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Die SGE-Matrix reloaded, Teil 2: SGE-HSV

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Hallo Matrix-Freunde,

Die Leistung gegen den HSV sei „gut“ gewesen, „bis auf die zwei Standards“, so unser Übungsleiter heute (bzw. morgen) in der FR (http://www.fr-online.de/sport/eintracht-frankfurt/ruhe-ist-die-erste-buergerpflicht/-/1473446/4604510/-/index.html).

Gut? Hmm, aber vielleicht auch nicht so schlecht, wie sie manche hier im Forum gesehen haben. Dies, hoffe ich, zeigt die heutige Folge der „SGE-Matrix“.

1. Die Matrix der Zu-und Abspiele

Tabelle 1: Matrix des Passpiels der Partie SGE:HSV (28.08.2010)



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Die Matrix zeigt zunächst einmal, dass  die Passquote gegen den HSV deutlich niedriger war als eine Woche zuvor gegen Hannover (insgesamt 394 statt 528 Pässe). Hierin spiegelt sich die Stärke des Gegners, der deutlich mehr Ballbesitz hatte als wir.  

Die Fehlpassquote ist vergleichbar niedrig wie in Hannover (19/17%). Zum Vergleich: Letzte Saison betrug die Fehlpassquote beim Spiel in Hamburg knapp 30%.  Auf diesem Niveau lagen am letzten Samstag gegen den HSV nur Ochs und Amanatidis (mit einer Fehlpassquote von 30 bzw. 31%).

2. Zentralität und Balleroberung

Die Beteiligung am Passpiel war deutlich gleichmäßiger als im Spiel in Hannover. Kein Spieler war für das Passspiel in vergleichbarer Weise zentral wie Jung und Meier in Hannover.

Erste unter Gleichen waren Schwegler und Franz, es folgen mit geringem Abstand Köhler und Jung (Tabellen 2-4)



Auffällig ist die geringe Zentralität von Ochs. Er liegt auf dem letzten Platz aller Feldspieler (sieht man von den eingewechselten ab) (Tabelle 4). Dies liegt v.a. daran, dass er mit 20 die wenigsten Zuspiele aller Feldspieler erhielt (Tabelle 2).

Bei den Abspielen liegt er mit 33 im Mittelfeld, praktisch auf einem Niveau mit Meier, Russ, Jung und Köhler (Tabelle 3). Damit hat er die mit Abstand beste Balleroberungsquote (Tabelle 5). Seine niederige Zentralität ist also kein Ausdruck mangelnden Einsatzes oder eines schwachen Auftritts.

Interpretieren lassen sich die Zentralitätswerte immer erst im Gesamtzusammenhang der Passwege und der Struktur des Spiels (s.u., 3) Und dieser wird zeigen, dass Ochs' niedrige Zentralität der Spielanlage geschuldet war, die wiederum eine Reaktion auf das Gegnerverhalten war. Das gleiche gilt für die hohe Zentralität von Franz.

Vergleichsweise schwach war abermals die Balleroberung im defensiven Mittelfeld. Schwegler erreicht wieder nur eine Balleroberungsquote von 14 %. Daß er er im Spiel gegen den HSV zentraler war als gegen Hannover, lag  vor allem daran, dass er (anteilsmäßig) mehr Zuspiele erhielt.

Auch Alex Meier liegt mit einer Balleroberungsquote von 14 % unter den Werten, die er letzte Saison regelmäßig im DM aber teilweise auch als OM erzielte. Seine verleichweise niedrige Zentralität im Spiel gegen den HSV lag aber nicht nur daran, sondern auch daran, dass er weniger oft angespielt wurde.


