Und wie lautet das Fazit?Vergleich mit Deutschland. Ist das Pille Palle was in deutschen Stadien abgeht? Naja die Italiener sind halt melodisch. Selbst die Krankenwagen hören sich cool an.
stormfather3001 schrieb: Toller Bericht, interessante Bilder, Danke! Was ein Irrsinn, da muss man kerngesund sein.
Sag mal, Du scheinst gut italienisch sprechen zu können? Also ich war Ende der 80er Jahre 10-14 Tage in Salerno. Urlaub! Mein gröĂtes Problem damals, die Sprachbarriere und die Ăffnungszeiten der Banken? Immer von Pistoleros bewacht! Wenn man kein italienisch konnte, ist man sĂŒdlich von Rom eigentlich nur mit französisch weiter gekommen. Englisch war nicht. Ist das immer noch so? NatĂŒrlich war da auch Pompeij, Herculaneum, Paestum Pflicht und das bei sengender Hitze. Nach Neapel habe ich mich mit 2 blonden Kindern jedoch nicht rein getraut. Naja Camorra usw. war ja auch damals bekannt.
Naja, eigentlich spreche ich kein Wort italienisch  So ein paar ganz rudimentĂ€re Grundkenntnisse eignet man sich mit der Zeit an (ich sag mal so: zum Speisekarte lesen reicht es), zur VerstĂ€ndigung musste aber schon ein Mischmasch aus Englisch, Schulfranzösisch, HĂ€nde, FĂŒĂe und Italienischfetzen herhalten. Wobei ich es mir schlimmer vorgestellt hĂ€tte. In Pisa und Florenz konnte wirklich jeder englisch, im SĂŒden war es da schon schwieriger (teilweise konnten oder wollten Anfang 20jĂ€hrige kein englisch reden), aber auch da kam dann trotzdem eigentlich gut durch
frikadelle-mit-bulette schrieb: Und wie lautet das Fazit?Vergleich mit Deutschland. Ist das Pille Palle was in deutschen Stadien abgeht?
Wozu? Er hat beschrieben, wie es dort war. Und das auf allerhöchstem Niveau. Reicht doch.
Joa. Bin auch kein Freund von groĂen Vergleichen. Unterschiedliche MentalitĂ€t, Kultur etc. Trotzdem ganz kurz, da danach gefragt wurde: Rein auf das Kurvengeschehen bezogen sind nach meinem persönlichen Eindruck - und das ist alles völlig wertfrei - die deutschen Kurven voller, bunter und machen ĂŒberragende Choreos. Und trotzdem hat das alles was von Original gegenĂŒber Kopie. Oder um es völlig ĂŒberspitzt zu sagen, ohne jemandem auf die FĂŒĂe treten zu wollen: In Deutschland stehen kleine Jungs, die einen auf dicke Hose machen. In Italien dicke Hosen, die wieder zu kleinen Jungs mutieren
Mag reichen, könnte zwar wieder drauf los philosophieren, aber in dem Text steht eigentlich genug drin
stormfather3001 schrieb: Toller Bericht, interessante Bilder, Danke! Was ein Irrsinn, da muss man kerngesund sein.
Sag mal, Du scheinst gut italienisch sprechen zu können? Also ich war Ende der 80er Jahre 10-14 Tage in Salerno. Urlaub! Mein gröĂtes Problem damals, die Sprachbarriere und die Ăffnungszeiten der Banken? Immer von Pistoleros bewacht! Wenn man kein italienisch konnte, ist man sĂŒdlich von Rom eigentlich nur mit französisch weiter gekommen. Englisch war nicht. Ist das immer noch so? NatĂŒrlich war da auch Pompeij, Herculaneum, Paestum Pflicht und das bei sengender Hitze. Nach Neapel habe ich mich mit 2 blonden Kindern jedoch nicht rein getraut. Naja Camorra usw. war ja auch damals bekannt.
Naja, eigentlich spreche ich kein Wort italienisch  So ein paar ganz rudimentĂ€re Grundkenntnisse eignet man sich mit der Zeit an (ich sag mal so: zum Speisekarte lesen reicht es), zur VerstĂ€ndigung musste aber schon ein Mischmasch aus Englisch, Schulfranzösisch, HĂ€nde, FĂŒĂe und Italienischfetzen herhalten. Wobei ich es mir schlimmer vorgestellt hĂ€tte. In Pisa und Florenz konnte wirklich jeder englisch, im SĂŒden war es da schon schwieriger (teilweise konnten oder wollten Anfang 20jĂ€hrige kein englisch reden), aber auch da kam dann trotzdem eigentlich gut durch
Gude Italien Experten, ich will evtl. im Mai nĂ€chsten Jahres Rom besuchen (natĂŒrlich mit FuĂball  ) Am Wochenende des 24.05. findet dort das Derby Lazio vs. Roma statt (vorletzter Spieltag) Frage: WeiĂ jemand ob man da als "normalsterblicher Touri" an Karten kommt? Oder soll ich mir lieber ein anderes Wochenende aussuchen? Und noch eine Frage, da ich mich unterhalb der Serie A nicht wirklich auskenne; könnt ihr kleinere Vereine in Rom und Umgebung empfehlen?
da der Bericht im Eröffnungsbeitrag doch regen Zuspruch erhielt, gibt's hier mal einen Nachschlag. Ich entschuldige mich im Vorfeld schonmal, aber aufgrund der Konstellation der Reisegruppe und der SpielplĂ€ne lag der Fokus diesmal auch eher auf Suff. Die Erlebnisse von Samstag Abend habe ich dann auch mal geschickt ausgeblendet. Wer daran Interesse hat kann den kompletten Bericht eventuell noch spĂ€ter (eher nach Saisonende) an anderer Stelle lesen DafĂŒr habe ich aber diesmal eine RechtschreibeprĂŒfung ĂŒber den Text laufen lassen
Anyway, genug das VorgeplÀnkels:
In Zeiten von Pegida, den AnschlĂ€gen in Paris, Boko Haram usw, in denen man beim Zappen durch wahlweise TV, Radio oder www aus dem Kotzen nicht mehr raus kommt, lag nichts nĂ€her als mal wieder einen Reset durchzufĂŒhren und fĂŒr ein Wochenende die ganze ScheiĂe zu vergessen. Das Jahr hat dank eines fiesen HĂ€morrhoidenproblems(Infos, die die Welt nicht braucht :-p) und dem alljĂ€hrlichen Stress zu Jahresbeginn auf der Maloche eh noch nicht sonderlich gut angefangen, so dass das jetzt gerade mal recht kommt. Da am Freitagabend mein Vater noch Geburtstag feierte, das Derby fĂŒr gewöhnlich Sonntags 15 Uhr angepfiffen wird und allerspĂ€testens Dienstag wieder auf der Arbeit angetanzt werden musste, war schon im Vorfeld klar, dass fĂŒr das Rahmenprogramm mal keine weiteren Kicks angedacht waren (war zeitlich eh nix kombinierbar) sondern das Augenmerk auf den Ausbau der zwischenmenschlichen Beziehungen lag.
Samstag morgens sollte uns - war ich bei der letzten Italientour noch alleine unterwegs, sollte die Reisegruppe diesmal aus neun (!) Personen bestehen (8x SGE und ein Quotenlautrer) - der heimatvereinseigene 9er mal wieder zur Airbase HunsrĂŒck fĂŒhren, immerhin fĂŒr mich das vierte Mal innerhalb der letzten beiden Monate, herzlichen GlĂŒckwunsch. Vor Abfahrt sagte allerdings der TourĂ€lteste aus gesundheitlichen GrĂŒnden ab, kacke, also nur noch zu acht.
(...)
Sicher steuerte ich unser Vehikel durch den idyllischen HunsrĂŒck zum Hahn, von wo aus wir nach ruhigem Flug ohne jegliche Vorkommnisse Rom bei strahlendem Sonnenschein erreichten. Nach einer Runde Memory und zwei Kannen Tee fielen wir auch recht zetig in einen erholsamen Schlaf, schlieĂlich wollten wir am nĂ€chsten Tag auch alle fit sein. So zumindest die Erinnerung Zum GlĂŒck sah die RealitĂ€t anders aus.
(...)
8:30, der Wecker klingelt.
Sonntag. Derbytag. Kader des Todes.
Der erste Blick des Tages ging dann in die Geldbörse, in der sich die dunklen Erinnerungen mit den gröĂten BefĂŒrchtungen zu einer grausigen Wahrheit verbanden. Was in der Nacht noch nicht von Erfolg gekrönt war, war dafĂŒr jetzt umso realer: Ein Hauch von Nichts lĂ€chelte uns bittersĂŒĂ an. DafĂŒr hatten wir neben Balisto noch drei blinkende Sonnenbrillen, zwei gerĂ€uschgebende TierschlĂŒsselanhĂ€nger und sechs RastaarmbĂ€ndchen auf dem Zimmer. Nach kurzem Revue passieren lassen und einer messerscharfen Analyse ("So ne Katze ist auch net teuer, aber es summiert sich") konnten wir jedoch feststellen, dass wir nicht etwa beklaut wurden sondern fĂŒr das Leck im Geldbeutel selbst verantwortlich sind. Aber besser ein Leck im Geldbeutel, als diesen gar nicht mehr zu besitzen. So erging es nĂ€mlich unserem Tour-Opi. Was jetzt folgte, war ein absolutes Drama, aber ich will nicht weiter drauf eingehen um nicht die gerade verheilenden Wunden wieder aufzureiĂen. Nur kurz ein Gedanke dazu: ScheiĂ Situation (vor allem in Hinsicht, dass ohne Perso kein Einlass ins Stadion), aber man kann ja wenigstens versuchen das Beste draus machen, zu Ă€ndern ist es eh nicht mehr. Man kann aber natĂŒrlich auch einfach gar nichts machen und sich den ganzen Tag allein im Zimmer einschlieĂen...
Nun gut, schrumpfte die Gruppe also weiter, was soll's, kommt ja eh nicht so cool, in einer groĂen Gruppe Touristen bei einem der heiĂesten Derbys (ja, ist es immer noch) aufzulaufen.
Vom Vatikan ging es dann also per pedes in Richtung Olympiastadion, wo das 143. Derby della Capitale auf uns wartete (wenn man nur Ligaspiel betrachtet, mit Pokalspielen kommt man auf 161). Von den 142 bisher ausgetragenen Duellen gingen 49 an Roma, 37 an Lazio und 56 endeten Remis.
Bei meinem einzigen Besuch hier vor zwei Jahren siegte Lazio in einem unglaublich emotionalen Spiel, das irgendwie alle Erwartungen ĂŒbertraf (heftige Ausschreitungen vorm Spiel, Choreo zu Ehren Gabriele Sandris sowie Ehrenrunde dessen Familie, Stromausfall, irregulĂ€re Platzbedingungen und verrĂŒckter Spielverlauf samt zweimal rot) und das Römer Derby in der Liste meiner Lieblingsspiele ganz weit nach oben katapultierte, so dass klar war, dass ich hier auch mal bei einem Heimspiel der Roma auftischen muss. Also, mal sehen was uns heute erwartet.
