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Afghanistan Calling

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Xaver08 schrieb:

es ist schon ganz schön lange ruhig...

meinst du der rhein würde nach morphium suchen?


Ein sogenannter Eintracht-Fan der sich zur Terrorausbildung in Afghanistan befindet, dürfte beim Rhein ganz oben auf die Liste kommen.

@Könntet ihr dem Kerle bitte mal eine E-Mail schicken? DaZke.
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Gude Adler,

keine Bange, ich lebe noch.  ,-)

Ich war in den letzten Wochen viel zu beschäftigt und habe dementsprechend keine Zeit gehabt für ausführliche Berichte. Bevor ich irgendeinen Rotz schreibe, dachte ich, ist es besser die Geschichte auf später zu verschieben. Tja, daraus wurden jetzt knapp 4 Wochen.

Abgesehen davon hatte ich privat einiges zu "erledigen", Stichwort: "Frauen".  ,-)


Ich werde hier nun scheibchenweise regelmäßig über einen bestimmten Bereich berichten, heute widmen wir unsere Aufmerksamkeit Kabul. Nach und nach kommen noch Bereiche wie Drogen, Korruption, Taliban etc., und natürlich die Gespräche mit Fahim und Dr.Abdullah.



Als ich wieder in Allemagne ankam, genoss ich jeden Atemzug, denn diese stickige Luft in Kabul habe ich nicht einmal in Delhi (Delhi-Kenner wissen, was ich meine) erlebt. Allerdings war es dafür im Norden richtig klar. Kabul ist für max. eine Million Einwohner gemacht, dort leben hingegen knapp 4 Mio., die Dunkelziffer dürfte bei 5 Mio. liegen.

Die Menschen ziehen aus der Peripherie in die Hauptstadt in der Hoffnung auf Arbeitsplätze. Die Straßen sind voll, überall dieser Smog, überall Staub. Ungelogen: Einmal hat es ein wenig gewindet, man hatte das Gefühl wir wären irgendwo in der Wüste, man sah fast nichts. Verdammt viel Staub.

Die Stadt ist mittlerweile total planlos verbaut. Die Neuankömmlinge bauen einfach dort, wo Platz ist. Egal ob dort eine Straße existiert oder nicht. Wasseranschluß ist sowieso zweitrangig, da sie dies aus ihren Dörfern ohnehin nicht kennen. Also wird einfach gebaut.

Die Grundstücke werden einfach "geklaut", man nimmt sich, was noch da ist. Die Regierung ist hier ziemlich machtlos. Wurde mir zumindest gesagt, allerdings glaube ich, es wird bewusst weggeschaut. In den älteren Stadtteilen erkennt man hingegen ein System. Wasseranschluss, Strom etc. vorhanden, also alles ganz normal.

Mir wurde von mehreren Leuten erzählt, dass Kabul früher, d.h. vor ca. 25 Jahren, in etwa so schick bzw. sauber war wie eine europäische Großstadt. Natürlich durch den Krieg und vor allem durch die Neuankömmlinge hat sich das Bild gewandelt.

Die kultivierte Schicht Kabuls verließ die Stadt richtung Ausland, die Stadt wurde  Menschen überlassen, die aus Gegenden stammten bzw. stammen, wo Ordnung und vor allem Sauberkeit eher unbekannt sind. Dementsprechend sieht es dann freilich auf den Straßen auch aus: Müll wird einfach auf die Strasse geschmissen, Flüsse voll mit Abfall, überall dieser Geruch von Müll.

Ich hauste im Stadtteil "Macroyan", 5 min vom Flughafen entfernt. Dieser Stadtteil wurde in den 70ern von Sowjets gebaut. Dort sieht es noch einigermaßen ordentlich aus, man erkennt ein System. Gehört halt zu den eigentlichen Stadtteilen Kabuls.

