Vielen, vielen Dank für diese differenzierten, umfangreichen und fundierten Ansichten. Ist immer wieder eine Freude, das zu lesen und wohltuend im Kontrast zum sprachlichen und inhaltlichen Einheitsbrei der FR und dem PR-Gejubel der Eintracht-Pressestelle. Danke!
Beinahe off topic, aber wer versorgt uns aus Gais mit Trainingseindruecken? Enkhaamer kann leider nicht. UAA, bist Du vor Ort, oder muss ich mich nach 2 TL als Assistent von Enkhaamer mit Stift und Block bewaffnen?
Beinahe off topic, aber wer versorgt uns aus Gais mit Trainingseindruecken? Enkhaamer kann leider nicht. UAA, bist Du vor Ort, oder muss ich mich nach 2 TL als Assistent von Enkhaamer mit Stift und Block bewaffnen?
Vielen, vielen Dank für diese differenzierten, umfangreichen und fundierten Ansichten. Ist immer wieder eine Freude, das zu lesen und wohltuend im Kontrast zum sprachlichen und inhaltlichen Einheitsbrei der FR und dem PR-Gejubel der Eintracht-Pressestelle. Danke!
So, die Belegschaft ist unterwegs im Auftrag der Internationalisierung, der Markenbekanntschaft von Bundesliga, Eintracht Frankfurt, Sponsor indeed und ähnlichem und ein Trainingsprogramm ist auch noch drangebabbt. Wer Sorge hat, wie minderwertig diese Art der sportlichen Vorbereitung geraten könnte, muß nur gesehen haben, mit welch akribischem Plan Chefcoach Kovac und sein Staff auch diese Saison die Sache wieder angegangen sind. Man kann sich schlicht nicht vorstellen, daß dieser Arbeitsfanatiker auch nur einen Zügel schleifen lassen könnte.
Man könnte also das entstandene Vakuum mit ersten Eindrücken füllen, die sich in den vergangenen öffentlichen Trainingseinheiten angesammelt haben. Etwa zehn Stunden Beobachtung haben sich addiert, eine zugegeben arg kurze Zeit, deshalb sollen es auch nur Eindrücke, Momentaufnahmen, Randnotizen sein, keinesfalls Bewertungen. Selbstverständlich fallen sie trotzdem durchweg positiv auf, wie das bei mir gewohnt ist. Im real life bin ich eher als Realist, weiter Skeptiker, noch weiter Knodderer bekannt. Merkwürdigerweise ist das im absurden Fußballgeschäft völlig anders, hier wird bei mir vor der Saison alles von Hoffnung überwuchert, jeder neue Spieler bekommt jede Menge Kredit, wird positiv betrachtet, mindestens bis einige Wochen in den Spielbetrieb hinein. Dann allerdings hat er schnell gelitten, wenns `ne Gurke ist.
Ich bin ja ein absoluter Freund von Fluktuation. Dieser jahrelange zähe Stillstand innerhalb der Mannschaft mit ewigen Verlängerungen der Verträge hat mich genervt, hat keinen Konkurrenzkampf geschürt, hat Couchfeeling gefördert. Deshalb kommt mir das extreme Gemixe der letzten Saison und auch die diesjährigen Personalrochaden sehr zupass. Außerdem sehe ich einen Plan. Letztens noch viele Leihen, die bei Gefallen für die nächste Saison nicht kalkulierbar waren, aktuell Leihen, dann aber mit Kaufoption, zunehmend aber auch Käufe.
Kovac also mit seinen Co-Trainern, Fitnesscoaches und Physios: vorbereitet in jedem Detail, stringenter Plan, durchgeführt mit Trillerpfeife und Stoppuhr, minutiöser Ablauf, eng getaktet, nach jedem Trainingssegmentchen unbedingt Ohrläppchen-Blutentnahme bei ausgesuchten Spielern über die gesamte Trainingssession, Disziplin ohne Ende. Man ertappt sich dabei, wie man darüber sinniert, wie es sich wohl so als Spieler anfühlt, von diesen Schäferhunden eingekreist zu sein. Und er läßtt wieder erkleckliche Umfänge trainieren. Unter zwei Stunden geht fast nichts. Am Montagnachmittag und auch am Mittwochnachmittag, es war ja knallheiß, und man dachte, speziell am Mittwoch, sie fliegen Donnerstag früh, drei Stunden vorher am Flughafen, also ungefähr fünf Uhr, man dachte, jetzt läßt er`s nach zwei Stunden Training mal gut sein, da zogen die Jungs noch ihre Laufschuhe an und liefen noch `ne knappe Stunde im Wald. Fest steht für mich, daß Kovac hier absolut hingebungsvoll arbeitet, daß er jede Menge Mühe, Arbeit und Empathie investiert und damit alle seine Vorgänger der letzten zwanzig Jahre weit in den Schatten stellt. Ob das genügt, besseren Erfolg zu schaffen? Ich persönlich sehe ihn insgesamt etwas zu sehr in seinem Defensiv-Denkgefängnis gefangen. Alle seine Trainingsinhalte laufen, wenn man es realisiert, immer wieder auf diesen Defensivtouch hinaus. Ich hoffe, daß diese Saison Verpflichtungen gelungen sind und noch gelingen, die quasi eine eingebaute Eigendynamik mitbringen, qua Mentalität nach vorne denken und nicht gebremst werden wollen. Gute Ansätze dafür könnte ich gesehen haben. Oder wollte ich sie sehen? Kann auch sein.
Soll ich nochmal wiederholen, was Haller für eine Kante ist? Nee, nicht doch, ich sage nur, er hat einen modesten Körper. Mit diesem bemüht-künstlichen Adjektiv ist bildlich alles gesagt, darüber hinaus artikuliert es natürlich auch die Hoffnung auf adäquate sportliche Leistung. Er ist erstaunlich schnell, hat dabei aber doch einen geschmeidigen Laufstil. Im Strafraum geht er drauf, er will das Tor machen, da hat er Biß und auch gute Reflexe. Recht überraschend fand ich bei diesen Mittelstürmerqualitäten, daß er auf dem Weg zum Tor ansehnlich mitkombiniert, doppelpaßfähig ist und vor allem durchaus auch den besser postierten Mitspieler sieht.
Daichi Kamada hat ja wirklich Massel -einen besseren Paten als Hasebe kann man in der Mannschaft kaum haben. Der kümmert sich wirklich intensivst um seinen Landsmann. In einer Trainingspause, wenn man schon mal etwas verloren herumstehen könnte, hat Hasebe sofort ein Auge auf seinen Zögling, ruft ihn zu sich, erklärt, babbelt, schwatzt mit ihm. Daß da einer im Team ist, der Kamada in allen Belangen bestens integrieren kann, ist eine prima Fügung, war vielleicht sogar ausschlaggebend, diesen Transfer zu realisieren. Er ist ein technisch sehr veranlagter Spieler, der tatsächlich ein Auge hat für besondere Anspiele. Er ist ebenfalls flott unterwegs, spielt abgeklärt und ruhig. Er findet immer eine gute Lösung. Insgesamt meint man, einen überschlanken Stendera spielen zu sehen. Von dem ich übrigens viel halte und der in den wenigen Trainingseinheiten schon wieder einen hervorragenden Eindruck hinterläßt. Beide, Stendera und Kamada, verlieren kaum Bälle, denn sie haben die Technik, Bälle auch unter Bedrängnis anzunehmen, zu verarbeiten und auch sicher weiterzugeben, weil sie die Position von Freund und Feind im Raum mit Rundumblick erfassen können. Und wo ich bei diesen Mittelfeldstrategen und Paßgebern bin: in dieser Hinsicht und völlig überraschend für mich hat sich im Training Nelson Mandela Mbouhom präsentiert. Ich habe seinen Werdegang ziemlich intensiv verfolgt und so wirklich überzeugt hat er mich selten. Ich sah ihn immer als Stürmer mit gutem Schuß, nicht wirklich laufstark, gerne mal leicht überheblich. Auf die wirklichen Augenblicke,die seinen Riesentalent-Status bestätigen würden, habe ich immer vergeblich gewartet. Jetzt hat er mich erwischt mit einem wunderbaren Aufbauspiel aus der Zentrale heraus. Zusammen mit Stendera hat er ein zwingendes Kombinations -und Paßspiel aufgezogen - sehr ansehnlich. Da haben wir -mit Kamada- drei wirklich vielversprechende Jungs im Kader für die kreativen Momente. Und noch eine kleine, feine Anmerkung zu Nelson Mandela: da unser Dolmetsch und Sprachlehrer, der gude Herr Gödde beim Training momentan fast ausschließlich für Ordonez übersetzt, übernimmt dies für Monsieur Haller eben Nelson, geborener Camerooner und damit französischer Sprache mächtig. Überhaupt schön zu sehen, wie diese verschiedenen Zungen alle zusammen babbeln. Babylonisch. Und mitten drin noch Österreichisch vom Luisser Klaus. Grandios.
