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Großbaustellen in öffentlicher Hand?

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Ein jeder wird um die Lachnummer des Großflughahens Berlin-Brandenburg wissen. Ja hier gibt es mittlerweile einen eigenen Thread!
Auch für Stuttgart 21!

Dazu kommen aber noch unzählige andere Großbaustellen in Deutschen Städten wie z.B.

Der Bau der Kölner U-Bahn, mit dem Einsturz der Bibliothek, der Millionen von Euro gekostet hat.
Der Umbau der Düsseldorfer Kö.
Hier wurde ein Informations-Pavillion, der eigens für 1,4 Millionen errichtet wurde nunmehr versetzt, um ganze 100 Meter, Kosten 880.000 €, ist noch nicht der letzte Standort!
Die Hamburger Elb-Philharmonie, die sowieso nur einem kleinen Teil der Bevölkerung vorbehalten sein wird.
Geplante Kosten 77 Millionen Euro, derzeitige Kosten bei über 500 Millionen Euro.

Alles Millionen und Milliarden-Gräber die von uns finanziert weden.

Was ist los mit unseren Kommunalpolitikern?
Diskussionen um 5 € Rentenerhöhung,
um 5 € mehr Hartz V,
um neue Kita-Plätze wären hinfällig.
Großprojekte die in Privathand liegen werden meist pünktlich fertig.
Nicht so bei Großprojekten die in öffentlicher Hand liegen!
Ich hoffe ihr wisst auf was ich heraus möchte, das geht uns alle irgendwo an, ich hoffe auf rege Beteiligung!
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Hach was waren das noch für Zeiten, als man sich über solche Projekte aufregen konnte, ob sie jetzt sinnvoll waren oder nicht.
Im Vergleich zur finanziellen Dimension der europäischen Staatsschuldenkrise sind das leider nur noch Marginalien, die einem kaum noch ein Schulterzucken abringen.
Hilmar Kopper, jetzt kommen sie.
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Johann_Gambolputty schrieb:
Hach was waren das noch für Zeiten, als man sich über solche Projekte aufregen konnte, ob sie jetzt sinnvoll waren oder nicht.
Im Vergleich zur finanziellen Dimension der europäischen Staatsschuldenkrise sind das leider nur noch Marginalien, die einem kaum noch ein Schulterzucken abringen.
Hilmar Kopper, jetzt kommen sie.


Hängt in gewisser Weise ja zusammen. Die Schulden akkumulieren sich über die Zeit so enorm, gerade weil der Staat (Bund, Länder, Kommunen) sein "Aufgabengebiet" nach meiner Auffassung enorm überinterpretiert und dafür natürlich entsprechendes Geld braucht.
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Da ist natürlich was dran.
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Das Hauptproblem bei solchen Großprojekten ist wohl, daß fachferne Leute an den entscheidenden Stellen hocken. Um solch ein Großprojekt wie z.B. einen Flughafenneubau zu stemmen braucht es wirkliche Großbaustellen-Fachleute in Geschäftsführung und Überwachungsorganen und keine fachfremden Berufspolitiker.

Wenn ich aber nur einen politischen Grüßgott-August in den Aufsichtsrat schicke - woher soll der denn technische Details und Ursachen von Planungsfehlern und Kostenabweichungen wirklich erkennen und beurteilen können. Ohne den Politikern jetzt intellektuell am Zeug zu flicken, aber da gehört eben reichlich Berufserfahrung dazu. Aber die große und mittelgroße Politik hält sich allzuoft für allseits kompetent und geniesst die Pöstchenhuberei. Persönliche Haftung bei schlampiger Arbeit? Gilt nicht für die Politik, der Steuerbürger zahlt es ja.

Man muß nur mal den Berliner Flughafen mit dem neuen Terminal in Frankfurt vergleichen. Dieses ist größer als der ganze Berliner Flughafen. Von derart großen Planungsfehlern und Kostenüberschreitungen ist vom Frankfurter Flughafen nichts bekannt.

Aber in Berlin findet selbst der allergrößte Steuerverschwender von Diepgen, Landowsky bis Wowereit nicht den Widerhall der ihm eigentlich gebührt. Von wirklichen Konsequenzen auch mal ganz abgesehen, da mußte wirklich allerhand zusammenkommen wie bei Landowsky. Is ja alles nicht so schlimm, wird doch irgendann mal ein schöner Flughafen, Geld haben wir doch - durch den Finanzausgleich ohne Rechenschaft über die Mittelverwendung.