3. Passwege und die Struktur des Spiels

Tabelle 6: Wichtigste Passwege (>=6) in der Partie SGE:HSV (28.08.2010)
Köhler>Altintop 14
Franz>Russ 10
Russ>Köhler 10
Jung>Franz 10
Schwegler>Köhler 10
Russ>Franz 8
Ochs>Jung 7
Franz>Jung 7
Altintop>Köhler 7
Fährmann>Meier 7
Russ>Schwegler 7
Meier>Schwegler 8
Franz>Schwegler 6
Franz>Caio 6
Köhler>Schwegler 6
Jung>Fährmann 6
Jung>Caio 6
Meier>Amanatidis 6
Schwegler>Franz 6
Schwegler>Amanatidis 6
Caio>Amanatidis 6


[IMG">http://a.imageshack.us/img808/1629/netzsgehsv.jpg[/IMG]]

Die wichtigsten Passwege lassen erkennen, dass die linke Seite im Spielaufbeu gegen den HSV eine wesentlich größere Rolle spielte als  unsere eigentliche „Schokoladenseite“, die rechte.

Köhler ist an drei der fünf wichtigsten Passwege beteiligt,  an erster Stelle steht der Passweg Köhler>Altintop (14).

Dieses Übergewicht lag nicht daran, das Jung und Ochs „schwächer“ gewesen wären als Köhler und Altintop.  Eher lag es daran, dass sie stärker mit Defensivaufgaben betraut waren.

Ihre Balleroberungsquoten sind der höchste und dritthöchste des Teams. Außerdem machte der HSV die Räume rechts offensichtlich enger als links, wo sich Pitroipa stärker Richtung Mitte orientierte.

Hierfür spricht Ochs' hohe Fehlpassquote (30 % statt 13 % in Hannover)  und dass sein wichtigster Passweg zurück zu Jung führte (Ochs>Jung 7). Nach vorne war auf der rechten Seite offensichtlich kaum ein Durchkommen.

Jung passte den Ball häufiger zu Franz als dieser zu ihm (Jung>Fanz 10; Franz>Jung). Über Russ wurde dann das Spiel auf die linke Seite verlagert (Franz>Russ 10; Russ>Köhler 10; Köhler>Altintop 14). Und das einzige Tor wurde ja auch durch den LM, Altintop, eingeleitet.

Doch nicht nur über links, auch durch die Mitte versuchte die SGE gegen den HSV nach vorne zu spielen (Meier>Amanatidis 6; Schwegler>Amanatidis 6; Caio>Amanatidis 6).

Allerdings war Amanatidis nicht in der Lage, die Bälle zu behaupten, mit denen ihn die zentralen Mittelfeldspieler versorgten (Fehlpassquote 31%; Zweikampfquote 2/10= 20%).

Abschließende Überlegungen

Die Mannschaft hat im Spiel gegen Hamburg vieles besser gemacht als im Spiel gegen Hannover. Mit der Rückkehr zum 4 5 1 sind die strukturellen Schwächen in der Spielanlage weitgehend behoben.  

Das Spiel insgesamt erscheint variabler. Die linke Seite zeigte sich sogar in der Lage einen Ausfall der rechten Seite für das Offensivspiel ansatzweise zu kompensieren. Das Experiment mit Altintop im linken offensiven Mittelfeld war IMO erfolgreich.

Außerdem waren zentrales Mittelfeld und Offensive wieder verbunden, das Loch im Zentrum beseitigt. Allerdings hat Amanatidis zu viele Bälle im Zentrum verloren. Vielleicht sollte Skibbe es tatsächlich einmal mit Fenin probieren, wenn er wieder fit ist.  

Steigerungsfähig ist immer noch die Balleroberung v.a. im defensiven Mittelfeld und damit das so oft erwähnte schnelle "Umschalten" von Defensive auf Offensive.
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Ausgezeichnet wieder, dankesehr.

Deckt sich wiederum weitgehend mit meinen Beobachtungen, ausdrücklich eingeschlossen die Luft nach oben, die wir auf der Doppel-6 und im Sturmzentrum noch haben. Rode neben Schwegler, Meier hinter der Spitze Fenin, das könnte es sein.
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adlerkadabra schrieb:
Rode neben Schwegler, Meier hinter der Spitze Fenin, das könnte es sein.

werter Herr, du hast meinen Segen
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adlerkadabra schrieb:
Ausgezeichnet wieder, dankesehr.

Deckt sich wiederum weitgehend mit meinen Beobachtungen, ausdrücklich eingeschlossen die Luft nach oben, die wir auf der Doppel-6 und im Sturmzentrum noch haben. Rode neben Schwegler, Meier hinter der Spitze Fenin, das könnte es sein.


