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Revolution in Tunesien, [Ägypten und weiteren Ländern des Nahen Ostens] ?

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Schaut man dieser Tage Fernsehnachrichten, rückt ein Kurzschluss ins Bild: In Kalifornien produziert jemand ein islamfeindliches Video und stellt es ins Netz. Im libyschen Benghasi werden der amerikanische Botschafter und dessen Begleiter ermordet, in Kairo greifen Demonstranten die amerikanische Botschaft an, die diplomatische Vertretung der Bundesrepublik in Khartum wird in Brand gesetzt. Die Lehre soll lauten: Wer den Islam und insbesondere dessen Propheten beleidigt, erklärt den Muslimen den Krieg. Und den können wir jederzeit haben. Muslime gegen Christen und alle anderen, die islamische Welt gegen den Westen.
Doch schauen wir hinter die brennenden Fassaden, zeigt sich einmal mehr, dass wir Zeugen eines Gewalttheaters werden, dessen Regisseure darauf angewiesen sind, dass wir die ganze Welt für so verrückt halten, wie sie in ihrem Stück erscheint. Dabei ist die Religion zwar die Textgrundlage, der Regie aber geht es um etwas anderes - um nichts als Macht. Der sudanesische Islamist Omar al Bashir, ein Diktator und Christenverfolger reinsten Wassers, braucht ein Ventil, um die noch radikaleren Gruppen in seinem Land zu besänftigen. Also orchestriert sein Regime den Aufruhr vor der deutschen Botschaft, damit sich dieser nicht gegen ihn selbst richtet.
Religion als einigendes Band

In Ägypten sind die Salafisten erstarkt, aber längst nicht so weit gekommen, wie sie wollten. Ihr Bestreben ist es, den mit der Hoffnung auf Demokratie verbundenen „Arabischen Frühling“ in sein Gegenteil zu verkehren, also müssen sie den neuen Präsidenten Mursi und dessen Muslimbrüder unter Druck setzen. In Libyen toben sich Kampfgruppen der Al Qaida aus, welche die Schwäche der Regierung nutzen und Terrain besetzen.


http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/islamischer-aufruhr-aktion-und-redaktion-11892415.html

Das man als Linksradikaler hier mittlerweile die FAZ zitieren muß um einen vernünftigen Gedanken in der Kakophonie der islamophoben Nullchecker zu bekommen......

Now Playing: Dylan "The times they're are a-changing..."
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Taunusabbel schrieb:
Aragorn schrieb:
Taunusabbel schrieb:
Aragorn schrieb:
Taunusabbel schrieb:
Aragorn schrieb:
Taunusabbel schrieb:
Aragorn schrieb:
Taunusabbel schrieb:
yeboah1981 schrieb:
Das meine ich mit Prinzipienreiterei. Diese Kausalkette ist für mich nicht logisch. Als könnte man nicht differenzieren... Genauso könnte man ja auch fragen, wie weit darf "Beleidigung" gehen. Irgendwann ist halt mal Schluss, ist in allen Bereichen so.
Das mit den Karrikaturen, sehe ich z.B. schon mal anders, das war Satire, wenn auch nicht besonders einfallsreiche, aber nicht in erster Linie auf Hetze und Beleidigung angelegt. Da war eher die Frage, warum müssen dann alle Zeitungen das veröffentlichen, nur um das ganze weiter zu entfachen. Nur weil etwas erlaubt ist, muss man es a) nicht gut finden, und b) weiterverbreiten.

Ich sprach übrigens gar nicht von "Verbieten". Das ist Entscheidung von Juristen. Es geht mir um die öffentliche Meinung hier, die mal wieder als erstes auf den Islam "einschlägt".  


Was ist daran unlogisch ?
Selbstverständlich stellen hier alle auch die Frage wie weit Satire z.B. gehen darf.
Aber egal wie beleidigt oder in seinem religiösen Empfinden man sich verletzt fühlt, zu morden, oder zumindest Tote in Kauf zu nehmen das geht nicht. Und das hat nix mit einschlagen auf den Islam zu tun wenn man das anspricht.