Was die Einheimischen angeht: Es ist oft so, dass wenn einer von "uns" irgendwo nach Asien oder Afrika fliegt, wird dann immer wieder die Gastfreundschaft gelobt und man ist fasziniert. Auch hier dasselbe. Wunderbare, herzliche Menschen. Immer am lächeln, bei uns kaum vorstellbar.  

Ich habe sehr aufgepasst, was ich esse. Denn: Die Hygiene Standards dort sind halt ein bisschen anders. Auf Gemüse habe ich ganz verzichtet, draußen nichts gegessen. Außer einmal, da ließ ein Kollege nicht locker und wollte mich unbedingt einladen. Kebab über Grillfeuer.

Ergebnis: 3 Tage im Bett mit Bauchschmerzen, die ich, ernsthaft, noch nie erlebte. Was hatte ich für Schmerzen, meine Fresse. Übelkeit, später noch Fieber. 2 Tage konnte ich nicht schlafen.  

Wetter in Kabul war angenehm. Tagsüber warens um die 30 Grad, allerdings kaum Luftfeuchtigkeit, somit aushaltbar.



Ach ja, ein Tag später nach meiner Ankunft in FFM sprengte sich einer in die Luft und nahm 11 Menschen mit sich. Genau auf der Straße, auf der ich ein Tag vorher zum Flughafen fuhr. So ist das Leben.




Übrigens: Ich Idiot vergass meine 16-Megapixel Cam mitzunehmen, somit müsst ihr euch mit 5-Megapixel-Smartphone Cam begnügen.  


Draufklicken zum vergrößern.

Alltag in Kabul: Ein Soldat steht vorm Einkaufszentrum.





Dieser Hügel war vor 10 Jahren noch leer, jetzt zugebaut.





Der Berghang dort hinten war auch mal leer, jetzt planlos zugepflastert




Die Bilder wurden übrigens vom Stadtteil "Khairkhona" aus geschossen, eine der "besseren" Gegenden Kabuls.


Wenn ihr spezielle Fragen habt, schreibt sie hier rein, ich werde sie nach und nach beantworten.



Morgen oder evtl. übermorgen berichte ich über Verkehr/Autos.  



PS: Das 2:2 war KEIN Abseits!  
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Schön was von Dir zu hören.  
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Morphium schrieb:

Mir wurde von mehreren Leuten erzählt, dass Kabul früher, d.h. vor ca. 25 Jahren, in etwa so schick bzw. sauber war wie eine europäische Großstadt.


Schön, ein Lebenszeichen von Dir zu hören.  
Ich kann das mit Kabul übrigens bestätigen. War im Sommer 1979 da, noch als Jugendlicher mit meinen Eltern. Aber kann mich noch gut an Kabul erinnern. War sehr schön, nette Kneipen und an Gestank kann ich mich nicht erinnern...
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Morphium schrieb:

Mir wurde von mehreren Leuten erzählt, dass Kabul früher, d.h. vor ca. 25 Jahren, in etwa so schick bzw. sauber war wie eine europäische Großstadt.


War wohl eher vor 35 Jahren, aber damals waren die drei großen Ks der Weltreisenden Kabul, Katmandu und Kuta.

Und: Danke für die Eindrücke. War aber klar, dass Du spätesten wenn der Rhein dort einfällt wieder freiwillig zurück kommst.
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Danke für die Berichte. Bin sehr gespannt auf das was noch folgt...
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Danke für Bericht + Bilder. Sehr interessant!    
Und gut dass du gesund wieder angekommen bist!
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besten dank für den bericht und prima, dass du gut erhalten wieder zurück bist.

bin gespannt auf mehr!
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Danke
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Wenn man nicht wissen würde dass Toyota eine japanische Automarke ist, könnte man beim Anblick der afghanischen Straßen meinen, Toyota wäre eine Traditionsmarke aus Afghanistan.  