Warum ich bei Luka Jovic immer an einen schmächtigen Jüngling dachte, muß damit zusammenhängen, daß ihm der Ruf eines Wunderkindes bei Roter Stern Belgrad anhing, welches für etliche Milliönchen sehr früh nach Lissabon wechselte. Das ergab in meinem Hirn ein halbes Hemd a la Halilovic oder Gacinovic, eben Luka Jovic. Jedenfalls weit gefehlt. Der ist ein stämmiger Typ Marke Kraftpaket, Beine wie Säulen, unterhalb der Knie wie Bierfässer. Der hat ein Fundament, da kann man sich niemals eine Verletzung vorstellen. Wer sich ihn bildlich vorstellen will, ruft einfach Rebic aus seiner Erinnerung hoch, zieht vier Lebensjahre ab und 4-5cm Körperlänge -fertig ist der Jovic. Technisch hervorragend wie eben die meisten Jugos, nicht ganz so wuchtig wie Rebic, aber immer noch genügend Körper, scheint er mir insgesamt ein Mittelstürmer wie Haller zu sein -nur einen Kopf kleiner. Er bekommt während des Trainings direkte landsmännische Ansprache von Kovac, kurze, knappe Sätze oder Zurufe, die er mit unmerklichem Nicken quittiert. Ich will mir einfach vorstellen, daß, wenn schon Rebic ein Kovac-Zögling war, Jovic in ebendiese Fußstapfen tritt und seine Entwicklung gewaltig jugomäßige Fahrt aufnimmt. Warum er bei Benfica so garnichts abrufen konnte, ist sehr merkwürdig. Großes Potential hat er auf jeden Fall.
Auf Danny da Costa bin ich echt gespannt. Er ist einer der wenigen Jugendspieler, deren Entwicklung ich gezielt verfolgt habe. Er ist mir damals, 2010, aufgefallen, als er mit Leverkusen im Endspiel um die Deutsche U17-Meisterschaft gegen die Eintracht (mit Kittel, Dudda, Hien, Wille u.a.) stand, am Bornheimer Hang. Er hat damals Innenverteidiger gespielt und war bester Mann auf dem Platz. Seinen Werdegang wollte ich weiterverfolgen. Nunja, mit diesem U17-Jahrgang war es nicht weit her, außer da Costa und Kittel sind alle anderen Namen jedenfalls von der größeren Bühne verschwunden. Wie alle wissen, ist da Costa mal mindestens ein solider Zweitligaspieler mit folgender Erstligastation, die auch passabel war. Sein Rückruf nach Leverkusen letzte Saison war leider durch eine schweren Verletzung völlig mißraten und somit außer Wertung. Nun also mit fast 24 Jahren bei uns. Ihm ist bestimmt klar, daß es jetzt höchste Zeit für ihn wird. Gute Voraussetzung, sich reinzuknien. Er ist ein Schrank, hier paßt wieder die (Abwehr)Kante, kopfballstark, schnell, kein hibbeliger Neuling, sondern durchaus mit Routine und Abgeklärtheit. Bin gespannt, was man mit ihm plant. Sieht aus, als könnte er auf Anhieb Stamm spielen -aber das ist Chandlers Platz. Echt zwickmühlig.
Noch ein Schrank-Stürmer. Renat Dadashov ist mit seinen gerade mal 18 Jahren tatsächlich fast schon so groß und breit wie Haller. Er ist nicht ganz so schnell und geschmeidig wie der halbivorische Haller, aber natürlich wuchtig. Seine Gewalt und Gestalt haben ihm in der Jugend natürlich große Vorteile verschafft. Bleibt abzuwarten, wie seine Entwicklung unter Profitraining und Einsatz in der neuen U19 weitergeht. Wäre schön und zweckdienlich, wenn eine starke U19 mal wenigstens in der Südstaffel vorne mitmischen könnte.
Selbe Einschätzung für Noel Knothe. Hier füge ich ein, daß er aufgrund seiner Spielposition etwas näher am Profikader sein könnte, sage aber auch einschränkend, daß ich ihn öfter in U19-Spielen gesehen habe, genauso wie Zorba als Innenverteidiger. Möglicherweise hat Knothe im Vergleich einen kleinen Pluspunkt, aber viel haben sich die beiden nicht gegeben. Muß nix heißen, kann was heißen. Die individuelle Entwicklung der Jungs ist von viel Zufall und Glück abhängig, Fleiß und Beharrlichkeit selbstverständliches ein must have.
Gelson Fernandes wird uns guttun. Zunächst war ich fast bißchen erschrocken über die Verpflichtung, habe mich dann aber schnell an unsere Rückrundenmisere erinnert und was uns da gefehlt hat, nämlich Ruhe, Routine und Abgeklärtheit, jemanden, der auch den zwar zweikampfstarken, aber wenig strategischen Mascarell etwas in Bahnen lenkt und damit effektiver macht. Man hat mir zwar dauernd was von Huszti erzählt, aber das war definitiv nie mein Spieler. Dem hat irgendwas gefehlt, irgendetwas verbindendes, er war ein Einzelgänger, hat nie gelacht, sturer Typ, kein Mannschaftstyp. Hab immer gedacht, 50km-Gehen wäre die richtige Sportart für ihn gewesen, am besten in China. Gegenteil Fernandes, wie vielfältig beschrieben ein polyglotter Mensch, keinerlei Berührungsängste, freundlich, lächelnd, da hat man als Beobachter sofort ein positives Gefühl. In seiner Laufarbeit werden Rode-Anklänge wach, aber nicht dieses scharfe Geacker, sondern auch hier wieder die Geschmeidigkeit, die diese negroiden Jungs eben in den Genen haben.
Genauso wird es mit Jonathan de Guzman sein. Selbes Alter, derselbe sportliche Werdegang mit klangvollen Stationen, also Erfahrung im Quadrat. Daß man zwei solche Routiniers verpflichtet, muß die Quintessenz aus der Analyse zumindest der horrenden Rückrunde sein. Sportvorstand, Sportdirex und Chefcoach haben eindeutige Beschlüsse gefasst und eben fürs Mittelfeld keine jungen Talente, sondern routinierte, erfahrene Spieler geordert.
Und haben die Eintracht noch etwas internationaler gemacht. Ich finde das klasse. Ich finde, daß dieser bunte Haufen, diese united colours, der Stadt Frankfurt wunderbar zu Gesicht stehen. Es ist ein besonderes Merkmal, unter dem man den Verein wahrnimmt, nochmal verstärkt unter dem Namen Eintracht, was ja bekanntlich ein friedliches Miteinander bedeutet. Egal wer auf der Welt mal nach Eintracht Frankfurt googelt, wird auf die Internationalität dieses Vereins stoßen und im besten Fall feststellen, daß sogar ein Landsmann bei uns kickt.
Schönschönschön.
Und zuguter Letzt……mein Taxifahrer hat eindeutig gesagt, daß noch ein Mittelfeldspieler kommt (an diese Planstelle kann man mit Guzman wohl einen Haken machen), desweiteren ein Innenverteidiger und ein Flügelspieler, ganz gewiß. Und auch danach die Augen weiterhin offenhält. Ich sehe es vor mir, wie unsere weltweite Scout-Squad täglich die Verantwortlichen mit Vorschlägen bombardiert. Die Schubladen, in denen vorher das einsame Kicker-Sonderheft, ein paar handgeschriebene Notizzettel von Bruchhagen und die Visitenkärtchen diverser Berater vergilbten, quellen über. Eigentlich wäre bei der momentanen Konstellation die Verpflichtung eines US-Spielers eine fast schon zwingende Maßnahme. Auf geht´s Matthias Hamann, Vorschläge.
manchmal macht einen dieses Forum ziemlich müde, bei allem, was hier so geschrieben wird. Und dann kommst du um die Ecke und haust hier wieder so einen Krümel raus und dann weiß man plötzlich wieder, warum es doch ziemlich gut ist, dass es dieses Forum gibt. Danke Dir für die Arbeit, deine Beobachtungen und deine pointierten Text. Sehr informativ und dabei sehr unterhaltsam! Bei deiner Beschreibung von Huszti musste ich wirklich laut lachen, weil dieser Satz so treffend ist:
"Hab immer gedacht, 50km-Gehen wäre die richtige Sportart für ihn gewesen, am besten in China."
manchmal macht einen dieses Forum ziemlich müde, bei allem, was hier so geschrieben wird. Und dann kommst du um die Ecke und haust hier wieder so einen Krümel raus und dann weiß man plötzlich wieder, warum es doch ziemlich gut ist, dass es dieses Forum gibt. Danke Dir für die Arbeit, deine Beobachtungen und deine pointierten Text. Sehr informativ und dabei sehr unterhaltsam! Bei deiner Beschreibung von Huszti musste ich wirklich laut lachen, weil dieser Satz so treffend ist:
"Hab immer gedacht, 50km-Gehen wäre die richtige Sportart für ihn gewesen, am besten in China."