AS Roma - SS Lazio 2:2, Stadio Olimpico, Serie A, 51.252 Zuschauer (15.000 "GĂ€ste")
Diesmal gab es zumindest vor dem Spiel keine Ausschreitungen zu sehen, was aber auch daran gelegen haben könnte, dass uns der Weg diesmal aus SĂŒden zum Stadion fĂŒhrte. Von der GerĂ€uschkulisse her könnte es auf der anderen Seite schon wieder geknallt haben. Aufgrund des Vorabends kam auf dem Weg zum Olimpico allerdings noch keine wirklich Derbystimmung. Das Ă€nderte sich jedoch zumindest bei mir spĂ€testens in dem Moment, als der Roma Bus an uns vorbei fuhr und von jeder Mende schalwedelnder Tifosi bejubelt wurde. Da war man auf einmal wach und wollte auch schnell ins Stadion rein, immerhin oftmals die Zeit vor Ort Anpfiff die beste Zeit des Derbys, singen sich doch hier schon beide Kurven gegenseitig nieder und startet der fĂŒr das Römer Derby typische Spruchbandbattle schon weit vor Kick Off. Auch heute sollten wieder Unmengen SpruchbĂ€nder gezeigt werden, auf denen wahlweise der Gegner beleidigt, Bezug auf das letzte Aufeinandertreffen, Spieler/Verein glorifiziert oder an Vincenzo Paparelli erinnert wurde (Lazio Fan, der beim Derby 1979 durch eine Signalrakete starb und fĂŒr den es seit dem bei jedem Derby SpruchbĂ€nder gibt). Die meisten SpruchbĂ€nder konnte ich jedoch entweder aufgrund meines Platzes oder wegen mangelnder italienisch Kenntnisse nicht verstehen. Laut Aussage Alteingesessener wĂ€ren diese aber in der PrĂ€-Raciti-Sandri-Zeit wesentlich tiefsinniger und cleverer gewesen. Na gut, soviel dazu.
Gut eine Stunde vor Anpfiff lieĂen wir die Einlasskontrolle nach zweimaligen Perso-Ticket- Abgleich aber ohne Taschenkontrolle hinter uns und nahmen unseren Platz in der Distinti Sud (zwischen Curva Sud und HaupttribĂŒne, 50⏠und damit billigste frei verfĂŒgbare Kategorie, dafĂŒr aber bequem online ĂŒber listicket.com bestellbar) ein. Erster Blick zur Roma in die Curva Sud. Noch paar LĂŒcken zu sehen, Choreo aber schon aufgebaut. Blick rĂŒber in den Norden zu den Laziali. Boah, was ist denn hier los? Hingen das letzte Mal hier noch keinerlei Zaunfahnen, sah das diesmal schon ganz anders aus. Besonders dass die Fahne der berĂŒchtigten Irriducibili wieder hing, sorgte fĂŒr groĂe Augen. Ist hier was an mir vorbei gegangen oder seit wann sind diese wieder aktiv im Stadion? Oder war das eine einmalige Sache zum Derby? Mittlerweile wurden auch die ersten SpruchbĂ€nder gezeigt und ab und an gegeneinander gesungen. Das war dann auch sehr beeindruckend, aber trotzdem nicht in der IntensitĂ€t wie beim letzten Mal. Richtig laut wurde es jedoch, als eine Gruppe Laziali zum Choreoaufbau die Laufbahn kam und dafĂŒr vom kompletten Rest des Stadions niedergepfiffen und -gesungen wurde. Das ist schon geil, wie der Hass hier allgegenwĂ€rtig auch beim normalen Stadionbesucher verankert ist. So konnte man jetzt bis zum Anpfiff dem Treiben der Kurven oder den Spielern beim warmmachen zusehen, man konnte aber seinen Blick auch auf die Anzeigetafel richten, blendete der hierfĂŒr verantwortliche Regisseur doch eine Traumfrau nach der anderen aus dem Publikum ein. War schon nicht schlecht und eine gelungene Abwechslung Ebenfalls nicht schlecht waren die Roma-Hymnen. Ich bin ja eigentlich kein Freund von so möchtegern-melodramatischen Vereinshymnen, die ja in den meisten FĂ€llen nur zum FremdschĂ€men sind, aber in Rom kommt das einfach gut (und da zĂ€hle ich die Lazio Hymne "Lazio Grande Lazio" explizit mit zu). Zum Einlaufen der Mannschaft wird das sensationelle "Roma Roma Roma" gespielt, und genau in dem Moment, in dem der Song einen Break hat und das Publikum singt, geht absolut zeitglich die Choreo hoch. Stark. Im Hintergrund Pappen in den Vereinsfarben, dazu auf riesigen Doppelhaltern die PortrĂ€ts der wichtigsten KapitĂ€ne und Spieler der Vereinshistorie, von Attilio Ferraris IV (1927) bis Totti. Zusammen mit dem Spruchband âSöhne Roms, KapitĂ€ne und FlaggenâŠunser Stolz, den ihr nie haben werdetâ (so oder eher so Ă€hnlich) ergab dies ein sehr stimmungsvolles Bild. Auf der gegenĂŒberliegenden Seite im Norden wurde wie jedes Jahr ein hellblau-weiĂes FĂ€hnchenmuster gezeigt, ĂŒber das eine groĂe Blockfahne gezogen wurde. Vor der Kurve prangerte das Dante-Zitat: âMacht euch keine Hoffnung, jemals den Himmel zu sehen! Ich komme, euch dort an dem andern Ufer, (in die ewige Finsternis, wo Hitze und KĂ€lte wĂŒten) zu fĂŒhrenâ. Auf der Fahne selbst war ein FĂ€hrmann zu sehen, der mit einer toten Romanisti ĂŒber das Wasser fuhr, so dass Bild in Kombination mit dem Spruch keiner weiteren ErklĂ€rung bedarf. Mit Anpfiff der Partie begann es dann in beiden Kurven zu brennen, wobei der Punkt hier ganz klar an die gelb-roten ging, die eine fĂŒr sie typische und eigentlich schon zur Hymne erwartete Pyroshow aus kiloweise Rauch in Vereinsfarben sowie mehreren Fackeln, die gröĂtenteils alle auf der Tartanbahn entsorgt wurden zeigten. Garniert wurde das mit jeder Menge Böller und Papierbomben, die einen jedes Mal aufâs Neue zusammen zucken lieĂen. Die Anzahl der ĂŒber das ganze Spiel detonierten SprengsĂ€tze dĂŒrfte bestimmt dreistellig gewesen sein, gestört haben sich daran aber weder Zuschauer noch Spieler. Ăberhaupt dauerte es fast bis zur 10. Minute, bis man letztgenannte mal genauer beobachten konnte, ging das vorher doch aufgrund von Sichtbehinderung im Sinne von Nebel oder fasziniertem Blick auf die TribĂŒne (Choreo stand immer noch) nicht so wirklich. Machte aber nichts, in der ersten Anfangsphase war das Spiel eh nicht berauschend. Roma wollte zwar, aber leistete sich viel zu viele Fehler, so dass Lazio (bei denen Djordjevic fĂŒr Klose in der Spitze spielte) besser ins Spiel kam und folgerichtig auch in FĂŒhrung ging. Nach dem 0:2, das gleichbedeutend mit dem Halbzeitstand war, sah es aufgrund der desolaten Leistung schon so aus, als wĂ€re der KĂ€se hier gegessen. Die Romanisti waren jetzt natĂŒrlich geschockt, gingen sie doch mit groĂen Erwartungen und einer riesigen Euphorie in die Partie, schlieĂlich liegt man mit nur zwei Punkten RĂŒckstand auf Juve (merda) auf Tabellenplatz zwei und könnte mit einem Sieg zumindest kurzfristig den Platz an der Sonne erobern, da Juve erst am Abend in Napoli spielen musste. Das schienen dann auch die Spieler zu begreifen, nach nur wenigen Minuten kamen diese aus dem Kabinentrakt zurĂŒck und nach noch weniger Minuten der zweiten HĂ€lfte hatte Totti (wer sonst) den Ball auch schon zum Anschlusstreffer im gegnerischen Kasten versenkt. Das war jetzt natĂŒrlich die perfekte Ausgangssituation fĂŒr die verbleibende Spielzeit. Das Publikum war zurĂŒck, feierte jeden Einwurf euphorisch, Roma drĂŒckte, Lazio nutzte die Konterchancen nicht und in der 64. Minute schlug Jose Holebas einen Ball Richtung langen Pfosten. Und dort lauerte mit SeitfallzieherâŠFrancesco TOTTI! Francescooooo TOTTI! Frrrrancescooo TOTTI! Was hier jetzt los war. Die Bilder, wie Totti in die Kurve rennt, mit Mannschaft und Fans feiert und auf dem RĂŒckweg ein Selbstportrait (um das unsĂ€gliche Wort Selfie nicht zu benutzen [scheiĂe, doch passiert]) dĂŒrfte jeder gesehen haben. ZusĂ€tzlich war es fĂŒr ihn persönlich auch ein geschichtstrĂ€chtiges Tor, da es sein 11. Derbytreffer war, wodurch er zusammen mit Dino da Costa (1955-60) RekordtorschĂŒtze ist. Im Gegensatz zu da Costa erzielte Totti aber alle seine Tore in Ligaspielen. Jetzt wurde es mal wieder kurzzeitig so richtig laut im Stadion und der Hauch vom alten Italien wehte durchs weite rund. Die Hoffnung, dass Totti auch noch den Hattrick perfekt macht und dem damit verbundenen Ausnahmezustand wurde leider mit dessen Auswechslung begraben und in der Schlussphase plĂ€tscherte das Spiel nur noch vor sich hin, so dass es zum Abpfiff beim letztendlich gerechten Unentschieden blieb. Beide Mannschaften bedankten sich noch artig in der jeweiligen Kurve, wir bedankten uns bei den Mannschaften, dass sie freundlicherweise alle Tore auf unserer Seite erzielten und dann machten wir uns auch schon recht zufrieden auf dem Weg heraus. War schon gut, kam zwar vom Gesamtpaket her nicht ganz an das letzte gesehene heran, reicht aber auf jeden Fall, um nochmal vorbeikommen zu wollen. Dann investiere ich aber lieber 30⏠mehr in die Karte (kann ja zum Ausgleich am Abend vorher weniger Bier trinken, höhöhö und hab dafĂŒr wenigstens etwas bessere Sicht, nicht nur deutsche Hopper im Block und vor allem hört man dann auch was von beiden Kurven. Von Lazio kam eigentlich so gar nichts bei uns an, obwohl es von der Bewegung her teilweise schon gut aussah. Zur Stimmung bei Roma lĂ€sst sich sagen, dass diese schon ganz gut war, aber das Fehlen von Megafon und Trommeln schon sehr schwer ins Gewicht fĂ€llt. Aber ist auch klar, in so einer riesigen Kurve ist es einfach sehr schwer alle ohne Hilfsmittel zu erreichen und zu koordinieren. Da das aber schon vorher klar war, bin ich trotzdem recht zufrieden.
Nach dem Spiel kam es wohl noch zu ScharmĂŒtzeln rivalisierender Fangruppen und der Polizei. Mitbekommen davon haben wir nichts, die Zeitungsberichte lesen sich auch nicht sonderlich schlimm, trotzdem wurden beide Vereine fĂŒr das kommende Heimspiel mit einem Teilausschuss der Zuschauer bestraft bzw. dĂŒrfen nur Tessera-Inhaber Karten kaufen.