Kurzum: Bei künftigen Großprojekten sollte sich die hohe Politik personell weitgehend raushalten.   In den Kontrollorganen dürfen nicht überwiegend fachfremde Abnicker (schön nach Parteienproporz) sitzen. Überlegenswert wäre auch bei Großprojekten auf Erfahrungen anderer Projekte zuzugreifen. Hier scheint mir der Erfahrungsaustausch zur Vermeidung von später teuren Planungs- und  Ausführungsfehlern zu wenig
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Ein großes Problem ist das öffentliche Vergaberecht. Wenn du z. B. 20 Einzelgewerke ausschreibst und die Summe der 20 Einzelgebote ist billiger als eine einzige Vergabe an einen Generalunternehmer, dann entsteht unheimlich hoher und sehr komplizierter Koordinierungsaufwand.

Dann brauchst du wieder kompetente (und nicht billige) Projektsteuerungsteams, die oftmals eine bereits "abgesoffene" Baustelle wieder flottmachen.

Andererseits melden auch Generalunternehmer - wenn sie den Auftrag einmal haben - bei jedem Pups Mehraufwendungen an, ob berechtigt (z. B. geforderte und vom Bauherrn gewünschte Umplanungen aus Änderungswünschen heraus) oder unberechtigt ("Märchenstunden").

Ich selbst arbeite bei einem öffentlichen Unternehmen und habe in der Rolle als Bauherrenvertreter selbst erlebt, dass stets Freitags um ca. 14.30 h das Faxgerät seitenweise Nachtragsangebote des Rohbauunternehmens ausgespuckt hat. Vieles davon entpuppte sich nach monatelanger Prüfung schlicht als "Märchenstunde". Die Unternehmen haben Spezialisten, die darauf trainiert sind, solche Märchen zu schreiben. So wollen die Unternehmen ihre Kampfpreise aus den Geboten wieder wettmachen. Als ich einmal recherchierte, entdeckte ich auch, bei welchem Projekt dieses Rohbauunternehmen ähnliche Sachen abgezogen hatte: Beim "Stadion der Freundschaft" in Cottbus..., der Rat der Stadt Cottbus hatte darüber heftig sich beschwert und das stand im Internet zu lesen.
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sotirios005 schrieb:
Ein großes Problem ist das öffentliche Vergaberecht. Wenn du z. B. 20 Einzelgewerke ausschreibst und die Summe der 20 Einzelgebote ist billiger als eine einzige Vergabe an einen Generalunternehmer, dann entsteht unheimlich hoher und sehr komplizierter Koordinierungsaufwand.

Dann brauchst du wieder kompetente (und nicht billige) Projektsteuerungsteams, die oftmals eine bereits "abgesoffene" Baustelle wieder flottmachen.

Andererseits melden auch Generalunternehmer - wenn sie den Auftrag einmal haben - bei jedem Pups Mehraufwendungen an, ob berechtigt (z. B. geforderte und vom Bauherrn gewünschte Umplanungen aus Änderungswünschen heraus) oder unberechtigt ("Märchenstunden").

Ich selbst arbeite bei einem öffentlichen Unternehmen und habe in der Rolle als Bauherrenvertreter selbst erlebt, dass stets Freitags um ca. 14.30 h das Faxgerät seitenweise Nachtragsangebote des Rohbauunternehmens ausgespuckt hat. Vieles davon entpuppte sich nach monatelanger Prüfung schlicht als "Märchenstunde". Die Unternehmen haben Spezialisten, die darauf trainiert sind, solche Märchen zu schreiben. So wollen die Unternehmen ihre Kampfpreise aus den Geboten wieder wettmachen. Als ich einmal recherchierte, entdeckte ich auch, bei welchem Projekt dieses Rohbauunternehmen ähnliche Sachen abgezogen hatte: Beim "Stadion der Freundschaft" in Cottbus..., der Rat der Stadt Cottbus hatte darüber heftig sich beschwert und das stand im Internet zu lesen.