Danke lieber uaa! Du hast dich mit diesen sagenhaften Krümeln erneut in die Herzen der Eintracht-Fans "geschrieben"! Besser und transparenter geht es wirklich nicht. Da können sich die Pressefuzzis mal ein Beispiel daran nehmen, wie man den Leser mit aussagefähigen Berichten fesseln kann.
So, die Belegschaft ist unterwegs im Auftrag der Internationalisierung, der Markenbekanntschaft von Bundesliga, Eintracht Frankfurt, Sponsor indeed und ähnlichem und ein Trainingsprogramm ist auch noch drangebabbt. Wer Sorge hat, wie minderwertig diese Art der sportlichen Vorbereitung geraten könnte, muß nur gesehen haben, mit welch akribischem Plan Chefcoach Kovac und sein Staff auch diese Saison die Sache wieder angegangen sind. Man kann sich schlicht nicht vorstellen, daß dieser Arbeitsfanatiker auch nur einen Zügel schleifen lassen könnte.
Man könnte also das entstandene Vakuum mit ersten Eindrücken füllen, die sich in den vergangenen öffentlichen Trainingseinheiten angesammelt haben. Etwa zehn Stunden Beobachtung haben sich addiert, eine zugegeben arg kurze Zeit, deshalb sollen es auch nur Eindrücke, Momentaufnahmen, Randnotizen sein, keinesfalls Bewertungen. Selbstverständlich fallen sie trotzdem durchweg positiv auf, wie das bei mir gewohnt ist. Im real life bin ich eher als Realist, weiter Skeptiker, noch weiter Knodderer bekannt. Merkwürdigerweise ist das im absurden Fußballgeschäft völlig anders, hier wird bei mir vor der Saison alles von Hoffnung überwuchert, jeder neue Spieler bekommt jede Menge Kredit, wird positiv betrachtet, mindestens bis einige Wochen in den Spielbetrieb hinein. Dann allerdings hat er schnell gelitten, wenns `ne Gurke ist.
Ich bin ja ein absoluter Freund von Fluktuation. Dieser jahrelange zähe Stillstand innerhalb der Mannschaft mit ewigen Verlängerungen der Verträge hat mich genervt, hat keinen Konkurrenzkampf geschürt, hat Couchfeeling gefördert. Deshalb kommt mir das extreme Gemixe der letzten Saison und auch die diesjährigen Personalrochaden sehr zupass. Außerdem sehe ich einen Plan. Letztens noch viele Leihen, die bei Gefallen für die nächste Saison nicht kalkulierbar waren, aktuell Leihen, dann aber mit Kaufoption, zunehmend aber auch Käufe.
Kovac also mit seinen Co-Trainern, Fitnesscoaches und Physios: vorbereitet in jedem Detail, stringenter Plan, durchgeführt mit Trillerpfeife und Stoppuhr, minutiöser Ablauf, eng getaktet, nach jedem Trainingssegmentchen unbedingt Ohrläppchen-Blutentnahme bei ausgesuchten Spielern über die gesamte Trainingssession, Disziplin ohne Ende. Man ertappt sich dabei, wie man darüber sinniert, wie es sich wohl so als Spieler anfühlt, von diesen Schäferhunden eingekreist zu sein. Und er läßtt wieder erkleckliche Umfänge trainieren. Unter zwei Stunden geht fast nichts. Am Montagnachmittag und auch am Mittwochnachmittag, es war ja knallheiß, und man dachte, speziell am Mittwoch, sie fliegen Donnerstag früh, drei Stunden vorher am Flughafen, also ungefähr fünf Uhr, man dachte, jetzt läßt er`s nach zwei Stunden Training mal gut sein, da zogen die Jungs noch ihre Laufschuhe an und liefen noch `ne knappe Stunde im Wald. Fest steht für mich, daß Kovac hier absolut hingebungsvoll arbeitet, daß er jede Menge Mühe, Arbeit und Empathie investiert und damit alle seine Vorgänger der letzten zwanzig Jahre weit in den Schatten stellt. Ob das genügt, besseren Erfolg zu schaffen? Ich persönlich sehe ihn insgesamt etwas zu sehr in seinem Defensiv-Denkgefängnis gefangen. Alle seine Trainingsinhalte laufen, wenn man es realisiert, immer wieder auf diesen Defensivtouch hinaus. Ich hoffe, daß diese Saison Verpflichtungen gelungen sind und noch gelingen, die quasi eine eingebaute Eigendynamik mitbringen, qua Mentalität nach vorne denken und nicht gebremst werden wollen. Gute Ansätze dafür könnte ich gesehen haben. Oder wollte ich sie sehen? Kann auch sein.
Soll ich nochmal wiederholen, was Haller für eine Kante ist? Nee, nicht doch, ich sage nur, er hat einen modesten Körper. Mit diesem bemüht-künstlichen Adjektiv ist bildlich alles gesagt, darüber hinaus artikuliert es natürlich auch die Hoffnung auf adäquate sportliche Leistung. Er ist erstaunlich schnell, hat dabei aber doch einen geschmeidigen Laufstil. Im Strafraum geht er drauf, er will das Tor machen, da hat er Biß und auch gute Reflexe. Recht überraschend fand ich bei diesen Mittelstürmerqualitäten, daß er auf dem Weg zum Tor ansehnlich mitkombiniert, doppelpaßfähig ist und vor allem durchaus auch den besser postierten Mitspieler sieht.
Daichi Kamada hat ja wirklich Massel -einen besseren Paten als Hasebe kann man in der Mannschaft kaum haben. Der kümmert sich wirklich intensivst um seinen Landsmann. In einer Trainingspause, wenn man schon mal etwas verloren herumstehen könnte, hat Hasebe sofort ein Auge auf seinen Zögling, ruft ihn zu sich, erklärt, babbelt, schwatzt mit ihm. Daß da einer im Team ist, der Kamada in allen Belangen bestens integrieren kann, ist eine prima Fügung, war vielleicht sogar ausschlaggebend, diesen Transfer zu realisieren. Er ist ein technisch sehr veranlagter Spieler, der tatsächlich ein Auge hat für besondere Anspiele. Er ist ebenfalls flott unterwegs, spielt abgeklärt und ruhig. Er findet immer eine gute Lösung. Insgesamt meint man, einen überschlanken Stendera spielen zu sehen. Von dem ich übrigens viel halte und der in den wenigen Trainingseinheiten schon wieder einen hervorragenden Eindruck hinterläßt. Beide, Stendera und Kamada, verlieren kaum Bälle, denn sie haben die Technik, Bälle auch unter Bedrängnis anzunehmen, zu verarbeiten und auch sicher weiterzugeben, weil sie die Position von Freund und Feind im Raum mit Rundumblick erfassen können. Und wo ich bei diesen Mittelfeldstrategen und Paßgebern bin: in dieser Hinsicht und völlig überraschend für mich hat sich im Training Nelson Mandela Mbouhom präsentiert. Ich habe seinen Werdegang ziemlich intensiv verfolgt und so wirklich überzeugt hat er mich selten. Ich sah ihn immer als Stürmer mit gutem Schuß, nicht wirklich laufstark, gerne mal leicht überheblich. Auf die wirklichen Augenblicke,die seinen Riesentalent-Status bestätigen würden, habe ich immer vergeblich gewartet. Jetzt hat er mich erwischt mit einem wunderbaren Aufbauspiel aus der Zentrale heraus. Zusammen mit Stendera hat er ein zwingendes Kombinations -und Paßspiel aufgezogen - sehr ansehnlich. Da haben wir -mit Kamada- drei wirklich vielversprechende Jungs im Kader für die kreativen Momente. Und noch eine kleine, feine Anmerkung zu Nelson Mandela: da unser Dolmetsch und Sprachlehrer, der gude Herr Gödde beim Training momentan fast ausschließlich für Ordonez übersetzt, übernimmt dies für Monsieur Haller eben Nelson, geborener Camerooner und damit französischer Sprache mächtig. Überhaupt schön zu sehen, wie diese verschiedenen Zungen alle zusammen babbeln. Babylonisch. Und mitten drin noch Österreichisch vom Luisser Klaus. Grandios.