Ich hab in all den Wochen 1x einen BMW erblickt, einige Male eine C-Klasse, vereinzelt auch Nissan, ansonsten zu 99% nur Toyota.  


Die Toyota-Modelle, die dort gefahren werden, die gibt es in Europa selbstverständlich nicht. Am beliebtesten ist der Corolla, danach folgt der Land Cruiser. Der Corolla ist sozusagen der Golf der Afghanen und der Land Cruiser sowas wie die E-Klasse der Afghanen, also nur für die gut betuchten. Der Land Cruiser wird meistens auch mit einer extra Panzerung gefahren.


Einen neuen Audi Q7 z.B. bekommt man dort bereits für 30.000 Dollar, das sind die Karren, die durch die osteuropäsichen Autobanden dorthin verfrachtet und angeboten werden. Allerdings will sie dort keiner. Ein Land Cruiser hingegen kostet um die 100.000 Dollar. Angebot, Nachfrage und so.

Mir wurde gesagt, die europäsichen Autos wären für die Benzin-Gemische Zentralasiens bzw. Afghanistans nicht geeignet. Sie würden nach "3 Wochen den Geist aufgeben": Abgesehen davon würde man keine Ersatzteile für sie finden, da es dort eben nur Teile für Toyota gibt.  



Interessant fand ich auch die deutschen KFZ-Kennzeichen. Sie waren fast an jedem Wagen dran, wurden dann einfach mit einem afghanischen Kennzeichen überdeckt. Hansestadt Hamburg war hier gut vertreten.

Was wirklich krass war (!) : In fast jedem 2.Wagen gab es Monitore, hinten an den Rücksitzen und vorne meistens  sowas. Trotz Armut und wenig Geld darf festgehalten werden, die Afghanen lieben ihren Wagen sehr.
 



Der Zustand der Straßen war, nun ja, was soll man sagen, nicht gerade optimal. Dachte wir wollten das Land aufbauen.  

Wenn selbst in Kabul die Straßen aussehen wie bei uns nach dem 2.WK, kann man sich dann wohl denken, wie sie in der Peripherie ausschauen.

Ordnung gibt es dort auf den Straßen freilich nicht. Ampeln sind dort ein Fremdwort. Es wird gefahren, wie es einem passt. Geisterfahrer sind dort normal und stören auch niemanden und das lustigste ist der Kreisverkehr. Man fährt einfach links rein, blockiert den Kreis und wundert sich dann warum hier alles steht.  



Respekt an die Verkehrspolizisten. Wie sie bei dem Staub und bei dem Lärm noch die Fassung behalten, Hut ab. Hin und wieder gibt es natürlich auch Nettigkeiten von den Männern in Uniform, z.B. einmal als ein Land Cruiser-Fahrer hupte und weiterfahren wollte, da ging der Mann in Uniform einfach zu ihm hin und brülte ganz freundlich: "Wenn du noch einmal hupst, ziehe ich dich aus deinem Wagen und stecke dir den Stock in den Ar***". Sowas darf man dann nicht überbewerten.  

Die Polizisten laufen übrigens ausnahmslos mit Mundschutz herum, verständlich.



Ich habe mich auch ans Steuer gesetzt. Am Anfang habe ich, höflich wie ich nunmal bin, fast jeden vorgelassen, habe dann allerdings gemerkt: Du kommst nicht vom Fleck.

Also kam der Asi in mir hoch und ich gab Gas. Muss sagen: Es hat Spaß gemacht, vor allem außerhalb der Stadt, wo man ein bisschen mehr Platz hatte. Gas geben, überholen wie man will, wunderbar.  


Ich wurde natürlich auch an einer Straßenkontrolle angehalten, klar. Man erkannte dass ich nicht aus der Ecke bin und wollte selbstverständlich etwas nebenbei verdienen. Ich wurde nach meinem Führerschein gefragt, als ich sagte die habe ich daheim in Europa liegen, wurde ich angelächelt und man entgegnete mir: Nun wirst du bestraft (Also zahle oder es gibt nen Strafzettel).