Gern geschehen.

Ich würde es auch einmal mit der von Dir vorgeschlagenen Aufstellung probieren, könnte mir vorstellen, dass sie die beste Balance zwischen Kompaktheit in der Defensive und Durchschlagkraft nach vorne hat.
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Vielen Dank für die deine Arbeit! Aber kann es sein, dass in der dritten Abbildung der Passweg Franz-Caio fehlt?

Ich finde es bei der Grafik für dieses Spiel sehr interessant, dass es scheinbar kaum Abspiele aus dem Zentrum (Meier, Schwegler) diagonal auf Ochs bzw. Altintop gegeben hat, mit denen das Spiel eröffnet wurde. Gerade damit hätte man die Schnelligkeit von Ochs nutzen und die Offensive stärken können...
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holli_junior schrieb:
Vielen Dank für die deine Arbeit! Aber kann es sein, dass in der dritten Abbildung der Passweg Franz-Caio fehlt?

Ich finde es bei der Grafik für dieses Spiel sehr interessant, dass es scheinbar kaum Abspiele aus dem Zentrum (Meier, Schwegler) diagonal auf Ochs bzw. Altintop gegeben hat, mit denen das Spiel eröffnet wurde. Gerade damit hätte man die Schnelligkeit von Ochs nutzen und die Offensive stärken können...


Ich danke Dir für Deine interessanten Beobachtungen.
Der Passweg Franz>Caio fehlt im Diagram. Das hasst Du richtig gesehen. Aber das liegt daran, dass in das Diagramm nur die drei wichtigsten Abspiele eines jeden Spielers aufgenommen sind, um so die Grundstruktur der Spielanlage klarer rüberzubringen.

Die beiden wichtigste Anspielstationen von Franz waren Russ (10 Anspiele) und Jung (7 Anspiele). Schwegler und Caio waren gemeinsam sein drittwichtigstes Anspiel (je sechs Anspiele).

Allerdings hat Schwegler sechsmal zu Franz gespielt und Caio nur 2 mal. Deshalb habe ich den Passweg Franz>Schwegler in das Diagram aufgenommen und nicht den  Passweg Franz>Caio.

Bei den drei wichtigsten Abspielen von Ochs musste ich eine ähnliche Abwägung treffen. Denn auch bei ihm lagen zwei Passwege gleichstrak an dritter Position: Ochs>Schwegler und Ochs>Caio (beide 4).

Da war die Abwägung noch schwieriger. Denn auch die Passwege in der Gegenrichtung Schwegler>Ochs und Caio>Ochs haben das gleiche Gewicht (2). Ich habe den Passweg Ochs>Caio in das Diagramm aufgenommen, weil mir sonst Caios Rolle für das Passspiel nicht angemessen repräsentiert erschienen wäre.

Du siehts: Bei der Modellierung der Spielanlage im Passwege-Diagramm muss man manchmal schwierige Abwägungen treffen.

Anders etwa als die Firma, die für die Zeitung der Standard Netztwerkanalysen von Spielen macht (http://derstandard.at/1277337366558/Netzwerkanalyse-Argentiniens-verzweifelte-Ruecklaeufigkeit-und-Deutschlands-dynamisches-Gleichgewicht-in-der-Offensive), nehme ich deshalb auch immer die gesamte Passmatrix mit in das Posting, damit aufmerksame user wie Du, daran überprüfen können, was auf dem Diagramm zu sehen ist.

Was die diagonalen Anspiele aus dem Zentrum auf Ochs und Altintop angeht hast Du recht. Da waren nicht viele.

Zumindest im Fall von Ochs lag das jedoch wohl daran, dass der HSV ziemlich erfolgreich versucht hat Ochs, dessen Schnelligkeit ja bekannt ist, aus dem Spiel zu nehmen. Ein paar Anhaltspunkte dafür habe ich ja genannt.

Bereits letzte Saison in Hamburg hatte der HSV Ochs praktisch aus dem Spiel genommen (http://www.eintracht.de/meine_eintracht/forum/1/11171060,12372951/goto/).
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Super Sache das!

Verständlich erklärt und somit aufschlussreicher Beitrag.
Danke dafür.

T.


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