Dann frage ich mich aber warum klappt das meist bei privat/en (investierten) Bauprojekten?
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SPON begibt sich auch auf die Gesamtebene:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/grossprojekte-der-politik-warum-ber-s21-und-co-so-teuer-werden-a-876311.html

Dieser Umgang mit anderer Leute Geld...
...mir fällt irgendwie nix druckreifes dazu ein...
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Maabootsche schrieb:
SPON begibt sich auch auf die Gesamtebene:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/grossprojekte-der-politik-warum-ber-s21-und-co-so-teuer-werden-a-876311.html

Dieser Umgang mit anderer Leute Geld...
...mir fällt irgendwie nix druckreifes dazu ein...


Hab den Bericht jetzt noch nicht gelesen, da hat wohl einer was zurecht gezimmert oder, ich war schneller!
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stormfather3001 schrieb:
Maabootsche schrieb:
SPON begibt sich auch auf die Gesamtebene:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/grossprojekte-der-politik-warum-ber-s21-und-co-so-teuer-werden-a-876311.html

Dieser Umgang mit anderer Leute Geld...
...mir fällt irgendwie nix druckreifes dazu ein...


Hab den Bericht jetzt noch nicht gelesen, da hat wohl einer was zurecht gezimmert oder, ich war schneller!


Ist im Moment nicht so schwer, darauf zu kommen, so etwas mal zu thematisieren
Unter späterer Benennung der Kostenexplosionen verschiedener Beispiele werden hier typischerweise greifende Mechanismen solcher Projekte genannt:
Dem Wahlvolk unrealistisch niedrige Kosten unterjubeln
Keine persönliche Haftung der Entscheidenden, dafür aber eine gewisse Prestigesucht
Überforderung der in den Aufsichtsräten sitzenden Politiker
Keine Generalunternehmer, weil die zu teuer seien, als daß man sie dem Wahlvolk bei Beginn des Projekts verkaufen könnte
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sotirios005 schrieb:
Ein großes Problem ist das öffentliche Vergaberecht. Wenn du z. B. 20 Einzelgewerke ausschreibst und die Summe der 20 Einzelgebote ist billiger als eine einzige Vergabe an einen Generalunternehmer, dann entsteht unheimlich hoher und sehr komplizierter Koordinierungsaufwand.

Dann brauchst du wieder kompetente (und nicht billige) Projektsteuerungsteams, die oftmals eine bereits "abgesoffene" Baustelle wieder flottmachen.

Andererseits melden auch Generalunternehmer - wenn sie den Auftrag einmal haben - bei jedem Pups Mehraufwendungen an, ob berechtigt (z. B. geforderte und vom Bauherrn gewünschte Umplanungen aus Änderungswünschen heraus) oder unberechtigt ("Märchenstunden").

Ich selbst arbeite bei einem öffentlichen Unternehmen und habe in der Rolle als Bauherrenvertreter selbst erlebt, dass stets Freitags um ca. 14.30 h das Faxgerät seitenweise Nachtragsangebote des Rohbauunternehmens ausgespuckt hat. Vieles davon entpuppte sich nach monatelanger Prüfung schlicht als "Märchenstunde". Die Unternehmen haben Spezialisten, die darauf trainiert sind, solche Märchen zu schreiben. So wollen die Unternehmen ihre Kampfpreise aus den Geboten wieder wettmachen. Als ich einmal recherchierte, entdeckte ich auch, bei welchem Projekt dieses Rohbauunternehmen ähnliche Sachen abgezogen hatte: Beim "Stadion der Freundschaft" in Cottbus..., der Rat der Stadt Cottbus hatte darüber heftig sich beschwert und das stand im Internet zu lesen.


ich spiele mal den ball zurück und mache den öffentlichen den vorwurf die VOB bei der vergabe eines auftrags falsch auszulegen... der auftrag soll nach möglichkeit dem günstigsten angebot erteilt werden... günstig ist aber nicht billig... was macht aber die öffentliche hand? sie vergibt immer an den billigsten... und der macht dann seinen vorteil über die kampfpreise mit nachträgen wieder wett... würde dort auch mal das umdenken anfangen und nicht mehr an den billigsten vergeben, könnten sich manche auch über eingehaltene kostenrahmen freuen...
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zwerg_nase schrieb:
sotirios005 schrieb:
Ein großes Problem ist das öffentliche Vergaberecht. Wenn du z. B. 20 Einzelgewerke ausschreibst und die Summe der 20 Einzelgebote ist billiger als eine einzige Vergabe an einen Generalunternehmer, dann entsteht unheimlich hoher und sehr komplizierter Koordinierungsaufwand.