Doch mein Beifahrer war freilich vorbereitet und flüsterte dem Typen so etwas wie "Ich kenne deinen Chef" ins Ohr und wir wurden weiter gelassen.  

Dabei hätte ich diesen Posten am Anfang fast übersehen, doch als ich im Rückspiegel sah, wie ein Polizist mit seinem Kalaschnikow herumwedelte und rumschrie, habe ich direkt angehalten. Zuerst habe ich ihn einfach übersehen.  


Am Ende des Tages taten mir die Füße weh vom ständigen bremsen und Gas geben. Zum Glück war die Karre automatisch, ansonsten wäre ich K.O. gegangen.


Hach, es gibt einfach soviele lustige Anekdoten, die ich dort im Verkehr erleben durfte. Einmal standen wir im Stau, da entschied unser Fahrer einfach, die Straße nebenan zu benutzen. Problem nur: Die Straße war für den Gegenverkehr gedacht, in Afghanistan ist das allerdings schiceegal.


Also fährt er rein und wundert sich, warum er wieder feststeckt und flucht vor sich hin. Ein Beifahrer steigt aus, regelt wie ein Verkehrspolizist auf eigene Faust den Verkehr, bahnt unsren Weg frei und steigt wieder rein. Somit konnte ich pünktlich zum Flughafen und zurück fliegen.  



Als ich wieder zurück in Dtl. war, habe ich dem Herren gedankt für unsere sauberen Straßen und ganz wichtig: Für unsere Verkehrsordnung.  
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Morphium schrieb:
... Als ich wieder zurück in Dtl. war, habe ich dem Herren gedankt für unsere sauberen Straßen und ganz wichtig: Für unsere Verkehrsordnung.  
 


Ich hab' Dich schon immer für einen kleingeistigen Spießer gehalten.  
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Bigbamboo schrieb:
Morphium schrieb:
... Als ich wieder zurück in Dtl. war, habe ich dem Herren gedankt für unsere sauberen Straßen und ganz wichtig: Für unsere Verkehrsordnung.  
 


Ich hab' Dich schon immer für einen kleingeistigen Spießer gehalten.    


Halte ich für nen Gerücht.  
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Gude Adler, nach langer Zeit mal wieder ein Bericht. Heute erzähl ich über meine Reise in das Pandschir-Tal.


Zuallerst die Frage: Wieso ausgerechnet Pandschir und nicht eine andere Ecke Afghanistans? Z.B. die historischen Gegenden wie Bakhtria oder Mazari Scharif?!

Ich war immer fasziniert von dieser Gegend. Ich fragte mich, wie haben es die Menschen hier geschafft, den Russen und den Taliban zu trotzen und nicht besetzt zu werden?! Und natürlich interessierte mich auch Ahmad Shah Massoud. Er kommt aus dieser Gegend und ist die Gallionsfigur der "Pandscheris" schlechthin.


Wir setzten uns verteilt in 2 Jeeps und fuhren von Kabul los. Die Fahrzeit beträgt ca. 90 Min. Wir durchfuhren auch die fruchtbare Ebene von Charikar. Früher Schauplatz grausamer Kämpfe.

Unterwegs machten wir einen Halt in einem der zahlreichen Restaurants und verspeisten Spieß-Kebab und tranken Tee.



Gut gestärkt setzten wir die Reise fort. Die Straßen waren nicht grad optimal, aber überall wurde gewerkelt und gebaut. Die Straßen werden auf 4 Spuren ausgeweitet und der Belag wird erneuert. Die Route ist einer der Main Roads Afghanistans.


Endlich angekommen, sah ich auch, warum dieses Gebiet noch nie erobert wurde: Dieses Tal ist umgeben von Bergen und besitzt nur 2 Eingänge bzw. Ausgänge. Im Norden und im Süden jeweils eine. Also ziemlich gut geschützt dieses Fleckchen.

