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Zusammen. Zusammen. (Momentaufnahme nach dem Spiel gegen Hoppenheim)

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rotundschwarz schrieb:
Ich habe mein ganzes bisheriges Leben mit der Eintracht verbracht. Ich lebe und leide und - ja auch das kommt vor    - bin glĂŒcklich und ĂŒberschwĂ€nglich mit ihr. Ich hab mich nach dem Spiel gegen Schalke im Stadion so allein gefĂŒhlt wie nie zuvor und darĂŒber auch einen kurzen Text ins Forum gestellt, in den Kommentaren konnte man erkennen: Es ging vielen genauso.

Gestern habe ich das Stadion so glĂŒcklich wie lange nicht mehr verlassen. Euphorisch. Strahlend. Und ich denke: Auch damit war ich nicht allein. Ja – das war schlimm in den ersten fĂŒnfundzwanzig Minuten, eine desolate, schlaffe Leistung, hĂŒpfende Hoppenheimer, Funkel-raus-Rufe aus der Kurve (die waren anscheinend vom Boykott ausgenommen), zynische Kommentare, meine Rufe „Eintracht, Eintracht“ klangen wie die einer Ertrinkenden. Und dann… der Wendepunkt. Chris nimmt das Spiel auf dem Platz in die Hand – und die Eintrachtler auf den RĂ€ngen entdecken sich und ihre Kraft wieder neu. Mit dem Abpfiff der ersten HĂ€lfte war ich mir sicher: Wir werden dieses Spiel nicht verlieren.

Und so war es. Die zweite Halbzeit: Eine einzige Welle von Leidenschaft, Hingabe, Willen. Schreien, Anfeuerungsrufen, Klatschen, Aufspringen, Rufe auf den Platz – alles, alles da. Die Hoppenheimer (wir sitzen ganz in der NĂ€he des gegnerischen Fanblocks) regelrecht paralysiert (oder schien mir das nur so?). Der Funke vom Spielfeld springt auf die RĂ€nge und wieder zurĂŒck. Die Jungs auf dem Platz kĂ€mpfen und die Jungs auf dem Platz spielen – sie spielen Fußball, tatsĂ€chlich! – die zweite Halbzeit war spielerisch mit Abstand die beste Leistung, die ich in dieser Saison von unserer Mannschaft gesehen habe. Chris, der das Heft in die Hand nimmt, BĂ€lle verteilt, ĂŒberall ist, Gegenspieler ablĂ€uft, immer in der VorwĂ€rtsbewegung ist, Sebastian Jung in seinem ersten Spiel von Anfang an – mutig, laufstark. Steinhöfer, der immer besser ins Spiel kommt, ein ums andere Mal seine Mitspieler mit klugen PĂ€ssen ins Spiel bringt. Alex Meier, der sich endlich, endlich wieder etwas zutraut – Kurzpasskombinationsspiel mit Ümit, mit Martin, mit Markus. „Alex Meier. Alex Meier“, schreie ich. Ü ĂŒ ĂŒ ĂŒ ĂŒ ĂŒ  - verstolpert den Ball, fĂ€llt, steht wieder auf, holt sich den Ball zurĂŒck, holt eine Ecke raus. Die ganze Gegengerade scheint zu beben. Auch in der Westkurve regt sich wieder Leben.  Fink, der die Löcher stopft, weil Chris jetzt mehr nach vorne arbeitet. Martin zieht ab. Kollektiver Aufschrei – der Ball springt von der Lattenunterkante wieder ins Feld. Meier zieht ab – Toooooooooooooooor – das MUSS es doch gewesen sein. Ich fass es nicht. Vorbei. Zentimeter vorbei. Stöhnen. Ok. Weiter. Wir gewinnen jetzt jeden, wirklich jeden Zweikampf. Jeder setzt nach. Auch der (wie ich heute lese) viel gescholtene Petkovic – lĂ€uferisch hat er gegen Weiss & co das ein oder andere Mal das Nachsehen, steht falsch zum Ball, lĂ€sst sich versĂ€ckeln – er holt sich den Ball IMMER zurĂŒck, drischt ihn im Zweifelsfall einfach raus. Das sind also die viel gelobten Hoppenheimer?! Da liegt schon wieder einer und spielt toter Mann. („Steh auf!“ "Telefon...!" „In zwa Minute springt der widder.“  **gg) Nix, aber auch gar nix ist in der zweiten HZ von ihnen zu sehen – und das liegt vor allem daran, weil wir es gar nicht dazu kommen lassen. Einmal, einmal ist Eduardo (oder war es Wellington?) durch …. Haarerauf…. Er verzieht. Jetzt, jetzt werden wir dieses Spiel auch gewinnen. Bis zur letzten Sekunde hoffe ich, dass das Ende meines VorberichtsmĂ€rchen sich tatsĂ€chlich erfĂŒllt: Martin wird den Siegtreffer in der Nachspielzeit erzielen. Eintracht, Eintracht. Alle um mich herum sind aufgesprungen. Noch ein letzter Freistoß aus der eigenen HĂ€lfte. Aber… dazu kommt es nicht mehr. Abpfiff. Tief Luft holen. Schade, schade. Mensch. Das Ding hĂ€tten wir gewinnen mĂŒssen. MĂŒssen. Egal. Egal? Ja tatsĂ€chlich. In diesem Moment fast egal – was fĂŒr ein grandioses Spiel. Mein Mitadler, mein Sitznachbar und ich klatschen uns ab. Ich zittere am ganzen Leib…die Stimmung…Meier…

Beim Abgang aus dem Block noch ein kurzes GesprĂ€ch mit FrĂ€ulein Adler. Wir sprudeln ĂŒber von unseren Erlebnissen. Ja, ja, genauso war's. Was fĂŒr furiose 45 Minuten. Ok. Dann holen wir den Dreier halt in Leverkusen. Wir wandern ab, froh, leichten Herzens, erfĂŒllt von dem Erlebten. Rechts schwenkt gerade ein kleiner Trupp trommelnder (**gg) Hoppenheimer nach rechts. Who cares? Lasst sie hinziehen, wohin immer sie wollen. Ihr seid Hoppenheim – aber wir, wir sind Eintracht!

So war mein Tag gestern im Waldstadion. Ich bin nicht so blauĂ€ugig zu denken, dass jetzt „alles wieder gut ist.“ Ist es nicht. Und bei Licht besehen, hilft uns der Punkt nicht wirklich weiter – es kommen harte Wochen auf uns zu, auf dem Platz und außerhalb. Es wird weiter diskutiert und gestritten werden. Wer weiß, was ist, wenn wir in Leverkusen nicht punkten. Was ist, falls Cottbus heute gewinnt…? Egal was kommt: Gestern haben Mannschaft und Fans sich zusammen aufgebĂ€umt und sich – nein, nicht neu erfunden -  sondern sich wieder gefunden und das gezeigt, was sie sind: Eintracht!


Sehr schön geschrieben.
DrĂŒckst genau mein Empfinden aus. Dem ist nichts mehr hinzuzufĂŒgen
Ich fand den Glauben an die Fans zurĂŒck.

       
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Vielen Dank! Das ist ein sehr schöner Text! Da kann man sehen, dass allein der Galueb an etwas schon helfen kann!  

EF-92


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