Genauso würde ich über den Papst reden, wenn er -statt über Harry Potter zu meckern- eine Fatwa gegen die Autorin verhängen würde.


Ich stelle mir eher die Frage, wie doof man eigentlich sein muss, um so ein dämliches Video zu drehen, obwohl man doch wissen muß, wie sensibel dieses Thema ist! Solche Leute wissen doch genau, daß diese Dinge in der islamischen Welt "hohe Wellen schlagen"! Soetwas hat für mich nichts mit Satire o. ä. zutun, sondern ist nur dummdreist provokant, aus welchen Motiven auch immer!  


Ich habe das Video mit keinem Wort verteidigt. Im Gegenteil.

Es geht, mir zumindest, doch aber nicht nur um dieses Video, sondern um jegliche Form von Satire oder Kritik oder wie auch immer Du es nennen möchtest.
Die Karikaturen damals waren Satire in "schönster" Titanicmanier, dafür wurde gemordet. Das kann es doch nicht sein.


Das war jetzt keine Kritik an Deiner Sichtweise, sondern an den Typen, die so einen Mist verzapfen! Mittlerweile sollte doch jeder wissen, daß so ein Thema brisant ist und sehr sensibel damit umgegangen werden muß! Das hat für mich auch nichts mit Satire zutun!


Sensibel gerne. Dann aber bitteschön auch mit Christen, Juden, Homosexuellen, Ostfriesen, Frauen und über wen noch so gerne Spässchen gemacht werden.
Ich weigere mich einfach zu akzeptieren, daß diese Minderheit sich mit Gewalt eine Sonderbehandlung verschafft.

Btw. Eben lief bei n-tv im Ticker, daß ein Verbund der liberaleren Muslime dagegen ausgesprochen hat das video zu verbieten.


Ich glaube, Du verstehst da was nicht ganz richtig! Das hat doch nichts damit zutun, daß sich die Islamisten mit Gewalt eine Sonderbehandlung verschaffen, sondern mit Unwissenheit und Ungebildet sein und das Religion dort einen vollkommen anderen Status hat, als bei uns! Ich finde einfach, daß man solche Aktionen auch unterlassen kann, weil man einfach wissen muß, wie diese Menschen darauf reagieren!


Du glaubst wirklich dass die Unwissenden und Ungebildeten auch nur eine Minute dieses Films gesehen, geschweige denn verstanden (weil englisch) haben ?
Diejenigen, die den Film gesehen und den Mob auf die Strasse geschickt haben halte ich sehr wohl für gebildet und ob die diese Demonstrationen und Selbstmordattentate aus gekränktem Religionsempfinden inszenieren darf wohl bezweifelt werden.

Und natürlich kann man das unterlassen, ich käme nie auf die Idee jemandes Religion auf so widerwärtige Art zu verhöhnen.  


Was ich eigentlich nur sagen wollte, man muß den Mob ja auch nicht noch "füttern"! Für mich haben diese "Videomacher" nicht mehr im Schädel, als diejenigen, die sich aus Fanatismus heraus, sich und andere (Unschuldige) in die Luft jagen! Denn Mord ist doch wohl auch im Koran strengstens verboten!


Natürlich muß man den Mob nicht füttern und natürlich ist dieser Vollidiot nicht besser, da sind wir doch völlig d´accord, aber das ist eben meine Frage. Wo hört das auf, was darf gezeigt oder gemacht werden ohne dass irgendwelche Radikale den Mob damit mobilisieren können ?
Müssen wir uns alle jetzt einen Maulkorb verpassen um nur keinen Anlass zu bieten den Radikale ausnutzen können ?

Da sage ich halt ganz klar nein.
Du magst das anders sehen, ist auch o.k. Aber ich will mir von niemandem den Mund verbieten lassen.  