Hier schön zu erkennen: https://maps.google.de/maps?hl=de&q=panjshir&ie=UTF-8&hq=&hnear=0x38d024c6166fc0d9:0x7e7ee4b94962e4da,Panjshir,+Afghanistan&gl=de&ei=BDCtUKn0FOeJ4AS6l4CwDg&ved=0CFIQ8gEwBA

Es führt nur eine Hauptstraße durch das Tal, neben dieser Straße fließt der Fluss Pandschir. Ziemlich eindimensional das Ganze: Rechts ist die Straße, links der Fluss (vom Süden gesehen) und auf beiden Seiten die Berge. Die Länge des Tales beträgt 138 km und ist von der Fläche her ungefähr halb so groß wie Hessen. Hauptstadt ist Bazarak. Einwohner um die 140.000.

Die Eingänge sind sehr gut beschützt. Man wird beim reinfahren auch kontrolliert. Zunächst einmal wird gefragt, wo man her sei. Wenn man sagt aus dem Kandahar z.B., also ein Paschtune, da wird rigoros kontrolliert und die Namen aufgeschrieben, ab und zu wird der Südstaatler gar nicht reingelassen. Man misstraut den Paschtunen immer noch.

Sagt man hingegen man wäre aus Pandschir, wie unser Fahrer, dann wird gefragt aus welchem Dorf, wie hieß der Grossvater usw., da gibts dann keine Probleme mehr.

Diese Kontrollen sind auch der Grund, warum man in Pandschir frei rumlaufen kann ohne Angst zu haben das eine Bombe hochfliegt. Das Gebiet wird auch immer beliebter bei den Kapitalbesitzern, immer mehr von ihnen bauen sich hier ein Häuschen, weil sie wissen dass sie hier in Ruhe weilen können.

Eingang:


Eingangsbereich:



Man erkennt, warum die Einnahme dieses Gebietes keinem gelang.



Seinen Namen hat diese Gegend übrigens folgendermaßen erhalten:

Um das Jahr 1000 herum gab es in Kabul ständige Überflutungen. Der König versprach daraufhin demjenigen ein Preisgeld, dem es gelänge, die Überschwemmungen zu stoppen. Daraufhin machten sich 5 Brüder aus dieser Gegend auf dem Weg nach Kabul und bauten dort einen Damm. Der König nannte zu ihren Ehren dieses Gebiet "Pandschir". Pandsch bedeutet 5 und Schir bedeutet Löwe, also in etwa sowas wie "Das Tal der 5 Löwen". Die eigentliche Schreibweise wäre demnach "Pandschschir", aber wird schon seit Jahren anders geschrieben.


Soweit die Legende. Die Geschichte könnte allerdings tatsächlich zutreffen, da dieses Gebiet immer wieder überschwemmt wird und die Menschen hier sich mit Dämmen gut auskennen.




Ich merkte nach dem reinfahren plötzlich die klare Luft, das Fenster sofort aufgemacht. In Kabul und co. undenkbar.

Wir fuhren immer tiefer in das Tal, schauten uns die zahlreichen Dörfer an. Eine richtig große Stadt gibt es im ganzen Tal nicht, dafür kleine Dörfer mit 2000-3000 Einwohnern. Und in jedem Dorf existieren Schulen. Jungen- und Mädchen-Schulen. Zur Lage der Frauen in Afghanistan werde ich dann extra einen Beitrag verfassen.



Hin und wieder machten wir auch Rast und tranken diesen herrlichen Tee, das Wasser dafür kam direkt aus dem Fluss, kristallklares Wasser.

Die Raststätte:






Wie überall in Afghanistan hängen auch (erst recht) hier in Pandschir Bilder von Massoud an jeder Ecke, wie hier an der Raststätte.


Der Hang auf der anderen Seite sei voller Minen, sagte man mir.