Uns fĂŒhrte der Weg zurĂŒck zum Petersdom, von wir aus wir den RĂŒckweg zum Hostel am Termini mit einer kleinen Sightseesing Tour unter meiner fachkundigen FĂŒhrung (das âWissenâ stammt hauptsĂ€chlich aus der HBO Serie âRomâ â wer sie noch nicht gesehen hat, unbedingt nachholen) vorbei an Engelsburg, Piazza Navona, Pantheon und Forum Augustus verbanden, unterbrochen nur durch kurze Nahrungsaufnahme in einem absoluten Touri-Abzockerladen. Als wĂ€ren wir das erste Mal unterwegs, aber irgendwie hatte es auĂer Ede keiner geschnallt⊠Trotz allem war dann heute Abend mit uns kein Krieg mehr zu gewinnen. AuĂer ein paar Bieren konzentrierten wir uns quasi ausschlieĂlich darauf, was wir am besten können: DummgeschwĂ€tz.
Montagmorgen wurde nahtlos daran angeschlossen, sogar unser verlorene Sohn war wieder besser gelaunt und schmiss sein noch nach dem Aufwachen abgelegtes AbstinenzgelĂŒbde wieder ĂŒber den Haufen â zumindest solange, bis er den SchlĂŒssel eines SchlieĂfaches bei der deutschen Botschaft in seiner Hosentasche fand. Und zack, war die Gruppe wieder dezimiert. Bedanken möchte ich noch kurz vor Abflug bei Ede fĂŒr die Auswahl der Location montags. In so einem abgeranzten Inderimbiss mit acht (spĂ€ter sieben) Leuten auf 2qm ohne Tisch zu sitzen, hat schon StilâŠ
Heimflug landete dann ausnahmsweise mal pĂŒnktlich, noch schnell die zwei Stunden unter weiteren Planungen und Dummgebabbel heimgeschrubbt und schon hatte uns der Alltag wieder.
In diesem Sinne: Bis zum nÀchsten Mal und nicht vergessen: No Totti, No Party
Ich werde das letzte Heimspiel von Napoli noch verschÀrfter ins Auge fassen, zumal ich noch ein paar Meilen wegballern muss, bevor sie verfallen. Und, bitte: Fotos!
Freut mich, dass die Berichte so gut ankommen und ich scheinbar auch Lust auf ne Tour wecken konnte. Dann will ich hier aber auch Berichte lesen :-p
Hier wie gewĂŒnscht noch ein paar Bilder. Ich hatte leider selbst keine Kamera dabei, daher diesmal nur eine abgespeckte Version. Wer bessere sucht, findet diese sicherlich auf den bekannten Seiten im Netz.
Special: Die Tanzkatze "Balisto" samt weiteren Souvenirs (zum GröĂenvergleich: ist ne 0,66l Flasche)...
Und weiter gehtâs in meinem kleinen Italienâblogâ.
AuswĂ€rtsspiel sonntags in Augsburg. Was bietet sich da mehr an als mal wieder ein Abstecher auf den Stiefel. Dieses Augsburg liegt aber auch einfach verdammt verkehrsgĂŒnstig. Ich glaube langsam, dass alle Wege nach Augsburg und nicht nach Rom fĂŒhren. Vor zwei Jahren fĂŒhrte der Weg ĂŒber das Prager Derby, beim Pokalspiel ĂŒber das Amateurderby in MĂŒnchen, jetzt halt Italien, man muss sich das Spiel ja auch irgendwie interessant machen.
Die Autobesatzung war auch schnell gefunden, aber wieder das immer so ist, wird diese in der Woche vor Abfahrt nochmals krĂ€ftig durchgemischt, so dass von der ursprĂŒnglichen Crew nur noch zwei Bordmitglieder ĂŒbrig blieben. Da sich jedoch kurzfristig zwei weitere Verwegene, darunter mit dem Duke auch der Fahrer und Autosponsor â auch nochmals vielen Dank an dieser Stelle dafĂŒr -, fĂŒr die Tour begeistern konnte, stand dem Ausflug dennoch nichts im Wege.
Samstagmorgen sollte mich der Wecker um 3:01Uhr nach einer anstrengenden Woche aus meinem wohlverdienten Schlaf zurĂŒck in die RealitĂ€t holen. 3:01Uhr deshalb, damit ich den psychologischen Effekt hatte, dass ich bis nach drei Uhr geschlafen hatte. Ins Gegenteil wird dieser Effekt halt gefĂŒhrt, wenn man des nachts aufwacht, auf die Uhr schaut und diese 2:59Uhr anzeigt (kein ScheiĂ). Da ist die Erholung der Massage und Sauna vom Abend vorher doch gleich wieder verpufft. Normalerweise ein Grund fĂŒr mich mich jetzt erstmal richtig aufzuregen, aber hey, es geht nach Italien, da fĂ€llt das Aufstehen doch gleich viel leichter. Nichtsdestotrotz habe ich die ersten zwei Stunden Fahrt verschlafen. Der Schlaf wurde nur unterbrochen, wenn das Fenster auf der Fahrerseite zum Rauchen geöffnet wurde und ich dadurch aufgrund meines Sitzplatzes hinten links im eiskalten Fahrtwind saĂâŠ
Als ich dann komplett wach wurde, standen wir bereits im Stau um MĂŒnchen. Wie in den Verkehrsmeldungen angekĂŒndigt, war wohl halb Bayern und Sachsen auf dem Weg um ĂŒber das Wochenende Ski zu fahren. Ich habe mich dann zwar gefragt, wieso die sich das antun, erst den halben Tag im Stau um spĂ€ter ein paar Stunden auf Skiern zu stehen, und am nĂ€chsten Tag dasselbe wieder in umgekehrter Reihenfolge zu machen, aber eigentlich ist es ja noch viel unlogischer, die ganze Tortur auf sich zu nehmen nur um etwas FuĂball zu schauen. Die viel gröĂere Frage in diesem Moment war eh, wie wir am schnellsten wieder aus dem Stau herauskommen sollten, immerhin hatte der Puffer gemÀà Navi bis zum mittaglichen Anpfiff im noch fĂŒnf Stunden entfernten Vicenza die Grenze von einer Stunde schon unterschritten. GlĂŒcklicherweise lief der Verkehr ab Innsbruck wieder besser und bei der weiteren Fahrt durch traumhafte Winterlandschaften und bei GesprĂ€chen, die erstaunlicherweise nahezu allesamt oberhalb der GĂŒrtellinie angesiedelt waren, verging die Zeit recht flink. Erstaunlich ĂŒbrigens, was man auf so einer Fahrt alles lernt. Wusstet ihr z.B., dass den Schilderungen zu Folge Echzell wohl eine der höchsten Kneipe/Kopf-Dichte deutschlandweit hat (Notiz an mich selbst: Das muss demnĂ€chst mal ĂŒberprĂŒft werden)?
Nach dem Brenner ĂŒberquert war, wir so durch SĂŒdtirol rollten (nĂ€chste Notiz: Hier muss ich dringend auch mal wieder hin, ich konnte mich an der Landschaft ja gar nicht satt sehen), der Schnee immer weniger wurde und das Quecksilber immer weiter stieg, zeichnete sich langsam ab, dass wir die AlternativplĂ€ne ad acta legen konnten und wir Vicenza rechtzeitig erreichen werden. Gute 45 Minuten vor Kick Off standen wir dann auch wirklich in der Schlange vorm KassenhĂ€uschen, an welchem es problemlos Karten fĂŒr die GegentribĂŒne zu kaufen gab. Ohne Namensabgleich beim Einlass (Premiere fĂŒr mich) konnten wir unsere PlĂ€tze rechtzeitig einnehmen.
Vicenza Calcio â AC Perugia 3:1, Stadio Romeo Menti, Serie B, 7.000 Zuschauer (300 GĂ€ste)
Bevor ich jetzt etwas zum Spiel an sich schreibe, lohnt es sich erstmal einen Blick auf die Tabelle zu werfen. Die Serie B besteht bekanntlich aus 22 Mannschaften. Die ersten beiden steigen direkt in die Serie A auf, die letzten drei steigen ab. Zwischen Platz drei und Platz acht wird nach Ende der Saison in einer Playoff Runde der dritte Aufsteiger ausgespielt, analog dazu erspielen Platz 18 und 19 den letzten Absteiger. Vor diesem Spieltag sah es nun so aus, dass an der Tabellenspitze Carpi einsam seine Runden dreht und sich anschickt, zum ersten Mal in die Serie A aufzusteigen. Danach kommt mit etwas Abstand Bologna, zwischen Platz drei und dem letzten Platz liegen dann jedoch gerade einmal 13 Punkte. Die zur Auftstiegs- bzw. Abstiegsrelegation berechtugten PlĂ€tzen acht und 18 trennen gerade mal acht Punkte, was in Anbetracht von noch 17 ausstehenden Spielen quasi nichts ist. Eben jenen achten Platz â und damit komme ich auch wieder zurĂŒck zur heutigen Spielpaarung â belegt aktuell das Team aus Vicenza, jedoch gerade einmal vier Punkte vor den GĂ€sten aus Umbrien, so dass es heute fĂŒr beide (wie eigentlich jede Woche) ein richtungsweisendes Spiel werden sollte.
So wirklich eine Vorstellung, was uns hier heute erwarten sollte, konnte ich mir nicht machen. Klar sind von Vicenza ein paar Bilder bekannt, aber wie das dann in der RealitĂ€t aussieht und vor allem anhört, konnte ich mir kein Bild machen, da auch bewusst auf z.B. Videostudium im Vorfeld verzichtet wurde. Einzig von Perugia erwartete ich auf der TribĂŒne einiges, fahren diese doch mit allen Gruppen auswĂ€rts (u.a. mit 1.500 Leuten in Bologna Anfang Januar) und die Heimkurve lĂ€sst optisch kaum Ănderungen zur guten alten Zeit erkennen. Ich nehme es vorweg, vom GĂ€steauftritt war ich etwas enttĂ€uscht. Zwar sah der Block optisch erste Sahne aus, es wurde eigentlich auch stĂ€ndig gesungen und Fahnen geschwenkt, aber irgendwie kam mir das alles bis auf manche Phasen recht lustlos vor. Ist aber wohl eine subjektive EinschĂ€tzung. Italienneuling Nino bemĂ€ngelte zwar die gedruckten Fahnen, war aber sonst recht angetan vom GĂ€stesupport.