Natürlich nicht! Aber soetwas wird von den radikalen Oberhäuptern natürlich sofort dafür genutzt um den ungebildeten Pöbel zu mobiliesieren und aufzuhetzen! Deshalb bin ich auch klar der Auffassung, daß in den muslimischen Staaten unbedingt die Politik von der Religion getrennt werden muß, da diese nur für Machtzwecke von den fundamentalistischen Kreisen missbraucht wird!
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SGE-URNA schrieb:
3zu7 schrieb:
SGE-URNA schrieb:
and16 schrieb:
Mal ein Frage:
Muss in Politik eine Hausarbeit schreiben zu dem Thema Arabischer Frühling. Soll aber Stellung beziehen ob es eine Spätfolge des Kolonialismus ist. Jemand eine Idee? Wäre euch echt dankbar. Bin schon am verzweifeln


Der Zusammenhang besteht imho einfach darin, dass  durch die Kolonisierung keinerlei autonome politische Entwicklung erfolgt ist. So was wie gewachsene politische Strukturen  (wenn auch nicht unbedingt westlich geprägte) gab es nie wirklich. Die politische Emanzipation der dort lebenden Völker ist also gerade erst im Anfangsstadium (verglichen mit westlichen Standards).

Zum zweiten hat die Kolonialzeit massgeblich dafür gesorgt, dass Ländergrenzen nicht nach kulturellen Aspekten (z.B. Stammes/Religionszugehörigekeit) gezogen wurden, sondern durch rein geographische Faktoren. Dadurch ist die Identifikation der Bevölkerung mit dem Staat oft eine andere.

Zusätzlich wurden von den Kolonialherren oft bestimmte Bevölkerungsgruppen bevorzugt behandelt oder hatten spezifische Funktionen innerhalb der Kolonie inne. Dies wirkt sich natürlich auch auf das postkoloniale Verhältnis zwischen Bevölkerungs/Religionsgruppen aus.

Zu guter letzt hat auch der kalte Krieg in der postkolonialen Zeit dafür gesorgt, dass die beiden Grossmächte sich für Marionettenregime stark gemacht haben und diese oft diktatorischen Regime gegen die Bevölkerungsmehrheit unterstützt haben.

Hoffe, dass sind ein paar nützliche Ansätze, denen du nachgehen kannst. Sag bitte Bescheid, was für eine Note ich bekommen hab    


Ich bin jetzt kein Nordafrika-Kenner, aber waren die Grenzziehungen nicht weiter östlich, nach Zerschlagung des Osmanischen Reiches? Und, bei aller Liebe, 60 Jahre nach der Kolonialzeit kann ich das alles nicht mehr nachvollziehen. Demnach müssten in rund 40 Jahre die baltischen Staaten und andere ehemaligen Sowjetprovinzen austicken, weil dort die politische Emanzipation erst stattfindet. Oder Hong Kong?

Ich habe übrigens bewusst Iran und Afghanistan genannt. Iran war nie eine Kolonie und da wurde auch schon die US Botschaft gestürmt und werden Kopfgelder ausgelobt... Die Mudschaheddin war in Afghanistan vor den Sowjets da. Also ich sehe - wie gesagt - keinen konkreten Zusammenhang.

Mit den Marionetten-Staaten zwischen den Blöcken im kalten Krieg pflichte ich Dir allerdings bei. Hier wurden Despoten installiert und finanziert.  


60 Jahre nach der Kolonialzeit? Die meisten Länder wurden kurz vor oder während der Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts kolonialisiert. Da sind 60 Jahre (die hauptsächlich während dem kalten Krieg stattgefunden haben) nicht so übermässig viel. Die baltischen Staaten sind doch kulturell völlig anders positioniert.

Also Algerien, Libyen gab es vor Kolonialzeit nicht. Von daher auch die "willkürlichen" Grenzziehungen.