Warum ich bei Luka Jovic immer an einen schmächtigen Jüngling dachte, muß damit zusammenhängen, daß ihm der Ruf eines Wunderkindes bei Roter Stern Belgrad anhing, welches für etliche Milliönchen sehr früh nach Lissabon wechselte. Das ergab in meinem Hirn ein halbes Hemd a la Halilovic oder Gacinovic, eben Luka Jovic. Jedenfalls weit gefehlt. Der ist ein stämmiger Typ Marke Kraftpaket, Beine wie Säulen, unterhalb der Knie wie Bierfässer. Der hat ein Fundament, da kann man sich niemals eine Verletzung vorstellen. Wer sich ihn bildlich vorstellen will, ruft einfach Rebic aus seiner Erinnerung hoch, zieht vier Lebensjahre ab und 4-5cm Körperlänge -fertig ist der Jovic. Technisch hervorragend wie eben die meisten Jugos, nicht ganz so wuchtig wie Rebic, aber immer noch genügend Körper, scheint er mir insgesamt ein Mittelstürmer wie Haller zu sein -nur einen Kopf kleiner. Er bekommt während des Trainings direkte landsmännische Ansprache von Kovac, kurze, knappe Sätze oder Zurufe, die er mit unmerklichem Nicken quittiert. Ich will mir einfach vorstellen, daß, wenn schon Rebic ein Kovac-Zögling war, Jovic in ebendiese Fußstapfen tritt und seine Entwicklung gewaltig jugomäßige Fahrt aufnimmt. Warum er bei Benfica so garnichts abrufen konnte, ist sehr merkwürdig. Großes Potential hat er auf jeden Fall.
Auf Danny da Costa bin ich echt gespannt. Er ist einer der wenigen Jugendspieler, deren Entwicklung ich gezielt verfolgt habe. Er ist mir damals, 2010, aufgefallen, als er mit Leverkusen im Endspiel um die Deutsche U17-Meisterschaft gegen die Eintracht (mit Kittel, Dudda, Hien, Wille u.a.) stand, am Bornheimer Hang. Er hat damals Innenverteidiger gespielt und war bester Mann auf dem Platz. Seinen Werdegang wollte ich weiterverfolgen. Nunja, mit diesem U17-Jahrgang war es nicht weit her, außer da Costa und Kittel sind alle anderen Namen jedenfalls von der größeren Bühne verschwunden. Wie alle wissen, ist da Costa mal mindestens ein solider Zweitligaspieler mit folgender Erstligastation, die auch passabel war. Sein Rückruf nach Leverkusen letzte Saison war leider durch eine schweren Verletzung völlig mißraten und somit außer Wertung. Nun also mit fast 24 Jahren bei uns. Ihm ist bestimmt klar, daß es jetzt höchste Zeit für ihn wird. Gute Voraussetzung, sich reinzuknien. Er ist ein Schrank, hier paßt wieder die (Abwehr)Kante, kopfballstark, schnell, kein hibbeliger Neuling, sondern durchaus mit Routine und Abgeklärtheit. Bin gespannt, was man mit ihm plant. Sieht aus, als könnte er auf Anhieb Stamm spielen -aber das ist Chandlers Platz. Echt zwickmühlig.
Noch ein Schrank-Stürmer. Renat Dadashov ist mit seinen gerade mal 18 Jahren tatsächlich fast schon so groß und breit wie Haller. Er ist nicht ganz so schnell und geschmeidig wie der halbivorische Haller, aber natürlich wuchtig. Seine Gewalt und Gestalt haben ihm in der Jugend natürlich große Vorteile verschafft. Bleibt abzuwarten, wie seine Entwicklung unter Profitraining und Einsatz in der neuen U19 weitergeht. Wäre schön und zweckdienlich, wenn eine starke U19 mal wenigstens in der Südstaffel vorne mitmischen könnte.
Selbe Einschätzung für Noel Knothe. Hier füge ich ein, daß er aufgrund seiner Spielposition etwas näher am Profikader sein könnte, sage aber auch einschränkend, daß ich ihn öfter in U19-Spielen gesehen habe, genauso wie Zorba als Innenverteidiger. Möglicherweise hat Knothe im Vergleich einen kleinen Pluspunkt, aber viel haben sich die beiden nicht gegeben. Muß nix heißen, kann was heißen. Die individuelle Entwicklung der Jungs ist von viel Zufall und Glück abhängig, Fleiß und Beharrlichkeit selbstverständliches ein must have.
Gelson Fernandes wird uns guttun. Zunächst war ich fast bißchen erschrocken über die Verpflichtung, habe mich dann aber schnell an unsere Rückrundenmisere erinnert und was uns da gefehlt hat, nämlich Ruhe, Routine und Abgeklärtheit, jemanden, der auch den zwar zweikampfstarken, aber wenig strategischen Mascarell etwas in Bahnen lenkt und damit effektiver macht. Man hat mir zwar dauernd was von Huszti erzählt, aber das war definitiv nie mein Spieler. Dem hat irgendwas gefehlt, irgendetwas verbindendes, er war ein Einzelgänger, hat nie gelacht, sturer Typ, kein Mannschaftstyp. Hab immer gedacht, 50km-Gehen wäre die richtige Sportart für ihn gewesen, am besten in China. Gegenteil Fernandes, wie vielfältig beschrieben ein polyglotter Mensch, keinerlei Berührungsängste, freundlich, lächelnd, da hat man als Beobachter sofort ein positives Gefühl. In seiner Laufarbeit werden Rode-Anklänge wach, aber nicht dieses scharfe Geacker, sondern auch hier wieder die Geschmeidigkeit, die diese negroiden Jungs eben in den Genen haben.
Genauso wird es mit Jonathan de Guzman sein. Selbes Alter, derselbe sportliche Werdegang mit klangvollen Stationen, also Erfahrung im Quadrat. Daß man zwei solche Routiniers verpflichtet, muß die Quintessenz aus der Analyse zumindest der horrenden Rückrunde sein. Sportvorstand, Sportdirex und Chefcoach haben eindeutige Beschlüsse gefasst und eben fürs Mittelfeld keine jungen Talente, sondern routinierte, erfahrene Spieler geordert.
Und haben die Eintracht noch etwas internationaler gemacht. Ich finde das klasse. Ich finde, daß dieser bunte Haufen, diese united colours, der Stadt Frankfurt wunderbar zu Gesicht stehen. Es ist ein besonderes Merkmal, unter dem man den Verein wahrnimmt, nochmal verstärkt unter dem Namen Eintracht, was ja bekanntlich ein friedliches Miteinander bedeutet. Egal wer auf der Welt mal nach Eintracht Frankfurt googelt, wird auf die Internationalität dieses Vereins stoßen und im besten Fall feststellen, daß sogar ein Landsmann bei uns kickt.
Schönschönschön.
Und zuguter Letzt……mein Taxifahrer hat eindeutig gesagt, daß noch ein Mittelfeldspieler kommt (an diese Planstelle kann man mit Guzman wohl einen Haken machen), desweiteren ein Innenverteidiger und ein Flügelspieler, ganz gewiß. Und auch danach die Augen weiterhin offenhält. Ich sehe es vor mir, wie unsere weltweite Scout-Squad täglich die Verantwortlichen mit Vorschlägen bombardiert. Die Schubladen, in denen vorher das einsame Kicker-Sonderheft, ein paar handgeschriebene Notizzettel von Bruchhagen und die Visitenkärtchen diverser Berater vergilbten, quellen über. Eigentlich wäre bei der momentanen Konstellation die Verpflichtung eines US-Spielers eine fast schon zwingende Maßnahme. Auf geht´s Matthias Hamann, Vorschläge.
Bisher war es bei mir nur die Hoffnung, dass mit den Neuverpflichtungen ein schlagkräftiges Team entsteht. Nach deinem Text ist es fast schon Gewissheit für mich. Mögen sie alle von einer schwierigen Saison faseln. Für welche Teams es so kommen wird, entscheidet aber nicht ausschließlich das Geld, sondern der Esprit der Verantwortlichen. So wie offensichtlich Kovac einen Plan für die Trainingsarbeit hat, sieht man eine planvolle Entwicklung der Mannschaft.