Unterwegs sah ich plötzlich ein Fussballstadion mitten im Bau. Fussball ist auch hier Nationalsport, und es werden überall im Land Stadien errichtet. Dieses hier soll 18.000 Zuschauer beherbergen.





Wir fuhren weiter und kamen am Mausoleum Massouds an. Das Mausoleum war natürlich gut besucht. Vor einigen Jahren stand hier das Grab Massouds, mittlerweile baut man dort eine riesige Gedenkstätte mit Bücherei, Museum usw. und informiert die Leute über fast alle Gefallene im Kampf gegen die Sowjets und die Taliban.






Auf dieser Kanone wurde sein Leichnam bis zum Grab befördert



Wer war dieser Massoud eigentlich überhaupt? Da empfehle ich Wikipedia:

http://de.wikipedia.org/wiki/Ahmad_Schah_Massoud



Mit mir war auch ein enger Vertrauter Massouds. Er erzählte mir viele Anekdoten, z.B. diese hier:

Massoud weilte im Kampf gegen die Russen nie 2 Nächte am selben Ort, er zog immer weiter, wohlwissend dass er sonst aus der Luft bombardiert werden würde.

Massoud war ein Verfechter der Gleichberechtigung. Mädchen sollten zur Schule dürfen, Frauen sollten wählen dürfen.

Der Mann der mir all dies u.v.m. anvertraute, war bis 97 eng an seiner Seite, bei allen Kämpfen dabei gewesen. Nach 97 wurde er nach Ashgabad, der Hauptstadt Turkmenistans, geschickt um für Nachschub zu sorgen. Einmal, sagte er, landete sein Hubschrauber mitten im Tal, Massoud wartete bereits unten ungeduldig. Er hatte 10 Kisten Batterien mit an Bord gehabt für Lampen, Radios etc und ganz wichtig: Für die Funkanlagen. Er wurde nie so fest von Massoud umarmt wie an diesem Tag, erzählte er.

Massoud ließ im ganzen Tal keinen einzigen Raucher rein, Zigaretten waren verboten. Seiner Meinung nach waren Raucher nutzlos im Kampf, da sie abhängig waren und somit nicht bei der Sache waren. Nun ja.  

Massoud wurde am 9.9.2001 von 2 Arabern mit einer Bombe umgebracht. Die Araber gaben sich als Reporter aus, die Bombe war in der Kamera drin. Als das "Interview" begann, schrie einer von ihnen zu Massoud "Warum kämpfst du gegen Bin Laden und die Taliban du Ungläubiger", die Bombe ging hoch, Massoud wurde verletzt, einige seiner Leute kamen ums Leben, einer der Araber kam auch ums Leben. Massoud starb einige Tage später. Der 2. Araber überlebte und wurde gefangen genommen. Beim Versuch zu fliehen wurde er erschossen.

Es gibt nicht wenige, die sagen, auch die USA hätten ihre Hände bei seiner Tötung im Spiel. Denn: Massoud hätte niemals einen Einmarsch der Amerikaner zugelassen. Raum für Spekulationen.

Die folgende Doku ist empfehlenswert:

http://www.youtube.com/watch?v=fnGqUPxVG0k&feature=BFa&list=PL2C43DEF9D000C48B





Die Menschen dieses Gebietes sind sehr stolz. Wenn sie von Afghanistan sprechen, dann meinen sie meistens den Süden. Sich selbst sehen sie gar nicht als Afghanen. Auch ihre Rolle in der Politik ist beachtlich. Durch ihre Widerstandsleistungen sind sie im Norden angesehen, im Süden eher weniger.

Fahim und Dr.Abdullah, mit denen ich Gespräche führte, spielen eine große Rolle und waren Massouds Edelhelfer. Daneben gibt es etliche andere Regierungsmitglieder aus dieser Gegend.