Einstimmig hingegen fiel die Beurteilung des restlichen Geschehens aus. In dem sehr geilen Stadion (in der Stadt, eng, typisch italienisch verranzt, schöne Flutlichtmasten) entwickelte sich von Beginn an ein sehr flottes Spiel. Es hĂ€tte eigentlich noch viel flotter sein können, wenn zum einen der Unparteiische nicht von Anfang an fĂŒr jeden Körperkontakt den gelben Karton ausgepackt hĂ€tte und zum anderen die Spielweise der Akteure nicht so extrem italienisch gewesen wĂ€re. Wundert mich, dass es keine schwereren Verletzte gab, so oft und lange wie die Leute da auf dem Boden lagen. Auch der Schiri war sehr konsequent in seiner Spielleitung. WĂ€hrend er wie gesagt im Mittelfeld jeden Furz ahndete, zogen Rudelbildungen samt FaustschlĂ€gen keinerlei Konsequenzen nach sich. Abgesehen davon ging es sportlich aber wirklich hin und her. Bei den Abwehrleistungen, die einem da geboten wurden, konnte man fast denken, dass ein hessischer Bundesligist auf dem Rasen steht. Trotzdem wurde die Kugel bis zum Pausentee nur einmal in die Maschen gesetzt: Einen schönen Konter schloss GĂ€stestĂŒrmer Davide Lanzafame mit sattem Flachschuss ins lange ab. Nach der Pause war es dann jedoch Vicenza-StĂŒrmer Andrea Cocco, der mit einem lupenreinen Hattrick innerhalb von 25 Minuten seine Farben zum Sieg schoss. Bemerkenswert, dass er je einen Treffer mit rechts, links und dem Kopf erzielte. Jedes Tor wurde mit einem Sprung auf die Werbebande und anschlieĂendem Urschrei in Richtung Fankurve gefeiert. Geiler Typ, wĂ€r was fĂŒr die Eintracht.
Apropos Fankurve, die gab es ja auch noch. Und wie. Ich geh mal soweit und sage, dass war hier heute die gröĂte Ăberraschung, die ich bisher in Italien gesehen habe. Das Spiel eingeleitet wurde mit einer sehr schönen Rauchshow in den Vereinsfarben, danach wurde relativ durchgĂ€ngig supportet. Zwar auch hier ohne irgendwelche akkustische Hilfsmittel und auch nur die eher typischen italienischen Kurvengassenhauer, aber das Ganze in sehr guter LautstĂ€rke und IntensitĂ€t. Hat auf jeden Fall richtig SpaĂ gemacht und war in dieser Form nicht zu erwarten.
Leider mussten wir die WettkampfstĂ€tte zehn Minuten bevor der Mann in gelb zum finalen Pfiff ansetzte verlassen, wollten wir doch nicht riskieren, zum Abendspiel in Verona zu spĂ€t aufzuschlagen. Da die Hopperpolizei jedoch nicht gesichtet wurde, drĂŒcken wir da mal ein Auge zu. Kleines âHighlightâ noch beim Toilettengang auf dem Weg nach drauĂen: Da war doch am Pissoir tatsĂ€chlich das Abflussrohr abgeschraubt. Ergo hat man sich, wenn man das erst wĂ€hrend des GeschĂ€ftes merkte,  direkt auf die FĂŒĂe gepinkelt, oh mannâŠ
Jetzt hieĂ es aber âAuf nach Veronaâ. 16:45 verlieĂen wir den Parkplatz, 18:00 Uhr ist Anpfiff, Strecke gute 40km. Sollte eigentlich reichen, wenn, ja wenn, nicht die falsche Adresse ins Navi eingegeben wird. Das ist aber auch tĂŒckisch. Das Navi lotste uns exakt so, wie die Verkehrsschilder, nur als wir laut Navi am Ziel angekommen waren, war da alles, nur kein FuĂballstadion (gut, um ehrlich zu sein war da eigentlich gar nichts). Herzlichen GlĂŒckwunsch. Also Zielangabe korrigiert, noch fĂŒnf Kilometer angezeigt bekommen und gedanklich das rechtzeige Erscheinen schon abgehakt, zumal Der Weg mal gepflegt durch das Stadtzentrum gehen sollte. Manchmal muss man aber auch einfach GlĂŒck. Das ging dann alles schneller als gedacht, und da wir schnell einen kostenfreien Parkplatz fanden und die Tickets schon im Vorfeld via Print@home (ein richtiges Ticket fĂŒr die Sammlung lĂ€sst sich immer auftreiben â war dann auch kein Problem) gekauft wurden, waren wir tatsĂ€chlich drei Minuten vor Spielbeginn auf unseren PlĂ€tzen. Einziger Nachteil war, dass wieder keine Zeit blieb feste Nahrung aufzunehmen und der Hunger mittlerweile Ăberhand gewann. Aber egal, da muss man durch.
Hellas Verona â Torino, Stadio Marc Antonio Bentegodi, Serie A, 17.000 Zuschauer (400 GĂ€ste)
Als wir dann unsere PlÀtze in der ersten Reihe des Oberrangs einnahmen, war der Hunger auch schon wieder vergessen. Trotz Laufbahn absolut geiles Teil hier. Ich behaupte auch, dass man in der Höhe, in der wir gesessen haben, im Waldstadion weiter vom Spielfeld entfernt ist. Sofort ins Auge ist auch die einheitliche Bestuhlung gestochen. Ich glaube es gab keine zwei identischen Sitzschalen hier. Man merkt einfach auch hier, dass seit der WM 1990 nichts mehr am Stadion gemacht wurde.
Kommen wir aber mal zu Hellas Verona bzw. dem Publikum hier vor Ort, wobei mir die EinschĂ€tzung echt schwer fĂ€llt. Irgendwie ist das ja ein faszinierender Haufen. Vom Stil her ganz anders als sonst in Italien ĂŒblich sehr britisch angehaucht, was sich sowohl im Klamotten- (sehr casual),Zaunfahnen- (sehr viele kleine) und Supportstil (z.B. âOh when the saintsâ oder âAmazing Graceâ) zeigt. Dazu eilt der Ruf voraus extrem gewaltbereit zu sein. Trotz dass die Tessera schon seit lĂ€ngerem akzeptiert wird und man dadurch auch in gröĂeren Zahlen auswĂ€rts fĂ€hrt, kommt es immer wieder zu gröĂeren Ausschreitungen. Man macht einfach sein Ding und scheiĂt auf alles andere. Dazu gehört dann leider auch die ultrafaschistische Einstellung der Kurve. Das ist zum einem historisch begrĂŒndet, da Mussolini einst sein Manifest der faschistischen Bewegung in Verona verkĂŒndete, zum anderen darin, dass im Norden Italiens im Allgemeinen und in Verona als Wirtschaftszentrum im Besonderen ein groĂer Hass auf SĂŒditalien besteht und somit z.B. auch die rechtspopulistische Partei Lega Nord in Verona relativ hohe Werte erzielt und als letzter Punkt ist es dennoch einfach scheiĂe. Wer erinnert sich z.B. nicht an die (Nicht-)Verpflichtung des dunkelhĂ€utigen Kameruners Patrick Mboma im Jahre 2001, von der aufgrund massiver Proteste aus Reihen der Fans abgesehen wurde. Der damalige PrĂ€sident kommentierte das mit den Worten: âDie Fangemeinde von Verona ist schlimm, jedenfalls was farbige Spieler betrifft.â Das Zeigen von Haken- und Keltenkreuzen, Solidarisierungen mit rechtsextremen Terroristen und beleidigende SpruchbĂ€nder in der Vergangenheit machen zusĂ€tzlich noch einmal deutlich, mit wem man es hier zu tun hat.
Alles nicht schön (im GegenteilâŠ), aber man weiĂ wenigstens auf was man sich einlĂ€sst. Heute gab es solche AuswĂŒchse glĂŒcklicherweise nicht zu sehen und hören. DafĂŒr war das Publikum emotional bei der Sache und gut am ausrasten. Ăberhaupt ist die Zuschauerstruktur hier eine ganz andere als in Deutschland. Sowas wie Picknickpublikum sucht man hier vergeblich. Jeder war mit war mit Herzblut dabei, besonders beim pöbeln gegen Gegner und Schiri. Dementsprechend konnte auch öfters eine beachtliche LautstĂ€rke erzielt werden und in die GesĂ€nge stieg oftmals das ganze Stadion ein. Wie oben beschrieben ist das vom ganzen Stil her sehr eigen. Kaum lange GesĂ€nge mit ich nenn es mal Durchdrehmelodien, eher kurze Schlachtrufe oder britische Melodien. Das ganze immer mal wieder unterlegt von Pyrotechnik war aber auf jeden Fall sehr sehr geil. In der zweiten HĂ€lfte wurde es aufgrund des Spielverlaufs etwas leiser, in der Schlussphase gab es dann aber nochmal GĂ€nsehautmomente, als das ganze Stadion zur Melodie von âAmazing Graceâ am Singen war.
Zu diesem Zeitpunkt fĂŒhrte der einzig wahre Verein aus Turin in diesem Mittelfeldduell bereits mit 2:0. Das Spiel Ă€hnelte etwas dem Kick mittags in Vicenza. Recht schnelles Spiel, allerdings auch viele Schauspieleinlagen und durch ein Konter des vor der Saison aus Bern gekommenen Venezuelaners Martinez fĂŒhrte Toro beim Halbzeitpfiff. Zu Beginn des zweiten Durchgangs lagen dann zwei BĂ€lle im Spielfeld und die Ersatzspieler stellten ihre HĂŒtchen auf der Seitenauslinie auf, was hier jedoch keinen störte. Die mit den Altstars Rafael Marquez, Javier Saviola und Luca Toni gepickten Veronesi drĂ€ngten gleich auf den Ausgleich, doch die BemĂŒhungen wurden bereits nach fĂŒnf Minuten je unterbunden, da der ehemalige Nationalspieler und vor der Saison vom Stadtrivalen Juve zurĂŒckgekehrte Fabio Quagliarella per Foulelfmeter auf 2:0 erhöhte. Erst zehn Minuten vor Ultimo konnte Luca Toni, der bis dahin hauptsĂ€chlich durch stĂ€ndiges Lamentieren oder dem Versuch schön auszusehen glĂ€nzte, verkĂŒrzen, doch in der Nachspielzeit stellte Toro den Zwei-Tore-Abstand wieder her und sicherte sich so die drei Punkte und damit den vierten Sieg in Folge, was die mitgereisten Tifosi nochmal zu einer Jubelarie ermunterte.
Diese wurden in den zweiten Oberrang verfrachtet und standen hinter dem Banner der 1969 gegrĂŒndeten Ultras Granata, das seit dem Derby bei Juve Ende November wieder regelmĂ€Ăig hĂ€ngt. Ansonsten fĂ€llt eine Beurteilung schwer, da sie aufgrund des Platzes nur schwer zu hören waren, aber allgemein sah es auch nicht nach sonderlich viel Bewegung Block aus.