Normalerweise scheue ich solch langen Texte, diesen habe ich aber aufgesogen. Ein Highlight in der trostlosen Sommerpause. Freue mich jetzt noch mehr auf die Saison.
Die Schubladen, in denen vorher das einsame Kicker-Sonderheft, ein paar handgeschriebene Notizzettel von Bruchhagen und die Visitenkärtchen diverser Berater vergilbten, quellen über.
Einer von zahllosen wunderbaren und Zuversicht verbreitenden Sätzen. Einsame Klasse. Danke!
Die Schubladen, in denen vorher das einsame Kicker-Sonderheft, ein paar handgeschriebene Notizzettel von Bruchhagen und die Visitenkärtchen diverser Berater vergilbten, quellen über.
Einer von zahllosen wunderbaren und Zuversicht verbreitenden Sätzen. Einsame Klasse. Danke!
Darüber musste ich mal kurz lachen...
Wie immer super geschriebene Trainingskrümel von uaa... Ach was, das waren keine Krümel sondern ne doppelstöckige Torte...
Danke!
UAA, bist Du vor Ort, oder muss ich mich nach 2 TL als Assistent von Enkhaamer mit Stift und Block bewaffnen?
UAA, bist Du vor Ort, oder muss ich mich nach 2 TL als Assistent von Enkhaamer mit Stift und Block bewaffnen?
Danke!
das ist kein Krümel, sondern eine riesengroße Torte.
Man könnte also das entstandene Vakuum mit ersten Eindrücken füllen, die sich in den vergangenen öffentlichen Trainingseinheiten angesammelt haben. Etwa zehn Stunden Beobachtung haben sich addiert, eine zugegeben arg kurze Zeit, deshalb sollen es auch nur Eindrücke, Momentaufnahmen, Randnotizen sein, keinesfalls Bewertungen.
Selbstverständlich fallen sie trotzdem durchweg positiv auf, wie das bei mir gewohnt ist. Im real life bin ich eher als Realist, weiter Skeptiker, noch weiter Knodderer bekannt. Merkwürdigerweise ist das im absurden Fußballgeschäft völlig anders, hier wird bei mir vor der Saison alles von Hoffnung überwuchert, jeder neue Spieler bekommt jede Menge Kredit, wird positiv betrachtet, mindestens bis einige Wochen in den Spielbetrieb hinein. Dann allerdings hat er schnell gelitten, wenns `ne Gurke ist.
Ich bin ja ein absoluter Freund von Fluktuation. Dieser jahrelange zähe Stillstand innerhalb der Mannschaft mit ewigen Verlängerungen der Verträge hat mich genervt, hat keinen Konkurrenzkampf geschürt, hat Couchfeeling gefördert. Deshalb kommt mir das extreme Gemixe der letzten Saison und auch die diesjährigen Personalrochaden sehr zupass. Außerdem sehe ich einen Plan. Letztens noch viele Leihen, die bei Gefallen für die nächste Saison nicht kalkulierbar waren, aktuell Leihen, dann aber mit Kaufoption, zunehmend aber auch Käufe.
Kovac also mit seinen Co-Trainern, Fitnesscoaches und Physios: vorbereitet in jedem Detail, stringenter Plan, durchgeführt mit Trillerpfeife und Stoppuhr, minutiöser Ablauf, eng getaktet, nach jedem Trainingssegmentchen unbedingt Ohrläppchen-Blutentnahme bei ausgesuchten Spielern über die gesamte Trainingssession, Disziplin ohne Ende. Man ertappt sich dabei, wie man darüber sinniert, wie es sich wohl so als Spieler anfühlt, von diesen Schäferhunden eingekreist zu sein.
Und er läßtt wieder erkleckliche Umfänge trainieren. Unter zwei Stunden geht fast nichts. Am Montagnachmittag und auch am Mittwochnachmittag, es war ja knallheiß, und man dachte, speziell am Mittwoch, sie fliegen Donnerstag früh, drei Stunden vorher am Flughafen, also ungefähr fünf Uhr, man dachte, jetzt läßt er`s nach zwei Stunden Training mal gut sein, da zogen die Jungs noch ihre Laufschuhe an und liefen noch `ne knappe Stunde im Wald.
Fest steht für mich, daß Kovac hier absolut hingebungsvoll arbeitet, daß er jede Menge Mühe, Arbeit und Empathie investiert und damit alle seine Vorgänger der letzten zwanzig Jahre weit in den Schatten stellt.
Ob das genügt, besseren Erfolg zu schaffen? Ich persönlich sehe ihn insgesamt etwas zu sehr in seinem Defensiv-Denkgefängnis gefangen. Alle seine Trainingsinhalte laufen, wenn man es realisiert, immer wieder auf diesen Defensivtouch hinaus. Ich hoffe, daß diese Saison Verpflichtungen gelungen sind und noch gelingen, die quasi eine eingebaute Eigendynamik mitbringen, qua Mentalität nach vorne denken und nicht gebremst werden wollen. Gute Ansätze dafür könnte ich gesehen haben. Oder wollte ich sie sehen? Kann auch sein.
Soll ich nochmal wiederholen, was Haller für eine Kante ist? Nee, nicht doch, ich sage nur, er hat einen modesten Körper. Mit diesem bemüht-künstlichen Adjektiv ist bildlich alles gesagt, darüber hinaus artikuliert es natürlich auch die Hoffnung auf adäquate sportliche Leistung. Er ist erstaunlich schnell, hat dabei aber doch einen geschmeidigen Laufstil. Im Strafraum geht er drauf, er will das Tor machen, da hat er Biß und auch gute Reflexe. Recht überraschend fand ich bei diesen Mittelstürmerqualitäten, daß er auf dem Weg zum Tor ansehnlich mitkombiniert, doppelpaßfähig ist und vor allem durchaus auch den besser postierten Mitspieler sieht.
Daichi Kamada hat ja wirklich Massel -einen besseren Paten als Hasebe kann man in der Mannschaft kaum haben. Der kümmert sich wirklich intensivst um seinen Landsmann. In einer Trainingspause, wenn man schon mal etwas verloren herumstehen könnte, hat Hasebe sofort ein Auge auf seinen Zögling, ruft ihn zu sich, erklärt, babbelt, schwatzt mit ihm. Daß da einer im Team ist, der Kamada in allen Belangen bestens integrieren kann, ist eine prima Fügung, war vielleicht sogar ausschlaggebend, diesen Transfer zu realisieren. Er ist ein technisch sehr veranlagter Spieler, der tatsächlich ein Auge hat für besondere Anspiele. Er ist ebenfalls flott unterwegs, spielt abgeklärt und ruhig. Er findet immer eine gute Lösung. Insgesamt meint man, einen überschlanken Stendera spielen zu sehen. Von dem ich übrigens viel halte und der in den wenigen Trainingseinheiten schon wieder einen hervorragenden Eindruck hinterläßt. Beide, Stendera und Kamada, verlieren kaum Bälle, denn sie haben die Technik, Bälle auch unter Bedrängnis anzunehmen, zu verarbeiten und auch sicher weiterzugeben, weil sie die Position von Freund und Feind im Raum mit Rundumblick erfassen können.
Und wo ich bei diesen Mittelfeldstrategen und Paßgebern bin: in dieser Hinsicht und völlig überraschend für mich hat sich im Training Nelson Mandela Mbouhom präsentiert. Ich habe seinen Werdegang ziemlich intensiv verfolgt und so wirklich überzeugt hat er mich selten. Ich sah ihn immer als Stürmer mit gutem Schuß, nicht wirklich laufstark, gerne mal leicht überheblich. Auf die wirklichen Augenblicke,die seinen Riesentalent-Status bestätigen würden, habe ich immer vergeblich gewartet. Jetzt hat er mich erwischt mit einem wunderbaren Aufbauspiel aus der Zentrale heraus. Zusammen mit Stendera hat er ein zwingendes Kombinations -und Paßspiel aufgezogen - sehr ansehnlich. Da haben wir -mit Kamada- drei wirklich vielversprechende Jungs im Kader für die kreativen Momente. Und noch eine kleine, feine Anmerkung zu Nelson Mandela: da unser Dolmetsch und Sprachlehrer, der gude Herr Gödde beim Training momentan fast ausschließlich für Ordonez übersetzt, übernimmt dies für Monsieur Haller eben Nelson, geborener Camerooner und damit französischer Sprache mächtig. Überhaupt schön zu sehen, wie diese verschiedenen Zungen alle zusammen babbeln. Babylonisch. Und mitten drin noch Österreichisch vom Luisser Klaus. Grandios.