Dann brauchst du wieder kompetente (und nicht billige) Projektsteuerungsteams, die oftmals eine bereits "abgesoffene" Baustelle wieder flottmachen.

Andererseits melden auch Generalunternehmer - wenn sie den Auftrag einmal haben - bei jedem Pups Mehraufwendungen an, ob berechtigt (z. B. geforderte und vom Bauherrn gewünschte Umplanungen aus Änderungswünschen heraus) oder unberechtigt ("Märchenstunden").

Ich selbst arbeite bei einem öffentlichen Unternehmen und habe in der Rolle als Bauherrenvertreter selbst erlebt, dass stets Freitags um ca. 14.30 h das Faxgerät seitenweise Nachtragsangebote des Rohbauunternehmens ausgespuckt hat. Vieles davon entpuppte sich nach monatelanger Prüfung schlicht als "Märchenstunde". Die Unternehmen haben Spezialisten, die darauf trainiert sind, solche Märchen zu schreiben. So wollen die Unternehmen ihre Kampfpreise aus den Geboten wieder wettmachen. Als ich einmal recherchierte, entdeckte ich auch, bei welchem Projekt dieses Rohbauunternehmen ähnliche Sachen abgezogen hatte: Beim "Stadion der Freundschaft" in Cottbus..., der Rat der Stadt Cottbus hatte darüber heftig sich beschwert und das stand im Internet zu lesen.


ich spiele mal den ball zurück und mache den öffentlichen den vorwurf die VOB bei der vergabe eines auftrags falsch auszulegen... der auftrag soll nach möglichkeit dem günstigsten angebot erteilt werden... günstig ist aber nicht billig... was macht aber die öffentliche hand? sie vergibt immer an den billigsten... und der macht dann seinen vorteil über die kampfpreise mit nachträgen wieder wett... würde dort auch mal das umdenken anfangen und nicht mehr an den billigsten vergeben, könnten sich manche auch über eingehaltene kostenrahmen freuen...  


Wenn mich nicht alles täuscht, gibt es da realtiv strikte Vorgaben, an wen die öffentliche Hand Aufträge vergeben darf (ich meine auch bzgl. des Preises), aber vielleicht können da die Juristen weiterhelfen.
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Und noch einmal SPON:
http://www.spiegel.de/wirtschaft/bent-flyvbjerg-prognostiziert-kostensteigerungen-von-grossprojekten-a-876610.html

In England wird wohl schon seit 2004 generell bei entsprechenden Projekten ein Zuschlag aufgeschlagen, der sich an die Kostenentwicklung entsprechender Vorgängerprojekte anlehnt und euphemisch der "Hang zum Optimismus" genannt wird - hiesige Stellen sind von so etwas nicht ganz so überzeugt, wer hätte das gedacht.
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SGE-URNA schrieb:
zwerg_nase schrieb:
sotirios005 schrieb:
Ein großes Problem ist das öffentliche Vergaberecht. Wenn du z. B. 20 Einzelgewerke ausschreibst und die Summe der 20 Einzelgebote ist billiger als eine einzige Vergabe an einen Generalunternehmer, dann entsteht unheimlich hoher und sehr komplizierter Koordinierungsaufwand.

Dann brauchst du wieder kompetente (und nicht billige) Projektsteuerungsteams, die oftmals eine bereits "abgesoffene" Baustelle wieder flottmachen.

Andererseits melden auch Generalunternehmer - wenn sie den Auftrag einmal haben - bei jedem Pups Mehraufwendungen an, ob berechtigt (z. B. geforderte und vom Bauherrn gewünschte Umplanungen aus Änderungswünschen heraus) oder unberechtigt ("Märchenstunden").

Ich selbst arbeite bei einem öffentlichen Unternehmen und habe in der Rolle als Bauherrenvertreter selbst erlebt, dass stets Freitags um ca. 14.30 h das Faxgerät seitenweise Nachtragsangebote des Rohbauunternehmens ausgespuckt hat. Vieles davon entpuppte sich nach monatelanger Prüfung schlicht als "Märchenstunde". Die Unternehmen haben Spezialisten, die darauf trainiert sind, solche Märchen zu schreiben. So wollen die Unternehmen ihre Kampfpreise aus den Geboten wieder wettmachen. Als ich einmal recherchierte, entdeckte ich auch, bei welchem Projekt dieses Rohbauunternehmen ähnliche Sachen abgezogen hatte: Beim "Stadion der Freundschaft" in Cottbus..., der Rat der Stadt Cottbus hatte darüber heftig sich beschwert und das stand im Internet zu lesen.