Nach Spielende gab es dann endlich etwas zu essen (laut Stand Betreiber âdas beste Sandwich in Veronasâ â ich glaub es sogar) bevor wir unser Nachtdomizil in Innsbruck ansteuerten. Dass wir uns noch fĂŒr die Weiterfahrt entschieden hatten, erwies sich am nĂ€chsten Tag als GlĂŒcksgriff, als wir die Meldungen ĂŒber einen Wintereinbruch in SĂŒdtĂŒrol mit vier TodesfĂ€llen hörten. Wahrscheinlich hĂ€tten wir es bei einer Ăbernachtung in Verona nicht rechtzeitig nach Augsburg geschafft. Selbst zwischen Innsbruck und MĂŒnchen war es ob des Schnees, der da vom Himmel fiel, nicht wirklich gut zu fahren. Davon bekam ich glĂŒcklicherweise nicht viel mit, auĂer eines Essenstopps im wunderschön eingeschneiten Kufstein verschlief ich die meiste Zeit der Fahrt. An dieser Stelle möchte ich nicht verzichten Werbung fĂŒr das eigentlich eh schon bekannte Restaurant âAuracher Löchlâ in Kufstein zu machen. Zwar nicht billig, aber dafĂŒr ein Gaumenschmaus allererster GĂŒter. Nach einstimmiger Meinung meiner Mitfahrer hĂ€tte e auch den besten Kaiserschmarrn aller Zeiten gegeben, den konnte ich jedoch nicht probieren, da ich von den KĂ€sespĂ€tzle ĂŒberfressen war
Dementsprechend schlief ich auf der Weiterfahrt auch gleich wieder ein und als ich die Augen öffnete, war der Schnee gröĂtenteils verschwunden und wir befanden uns bereits eine Stunde vor Augsburg.
Boah, echt geil! Â Danke fĂŒr Deinen umfassenden Bericht! Sehr umfangreich und mit Herzblut geschrieben! Man freut sich immer, wenn Du wieder auf Reisen bist!
Ist das Pille Palle was in deutschen Stadien abgeht?
Naja die Italiener sind halt melodisch. Selbst die Krankenwagen hören sich cool an.
Wozu?
Er hat beschrieben, wie es dort war. Und das auf allerhöchstem Niveau.
Reicht doch.
Naja, eigentlich spreche ich kein Wort italienisch Â
So ein paar ganz rudimentĂ€re Grundkenntnisse eignet man sich mit der Zeit an (ich sag mal so: zum Speisekarte lesen reicht es), zur VerstĂ€ndigung musste aber schon ein Mischmasch aus Englisch, Schulfranzösisch, HĂ€nde, FĂŒĂe und Italienischfetzen herhalten.
Wobei ich es mir schlimmer vorgestellt hĂ€tte. In Pisa und Florenz konnte wirklich jeder englisch, im SĂŒden war es da schon schwieriger (teilweise konnten oder wollten Anfang 20jĂ€hrige kein englisch reden), aber auch da kam dann trotzdem eigentlich gut durch
Joa.
Bin auch kein Freund von groĂen Vergleichen. Unterschiedliche MentalitĂ€t, Kultur etc.
Trotzdem ganz kurz, da danach gefragt wurde:
Rein auf das Kurvengeschehen bezogen sind nach meinem persönlichen Eindruck - und das ist alles völlig wertfrei - die deutschen Kurven voller, bunter und machen ĂŒberragende Choreos. Und trotzdem hat das alles was von Original gegenĂŒber Kopie. Oder um es völlig ĂŒberspitzt zu sagen, ohne jemandem auf die FĂŒĂe treten zu wollen: In Deutschland stehen kleine Jungs, die einen auf dicke Hose machen. In Italien dicke Hosen, die wieder zu kleinen Jungs mutieren
Mag reichen, könnte zwar wieder drauf los philosophieren, aber in dem Text steht eigentlich genug drin
Grazie mille!
Am Wochenende des 24.05. findet dort das Derby Lazio vs. Roma statt (vorletzter Spieltag)
Frage: WeiĂ jemand ob man da als "normalsterblicher Touri" an Karten kommt?
Oder soll ich mir lieber ein anderes Wochenende aussuchen?
Und noch eine Frage, da ich mich unterhalb der Serie A nicht wirklich auskenne; könnt ihr kleinere Vereine in Rom und Umgebung empfehlen?
da der Bericht im Eröffnungsbeitrag doch regen Zuspruch erhielt, gibt's hier mal einen Nachschlag. Ich entschuldige mich im Vorfeld schonmal, aber aufgrund der Konstellation der Reisegruppe und der SpielplÀne lag der Fokus diesmal auch eher auf Suff. Die Erlebnisse von Samstag Abend habe ich dann auch mal geschickt ausgeblendet. Wer daran Interesse hat kann den kompletten Bericht eventuell noch spÀter (eher nach Saisonende) an anderer Stelle lesen
DafĂŒr habe ich aber diesmal eine RechtschreibeprĂŒfung ĂŒber den Text laufen lassen
Anyway, genug das VorgeplÀnkels:
In Zeiten von Pegida, den AnschlĂ€gen in Paris, Boko Haram usw, in denen man beim Zappen durch wahlweise TV, Radio oder www aus dem Kotzen nicht mehr raus kommt, lag nichts nĂ€her als mal wieder einen Reset durchzufĂŒhren und fĂŒr ein Wochenende die ganze ScheiĂe zu vergessen. Das Jahr hat dank eines fiesen HĂ€morrhoidenproblems(Infos, die die Welt nicht braucht :-p) und dem alljĂ€hrlichen Stress zu Jahresbeginn auf der Maloche eh noch nicht sonderlich gut angefangen, so dass das jetzt gerade mal recht kommt. Da am Freitagabend mein Vater noch Geburtstag feierte, das Derby fĂŒr gewöhnlich Sonntags 15 Uhr angepfiffen wird und allerspĂ€testens Dienstag wieder auf der Arbeit angetanzt werden musste, war schon im Vorfeld klar, dass fĂŒr das Rahmenprogramm mal keine weiteren Kicks angedacht waren (war zeitlich eh nix kombinierbar) sondern das Augenmerk auf den Ausbau der zwischenmenschlichen Beziehungen lag.
Samstag morgens sollte uns - war ich bei der letzten Italientour noch alleine unterwegs, sollte die Reisegruppe diesmal aus neun (!) Personen bestehen (8x SGE und ein Quotenlautrer) - der heimatvereinseigene 9er mal wieder zur Airbase HunsrĂŒck fĂŒhren, immerhin fĂŒr mich das vierte Mal innerhalb der letzten beiden Monate, herzlichen GlĂŒckwunsch.
Vor Abfahrt sagte allerdings der TourĂ€lteste aus gesundheitlichen GrĂŒnden ab, kacke, also nur noch zu acht.
(...)
Sicher steuerte ich unser Vehikel durch den idyllischen HunsrĂŒck zum Hahn, von wo aus wir nach ruhigem Flug ohne jegliche Vorkommnisse Rom bei strahlendem Sonnenschein erreichten.
Nach einer Runde Memory und zwei Kannen Tee fielen wir auch recht zetig in einen erholsamen Schlaf, schlieĂlich wollten wir am nĂ€chsten Tag auch alle fit sein. So zumindest die Erinnerung
Zum GlĂŒck sah die RealitĂ€t anders aus.
(...)
8:30, der Wecker klingelt.
Sonntag. Derbytag. Kader des Todes.
Der erste Blick des Tages ging dann in die Geldbörse, in der sich die dunklen Erinnerungen mit den gröĂten BefĂŒrchtungen zu einer grausigen Wahrheit verbanden. Was in der Nacht noch nicht von Erfolg gekrönt war, war dafĂŒr jetzt umso realer: Ein Hauch von Nichts lĂ€chelte uns bittersĂŒĂ an. DafĂŒr hatten wir neben Balisto noch drei blinkende Sonnenbrillen, zwei gerĂ€uschgebende TierschlĂŒsselanhĂ€nger und sechs RastaarmbĂ€ndchen auf dem Zimmer. Nach kurzem Revue passieren lassen und einer messerscharfen Analyse ("So ne Katze ist auch net teuer, aber es summiert sich") konnten wir jedoch feststellen, dass wir nicht etwa beklaut wurden sondern fĂŒr das Leck im Geldbeutel selbst verantwortlich sind. Aber besser ein Leck im Geldbeutel, als diesen gar nicht mehr zu besitzen. So erging es nĂ€mlich unserem Tour-Opi. Was jetzt folgte, war ein absolutes Drama, aber ich will nicht weiter drauf eingehen um nicht die gerade verheilenden Wunden wieder aufzureiĂen. Nur kurz ein Gedanke dazu: ScheiĂ Situation (vor allem in Hinsicht, dass ohne Perso kein Einlass ins Stadion), aber man kann ja wenigstens versuchen das Beste draus machen, zu Ă€ndern ist es eh nicht mehr. Man kann aber natĂŒrlich auch einfach gar nichts machen und sich den ganzen Tag allein im Zimmer einschlieĂen...
Nun gut, schrumpfte die Gruppe also weiter, was soll's, kommt ja eh nicht so cool, in einer groĂen Gruppe Touristen bei einem der heiĂesten Derbys (ja, ist es immer noch) aufzulaufen.
Vom Vatikan ging es dann also per pedes in Richtung Olympiastadion, wo das 143. Derby della Capitale auf uns wartete (wenn man nur Ligaspiel betrachtet, mit Pokalspielen kommt man auf 161). Von den 142 bisher ausgetragenen Duellen gingen 49 an Roma, 37 an Lazio und 56 endeten Remis.
Bei meinem einzigen Besuch hier vor zwei Jahren siegte Lazio in einem unglaublich emotionalen Spiel, das irgendwie alle Erwartungen ĂŒbertraf (heftige Ausschreitungen vorm Spiel, Choreo zu Ehren Gabriele Sandris sowie Ehrenrunde dessen Familie, Stromausfall, irregulĂ€re Platzbedingungen und verrĂŒckter Spielverlauf samt zweimal rot) und das Römer Derby in der Liste meiner Lieblingsspiele ganz weit nach oben katapultierte, so dass klar war, dass ich hier auch mal bei einem Heimspiel der Roma auftischen muss.
Also, mal sehen was uns heute erwartet.
AS Roma - SS Lazio 2:2, Stadio Olimpico, Serie A, 51.252 Zuschauer (15.000 "GĂ€ste")
Diesmal gab es zumindest vor dem Spiel keine Ausschreitungen zu sehen, was aber auch daran gelegen haben könnte, dass uns der Weg diesmal aus SĂŒden zum Stadion fĂŒhrte. Von der GerĂ€uschkulisse her könnte es auf der anderen Seite schon wieder geknallt haben. Aufgrund des Vorabends kam auf dem Weg zum Olimpico allerdings noch keine wirklich Derbystimmung. Das Ă€nderte sich jedoch zumindest bei mir spĂ€testens in dem Moment, als der Roma Bus an uns vorbei fuhr und von jeder Mende schalwedelnder Tifosi bejubelt wurde. Da war man auf einmal wach und wollte auch schnell ins Stadion rein, immerhin oftmals die Zeit vor Ort Anpfiff die beste Zeit des Derbys, singen sich doch hier schon beide Kurven gegenseitig nieder und startet der fĂŒr das Römer Derby typische Spruchbandbattle schon weit vor Kick Off. Auch heute sollten wieder Unmengen SpruchbĂ€nder gezeigt werden, auf denen wahlweise der Gegner beleidigt, Bezug auf das letzte Aufeinandertreffen, Spieler/Verein glorifiziert oder an Vincenzo Paparelli erinnert wurde (Lazio Fan, der beim Derby 1979 durch eine Signalrakete starb und fĂŒr den es seit dem bei jedem Derby SpruchbĂ€nder gibt). Die meisten SpruchbĂ€nder konnte ich jedoch entweder aufgrund meines Platzes oder wegen mangelnder italienisch Kenntnisse nicht verstehen. Laut Aussage Alteingesessener wĂ€ren diese aber in der PrĂ€-Raciti-Sandri-Zeit wesentlich tiefsinniger und cleverer gewesen.