Wir fuhren weiter zu einem Berg, wo in den 80ern 40 Mann ums Leben kamen. Diese Männer leisteten den Russen Widerstand und bauten als Versteck kilometerlange Minen in einem Berg. Die Russen bekamen dies irgendwann raus, schmissen von außen Sprengstoff in den Tunneln und sprengten die Männer.

Der Berg, davor die Gräber:






Im Pandschir-Tal sind um die 2000 Sowjets ums Leben gekommen. Es waren meistens brutale Kämpfe, die Zivilbevölkerung litt darunter. Die Sowjets wandten "verbrannte Erde" an um die Leute hier in die Knie zu zwingen. Ab ca. 85 gaben die Russen das Tal auf konzentrierten sich auf Kabul. Bilanz: 15.000 tote Einheimische.



















Die Einhemischen waren toptrainiert. Einerseits diese Höhe, wo der Sauerstoff natürlich weniger vorhanden ist als auf dem Flachland, und andererseits auch die Ernährung spielen eine große Rolle und sind "Schuld" für diese körperliche Verfassung der Einheimischen.

Frischer Käse, Obst, Fleisch, Klares Wasser, die klare Luft - 3 Wochen in dieser Gegend und der Bierbauch von einigen wäre komplett weg.  


Weitere Impressionen:


Genau an dieser Stelle, so der Vertraute Massouds, erwischten sie einen ranghohen General der Taliban, Afizullah ibn Hakim, mit einem Schuss in den Kopf. Dieser General war berüchtigt. Er sagte, er lief ganz allein auf das Tal zu und wollte seine Furchtlosigkeit demonstrieren, wir schossen ihn zunächst in den Fuß als Warnung, doch er kehrte nicht zurück, daraufhin knallten wir ihn nieder und wollten seine Leiche ins Wasser schmeißen. Plötzlich kam Massoud und schrie: Nein Nein, schmeißt ihn nicht rein, sonst verseucht ihr das Wasser. Seine Leiche nahmen wir daraufhin mit und nutzten es als "Tauschmittel" für Gefangene. Die Taliban wollten ihn unbedingt zurück und begruben ihn unter großem Getöse.











Die Sicht auf das Tal vom Massouds Grab. Diese Stelle suchte Massoud selber zu Lebzeiten aus. Er wollte auch im Tod "sein" Tal kontroliieren. So die Erzählung.







Auf einer Flussinsel errichtetes Gefängnis für die Taliban.



Auf Bilder immer draufklicken.


Kurzes Video:
http://www.vidup.de/v/iT3xC/
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Servus  Morphium !

Vielen Dank für deinen ausführlichen  u.aufschlussreichen Beitrag.

Ich freue mich,dass es dir gut geht.

Irgendwie bewundere ich dich.

Ich hätte dort unten wahrscheinlich mächtig Schiss .
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Sauber, vielen Dank!

Nur eine kleine Bitte: Wenn Du die nächsten Bilder einbindest, dann doch nach Möglichkeit als Thumbnail, sonst lädt man sich hier ja (gerade mobil) tot.
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Interessanter Bericht und Bilder. Dazke.
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Sehr interessanter Bericht, vielen Dank  
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Danke!
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Dem kann ich mich nur anschließen. Vielen Dank, ist alles sehr interessant, was du da zu erzählen hast
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Schöner Artikel, deckt sich mit den Berichten meines Profs, der da regelmäßig hinfliegt.

Aber:

Morphium schrieb:
Massoud wurde am 9.9.2001 von 2 Arabern mit einer Bombe umgebracht.

Es gibt nicht wenige, die sagen, auch die USA hätten ihre Hände bei seiner Tötung im Spiel. Denn: Massoud hätte niemals einen Einmarsch der Amerikaner zugelassen. Raum für Spekulationen.


Die Amis hätten demnach wissen müssen, dass sie 2 Tage später einen Grund bekommen, in Afghanistan einzumarschieren...


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