ich spiele mal den ball zurück und mache den öffentlichen den vorwurf die VOB bei der vergabe eines auftrags falsch auszulegen... der auftrag soll nach möglichkeit dem günstigsten angebot erteilt werden... günstig ist aber nicht billig... was macht aber die öffentliche hand? sie vergibt immer an den billigsten... und der macht dann seinen vorteil über die kampfpreise mit nachträgen wieder wett... würde dort auch mal das umdenken anfangen und nicht mehr an den billigsten vergeben, könnten sich manche auch über eingehaltene kostenrahmen freuen...  


Wenn mich nicht alles täuscht, gibt es da realtiv strikte Vorgaben, an wen die öffentliche Hand Aufträge vergeben darf (ich meine auch bzgl. des Preises), aber vielleicht können da die Juristen weiterhelfen.


das hat nichts mit juristen zu tun... das ist die VOB... und die regeln sind dort nicht strikt um einen gewissen ermessensspielraum zu haben...
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Gerade eine schöne Erklärung im Moma warum es so wichtig ist die Aufsichtsräte von Großprojekten mit Politikern aber auch mit Leuten zu besetzten, die Erfahrungen im Management von Großprojekten hat.

Der Prof. aus Göttingen meint es reicht halt nicht zu glauben, dass eine Position im Aufsichtsrat ein Abstellgleis für Politiker wäre, denen man halt mal was gutes tun wollte. Er hat nebenbei allen die Kompetenz abgesprochen.
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zwerg_nase schrieb:
das hat nichts mit juristen zu tun... das ist die VOB... und die regeln sind dort nicht strikt um einen gewissen ermessensspielraum zu haben...

Eher nein. Die VOB ist nach meinem Dafürhalten das geringste Problem und sie wird ja auch bei sehr vielen privaten Bauvorhaben ebenfalls zu Grunde gelegt. Schwierig wird es mit dem Vergaberecht der öffentlichen Hand (sotorios sprach das bereits an). Konkret die Vergabeverordnung (VgV) und das Hessische Vergabegesetz (HVgG). Diese beiden Gesetze (und seine strikte Auslegung in fast allen Vergabekammern) erschweren es den Sachbearbeitern, nicht an den optisch billigsten zu vergeben. Wenn es mal einer wagt, kommt es mittlerweile fast regelmäßig zu eine Klage (damit wären dann auch die Juristen im Boot).

Erlebtes Praxisbeispiel: Bei eine öffentlichen Ausschreibung folgt die Vergabekommission ausnahmsweise dem Vergabevorschlag des (kompetenten) Sachbearbeiters. Dieser empfiehlt die Vergabe an den "drittbilligsten", da seiner Meinung nach die beiden (vermeintlich) günstigsten Anbieter technisch und fachlich nicht in der Lage sein werden, das Gewerk termingerecht und qualitativ einwandfrei fertigzustellen. Er schreibt hierzu eine ausführliche Begründung. Ohne Begründung würde die Vergabekommission den Vorschlag ohnehin vom Tisch fegen und den billigsten beauftragen. Der Billigste fühlt sich diskriminiert und erhebt Klage gegen die Vergabentscheidung. Die Erfolgsaussichten für diese Klagen sind ziemlich gut und so kann auch unser Beispielbilligheimer vor Gericht gewinnen. Die Baustelle ist das erwartete Fiasko, aber das baden andere aus. Sachbearbeiter und Vergabestellen werden sich das in ihrem Berufsleben vielleicht ein, zwei oder drei Mal antun. In der Folge erhält stets der billigste den Zuschlag.