Bzgl Iran/Afghanistan: Ich behaupte nicht, dass alle Probleme easy auf Kolonien zurückzuführen sind. Vielmehr fehlt eine Aera vergleichbar der westlichen "Aufklärung" in der gesamten Region. Nichtsdestotrotz halte ich die Kolonialzeit für eine wichtige Hemmung in der eigenständigen Entwicklung vieler der dort lebenden Völker. Und zwar ohne zu behaupten, dass ohne Kolonien und westliche Hegemonie unbedingt alles besser wäre. Man weiss es einfach nicht, da man die Welt nicht beliebig oft wiederholen kann.  


Ich möchte den Hintergrund des Kolonialzeitalters ja nicht komplett ausschließen, aber Algerien und Libyen gibt es länger als bspw. ein vereintes Deutschland. Und ich rede von 1871 und nicht 1990. Und wenn ich durch Tunis laufe, hängen die tunesischen Flaggen aus vielen Fenstern. Also gibt es  zumindest in den nordafrikanischen Ländern auch ein entsprechendes Nationalbewusstsein - wann auch immer die Grenzen gezogen wurden.

Es ist die Armut, die die Menschen antreibt und blind macht. Egal ob zuvor die Engländer, die Franzosen, die Sowjets oder der Westen die Finger im Spiel hatten... Wenn die Armut ein Ergebnis dessen ist, gibt es auch den Zusammenhang. Wenn die Armut nicht wäre, wäre es völlig egal, was bis zum Ende der 40er war (bis auf die Gründung Israels, aber das führt jetzt zu weit)...
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giordani schrieb:
Schaut man dieser Tage Fernsehnachrichten, rückt ein Kurzschluss ins Bild: In Kalifornien produziert jemand ein islamfeindliches Video und stellt es ins Netz. Im libyschen Benghasi werden der amerikanische Botschafter und dessen Begleiter ermordet, in Kairo greifen Demonstranten die amerikanische Botschaft an, die diplomatische Vertretung der Bundesrepublik in Khartum wird in Brand gesetzt. Die Lehre soll lauten: Wer den Islam und insbesondere dessen Propheten beleidigt, erklärt den Muslimen den Krieg. Und den können wir jederzeit haben. Muslime gegen Christen und alle anderen, die islamische Welt gegen den Westen.
Doch schauen wir hinter die brennenden Fassaden, zeigt sich einmal mehr, dass wir Zeugen eines Gewalttheaters werden, dessen Regisseure darauf angewiesen sind, dass wir die ganze Welt für so verrückt halten, wie sie in ihrem Stück erscheint. Dabei ist die Religion zwar die Textgrundlage, der Regie aber geht es um etwas anderes - um nichts als Macht. Der sudanesische Islamist Omar al Bashir, ein Diktator und Christenverfolger reinsten Wassers, braucht ein Ventil, um die noch radikaleren Gruppen in seinem Land zu besänftigen. Also orchestriert sein Regime den Aufruhr vor der deutschen Botschaft, damit sich dieser nicht gegen ihn selbst richtet.
Religion als einigendes Band

In Ägypten sind die Salafisten erstarkt, aber längst nicht so weit gekommen, wie sie wollten. Ihr Bestreben ist es, den mit der Hoffnung auf Demokratie verbundenen „Arabischen Frühling“ in sein Gegenteil zu verkehren, also müssen sie den neuen Präsidenten Mursi und dessen Muslimbrüder unter Druck setzen. In Libyen toben sich Kampfgruppen der Al Qaida aus, welche die Schwäche der Regierung nutzen und Terrain besetzen.


http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/islamischer-aufruhr-aktion-und-redaktion-11892415.html

Das man als Linksradikaler hier mittlerweile die FAZ zitieren muß um einen vernünftigen Gedanken in der Kakophonie der islamophoben Nullchecker zu bekommen......

Now Playing: Dylan "The times they're are a-changing..."


