal allen Schreibern an dieser Stelle sagen! Und mich an dieser Stelle Nordadler_HH_79 voll anschließen. Denn er hat in seinem Beitrag die Schwierigkeiten und - in seinem letzten Absatz - auch die Ohnmacht ganz gut ausgedrückt, so wie ich es nicht hätte in Worte fassen können. Mit Geld kann man bis zu einem gewissen Punkt etwas erreichen. Aber eben nicht alles, und Fälle wie diesen wird es (leider!) immer geben. Denn das immer noch entscheidende ist der Faktor Mensch. Und im konkreten Fallbeispiel hat gleich eine ganze Menschenkette versagt.
Und ein Letztes noch: Großen Respekt an alle, die beruflich oder privat in sozialen Einrichtungen arbeiten und helfen. Vor euch ziehe ich echt meinen Hut.
Ja, ein sehr starker Satz, der mir zumindest eine Gänsehaut verursacht hat.
Die Frage, die mich dabei aber am meisten umtreibt ist, wie kann man diesen Teufelskreis durchbrechen. Kann man es überhaupt auch wenn man die Kinder frühzeitig aus den Familien nehmen würde und ihnen die bestmöglichen Therapien gibt ? Das folgende ist sehr privat und eigentlich wollte ich es gar nicht abschicken, aber es ist ein Beispiel für ein frühzeitiges Eingreifen von Familie und Behörden, das letztlich zu nichts geführt hat.
Ich hab in meiner Familie ein Beispiel. Eltern verlassen ihre 4 Kinder im Alter von 1-6 Jahren. Die Kinder kamen nicht ins Heim, sondern die beiden ältesten zu meiner Mutter, die anderen in Pflegefamilien (getrennt voneinander). Sie bekamen alle psychologische Hilfe, der Kontakt zu einander und zur Restfamilie blieb bestehen. Mindestens ein mal im monat kamen die Geschwister zusammen, meist bei meiner Mutter. Wenn die Kinder wollten auch öfter.
Trotzdem haben alle 4, selbst der Jüngste, der seine Mutter nicht mal erkennen würde wenn er sie sieht, massivste Probleme und wiederholen den Weg ihrer Eltern.
In dem Fall wurde eigentlich von allen Seiten relativ schnell und, zumindest nach meinem Ermessen, richtig gehandelt. Therapien wurden ermöglicht. Was hätte man besser machen können ?
Oder sind manche Familienlasten zu schwer, zu tief in den Genen verankert und nur zu stoppen wenn tatsächlich die Fortpflanzungskette unterbrochen wird ? Und wohin würde uns das führen ?
Aber leider lasst ihr euch dann doch ein wenig mitreißen, bleibt mir nicht erspart zu konstatieren.
Du weißt schon, dass das Haus in dem der Max untergebracht war mit zu dem Besten was Betreuung anbelangt gehört, was dieser "Markt" zu bieten hat oder? Diese Einrichtung ist IMHO noch ein Stückchen familiärer als ein Kinderdorf, der Ansatz ganz ähnlich.
Das Albert-Schweitzer Familienwerk hat ganz explizit den Ansatz, Kinder möglichst in Familien unterzubringen. Die beste Freundin meiner Frau, auch Sozialpädagogin, betreut für das Albert-Schweitzer Familienwerk drei Kinder in ihrer eigenen Familie. Dieser Philosophie, Kinder, besonders die die aus äußerst prekären Verhältnissen kommen, in möglichst kleinen Wohneinheiten zu betreuen, am liebsten in Familien zeichnet diese Einrichtung aus!
Im übrigen hat das Jugendamt bei Max nach der Inobhutnahme damit auch finanziell keineswegs gespart. Diese Form der Unterbringung die Max zu Teil wurde gehört eindeutig zu den eher teuren!
Es gilt in Deutschland das Subsidiaritätsprinzip. Die Behauptung, Sozialarbeit könne nur von staatlicher Seite positiv gestaltet werden halte ich für Überzogen. Gewinninteresse dürfte eher sekundär sein.