Na gut, soviel dazu.
Gut eine Stunde vor Anpfiff lieĂen wir die Einlasskontrolle nach zweimaligen Perso-Ticket- Abgleich aber ohne Taschenkontrolle hinter uns und nahmen unseren Platz in der Distinti Sud (zwischen Curva Sud und HaupttribĂŒne, 50⏠und damit billigste frei verfĂŒgbare Kategorie, dafĂŒr aber bequem online ĂŒber listicket.com bestellbar) ein.
Erster Blick zur Roma in die Curva Sud. Noch paar LĂŒcken zu sehen, Choreo aber schon aufgebaut. Blick rĂŒber in den Norden zu den Laziali. Boah, was ist denn hier los? Hingen das letzte Mal hier noch keinerlei Zaunfahnen, sah das diesmal schon ganz anders aus. Besonders dass die Fahne der berĂŒchtigten Irriducibili wieder hing, sorgte fĂŒr groĂe Augen. Ist hier was an mir vorbei gegangen oder seit wann sind diese wieder aktiv im Stadion? Oder war das eine einmalige Sache zum Derby?
Mittlerweile wurden auch die ersten SpruchbĂ€nder gezeigt und ab und an gegeneinander gesungen. Das war dann auch sehr beeindruckend, aber trotzdem nicht in der IntensitĂ€t wie beim letzten Mal. Richtig laut wurde es jedoch, als eine Gruppe Laziali zum Choreoaufbau die Laufbahn kam und dafĂŒr vom kompletten Rest des Stadions niedergepfiffen und -gesungen wurde. Das ist schon geil, wie der Hass hier allgegenwĂ€rtig auch beim normalen Stadionbesucher verankert ist.
So konnte man jetzt bis zum Anpfiff dem Treiben der Kurven oder den Spielern beim warmmachen zusehen, man konnte aber seinen Blick auch auf die Anzeigetafel richten, blendete der hierfĂŒr verantwortliche Regisseur doch eine Traumfrau nach der anderen aus dem Publikum ein. War schon nicht schlecht und eine gelungene Abwechslung
Ebenfalls nicht schlecht waren die Roma-Hymnen. Ich bin ja eigentlich kein Freund von so möchtegern-melodramatischen Vereinshymnen, die ja in den meisten FÀllen nur zum FremdschÀmen sind, aber in Rom kommt das einfach gut (und da zÀhle ich die Lazio Hymne "Lazio Grande Lazio" explizit mit zu). Zum Einlaufen der Mannschaft wird das sensationelle "Roma Roma Roma" gespielt, und genau in dem Moment, in dem der Song einen Break hat und das Publikum singt, geht absolut zeitglich die Choreo hoch. Stark.
Im Hintergrund Pappen in den Vereinsfarben, dazu auf riesigen Doppelhaltern die PortrĂ€ts der wichtigsten KapitĂ€ne und Spieler der Vereinshistorie, von Attilio Ferraris IV (1927) bis Totti. Zusammen mit dem Spruchband âSöhne Roms, KapitĂ€ne und FlaggenâŠunser Stolz, den ihr nie haben werdetâ (so oder eher so Ă€hnlich) ergab dies ein sehr stimmungsvolles Bild.
Auf der gegenĂŒberliegenden Seite im Norden wurde wie jedes Jahr ein hellblau-weiĂes FĂ€hnchenmuster gezeigt, ĂŒber das eine groĂe Blockfahne gezogen wurde. Vor der Kurve prangerte das Dante-Zitat: âMacht euch keine Hoffnung, jemals den Himmel zu sehen! Ich komme, euch dort an dem andern Ufer, (in die ewige Finsternis, wo Hitze und KĂ€lte wĂŒten) zu fĂŒhrenâ. Auf der Fahne selbst war ein FĂ€hrmann zu sehen, der mit einer toten Romanisti ĂŒber das Wasser fuhr, so dass Bild in Kombination mit dem Spruch keiner weiteren ErklĂ€rung bedarf.
Mit Anpfiff der Partie begann es dann in beiden Kurven zu brennen, wobei der Punkt hier ganz klar an die gelb-roten ging, die eine fĂŒr sie typische und eigentlich schon zur Hymne erwartete Pyroshow aus kiloweise Rauch in Vereinsfarben sowie mehreren Fackeln, die gröĂtenteils alle auf der Tartanbahn entsorgt wurden zeigten. Garniert wurde das mit jeder Menge Böller und Papierbomben, die einen jedes Mal aufâs Neue zusammen zucken lieĂen. Die Anzahl der ĂŒber das ganze Spiel detonierten SprengsĂ€tze dĂŒrfte bestimmt dreistellig gewesen sein, gestört haben sich daran aber weder Zuschauer noch Spieler. Ăberhaupt dauerte es fast bis zur 10. Minute, bis man letztgenannte mal genauer beobachten konnte, ging das vorher doch aufgrund von Sichtbehinderung im Sinne von Nebel oder fasziniertem Blick auf die TribĂŒne (Choreo stand immer noch) nicht so wirklich. Machte aber nichts, in der ersten Anfangsphase war das Spiel eh nicht berauschend. Roma wollte zwar, aber leistete sich viel zu viele Fehler, so dass Lazio (bei denen Djordjevic fĂŒr Klose in der Spitze spielte) besser ins Spiel kam und folgerichtig auch in FĂŒhrung ging. Nach dem 0:2, das gleichbedeutend mit dem Halbzeitstand war, sah es aufgrund der desolaten Leistung schon so aus, als wĂ€re der KĂ€se hier gegessen.
Die Romanisti waren jetzt natĂŒrlich geschockt, gingen sie doch mit groĂen Erwartungen und einer riesigen Euphorie in die Partie, schlieĂlich liegt man mit nur zwei Punkten RĂŒckstand auf Juve (merda) auf Tabellenplatz zwei und könnte mit einem Sieg zumindest kurzfristig den Platz an der Sonne erobern, da Juve erst am Abend in Napoli spielen musste. Das schienen dann auch die Spieler zu begreifen, nach nur wenigen Minuten kamen diese aus dem Kabinentrakt zurĂŒck und nach noch weniger Minuten der zweiten HĂ€lfte hatte Totti (wer sonst) den Ball auch schon zum Anschlusstreffer im gegnerischen Kasten versenkt.
Das war jetzt natĂŒrlich die perfekte Ausgangssituation fĂŒr die verbleibende Spielzeit. Das Publikum war zurĂŒck, feierte jeden Einwurf euphorisch, Roma drĂŒckte, Lazio nutzte die Konterchancen nicht und in der 64. Minute schlug Jose Holebas einen Ball Richtung langen Pfosten. Und dort lauerte mit SeitfallzieherâŠFrancesco TOTTI! Francescooooo TOTTI! Frrrrancescooo TOTTI! Was hier jetzt los war. Die Bilder, wie Totti in die Kurve rennt, mit Mannschaft und Fans feiert und auf dem RĂŒckweg ein Selbstportrait (um das unsĂ€gliche Wort Selfie nicht zu benutzen [scheiĂe, doch passiert]) dĂŒrfte jeder gesehen haben. ZusĂ€tzlich war es fĂŒr ihn persönlich auch ein geschichtstrĂ€chtiges Tor, da es sein 11. Derbytreffer war, wodurch er zusammen mit Dino da Costa (1955-60) RekordtorschĂŒtze ist. Im Gegensatz zu da Costa erzielte Totti aber alle seine Tore in Ligaspielen.
Jetzt wurde es mal wieder kurzzeitig so richtig laut im Stadion und der Hauch vom alten Italien wehte durchs weite rund. Die Hoffnung, dass Totti auch noch den Hattrick perfekt macht und dem damit verbundenen Ausnahmezustand wurde leider mit dessen Auswechslung begraben und in der Schlussphase plÀtscherte das Spiel nur noch vor sich hin, so dass es zum Abpfiff beim letztendlich gerechten Unentschieden blieb.
Beide Mannschaften bedankten sich noch artig in der jeweiligen Kurve, wir bedankten uns bei den Mannschaften, dass sie freundlicherweise alle Tore auf unserer Seite erzielten und dann machten wir uns auch schon recht zufrieden auf dem Weg heraus. War schon gut, kam zwar vom Gesamtpaket her nicht ganz an das letzte gesehene heran, reicht aber auf jeden Fall, um nochmal vorbeikommen zu wollen. Dann investiere ich aber lieber 30⏠mehr in die Karte (kann ja zum Ausgleich am Abend vorher weniger Bier trinken, höhöhö und hab dafĂŒr wenigstens etwas bessere Sicht, nicht nur deutsche Hopper im Block und vor allem hört man dann auch was von beiden Kurven. Von Lazio kam eigentlich so gar nichts bei uns an, obwohl es von der Bewegung her teilweise schon gut aussah.
Zur Stimmung bei Roma lÀsst sich sagen, dass diese schon ganz gut war, aber das Fehlen von Megafon und Trommeln schon sehr schwer ins Gewicht fÀllt. Aber ist auch klar, in so einer riesigen Kurve ist es einfach sehr schwer alle ohne Hilfsmittel zu erreichen und zu koordinieren. Da das aber schon vorher klar war, bin ich trotzdem recht zufrieden.
Nach dem Spiel kam es wohl noch zu ScharmĂŒtzeln rivalisierender Fangruppen und der Polizei. Mitbekommen davon haben wir nichts, die Zeitungsberichte lesen sich auch nicht sonderlich schlimm, trotzdem wurden beide Vereine fĂŒr das kommende Heimspiel mit einem Teilausschuss der Zuschauer bestraft bzw. dĂŒrfen nur Tessera-Inhaber Karten kaufen.
Uns fĂŒhrte der Weg zurĂŒck zum Petersdom, von wir aus wir den RĂŒckweg zum Hostel am Termini mit einer kleinen Sightseesing Tour unter meiner fachkundigen FĂŒhrung (das âWissenâ stammt hauptsĂ€chlich aus der HBO Serie âRomâ â wer sie noch nicht gesehen hat, unbedingt nachholen) vorbei an Engelsburg, Piazza Navona, Pantheon und Forum Augustus verbanden, unterbrochen nur durch kurze Nahrungsaufnahme in einem absoluten Touri-Abzockerladen. Als wĂ€ren wir das erste Mal unterwegs, aber irgendwie hatte es auĂer Ede keiner geschnalltâŠ
Trotz allem war dann heute Abend mit uns kein Krieg mehr zu gewinnen. AuĂer ein paar Bieren konzentrierten wir uns quasi ausschlieĂlich darauf, was wir am besten können: DummgeschwĂ€tz.