Guter Song, guter Beitrag und auch ein wirklich guter Artikel.
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3zu7 schrieb:
SGE-URNA schrieb:
3zu7 schrieb:
SGE-URNA schrieb:
and16 schrieb:
Mal ein Frage:
Muss in Politik eine Hausarbeit schreiben zu dem Thema Arabischer Frühling. Soll aber Stellung beziehen ob es eine Spätfolge des Kolonialismus ist. Jemand eine Idee? Wäre euch echt dankbar. Bin schon am verzweifeln


Der Zusammenhang besteht imho einfach darin, dass  durch die Kolonisierung keinerlei autonome politische Entwicklung erfolgt ist. So was wie gewachsene politische Strukturen  (wenn auch nicht unbedingt westlich geprägte) gab es nie wirklich. Die politische Emanzipation der dort lebenden Völker ist also gerade erst im Anfangsstadium (verglichen mit westlichen Standards).

Zum zweiten hat die Kolonialzeit massgeblich dafür gesorgt, dass Ländergrenzen nicht nach kulturellen Aspekten (z.B. Stammes/Religionszugehörigekeit) gezogen wurden, sondern durch rein geographische Faktoren. Dadurch ist die Identifikation der Bevölkerung mit dem Staat oft eine andere.

Zusätzlich wurden von den Kolonialherren oft bestimmte Bevölkerungsgruppen bevorzugt behandelt oder hatten spezifische Funktionen innerhalb der Kolonie inne. Dies wirkt sich natürlich auch auf das postkoloniale Verhältnis zwischen Bevölkerungs/Religionsgruppen aus.

Zu guter letzt hat auch der kalte Krieg in der postkolonialen Zeit dafür gesorgt, dass die beiden Grossmächte sich für Marionettenregime stark gemacht haben und diese oft diktatorischen Regime gegen die Bevölkerungsmehrheit unterstützt haben.

Hoffe, dass sind ein paar nützliche Ansätze, denen du nachgehen kannst. Sag bitte Bescheid, was für eine Note ich bekommen hab    


Ich bin jetzt kein Nordafrika-Kenner, aber waren die Grenzziehungen nicht weiter östlich, nach Zerschlagung des Osmanischen Reiches? Und, bei aller Liebe, 60 Jahre nach der Kolonialzeit kann ich das alles nicht mehr nachvollziehen. Demnach müssten in rund 40 Jahre die baltischen Staaten und andere ehemaligen Sowjetprovinzen austicken, weil dort die politische Emanzipation erst stattfindet. Oder Hong Kong?

Ich habe übrigens bewusst Iran und Afghanistan genannt. Iran war nie eine Kolonie und da wurde auch schon die US Botschaft gestürmt und werden Kopfgelder ausgelobt... Die Mudschaheddin war in Afghanistan vor den Sowjets da. Also ich sehe - wie gesagt - keinen konkreten Zusammenhang.

Mit den Marionetten-Staaten zwischen den Blöcken im kalten Krieg pflichte ich Dir allerdings bei. Hier wurden Despoten installiert und finanziert.  


60 Jahre nach der Kolonialzeit? Die meisten Länder wurden kurz vor oder während der Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts kolonialisiert. Da sind 60 Jahre (die hauptsächlich während dem kalten Krieg stattgefunden haben) nicht so übermässig viel. Die baltischen Staaten sind doch kulturell völlig anders positioniert.

Also Algerien, Libyen gab es vor Kolonialzeit nicht. Von daher auch die "willkürlichen" Grenzziehungen.

Bzgl Iran/Afghanistan: Ich behaupte nicht, dass alle Probleme easy auf Kolonien zurückzuführen sind. Vielmehr fehlt eine Aera vergleichbar der westlichen "Aufklärung" in der gesamten Region. Nichtsdestotrotz halte ich die Kolonialzeit für eine wichtige Hemmung in der eigenständigen Entwicklung vieler der dort lebenden Völker. Und zwar ohne zu behaupten, dass ohne Kolonien und westliche Hegemonie unbedingt alles besser wäre. Man weiss es einfach nicht, da man die Welt nicht beliebig oft wiederholen kann.  