Warum ich bei Luka Jovic immer an einen schmächtigen Jüngling dachte, muß damit zusammenhängen, daß ihm der Ruf eines Wunderkindes bei Roter Stern Belgrad anhing, welches für etliche Milliönchen sehr früh nach Lissabon wechselte. Das ergab in meinem Hirn ein halbes Hemd a la Halilovic oder Gacinovic, eben Luka Jovic.
Jedenfalls weit gefehlt. Der ist ein stämmiger Typ Marke Kraftpaket, Beine wie Säulen, unterhalb der Knie wie Bierfässer. Der hat ein Fundament, da kann man sich niemals eine Verletzung vorstellen. Wer sich ihn bildlich vorstellen will, ruft einfach Rebic aus seiner Erinnerung hoch, zieht vier Lebensjahre ab und 4-5cm Körperlänge -fertig ist der Jovic. Technisch hervorragend wie eben die meisten Jugos, nicht ganz so wuchtig wie Rebic, aber immer noch genügend Körper, scheint er mir insgesamt ein Mittelstürmer wie Haller zu sein -nur einen Kopf kleiner. Er bekommt während des Trainings direkte landsmännische Ansprache von Kovac, kurze, knappe Sätze oder Zurufe, die er mit unmerklichem Nicken quittiert. Ich will mir einfach vorstellen, daß, wenn schon Rebic ein Kovac-Zögling war, Jovic in ebendiese Fußstapfen tritt und seine Entwicklung gewaltig jugomäßige Fahrt aufnimmt. Warum er bei Benfica so garnichts abrufen konnte, ist sehr merkwürdig. Großes Potential hat er auf jeden Fall.
Auf Danny da Costa bin ich echt gespannt. Er ist einer der wenigen Jugendspieler, deren Entwicklung ich gezielt verfolgt habe. Er ist mir damals, 2010, aufgefallen, als er mit Leverkusen im Endspiel um die Deutsche U17-Meisterschaft gegen die Eintracht (mit Kittel, Dudda, Hien, Wille u.a.) stand, am Bornheimer Hang. Er hat damals Innenverteidiger gespielt und war bester Mann auf dem Platz. Seinen Werdegang wollte ich weiterverfolgen. Nunja, mit diesem U17-Jahrgang war es nicht weit her, außer da Costa und Kittel sind alle anderen Namen jedenfalls von der größeren Bühne verschwunden. Wie alle wissen, ist da Costa mal mindestens ein solider Zweitligaspieler mit folgender Erstligastation, die auch passabel war. Sein Rückruf nach Leverkusen letzte Saison war leider durch eine schweren Verletzung völlig mißraten und somit außer Wertung. Nun also mit fast 24 Jahren bei uns. Ihm ist bestimmt klar, daß es jetzt höchste Zeit für ihn wird. Gute Voraussetzung, sich reinzuknien. Er ist ein Schrank, hier paßt wieder die (Abwehr)Kante, kopfballstark, schnell, kein hibbeliger Neuling, sondern durchaus mit Routine und Abgeklärtheit. Bin gespannt, was man mit ihm plant. Sieht aus, als könnte er auf Anhieb Stamm spielen -aber das ist Chandlers Platz. Echt zwickmühlig.
Noch ein Schrank-Stürmer. Renat Dadashov ist mit seinen gerade mal 18 Jahren tatsächlich fast schon so groß und breit wie Haller. Er ist nicht ganz so schnell und geschmeidig wie der halbivorische Haller, aber natürlich wuchtig. Seine Gewalt und Gestalt haben ihm in der Jugend natürlich große Vorteile verschafft. Bleibt abzuwarten, wie seine Entwicklung unter Profitraining und Einsatz in der neuen U19 weitergeht. Wäre schön und zweckdienlich, wenn eine starke U19 mal wenigstens in der Südstaffel vorne mitmischen könnte.
Selbe Einschätzung für Noel Knothe. Hier füge ich ein, daß er aufgrund seiner Spielposition etwas näher am Profikader sein könnte, sage aber auch einschränkend, daß ich ihn öfter in U19-Spielen gesehen habe, genauso wie Zorba als Innenverteidiger. Möglicherweise hat Knothe im Vergleich einen kleinen Pluspunkt, aber viel haben sich die beiden nicht gegeben. Muß nix heißen, kann was heißen. Die individuelle Entwicklung der Jungs ist von viel Zufall und Glück abhängig, Fleiß und Beharrlichkeit selbstverständliches ein must have.
Gelson Fernandes wird uns guttun. Zunächst war ich fast bißchen erschrocken über die Verpflichtung, habe mich dann aber schnell an unsere Rückrundenmisere erinnert und was uns da gefehlt hat, nämlich Ruhe, Routine und Abgeklärtheit, jemanden, der auch den zwar zweikampfstarken, aber wenig strategischen Mascarell etwas in Bahnen lenkt und damit effektiver macht. Man hat mir zwar dauernd was von Huszti erzählt, aber das war definitiv nie mein Spieler. Dem hat irgendwas gefehlt, irgendetwas verbindendes, er war ein Einzelgänger, hat nie gelacht, sturer Typ, kein Mannschaftstyp. Hab immer gedacht, 50km-Gehen wäre die richtige Sportart für ihn gewesen, am besten in China. Gegenteil Fernandes, wie vielfältig beschrieben ein polyglotter Mensch, keinerlei Berührungsängste, freundlich, lächelnd, da hat man als Beobachter sofort ein positives Gefühl. In seiner Laufarbeit werden Rode-Anklänge wach, aber nicht dieses scharfe Geacker, sondern auch hier wieder die Geschmeidigkeit, die diese negroiden Jungs eben in den Genen haben.
Genauso wird es mit Jonathan de Guzman sein. Selbes Alter, derselbe sportliche Werdegang mit klangvollen Stationen, also Erfahrung im Quadrat. Daß man zwei solche Routiniers verpflichtet, muß die Quintessenz aus der Analyse zumindest der horrenden Rückrunde sein. Sportvorstand, Sportdirex und Chefcoach haben eindeutige Beschlüsse gefasst und eben fürs Mittelfeld keine jungen Talente, sondern routinierte, erfahrene Spieler geordert.
Und haben die Eintracht noch etwas internationaler gemacht. Ich finde das klasse. Ich finde, daß dieser bunte Haufen, diese united colours, der Stadt Frankfurt wunderbar zu Gesicht stehen. Es ist ein besonderes Merkmal, unter dem man den Verein wahrnimmt, nochmal verstärkt unter dem Namen Eintracht, was ja bekanntlich ein friedliches Miteinander bedeutet. Egal wer auf der Welt mal nach Eintracht Frankfurt googelt, wird auf die Internationalität dieses Vereins stoßen und im besten Fall feststellen, daß sogar ein Landsmann bei uns kickt.
Schönschönschön.
Und zuguter Letzt……mein Taxifahrer hat eindeutig gesagt, daß noch ein Mittelfeldspieler kommt (an diese Planstelle kann man mit Guzman wohl einen Haken machen), desweiteren ein Innenverteidiger und ein Flügelspieler, ganz gewiß. Und auch danach die Augen weiterhin offenhält. Ich sehe es vor mir, wie unsere weltweite Scout-Squad täglich die Verantwortlichen mit Vorschlägen bombardiert. Die Schubladen, in denen vorher das einsame Kicker-Sonderheft, ein paar handgeschriebene Notizzettel von Bruchhagen und die Visitenkärtchen diverser Berater vergilbten, quellen über. Eigentlich wäre bei der momentanen Konstellation die Verpflichtung eines US-Spielers eine fast schon zwingende Maßnahme. Auf geht´s Matthias Hamann, Vorschläge.
manchmal macht einen dieses Forum ziemlich müde, bei allem, was hier so geschrieben wird. Und dann kommst du um die Ecke und haust hier wieder so einen Krümel raus und dann weiß man plötzlich wieder, warum es doch ziemlich gut ist, dass es dieses Forum gibt. Danke Dir für die Arbeit, deine Beobachtungen und deine pointierten Text. Sehr informativ und dabei sehr unterhaltsam! Bei deiner Beschreibung von Huszti musste ich wirklich laut lachen, weil dieser Satz so treffend ist:
"Hab immer gedacht, 50km-Gehen wäre die richtige Sportart für ihn gewesen, am besten in China."
Alles in allem ein weltklasse Beitrag!