Montagmorgen wurde nahtlos daran angeschlossen, sogar unser verlorene Sohn war wieder besser gelaunt und schmiss sein noch nach dem Aufwachen abgelegtes AbstinenzgelĂŒbde wieder ĂŒber den Haufen â zumindest solange, bis er den SchlĂŒssel eines SchlieĂfaches bei der deutschen Botschaft in seiner Hosentasche fand. Und zack, war die Gruppe wieder dezimiert. Bedanken möchte ich noch kurz vor Abflug bei Ede fĂŒr die Auswahl der Location montags. In so einem abgeranzten Inderimbiss mit acht (spĂ€ter sieben) Leuten auf 2qm ohne Tisch zu sitzen, hat schon StilâŠ
Heimflug landete dann ausnahmsweise mal pĂŒnktlich, noch schnell die zwei Stunden unter weiteren Planungen und Dummgebabbel heimgeschrubbt und schon hatte uns der Alltag wieder.
In diesem Sinne: Bis zum nÀchsten Mal und nicht vergessen: No Totti, No Party
Danke.
Ich werde das letzte Heimspiel von Napoli noch verschÀrfter ins Auge fassen, zumal ich noch ein paar Meilen wegballern muss, bevor sie verfallen.
Und, bitte: Fotos!
HinreiĂender Bericht. Danke! Â
Bei mir auch.
24.05. RĂŒckspiel Â
Ui, da ist Pfingsten, sehe ich gerade.
Das werde ich mal angehen. FlĂŒge, die nicht mit meiner Arbeit kollidieren, nach Napoli sind sackteuer.
Ach, den Typ fand ich einfach schon immer genial Â
Danke auch fĂŒr diesen grandiosen Bericht. Beim nĂ€chsten Mal aber nicht mehr soviel trinken (und weniger Souvenirs kaufen)
Hier wie gewĂŒnscht noch ein paar Bilder. Ich hatte leider selbst keine Kamera dabei, daher diesmal nur eine abgespeckte Version. Wer bessere sucht, findet diese sicherlich auf den bekannten Seiten im Netz.
Special: Die Tanzkatze "Balisto" samt weiteren Souvenirs (zum GröĂenvergleich: ist ne 0,66l Flasche)...
AuswĂ€rtsspiel sonntags in Augsburg. Was bietet sich da mehr an als mal wieder ein Abstecher auf den Stiefel. Dieses Augsburg liegt aber auch einfach verdammt verkehrsgĂŒnstig. Ich glaube langsam, dass alle Wege nach Augsburg und nicht nach Rom fĂŒhren. Vor zwei Jahren fĂŒhrte der Weg ĂŒber das Prager Derby, beim Pokalspiel ĂŒber das Amateurderby in MĂŒnchen, jetzt halt Italien, man muss sich das Spiel ja auch irgendwie interessant machen.
Die Autobesatzung war auch schnell gefunden, aber wieder das immer so ist, wird diese in der Woche vor Abfahrt nochmals krĂ€ftig durchgemischt, so dass von der ursprĂŒnglichen Crew nur noch zwei Bordmitglieder ĂŒbrig blieben. Da sich jedoch kurzfristig zwei weitere Verwegene, darunter mit dem Duke auch der Fahrer und Autosponsor â auch nochmals vielen Dank an dieser Stelle dafĂŒr -, fĂŒr die Tour begeistern konnte, stand dem Ausflug dennoch nichts im Wege.
Samstagmorgen sollte mich der Wecker um 3:01Uhr nach einer anstrengenden Woche aus meinem wohlverdienten Schlaf zurĂŒck in die RealitĂ€t holen. 3:01Uhr deshalb, damit ich den psychologischen Effekt hatte, dass ich bis nach drei Uhr geschlafen hatte. Ins Gegenteil wird dieser Effekt halt gefĂŒhrt, wenn man des nachts aufwacht, auf die Uhr schaut und diese 2:59Uhr anzeigt (kein ScheiĂ). Da ist die Erholung der Massage und Sauna vom Abend vorher doch gleich wieder verpufft. Normalerweise ein Grund fĂŒr mich mich jetzt erstmal richtig aufzuregen, aber hey, es geht nach Italien, da fĂ€llt das Aufstehen doch gleich viel leichter. Nichtsdestotrotz habe ich die ersten zwei Stunden Fahrt verschlafen. Der Schlaf wurde nur unterbrochen, wenn das Fenster auf der Fahrerseite zum Rauchen geöffnet wurde und ich dadurch aufgrund meines Sitzplatzes hinten links im eiskalten Fahrtwind saĂâŠ
Als ich dann komplett wach wurde, standen wir bereits im Stau um MĂŒnchen. Wie in den Verkehrsmeldungen angekĂŒndigt, war wohl halb Bayern und Sachsen auf dem Weg um ĂŒber das Wochenende Ski zu fahren. Ich habe mich dann zwar gefragt, wieso die sich das antun, erst den halben Tag im Stau um spĂ€ter ein paar Stunden auf Skiern zu stehen, und am nĂ€chsten Tag dasselbe wieder in umgekehrter Reihenfolge zu machen, aber eigentlich ist es ja noch viel unlogischer, die ganze Tortur auf sich zu nehmen nur um etwas FuĂball zu schauen. Die viel gröĂere Frage in diesem Moment war eh, wie wir am schnellsten wieder aus dem Stau herauskommen sollten, immerhin hatte der Puffer gemÀà Navi bis zum mittaglichen Anpfiff im noch fĂŒnf Stunden entfernten Vicenza die Grenze von einer Stunde schon unterschritten. GlĂŒcklicherweise lief der Verkehr ab Innsbruck wieder besser und bei der weiteren Fahrt durch traumhafte Winterlandschaften und bei GesprĂ€chen, die erstaunlicherweise nahezu allesamt oberhalb der GĂŒrtellinie angesiedelt waren, verging die Zeit recht flink. Erstaunlich ĂŒbrigens, was man auf so einer Fahrt alles lernt. Wusstet ihr z.B., dass den Schilderungen zu Folge Echzell wohl eine der höchsten Kneipe/Kopf-Dichte deutschlandweit hat (Notiz an mich selbst: Das muss demnĂ€chst mal ĂŒberprĂŒft werden)?
Nach dem Brenner ĂŒberquert war, wir so durch SĂŒdtirol rollten (nĂ€chste Notiz: Hier muss ich dringend auch mal wieder hin, ich konnte mich an der Landschaft ja gar nicht satt sehen), der Schnee immer weniger wurde und das Quecksilber immer weiter stieg, zeichnete sich langsam ab, dass wir die AlternativplĂ€ne ad acta legen konnten und wir Vicenza rechtzeitig erreichen werden. Gute 45 Minuten vor Kick Off standen wir dann auch wirklich in der Schlange vorm KassenhĂ€uschen, an welchem es problemlos Karten fĂŒr die GegentribĂŒne zu kaufen gab. Ohne Namensabgleich beim Einlass (Premiere fĂŒr mich) konnten wir unsere PlĂ€tze rechtzeitig einnehmen.
Vicenza Calcio â AC Perugia 3:1, Stadio Romeo Menti, Serie B, 7.000 Zuschauer (300 GĂ€ste)
Bevor ich jetzt etwas zum Spiel an sich schreibe, lohnt es sich erstmal einen Blick auf die Tabelle zu werfen. Die Serie B besteht bekanntlich aus 22 Mannschaften. Die ersten beiden steigen direkt in die Serie A auf, die letzten drei steigen ab. Zwischen Platz drei und Platz acht wird nach Ende der Saison in einer Playoff Runde der dritte Aufsteiger ausgespielt, analog dazu erspielen Platz 18 und 19 den letzten Absteiger. Vor diesem Spieltag sah es nun so aus, dass an der Tabellenspitze Carpi einsam seine Runden dreht und sich anschickt, zum ersten Mal in die Serie A aufzusteigen. Danach kommt mit etwas Abstand Bologna, zwischen Platz drei und dem letzten Platz liegen dann jedoch gerade einmal 13 Punkte. Die zur Auftstiegs- bzw. Abstiegsrelegation berechtugten PlĂ€tzen acht und 18 trennen gerade mal acht Punkte, was in Anbetracht von noch 17 ausstehenden Spielen quasi nichts ist. Eben jenen achten Platz â und damit komme ich auch wieder zurĂŒck zur heutigen Spielpaarung â belegt aktuell das Team aus Vicenza, jedoch gerade einmal vier Punkte vor den GĂ€sten aus Umbrien, so dass es heute fĂŒr beide (wie eigentlich jede Woche) ein richtungsweisendes Spiel werden sollte.
So wirklich eine Vorstellung, was uns hier heute erwarten sollte, konnte ich mir nicht machen. Klar sind von Vicenza ein paar Bilder bekannt, aber wie das dann in der RealitĂ€t aussieht und vor allem anhört, konnte ich mir kein Bild machen, da auch bewusst auf z.B. Videostudium im Vorfeld verzichtet wurde. Einzig von Perugia erwartete ich auf der TribĂŒne einiges, fahren diese doch mit allen Gruppen auswĂ€rts (u.a. mit 1.500 Leuten in Bologna Anfang Januar) und die Heimkurve lĂ€sst optisch kaum Ănderungen zur guten alten Zeit erkennen. Ich nehme es vorweg, vom GĂ€steauftritt war ich etwas enttĂ€uscht. Zwar sah der Block optisch erste Sahne aus, es wurde eigentlich auch stĂ€ndig gesungen und Fahnen geschwenkt, aber irgendwie kam mir das alles bis auf manche Phasen recht lustlos vor. Ist aber wohl eine subjektive EinschĂ€tzung. Italienneuling Nino bemĂ€ngelte zwar die gedruckten Fahnen, war aber sonst recht angetan vom GĂ€stesupport.
Einstimmig hingegen fiel die Beurteilung des restlichen Geschehens aus. In dem sehr geilen Stadion (in der Stadt, eng, typisch italienisch verranzt, schöne Flutlichtmasten) entwickelte sich von Beginn an ein sehr flottes Spiel. Es hĂ€tte eigentlich noch viel flotter sein können, wenn zum einen der Unparteiische nicht von Anfang an fĂŒr jeden Körperkontakt den gelben Karton ausgepackt hĂ€tte und zum anderen die Spielweise der Akteure nicht so extrem italienisch gewesen wĂ€re. Wundert mich, dass es keine schwereren Verletzte gab, so oft und lange wie die Leute da auf dem Boden lagen. Auch der Schiri war sehr konsequent in seiner Spielleitung. WĂ€hrend er wie gesagt im Mittelfeld jeden Furz ahndete, zogen Rudelbildungen samt FaustschlĂ€gen keinerlei Konsequenzen nach sich. Abgesehen davon ging es sportlich aber wirklich hin und her. Bei den Abwehrleistungen, die einem da geboten wurden, konnte man fast denken, dass ein hessischer Bundesligist auf dem Rasen steht. Trotzdem wurde die Kugel bis zum Pausentee nur einmal in die Maschen gesetzt: Einen schönen Konter schloss GĂ€stestĂŒrmer Davide Lanzafame mit sattem Flachschuss ins lange ab.
Nach der Pause war es dann jedoch Vicenza-StĂŒrmer Andrea Cocco, der mit einem lupenreinen Hattrick innerhalb von 25 Minuten seine Farben zum Sieg schoss. Bemerkenswert, dass er je einen Treffer mit rechts, links und dem Kopf erzielte. Jedes Tor wurde mit einem Sprung auf die Werbebande und anschlieĂendem Urschrei in Richtung Fankurve gefeiert. Geiler Typ, wĂ€r was fĂŒr die Eintracht.