Ich möchte den Hintergrund des Kolonialzeitalters ja nicht komplett ausschließen, aber Algerien und Libyen gibt es länger als bspw. ein vereintes Deutschland. Und ich rede von 1871 und nicht 1990. Und wenn ich durch Tunis laufe, hängen die tunesischen Flaggen aus vielen Fenstern. Also gibt es  zumindest in den nordafrikanischen Ländern auch ein entsprechendes Nationalbewusstsein - wann auch immer die Grenzen gezogen wurden.

Es ist die Armut, die die Menschen antreibt und blind macht. Egal ob zuvor die Engländer, die Franzosen, die Sowjets oder der Westen die Finger im Spiel hatten... Wenn die Armut ein Ergebnis dessen ist, gibt es auch den Zusammenhang. Wenn die Armut nicht wäre, wäre es völlig egal, was bis zum Ende der 40er war (bis auf die Gründung Israels, aber das führt jetzt zu weit)...



Algerien als unabhängiges Land gibt es seit 1962. Vorher über 100 Jahre französische Kolonialherrschaft, davor Teil des Osmanischen Reiches. Libyen seit 1951 unabhängig, vorher italienische Kolonie, davor Teil des osmanischen Reiches.

Sicher erklärt Kolonialherrschaft nicht alles, diese hat aber überall, wo es sie gab, beträchtliche Spuren hinterlassen. Die wichtigsten sind eben fehlende eigenständige wirtschaftlich/politische Entwicklung der Länder. Auch die heute existierende Armut und die weitverbreitete Korruption ist Teil der Spätfolgen durch den Kolonialismus (und dem kalten Krieg, in dem die Länder ja offiziell schon unabhängig waren).
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Schade, der freie Freitag als Deeskalationsmaßnahme der pakistanischen Regierung, hat völlig unerwartet nicht gegriffen...
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3zu7 schrieb:
Schade, der freie Freitag als Deeskalationsmaßnahme der pakistanischen Regierung, hat völlig unerwartet nicht gegriffen...  


Gehört Pakistan jetzt auch schon zum Nahen Osten?
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giordani schrieb:
3zu7 schrieb:
Schade, der freie Freitag als Deeskalationsmaßnahme der pakistanischen Regierung, hat völlig unerwartet nicht gegriffen...  


Gehört Pakistan jetzt auch schon zum Nahen Osten?


Man wird hier ja sofort gesperrt, wenn man einen neuen Thread aufmacht.  
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Die Libyer wollen ihre erkämpfte Freiheit nicht gleich wieder verlieren und gehen auch mit Gewalt gegen Islamisten vor:

http://www.sueddeutsche.de/politik/bengasi-libysche-buerger-stuermen-islamisten-lager-1.1475157
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giordani schrieb:
3zu7 schrieb:
Schade, der freie Freitag als Deeskalationsmaßnahme der pakistanischen Regierung, hat völlig unerwartet nicht gegriffen...  


Gehört Pakistan jetzt auch schon zum Nahen Osten?


zur islamischen Welt auf jeden Fall
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FredSchaub schrieb:
giordani schrieb:
3zu7 schrieb:
Schade, der freie Freitag als Deeskalationsmaßnahme der pakistanischen Regierung, hat völlig unerwartet nicht gegriffen...  


Gehört Pakistan jetzt auch schon zum Nahen Osten?


zur islamischen Welt auf jeden Fall


Und die ist ja, wie wir wissen, dann am End doch der heimliche Topic dieses Freds, egal was der Titel sagt. Schon verstanden. Ich werde aber nicht aufhören darauf hinzuweisen das nicht jeder Furz den ein nach Mekka betender lässt unter dieses Thema gehört.