Spaß beiseite, toller Bericht, wusste gar nicht, dass die heute schon trainiert haben
Vielen, vielen Dank uaa!
manchmal macht einen dieses Forum ziemlich müde, bei allem, was hier so geschrieben wird. Und dann kommst du um die Ecke und haust hier wieder so einen Krümel raus und dann weiß man plötzlich wieder, warum es doch ziemlich gut ist, dass es dieses Forum gibt. Danke Dir für die Arbeit, deine Beobachtungen und deine pointierten Text. Sehr informativ und dabei sehr unterhaltsam! Bei deiner Beschreibung von Huszti musste ich wirklich laut lachen, weil dieser Satz so treffend ist:
"Hab immer gedacht, 50km-Gehen wäre die richtige Sportart für ihn gewesen, am besten in China."
Alles in allem ein weltklasse Beitrag!
Spaß beiseite, toller Bericht, wusste gar nicht, dass die heute schon trainiert haben
Man könnte also das entstandene Vakuum mit ersten Eindrücken füllen, die sich in den vergangenen öffentlichen Trainingseinheiten angesammelt haben. Etwa zehn Stunden Beobachtung haben sich addiert, eine zugegeben arg kurze Zeit, deshalb sollen es auch nur Eindrücke, Momentaufnahmen, Randnotizen sein, keinesfalls Bewertungen.
Selbstverständlich fallen sie trotzdem durchweg positiv auf, wie das bei mir gewohnt ist. Im real life bin ich eher als Realist, weiter Skeptiker, noch weiter Knodderer bekannt. Merkwürdigerweise ist das im absurden Fußballgeschäft völlig anders, hier wird bei mir vor der Saison alles von Hoffnung überwuchert, jeder neue Spieler bekommt jede Menge Kredit, wird positiv betrachtet, mindestens bis einige Wochen in den Spielbetrieb hinein. Dann allerdings hat er schnell gelitten, wenns `ne Gurke ist.
Ich bin ja ein absoluter Freund von Fluktuation. Dieser jahrelange zähe Stillstand innerhalb der Mannschaft mit ewigen Verlängerungen der Verträge hat mich genervt, hat keinen Konkurrenzkampf geschürt, hat Couchfeeling gefördert. Deshalb kommt mir das extreme Gemixe der letzten Saison und auch die diesjährigen Personalrochaden sehr zupass. Außerdem sehe ich einen Plan. Letztens noch viele Leihen, die bei Gefallen für die nächste Saison nicht kalkulierbar waren, aktuell Leihen, dann aber mit Kaufoption, zunehmend aber auch Käufe.
Kovac also mit seinen Co-Trainern, Fitnesscoaches und Physios: vorbereitet in jedem Detail, stringenter Plan, durchgeführt mit Trillerpfeife und Stoppuhr, minutiöser Ablauf, eng getaktet, nach jedem Trainingssegmentchen unbedingt Ohrläppchen-Blutentnahme bei ausgesuchten Spielern über die gesamte Trainingssession, Disziplin ohne Ende. Man ertappt sich dabei, wie man darüber sinniert, wie es sich wohl so als Spieler anfühlt, von diesen Schäferhunden eingekreist zu sein.
Und er läßtt wieder erkleckliche Umfänge trainieren. Unter zwei Stunden geht fast nichts. Am Montagnachmittag und auch am Mittwochnachmittag, es war ja knallheiß, und man dachte, speziell am Mittwoch, sie fliegen Donnerstag früh, drei Stunden vorher am Flughafen, also ungefähr fünf Uhr, man dachte, jetzt läßt er`s nach zwei Stunden Training mal gut sein, da zogen die Jungs noch ihre Laufschuhe an und liefen noch `ne knappe Stunde im Wald.
Fest steht für mich, daß Kovac hier absolut hingebungsvoll arbeitet, daß er jede Menge Mühe, Arbeit und Empathie investiert und damit alle seine Vorgänger der letzten zwanzig Jahre weit in den Schatten stellt.
Ob das genügt, besseren Erfolg zu schaffen? Ich persönlich sehe ihn insgesamt etwas zu sehr in seinem Defensiv-Denkgefängnis gefangen. Alle seine Trainingsinhalte laufen, wenn man es realisiert, immer wieder auf diesen Defensivtouch hinaus. Ich hoffe, daß diese Saison Verpflichtungen gelungen sind und noch gelingen, die quasi eine eingebaute Eigendynamik mitbringen, qua Mentalität nach vorne denken und nicht gebremst werden wollen. Gute Ansätze dafür könnte ich gesehen haben. Oder wollte ich sie sehen? Kann auch sein.
Soll ich nochmal wiederholen, was Haller für eine Kante ist? Nee, nicht doch, ich sage nur, er hat einen modesten Körper. Mit diesem bemüht-künstlichen Adjektiv ist bildlich alles gesagt, darüber hinaus artikuliert es natürlich auch die Hoffnung auf adäquate sportliche Leistung. Er ist erstaunlich schnell, hat dabei aber doch einen geschmeidigen Laufstil. Im Strafraum geht er drauf, er will das Tor machen, da hat er Biß und auch gute Reflexe. Recht überraschend fand ich bei diesen Mittelstürmerqualitäten, daß er auf dem Weg zum Tor ansehnlich mitkombiniert, doppelpaßfähig ist und vor allem durchaus auch den besser postierten Mitspieler sieht.
Daichi Kamada hat ja wirklich Massel -einen besseren Paten als Hasebe kann man in der Mannschaft kaum haben. Der kümmert sich wirklich intensivst um seinen Landsmann. In einer Trainingspause, wenn man schon mal etwas verloren herumstehen könnte, hat Hasebe sofort ein Auge auf seinen Zögling, ruft ihn zu sich, erklärt, babbelt, schwatzt mit ihm. Daß da einer im Team ist, der Kamada in allen Belangen bestens integrieren kann, ist eine prima Fügung, war vielleicht sogar ausschlaggebend, diesen Transfer zu realisieren. Er ist ein technisch sehr veranlagter Spieler, der tatsächlich ein Auge hat für besondere Anspiele. Er ist ebenfalls flott unterwegs, spielt abgeklärt und ruhig. Er findet immer eine gute Lösung. Insgesamt meint man, einen überschlanken Stendera spielen zu sehen. Von dem ich übrigens viel halte und der in den wenigen Trainingseinheiten schon wieder einen hervorragenden Eindruck hinterläßt. Beide, Stendera und Kamada, verlieren kaum Bälle, denn sie haben die Technik, Bälle auch unter Bedrängnis anzunehmen, zu verarbeiten und auch sicher weiterzugeben, weil sie die Position von Freund und Feind im Raum mit Rundumblick erfassen können.
Und wo ich bei diesen Mittelfeldstrategen und Paßgebern bin: in dieser Hinsicht und völlig überraschend für mich hat sich im Training Nelson Mandela Mbouhom präsentiert. Ich habe seinen Werdegang ziemlich intensiv verfolgt und so wirklich überzeugt hat er mich selten. Ich sah ihn immer als Stürmer mit gutem Schuß, nicht wirklich laufstark, gerne mal leicht überheblich. Auf die wirklichen Augenblicke,die seinen Riesentalent-Status bestätigen würden, habe ich immer vergeblich gewartet. Jetzt hat er mich erwischt mit einem wunderbaren Aufbauspiel aus der Zentrale heraus. Zusammen mit Stendera hat er ein zwingendes Kombinations -und Paßspiel aufgezogen - sehr ansehnlich. Da haben wir -mit Kamada- drei wirklich vielversprechende Jungs im Kader für die kreativen Momente. Und noch eine kleine, feine Anmerkung zu Nelson Mandela: da unser Dolmetsch und Sprachlehrer, der gude Herr Gödde beim Training momentan fast ausschließlich für Ordonez übersetzt, übernimmt dies für Monsieur Haller eben Nelson, geborener Camerooner und damit französischer Sprache mächtig. Überhaupt schön zu sehen, wie diese verschiedenen Zungen alle zusammen babbeln. Babylonisch. Und mitten drin noch Österreichisch vom Luisser Klaus. Grandios.
Warum ich bei Luka Jovic immer an einen schmächtigen Jüngling dachte, muß damit zusammenhängen, daß ihm der Ruf eines Wunderkindes bei Roter Stern Belgrad anhing, welches für etliche Milliönchen sehr früh nach Lissabon wechselte. Das ergab in meinem Hirn ein halbes Hemd a la Halilovic oder Gacinovic, eben Luka Jovic.