Apropos Fankurve, die gab es ja auch noch. Und wie. Ich geh mal soweit und sage, dass war hier heute die gröĂte Ăberraschung, die ich bisher in Italien gesehen habe. Das Spiel eingeleitet wurde mit einer sehr schönen Rauchshow in den Vereinsfarben, danach wurde relativ durchgĂ€ngig supportet. Zwar auch hier ohne irgendwelche akkustische Hilfsmittel und auch nur die eher typischen italienischen Kurvengassenhauer, aber das Ganze in sehr guter LautstĂ€rke und IntensitĂ€t. Hat auf jeden Fall richtig SpaĂ gemacht und war in dieser Form nicht zu erwarten.
Leider mussten wir die WettkampfstĂ€tte zehn Minuten bevor der Mann in gelb zum finalen Pfiff ansetzte verlassen, wollten wir doch nicht riskieren, zum Abendspiel in Verona zu spĂ€t aufzuschlagen. Da die Hopperpolizei jedoch nicht gesichtet wurde, drĂŒcken wir da mal ein Auge zu. Kleines âHighlightâ noch beim Toilettengang auf dem Weg nach drauĂen: Da war doch am Pissoir tatsĂ€chlich das Abflussrohr abgeschraubt. Ergo hat man sich, wenn man das erst wĂ€hrend des GeschĂ€ftes merkte,  direkt auf die FĂŒĂe gepinkelt, oh mannâŠ
Jetzt hieĂ es aber âAuf nach Veronaâ. 16:45 verlieĂen wir den Parkplatz, 18:00 Uhr ist Anpfiff, Strecke gute 40km. Sollte eigentlich reichen, wenn, ja wenn, nicht die falsche Adresse ins Navi eingegeben wird. Das ist aber auch tĂŒckisch. Das Navi lotste uns exakt so, wie die Verkehrsschilder, nur als wir laut Navi am Ziel angekommen waren, war da alles, nur kein FuĂballstadion (gut, um ehrlich zu sein war da eigentlich gar nichts). Herzlichen GlĂŒckwunsch. Also Zielangabe korrigiert, noch fĂŒnf Kilometer angezeigt bekommen und gedanklich das rechtzeige Erscheinen schon abgehakt, zumal Der Weg mal gepflegt durch das Stadtzentrum gehen sollte. Manchmal muss man aber auch einfach GlĂŒck. Das ging dann alles schneller als gedacht, und da wir schnell einen kostenfreien Parkplatz fanden und die Tickets schon im Vorfeld via Print@home (ein richtiges Ticket fĂŒr die Sammlung lĂ€sst sich immer auftreiben â war dann auch kein Problem) gekauft wurden, waren wir tatsĂ€chlich drei Minuten vor Spielbeginn auf unseren PlĂ€tzen. Einziger Nachteil war, dass wieder keine Zeit blieb feste Nahrung aufzunehmen und der Hunger mittlerweile Ăberhand gewann. Aber egal, da muss man durch.
Hellas Verona â Torino, Stadio Marc Antonio Bentegodi, Serie A, 17.000 Zuschauer (400 GĂ€ste)
Als wir dann unsere PlÀtze in der ersten Reihe des Oberrangs einnahmen, war der Hunger auch schon wieder vergessen. Trotz Laufbahn absolut geiles Teil hier. Ich behaupte auch, dass man in der Höhe, in der wir gesessen haben, im Waldstadion weiter vom Spielfeld entfernt ist. Sofort ins Auge ist auch die einheitliche Bestuhlung gestochen. Ich glaube es gab keine zwei identischen Sitzschalen hier. Man merkt einfach auch hier, dass seit der WM 1990 nichts mehr am Stadion gemacht wurde.
Kommen wir aber mal zu Hellas Verona bzw. dem Publikum hier vor Ort, wobei mir die EinschĂ€tzung echt schwer fĂ€llt. Irgendwie ist das ja ein faszinierender Haufen. Vom Stil her ganz anders als sonst in Italien ĂŒblich sehr britisch angehaucht, was sich sowohl im Klamotten- (sehr casual),Zaunfahnen- (sehr viele kleine) und Supportstil (z.B. âOh when the saintsâ oder âAmazing Graceâ) zeigt. Dazu eilt der Ruf voraus extrem gewaltbereit zu sein. Trotz dass die Tessera schon seit lĂ€ngerem akzeptiert wird und man dadurch auch in gröĂeren Zahlen auswĂ€rts fĂ€hrt, kommt es immer wieder zu gröĂeren Ausschreitungen. Man macht einfach sein Ding und scheiĂt auf alles andere. Dazu gehört dann leider auch die ultrafaschistische Einstellung der Kurve. Das ist zum einem historisch begrĂŒndet, da Mussolini einst sein Manifest der faschistischen Bewegung in Verona verkĂŒndete, zum anderen darin, dass im Norden Italiens im Allgemeinen und in Verona als Wirtschaftszentrum im Besonderen ein groĂer Hass auf SĂŒditalien besteht und somit z.B. auch die rechtspopulistische Partei Lega Nord in Verona relativ hohe Werte erzielt und als letzter Punkt ist es dennoch einfach scheiĂe. Wer erinnert sich z.B. nicht an die (Nicht-)Verpflichtung des dunkelhĂ€utigen Kameruners Patrick Mboma im Jahre 2001, von der aufgrund massiver Proteste aus Reihen der Fans abgesehen wurde. Der damalige PrĂ€sident kommentierte das mit den Worten: âDie Fangemeinde von Verona ist schlimm, jedenfalls was farbige Spieler betrifft.â Das Zeigen von Haken- und Keltenkreuzen, Solidarisierungen mit rechtsextremen Terroristen und beleidigende SpruchbĂ€nder in der Vergangenheit machen zusĂ€tzlich noch einmal deutlich, mit wem man es hier zu tun hat.
Alles nicht schön (im GegenteilâŠ), aber man weiĂ wenigstens auf was man sich einlĂ€sst. Heute gab es solche AuswĂŒchse glĂŒcklicherweise nicht zu sehen und hören. DafĂŒr war das Publikum emotional bei der Sache und gut am ausrasten. Ăberhaupt ist die Zuschauerstruktur hier eine ganz andere als in Deutschland. Sowas wie Picknickpublikum sucht man hier vergeblich. Jeder war mit war mit Herzblut dabei, besonders beim pöbeln gegen Gegner und Schiri. Dementsprechend konnte auch öfters eine beachtliche LautstĂ€rke erzielt werden und in die GesĂ€nge stieg oftmals das ganze Stadion ein. Wie oben beschrieben ist das vom ganzen Stil her sehr eigen. Kaum lange GesĂ€nge mit ich nenn es mal Durchdrehmelodien, eher kurze Schlachtrufe oder britische Melodien. Das ganze immer mal wieder unterlegt von Pyrotechnik war aber auf jeden Fall sehr sehr geil. In der zweiten HĂ€lfte wurde es aufgrund des Spielverlaufs etwas leiser, in der Schlussphase gab es dann aber nochmal GĂ€nsehautmomente, als das ganze Stadion zur Melodie von âAmazing Graceâ am Singen war.
Zu diesem Zeitpunkt fĂŒhrte der einzig wahre Verein aus Turin in diesem Mittelfeldduell bereits mit 2:0. Das Spiel Ă€hnelte etwas dem Kick mittags in Vicenza. Recht schnelles Spiel, allerdings auch viele Schauspieleinlagen und durch ein Konter des vor der Saison aus Bern gekommenen Venezuelaners Martinez fĂŒhrte Toro beim Halbzeitpfiff. Zu Beginn des zweiten Durchgangs lagen dann zwei BĂ€lle im Spielfeld und die Ersatzspieler stellten ihre HĂŒtchen auf der Seitenauslinie auf, was hier jedoch keinen störte. Die mit den Altstars Rafael Marquez, Javier Saviola und Luca Toni gepickten Veronesi drĂ€ngten gleich auf den Ausgleich, doch die BemĂŒhungen wurden bereits nach fĂŒnf Minuten je unterbunden, da der ehemalige Nationalspieler und vor der Saison vom Stadtrivalen Juve zurĂŒckgekehrte Fabio Quagliarella per Foulelfmeter auf 2:0 erhöhte. Erst zehn Minuten vor Ultimo konnte Luca Toni, der bis dahin hauptsĂ€chlich durch stĂ€ndiges Lamentieren oder dem Versuch schön auszusehen glĂ€nzte, verkĂŒrzen, doch in der Nachspielzeit stellte Toro den Zwei-Tore-Abstand wieder her und sicherte sich so die drei Punkte und damit den vierten Sieg in Folge, was die mitgereisten Tifosi nochmal zu einer Jubelarie ermunterte.
Diese wurden in den zweiten Oberrang verfrachtet und standen hinter dem Banner der 1969 gegrĂŒndeten Ultras Granata, das seit dem Derby bei Juve Ende November wieder regelmĂ€Ăig hĂ€ngt. Ansonsten fĂ€llt eine Beurteilung schwer, da sie aufgrund des Platzes nur schwer zu hören waren, aber allgemein sah es auch nicht nach sonderlich viel Bewegung Block aus.
Nach Spielende gab es dann endlich etwas zu essen (laut Stand Betreiber âdas beste Sandwich in Veronasâ â ich glaub es sogar) bevor wir unser Nachtdomizil in Innsbruck ansteuerten. Dass wir uns noch fĂŒr die Weiterfahrt entschieden hatten, erwies sich am nĂ€chsten Tag als GlĂŒcksgriff, als wir die Meldungen ĂŒber einen Wintereinbruch in SĂŒdtĂŒrol mit vier TodesfĂ€llen hörten. Wahrscheinlich hĂ€tten wir es bei einer Ăbernachtung in Verona nicht rechtzeitig nach Augsburg geschafft. Selbst zwischen Innsbruck und MĂŒnchen war es ob des Schnees, der da vom Himmel fiel, nicht wirklich gut zu fahren. Davon bekam ich glĂŒcklicherweise nicht viel mit, auĂer eines Essenstopps im wunderschön eingeschneiten Kufstein verschlief ich die meiste Zeit der Fahrt. An dieser Stelle möchte ich nicht verzichten Werbung fĂŒr das eigentlich eh schon bekannte Restaurant âAuracher Löchlâ in Kufstein zu machen. Zwar nicht billig, aber dafĂŒr ein Gaumenschmaus allererster GĂŒter. Nach einstimmiger Meinung meiner Mitfahrer hĂ€tte e auch den besten Kaiserschmarrn aller Zeiten gegeben, den konnte ich jedoch nicht probieren, da ich von den KĂ€sespĂ€tzle ĂŒberfressen war
Dementsprechend schlief ich auf der Weiterfahrt auch gleich wieder ein und als ich die Augen öffnete, war der Schnee gröĂtenteils verschwunden und wir befanden uns bereits eine Stunde vor Augsburg.
Aber das ist eine andere GeschichteâŠ
Vicenza - Perugia:
Verona - Torino
Kufstein und Essen
Danke fĂŒr Deinen umfassenden Bericht!
Sehr umfangreich und mit Herzblut geschrieben!
Man freut sich immer, wenn Du wieder auf Reisen bist!
Vielen Dank!