Dann kommen wir mal OnTopic wenigstens zu einem Land in dem auch ein Umsturz stattgefunden hat, Libyen.

Dort kam es wieder zu gewalttätigen Ausschreitungen.

Diesmal aber vor dem Hauptquartier der stinkenden Salafisten die für den von langer Hand geplanten Anschlag auf die amerikanische Botschaft verantwortlich sind.

In a show of mass frustration at the armed groups, protesters seized control of several militia headquarters on Friday night and handed them over to Libya’s national army in what appeared to be a coordinated sweep. They also stormed the headquarters of Ansar al-Sharia, a hard-line Islamist militia that has been linked to the attack on the United States Mission in Benghazi that killed the ambassador and three other Americans.
http://www.nytimes.com/2012/09/22/world/africa/pro-american-libyans-besiege-militant-group-in-benghazi.html
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tutzt schrieb:
Die Libyer wollen ihre erkämpfte Freiheit nicht gleich wieder verlieren und gehen auch mit Gewalt gegen Islamisten vor:

http://www.sueddeutsche.de/politik/bengasi-libysche-buerger-stuermen-islamisten-lager-1.1475157


Das passt nicht in mein Weltbild. Die da unten sind allsamt Monster und radikale Muslime. Denen da muss man mal den Frieden bringen, wenn es sein muss eben mit Gewalt.
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ChristianW. schrieb:
tutzt schrieb:
Die Libyer wollen ihre erkämpfte Freiheit nicht gleich wieder verlieren und gehen auch mit Gewalt gegen Islamisten vor:

http://www.sueddeutsche.de/politik/bengasi-libysche-buerger-stuermen-islamisten-lager-1.1475157


Das passt nicht in mein Weltbild. Die da unten sind allsamt Monster und radikale Muslime. Denen da muss man mal den Frieden bringen, wenn es sein muss eben mit Gewalt.  


"mit Superwaffen Frieden schaffen"
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ChristianW. schrieb:
tutzt schrieb:
Die Libyer wollen ihre erkämpfte Freiheit nicht gleich wieder verlieren und gehen auch mit Gewalt gegen Islamisten vor:

http://www.sueddeutsche.de/politik/bengasi-libysche-buerger-stuermen-islamisten-lager-1.1475157


Das passt nicht in mein Weltbild. Die da unten sind allsamt Monster und radikale Muslime. Denen da muss man mal den Frieden bringen, wenn es sein muss eben mit Gewalt.  


Krieg ist die Fortsetzung von Politik mit anderen Mitteln...

Zitat: Carl von Clausewitz
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giordani schrieb:

Und die ist ja, wie wir wissen, dann am End doch der heimliche Topic dieses Freds, egal was der Titel sagt. Schon verstanden. Ich werde aber nicht aufhören darauf hinzuweisen das nicht jeder Furz den ein nach Mekka betender lässt unter dieses Thema gehört.


Dann bewerbe Dich am besten als Mod.  

Mal ernsthaft, es werden laufend neue Threads gesperrt, weil man ja hier, und weil man ja da zum selben Thema diskutieren kann. Ich habe mich daher in den letzten Monaten zum Freestyle-Poster entwickelt und eröffne so gut wie nie neue Themen. Und die paar Toten wegen eines Videos sind auch kaum ein eigener Thread wert. Und den Kopftuch-Thread habe ich nicht mehr entdeckt. Sorry.
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giordani schrieb:

Und die ist ja, wie wir wissen, dann am End doch der heimliche Topic dieses Freds, egal was der Titel sagt. Schon verstanden. Ich werde aber nicht aufhören darauf hinzuweisen das nicht jeder Furz den ein nach Mekka betender lässt unter dieses Thema gehört.