Jedenfalls weit gefehlt. Der ist ein stämmiger Typ Marke Kraftpaket, Beine wie Säulen, unterhalb der Knie wie Bierfässer. Der hat ein Fundament, da kann man sich niemals eine Verletzung vorstellen. Wer sich ihn bildlich vorstellen will, ruft einfach Rebic aus seiner Erinnerung hoch, zieht vier Lebensjahre ab und 4-5cm Körperlänge -fertig ist der Jovic. Technisch hervorragend wie eben die meisten Jugos, nicht ganz so wuchtig wie Rebic, aber immer noch genügend Körper, scheint er mir insgesamt ein Mittelstürmer wie Haller zu sein -nur einen Kopf kleiner. Er bekommt während des Trainings direkte landsmännische Ansprache von Kovac, kurze, knappe Sätze oder Zurufe, die er mit unmerklichem Nicken quittiert. Ich will mir einfach vorstellen, daß, wenn schon Rebic ein Kovac-Zögling war, Jovic in ebendiese Fußstapfen tritt und seine Entwicklung gewaltig jugomäßige Fahrt aufnimmt. Warum er bei Benfica so garnichts abrufen konnte, ist sehr merkwürdig. Großes Potential hat er auf jeden Fall.
Auf Danny da Costa bin ich echt gespannt. Er ist einer der wenigen Jugendspieler, deren Entwicklung ich gezielt verfolgt habe. Er ist mir damals, 2010, aufgefallen, als er mit Leverkusen im Endspiel um die Deutsche U17-Meisterschaft gegen die Eintracht (mit Kittel, Dudda, Hien, Wille u.a.) stand, am Bornheimer Hang. Er hat damals Innenverteidiger gespielt und war bester Mann auf dem Platz. Seinen Werdegang wollte ich weiterverfolgen. Nunja, mit diesem U17-Jahrgang war es nicht weit her, außer da Costa und Kittel sind alle anderen Namen jedenfalls von der größeren Bühne verschwunden. Wie alle wissen, ist da Costa mal mindestens ein solider Zweitligaspieler mit folgender Erstligastation, die auch passabel war. Sein Rückruf nach Leverkusen letzte Saison war leider durch eine schweren Verletzung völlig mißraten und somit außer Wertung. Nun also mit fast 24 Jahren bei uns. Ihm ist bestimmt klar, daß es jetzt höchste Zeit für ihn wird. Gute Voraussetzung, sich reinzuknien. Er ist ein Schrank, hier paßt wieder die (Abwehr)Kante, kopfballstark, schnell, kein hibbeliger Neuling, sondern durchaus mit Routine und Abgeklärtheit. Bin gespannt, was man mit ihm plant. Sieht aus, als könnte er auf Anhieb Stamm spielen -aber das ist Chandlers Platz. Echt zwickmühlig.
Noch ein Schrank-Stürmer. Renat Dadashov ist mit seinen gerade mal 18 Jahren tatsächlich fast schon so groß und breit wie Haller. Er ist nicht ganz so schnell und geschmeidig wie der halbivorische Haller, aber natürlich wuchtig. Seine Gewalt und Gestalt haben ihm in der Jugend natürlich große Vorteile verschafft. Bleibt abzuwarten, wie seine Entwicklung unter Profitraining und Einsatz in der neuen U19 weitergeht. Wäre schön und zweckdienlich, wenn eine starke U19 mal wenigstens in der Südstaffel vorne mitmischen könnte.
Selbe Einschätzung für Noel Knothe. Hier füge ich ein, daß er aufgrund seiner Spielposition etwas näher am Profikader sein könnte, sage aber auch einschränkend, daß ich ihn öfter in U19-Spielen gesehen habe, genauso wie Zorba als Innenverteidiger. Möglicherweise hat Knothe im Vergleich einen kleinen Pluspunkt, aber viel haben sich die beiden nicht gegeben. Muß nix heißen, kann was heißen. Die individuelle Entwicklung der Jungs ist von viel Zufall und Glück abhängig, Fleiß und Beharrlichkeit selbstverständliches ein must have.
Gelson Fernandes wird uns guttun. Zunächst war ich fast bißchen erschrocken über die Verpflichtung, habe mich dann aber schnell an unsere Rückrundenmisere erinnert und was uns da gefehlt hat, nämlich Ruhe, Routine und Abgeklärtheit, jemanden, der auch den zwar zweikampfstarken, aber wenig strategischen Mascarell etwas in Bahnen lenkt und damit effektiver macht. Man hat mir zwar dauernd was von Huszti erzählt, aber das war definitiv nie mein Spieler. Dem hat irgendwas gefehlt, irgendetwas verbindendes, er war ein Einzelgänger, hat nie gelacht, sturer Typ, kein Mannschaftstyp. Hab immer gedacht, 50km-Gehen wäre die richtige Sportart für ihn gewesen, am besten in China. Gegenteil Fernandes, wie vielfältig beschrieben ein polyglotter Mensch, keinerlei Berührungsängste, freundlich, lächelnd, da hat man als Beobachter sofort ein positives Gefühl. In seiner Laufarbeit werden Rode-Anklänge wach, aber nicht dieses scharfe Geacker, sondern auch hier wieder die Geschmeidigkeit, die diese negroiden Jungs eben in den Genen haben.
Genauso wird es mit Jonathan de Guzman sein. Selbes Alter, derselbe sportliche Werdegang mit klangvollen Stationen, also Erfahrung im Quadrat. Daß man zwei solche Routiniers verpflichtet, muß die Quintessenz aus der Analyse zumindest der horrenden Rückrunde sein. Sportvorstand, Sportdirex und Chefcoach haben eindeutige Beschlüsse gefasst und eben fürs Mittelfeld keine jungen Talente, sondern routinierte, erfahrene Spieler geordert.
Und haben die Eintracht noch etwas internationaler gemacht. Ich finde das klasse. Ich finde, daß dieser bunte Haufen, diese united colours, der Stadt Frankfurt wunderbar zu Gesicht stehen. Es ist ein besonderes Merkmal, unter dem man den Verein wahrnimmt, nochmal verstärkt unter dem Namen Eintracht, was ja bekanntlich ein friedliches Miteinander bedeutet. Egal wer auf der Welt mal nach Eintracht Frankfurt googelt, wird auf die Internationalität dieses Vereins stoßen und im besten Fall feststellen, daß sogar ein Landsmann bei uns kickt.
Schönschönschön.
Und zuguter Letzt……mein Taxifahrer hat eindeutig gesagt, daß noch ein Mittelfeldspieler kommt (an diese Planstelle kann man mit Guzman wohl einen Haken machen), desweiteren ein Innenverteidiger und ein Flügelspieler, ganz gewiß. Und auch danach die Augen weiterhin offenhält. Ich sehe es vor mir, wie unsere weltweite Scout-Squad täglich die Verantwortlichen mit Vorschlägen bombardiert. Die Schubladen, in denen vorher das einsame Kicker-Sonderheft, ein paar handgeschriebene Notizzettel von Bruchhagen und die Visitenkärtchen diverser Berater vergilbten, quellen über. Eigentlich wäre bei der momentanen Konstellation die Verpflichtung eines US-Spielers eine fast schon zwingende Maßnahme. Auf geht´s Matthias Hamann, Vorschläge.
Aber dann....
Danke für diesen tollen Text, das macht so richtig lust auf mehr, lust auf den Saisonstart!
Bisher war es bei mir nur die Hoffnung, dass mit den Neuverpflichtungen ein schlagkräftiges Team entsteht. Nach deinem Text ist es fast schon Gewissheit für mich. Mögen sie alle von einer schwierigen Saison faseln. Für welche Teams es so kommen wird, entscheidet aber nicht ausschließlich das Geld, sondern der Esprit der Verantwortlichen. So wie offensichtlich Kovac einen Plan für die Trainingsarbeit hat, sieht man eine planvolle Entwicklung der Mannschaft.
Normalerweise scheue ich solch langen Texte, diesen habe ich aber aufgesogen. Ein Highlight in der trostlosen Sommerpause. Freue mich jetzt noch mehr auf die Saison.
Gegen das lieblose hingerotze in unseren Zeitungen sind deine Berichte geradezu eine Offenbarung!
Weil es Menschen wie dich gibt,die mit vollem Engagement und Herzblut Adler sind, sind wir der geilste Verein der Welt!
Vielen Dank
Danke dafür!
Und ich warte immer noch auf Dein Buch über die Eintracht.
Einer von zahllosen wunderbaren und Zuversicht verbreitenden Sätzen. Einsame Klasse. Danke!
Darüber musste ich mal kurz lachen...
Wie immer super geschriebene Trainingskrümel von uaa... Ach was, das waren keine Krümel sondern ne doppelstöckige Torte...