Ich würde im Übrigen nicht mit dem Finger auf Bauvorhaben der öffentlichen Hand zeigen. Budgetüberschreitungen und Terminverletzungen sind auch bei privaten Baumaßnahmen eher die Regel als die Ausnahme. Wobei die Budgetüberschreitungen bei privaten Baustellen nicht so dramatisch sind, aber oft durchaus bemerkenswert. BER setzt hier freilich neue Maßstäbe  

Und die Unsitte, an den billigsten zu vergeben und dann mit Nachträgen überfahren zu werden ist auch überall zu sehen. Das ist menschlich und im übrigen ist es in der Praxis meistens ziemlich schwer, den tatsächlich günstigsten Anbieter mit dem besten Preis/Leistungsverhältnis zu identifizieren. Das ist nicht selten auch Glücksache.
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ein paar Punkte mal reingeworfen:

-Bei oeffentlichen Vorhaben sind die Kosten und ihre Entwicklung meist transparenter als bei privaten Investoren.
-Oeffentlicher Bauherr ist zu bloed zum Rechnen ist eine bessere Schlagzeile als Tishman Speyer hat sich verkalkuliert.
-Private Immobilieninvestoren bauen oefter. Da will man es sich nicht so arg verscherzen. Die oeffentliche Hand als solche baut und renoviert zwar auch viel. Aber der einzelne Bauherr vielleicht auch nur einige Male in einer bestimmten Projektgroesse.
-Bauumstaende, Bautechnik und Baumaterialien werden immer komplexer. Anforderungen an Nachhaltigkeit, Umweltschutz, Laermschutz, Barrierefreiheit, Arbeitsschutz, Material ohne Kinderarbeit usw. immer hoeher. Sowohl auf der Baustelle als auch beim Endprodukt. Das macht es schwierig, die Planung - wie in der VOB/A vorgesehen - wirklich bis zur Ausfuehrungsreife zu bringen und spaetere Aenderungen zu vermeiden. Die wenigsten Aenderungen sind echte Bauherren-Sonderwuensche. Meistens geht es um Korrekturen an der Planung, Fehleinschaetzung der benoetigten Mengen usw.
-Bei oeffentlichen Projekten spielt zu oft Groessenwahn und Geltungssucht der Politiker eine Rolle beim Projektdesign.
-Die Vergabe an den guenstigsten Bieter (bestes Preis-Leistungsverhaeltnis) ist aufwendiger zu begruenden als die Vergabe an den guenstigsten. Grundsaetzlich ist in der VOB/A aber beides vorgesehen und zulaessig.
-Meiner Meinung nach liegen Kostensteigerungen eher an zuwenig Wettbewerb als an zuviel Vergaberecht. Auslaendische (polnische, niederlaendische, oesterreichische usw.) Bieter werden teilweise mit absurden Argumenten vom Markt gehalten (ueber die Bauprodukteverordnung, Tariftreueregelungen, behauptete Qualitaetsdefizite...), um sich den deutschen Markt schoen aufteilen zu koennen. Der Anteil auslaendischer Bieter an deutschen Vergabeverfahren liegt unter 3%. Und das liegt nicht daran, dass die alle nichts koennen.
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J_Boettcher schrieb:
Der Anteil auslaendischer Bieter an deutschen Vergabeverfahren liegt unter 3%. Und das liegt nicht daran, dass die alle nichts koennen.  


Richtig, denn die werden regelmäßig als Sub-(sub-sub-sub-sub) Unternehmen wieder reingeholt.
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zwerg_nase schrieb:
sotirios005 schrieb:
Ein großes Problem ist das öffentliche Vergaberecht. Wenn du z. B. 20 Einzelgewerke ausschreibst und die Summe der 20 Einzelgebote ist billiger als eine einzige Vergabe an einen Generalunternehmer, dann entsteht unheimlich hoher und sehr komplizierter Koordinierungsaufwand.

Dann brauchst du wieder kompetente (und nicht billige) Projektsteuerungsteams, die oftmals eine bereits "abgesoffene" Baustelle wieder flottmachen.

Andererseits melden auch Generalunternehmer - wenn sie den Auftrag einmal haben - bei jedem Pups Mehraufwendungen an, ob berechtigt (z. B. geforderte und vom Bauherrn gewünschte Umplanungen aus Änderungswünschen heraus) oder unberechtigt ("Märchenstunden").