Das ist genau der Punkt, der mich auch ständig nervt. Als ob alles und jedes bisschen, was mit dem Islam zu tun hat, in eine Schublade gepackt werden kann. Differenzierungen sind nicht notwendig. Das wäre genauso, wie wenn die Aktion und Verurteilung von Pussy-Riot  in einem Rutsch mit der Präsidentschaftskandidatur von Mitt Romney diskutiert wird. Hat doch beides  was mit dem Christentum zu tun.

Dazu hat Charlotte Wiedemann, eine  Journalistin, die  seit vielen Jahren in  "islamischen" Ländern unterwegs ist, ein sehr gutes Essay geschrieben.
Sie nennt unseren Blick totalisierend, sobald es um den Islam gehe. Dabei gehe es beim Islam um eine komplexe Materie, um eine Welt, deren vorrangiges Kennzeichen Pluralität ist.

Habe mal ein paar Ausschnitte zusammengestellt:
 
Muslimische Gesellschaften sind überraschend, sie sind komplex und in einigen Weltgegenden verändern sie sich gerade rasant – dies ist, pardon, die einzig zulässige Verallgemeinerung, wenn es um mehr als 1,6 Milliarden Menschen geht, ein Viertel der Weltbevölkerung. 80 Prozent der Muslime sprechen kein Arabisch, Indien beherbergt nach Indonesien und Pakistan die drittgrößte muslimische Gemeinschaft, und in Russland leben mehr Muslime als in manchen arabischen Ländern. …

Der Umgang mit dem Islam ist von einem doppelten Extrem gekennzeichnet: Eine extrem komplexe Materie wird reduziert auf extreme Simplizität....

Der verbreiteten Sicht, dass ein monolithischer Islam einen wehrlos-heterogenen Westen bedroht, stelle ich ein anderes Denkmodell entgegen. Die westliche Unfähigkeit, den Plural zu denken, trifft heute auf ein muslimisches Gegenüber, das wie nie zuvor mit seiner eigenen Pluralität ringt. Die Vielfalt des Islam zu verneinen, fremde Religiosität zu fürchten, vielleicht sogar Religiosität an sich, das ist gegenwärtig die modischste Weise, die eigene Weltsicht absolut zu setzen. Auf der Suche nach einem Begriff, der die Islamophobie in einem weiteren Kontext erklärt, bin ich auf diesen verfallen: die Unfähigkeit, den Plural zu denken. Es ist die Unfähigkeit, sich die Welt als demokratische Addition von Identitäten vorstellen zu können, in der eigenen, heimischen Gesellschaft wie in einer sich entwickelnden polyzentrischen Welt……

Die Tatsache, dass alle Muslime Richtung Mekka beten, gilt westlichen Beobachtern des Islam bereits als furchteinflößender Beweis von Einheitlichkeit…

Wie paradox: Ausgerechnet jene Jahrzehnte, in denen der Islam von seinen westlichen Gegnern zur monolithischen, gar faschistischen Ideologie stilisiert wird, markieren für ihn selbst die Ära einer immensen pluralen Entwicklung…..

http://www.freitag.de/autoren/der-freitag/die-unfaehigkeit-zum-plural

Es lohnt sich, das gesamte Essay zu lesen.  

Nun bin ich wohl auch etwas von Thema abgewichen, allerdings in der Hoffnung zukünftiger pluraler Sichtweisen.  
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Lesenswert, keine Frage. Leider schert sie aber auch über einem Kamm. Halt aus der gegenüberliegenden Sicht. Erinnert an Deine Postings hier.
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In Syrien kämpfen nicht nur die Rebellen gegen das Assad-Regime, sondern laut eines Weltspiegelberichts rüsten nun auch die Kurden auf; notfalls gegen Rebellen und Regime:

http://www.daserste.de/weltspiegel/beitrag_dyn~uid,795nck496cexyyvs~cm.asp

Der Bericht dazu wird vermutlich bald online gestellt.
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Die Türkei beschießt Ziele in Syrien. Nach den Granateneinschlägen "antwortet" jetzt die Türkei.
Nato-Rat tagt noch in dieser Nacht.  


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