In der Realität ist es so, dass die Städte und Landkreise, also die originären Träger der Jugendhilfe immer öfter Angebote öffentlich ausschreiben und der günstigste Anbieter den Zuschlag erhält!
Das führt natürlich zu frustrierten Kolleginnen und Kollegen. Kolping bspw. hat sich einen Großteil der Angebote im Zuge der Hartz4 Reformen geschnappt. Die zahlen Diplom-Sozialpädagogen (jetzt Bachelor) nach 3,5 Jahren Studium ein Anfangsgehalt von 1200 € netto für eine Vollzeitstelle! Der Staat als Auftraggeber befördert dies noch!
Bitte nicht verwechseln! Sachbearbeiter beim Jugendamt, das sind Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit abgeschlossenem Hochschulstudium. Die Spezialisierung in unserm Beruf erfolgt zum Teil bereits im Studium (bspw. Jugendarbeit, Arbeit mit Behinderten, interkulturelle Arbeit ...).
Gerade in Jugendämtern gibt es aber noch relativ gute Arbeitsbedingungen und viele Möglichkeiten zu Fort- und Weiterbildung.
Dass dem nicht so war, zumindest Anfangs, habe ich bereits dargestellt.
Die Behauptung, hier würde nach Schema F verfahren halte ich für sehr gewagt und als Außenstehender auch für unzulässig.
Hier wird mir dann doch zu sehr auf den Leim gegangen.
Wir kennen hier nur einen kleinen Ausschnitt der Geschichte.
Dass ein Jugendamt zu so einem drastischen Schritt greift, hat mit Schema F jedenfalls nichts zu tun. Dieser Schritt stellt eine große Ausnahme dar!
Auch finanziell ist diese Maßnahme alles andere als lukrativ für das Jugenamt.
Deinen restlichen Beitrag finde ich übrigens hervorragend!
Komme übrigens grad von der Arbeit. Ein Sozialer Trainingskurs nach richterlicher Weisung für Alkohol- und Drogengefährdete Jugendliche.
Kids wie der Max laufen in jeder Großstadt zu Hunderten rum.
Wir sind völlig überlastet in den Jugendämtern genau so wie bei den freien Trägern. Durch den Kostendruck gibt es nicht mal mehr Supervision bei uns in der Einrichtung, vor einem Jahr konnten wir, trotz einer ellenlangen Warteliste nicht absehen, ob unsere Finanzierung noch über dieses Jahr hinaus reicht.
So sehen die Bedingungen aus.
Das ganze dann für "Angelehnt an TVöD XI"
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Und wenn dann eine/r von unseren Kollegen vom Jugendamt einen Fehler macht, dann kommt der Spiegel oder die Süddeutsche und haut einen Bericht voller Halbwahrheiten raus.
Wie gut war denn die Erziehung der liebevollen Oma bei der eigenen Tochter? Hat irgendwie auch nicht so recht geklappt, oder?
Dann bleibt noch die Frage, wie sich unsereins wehren soll. Man hat schon allein aus Datenschutzrechtlichen Gründen keinerlei Möglichkeit zu solchen Sachen Stellung zu beziehen, das wird dann immer mit "XYZ wollte sich, angeblich aus Datenschutzgründen, nicht zur Sache äußern ..."
Fühlt sich dann toll an.
XYZ könnte zur Arbeitsagentur gehen äußerte er/sie sich.
Das soll jetzt keine Rechtfertigung sein, ich war ja nicht bei der Geschichte dabei. Was ich aber zur Genüge kenne ist, dass Angehörige, NACHDEM das Kind im Brunnen liegt, eine große Show abziehen.
Nichts desto Trotz hört sich diese Geschichte insgesamt klar übel an.
Auch ein ganz interessanter Aspekt.
Mein Beitrag sollte sich in keiner Weise gegen diese spezielle Einrichtung wenden, sondern war mehr allgemein gemeint. Sollte ein gegenteiliger Eindruck entstanden sein, war das nicht beabsichtigt.