Ich selbst arbeite bei einem öffentlichen Unternehmen und habe in der Rolle als Bauherrenvertreter selbst erlebt, dass stets Freitags um ca. 14.30 h das Faxgerät seitenweise Nachtragsangebote des Rohbauunternehmens ausgespuckt hat. Vieles davon entpuppte sich nach monatelanger Prüfung schlicht als "Märchenstunde". Die Unternehmen haben Spezialisten, die darauf trainiert sind, solche Märchen zu schreiben. So wollen die Unternehmen ihre Kampfpreise aus den Geboten wieder wettmachen. Als ich einmal recherchierte, entdeckte ich auch, bei welchem Projekt dieses Rohbauunternehmen ähnliche Sachen abgezogen hatte: Beim "Stadion der Freundschaft" in Cottbus..., der Rat der Stadt Cottbus hatte darüber heftig sich beschwert und das stand im Internet zu lesen.


ich spiele mal den ball zurück und mache den öffentlichen den vorwurf die VOB bei der vergabe eines auftrags falsch auszulegen... der auftrag soll nach möglichkeit dem günstigsten angebot erteilt werden... günstig ist aber nicht billig... was macht aber die öffentliche hand? sie vergibt immer an den billigsten... und der macht dann seinen vorteil über die kampfpreise mit nachträgen wieder wett... würde dort auch mal das umdenken anfangen und nicht mehr an den billigsten vergeben, könnten sich manche auch über eingehaltene kostenrahmen freuen...  


Man könnte das auch so machen, das Mehrkosten derjenige zu tragen hat der die Kampfpreise angeboten hat. Aber es sind ja nicht nur die Kampfpreise, auch wird auf den Baustellen viel zu wenig kontrolliert, so z.B. ob das richtige Material genommen wird (Beispiel A20).
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propain schrieb:
zwerg_nase schrieb:
sotirios005 schrieb:
Ein großes Problem ist das öffentliche Vergaberecht. Wenn du z. B. 20 Einzelgewerke ausschreibst und die Summe der 20 Einzelgebote ist billiger als eine einzige Vergabe an einen Generalunternehmer, dann entsteht unheimlich hoher und sehr komplizierter Koordinierungsaufwand.

Dann brauchst du wieder kompetente (und nicht billige) Projektsteuerungsteams, die oftmals eine bereits "abgesoffene" Baustelle wieder flottmachen.

Andererseits melden auch Generalunternehmer - wenn sie den Auftrag einmal haben - bei jedem Pups Mehraufwendungen an, ob berechtigt (z. B. geforderte und vom Bauherrn gewünschte Umplanungen aus Änderungswünschen heraus) oder unberechtigt ("Märchenstunden").

Ich selbst arbeite bei einem öffentlichen Unternehmen und habe in der Rolle als Bauherrenvertreter selbst erlebt, dass stets Freitags um ca. 14.30 h das Faxgerät seitenweise Nachtragsangebote des Rohbauunternehmens ausgespuckt hat. Vieles davon entpuppte sich nach monatelanger Prüfung schlicht als "Märchenstunde". Die Unternehmen haben Spezialisten, die darauf trainiert sind, solche Märchen zu schreiben. So wollen die Unternehmen ihre Kampfpreise aus den Geboten wieder wettmachen. Als ich einmal recherchierte, entdeckte ich auch, bei welchem Projekt dieses Rohbauunternehmen ähnliche Sachen abgezogen hatte: Beim "Stadion der Freundschaft" in Cottbus..., der Rat der Stadt Cottbus hatte darüber heftig sich beschwert und das stand im Internet zu lesen.


ich spiele mal den ball zurück und mache den öffentlichen den vorwurf die VOB bei der vergabe eines auftrags falsch auszulegen... der auftrag soll nach möglichkeit dem günstigsten angebot erteilt werden... günstig ist aber nicht billig... was macht aber die öffentliche hand? sie vergibt immer an den billigsten... und der macht dann seinen vorteil über die kampfpreise mit nachträgen wieder wett... würde dort auch mal das umdenken anfangen und nicht mehr an den billigsten vergeben, könnten sich manche auch über eingehaltene kostenrahmen freuen...  


Man könnte das auch so machen, das Mehrkosten derjenige zu tragen hat der die Kampfpreise angeboten hat. Aber es sind ja nicht nur die Kampfpreise, auch wird auf den Baustellen viel zu wenig kontrolliert, so z.B. ob das richtige Material genommen wird (Beispiel A20).


wir haben bei ner baustelle an der wir den zuschlag nicht erhalten haben mal recherchiert... nachdem die eigentlichen hersteller nicht geliefert haben, haben wir mal proben genommen... das material kam irgendwo aus dem osteuropäischen raum und war für den deutschen markt nicht zugelassen... was meinste was dann los war... den rest hat der AN dann mit material aus deutscher produktion einbauen können... und da war die gewinnmarge futsch...


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