Nur Fehlverhalten von wem. Es ist ja nicht selten der Fall das Leute die abhängig werden das schon ins Kinderbett gelegt bekamen, sprich die Mutter war süchtig und das Kind kam schon so auf die Welt. Aus diesen Kindern wird dann später oftmals auch wieder ein Süchtiger. Eine Familie erleben die oftmals nicht, von Erziehung kann man auch meist nicht reden. Durch solche Eltern werden die Problemfälle der Zukunft erzeugt.
Genauso verhält es sich bei gewalttätigen Eltern die meinen ihre Kinder mit Schlägen erziehen zu müssen, da die Kinder nix anderes kennen verhalten sie sich auf der Strasse auch so.
Manchmal erwischt man sich das man denkt das einige Leute keine Kinder bekommen sollten.
Zu Max:
Ich habe meinen Zivildienst in einer Sonderschule geleistet. Dort "durfte" ich auch einiges miterleben.
Nach einem Jahr hat sich mein Bild einer Sonderschule grundlegend geändert. Die Belastung und in dem Fall dieser Schule fehlende staatliche Unterstützung sind haarsträubend. Eine wirklich zielgerichtete Betreuung ist nahezu unmöglich. Zudem sind häufig die Eltern das bremsende Element und weisen die Lehrer/Pädagogen zurecht, "warum diese sich denn in die Erziehung einmischen würden".
Mir hat es dort häufig die Sprache verschlagen.
Ich war dort primär in einer zweiten/dritten Klasse eingesetzt und habe gerade bei den "Kleinen" beobachtet, dass dort nahezu alle "Schichten" vorhanden sind. Von Kindern, die einfach nur kein deutsch sprechen, über Kinder die unter extremen AD(H)S Formen leiden bis hin zu Fällen wie Max.
Ein unmögliches Terrain für gezielte Förderung. Dennoch - was mir sehr imponiert hat - bemühten sich der Großteil der Lehrer nach Kräften ein möglichst gutes "Niveau" zu etablieren - dabei spreche ich nicht von Leistung, sondern von Sozialverhalten und -kompetenz.
Die verhaltensauffälligen Kinder (Behinderungen oder Sprachbarrieren - zu Hause herrscht meistens eine sehr familiäre Atmosphäre - nehme ich hiervon aus) waren häufig "verloren". Sie standen zwischen den Stühlen, wurden meist allein gelassen, ignoriert oder haben Dinge gesehen und erlebt, die ich nicht beschreiben möchte.
Das daraus ein Teufelskreis entsteht, wurde hier schon reichlich belegt.
Lernen heißt wiederholen - egal ob Mathe oder Sozialverhalten.
Kinder werden nicht böse geboren, Eltern erziehen ihre Kinder - fast nie - wissentlich "schlecht" und dennoch entwicklen sich solche Extremfälle. Und die daraus oft resultierende soziale Isolation und Verurteilung verbessert diese Situation sicherlich nicht.
Für mich ist ein Charakter nur eine Summe der Eindrücke und Erlebnisse eines Menschen und deren Verarbeitung.
Dazu zählen nicht nur die Eltern, sondern auch TV & PC, Schule und Kindergarten, Freundeskreis, zufällige Begegnungen und Erlebnisse, einfach jeder Tag, jede Handlung.
Ich habe auch das Gefühl, dass die meisten dieser extrem "verhaltensauffälligen"(was ein Ausdruck ) Kindern bereits in den ersten 6 Lebensjahren "verdorben" wurden. Allerdings ist dies nur ein Eindruck.
Ich habe unter den Kindern dort zwei Gruppen am häufigsten beobachtet. Entweder haben sie sich nach Aufmerksamkeit gesehn, sich aufgedrängt und schnell ein (brüchiges) Vertrauensverhältnis aufgebaut oder sie waren verschlossen, still und "abwesend" - beide Verhalten extrem ausgeprägt.
Dies ist ein so komplexes Thema, dass man sich die Finger wund schreiben könnte. Ich wollte nur mal meine Erfahrungen und Eindrücke einwerfen - Schlussfolgerungen sind rein subjektiv und gerne zu kritisieren
Danke an alle für die Texte!