>

Wie weit darf Satire gehen???

#
Ich dache dies sei eher britischer Humor  

Das Satire-Magazin "Titanic" zeigt Supermarktprodukte mit dem Bild von Madeleine.
 
Maddies Eltern sind über eine Satire des deutschen Magazins "Titanic" empört. Die Zeitschrift präsentiert in ihrer neuen Ausgabe eine fiktive Supermarkt-Anzeige mit Bildern des Mädchens auf verschiedenen Produkten wie Schokolade oder Zwieback. Darunter ist auch ein Reiniger, der verspricht, alle Spuren zu beseitigen und gegen den selbst DNA-Tests nichts ausrichten könnten.

http://onnachrichten.t-online.de/c/13/23/11/18/13231118.html
#
Was darf die Satire?

     Frau Vockerat: "Aber man muß doch
     seine Freude haben können an der
     Kunst."
     Johannes: "Man kann viel mehr haben
     an der Kunst als seine Freude."
              Gerhart Hauptmann

Wenn einer bei uns einen guten politischen Witz macht, dann sitzt halb Deutschland auf dem Sofa und nimmt übel.

  Satire scheint eine durchaus negative Sache. Sie sagt: "Nein!" Eine Satire, die zur Zeichnung einer Kriegsanleihe auffordert, ist keine. Die Satire beißt, lacht, pfeift und trommelt die große, bunte Landsknechtstrommel gegen alles, was stockt und träge ist.

  Satire ist eine durchaus positive Sache. Nirgends verrät sich der Charakterlose schneller als hier, nirgends zeigt sich fixer, was ein gewissenloser Hanswurst ist, einer, der heute den angreift und morgen den.

  Der Satiriker ist ein gekränkter Idealist: er will die Welt gut haben, sie ist schlecht, und nun rennt er gegen das Schlechte an.

  Die Satire eines charaktervollen Künstlers, der um des Guten willen kämpft, verdient also nicht diese bürgerliche Nichtachtung und das empörte Fauchen, mit dem hierzulande diese Kunst abgetan wird.

  Vor allem macht der Deutsche einen Fehler: er verwechselt das Dargestellte mit dem Darstellenden. Wenn ich die Folgen der Trunksucht aufzeigen will, also dieses Laster bekämpfe, so kann ich das nicht mit frommen Bibelsprüchen, sondern ich werde es am wirksamsten durch die packende Darstellung eines Mannes tun, der hoffnungslos betrunken ist. Ich hebe den Vorhang auf, der schonend über die Fäulnis gebreitet war, und sage: "Seht!" – In Deutschland nennt man dergleichen ›Kraßheit‹. Aber Trunksucht ist ein böses Ding, sie schädigt das Volk, und nur schonungslose Wahrheit kann da helfen. Und so ist das damals mit dem Weberelend gewesen, und mit der Prostitution ist es noch heute so.

  Der Einfluß Krähwinkels hat die deutsche Satire in ihren so dürftigen Grenzen gehalten. Große Themen scheiden nahezu völlig aus. Der einzige ›Simplicissimus‹ hat damals, als er noch die große, rote Bulldogge rechtens im Wappen führte, an all die deutschen Heiligtümer zu rühren gewagt: an den prügelnden Unteroffizier, an den stockfleckigen Bürokraten, an den Rohrstockpauker und an das Straßenmädchen, an den fettherzigen Unternehmer und an den näselnden Offizier. Nun kann man gewiß über all diese Themen denken wie man mag, und es ist jedem unbenommen, einen Angriff für ungerechtfertigt und einen anderen für übertrieben zu halten, aber die Berechtigung eines ehrlichen Mannes, die Zeit zu peitschen, darf nicht mit dicken Worten zunichte gemacht werden.

  Übertreibt die Satire? Die Satire muß übertreiben und ist ihrem tiefsten Wesen nach ungerecht. Sie bläst die Wahrheit auf, damit sie deutlicher wird, und sie kann gar nicht anders arbeiten als nach dem Bibelwort: Es leiden die Gerechten mit den Ungerechten.

  Aber nun sitzt zutiefst im Deutschen die leidige Angewohnheit, nicht in Individuen, sondern in Ständen, in Korporationen zu denken und aufzutreten, und wehe, wenn du einer dieser zu nahe trittst. Warum sind unsere Witzblätter, unsere Lustspiele, unsere Komödien und unsere Filme so mager? Weil keiner wagt, dem dicken Kraken an den Leib zu gehen, der das ganze Land bedrückt und dahockt: fett, faul und lebenstötend.

  Nicht einmal dem Landesfeind gegenüber hat sich die deutsche Satire herausgetraut. Wir sollten gewiß nicht den scheußlichen unter den französischen Kriegskarikaturen nacheifern, aber welche Kraft lag in denen, welch elementare Wut, welcher Wurf und welche Wirkung! Freilich: sie scheuten vor gar nichts zurück. Daneben hingen unsere bescheidenen Rechentafeln über U-Boot-Zahlen, taten niemandem etwas zuleide und wurden von keinem Menschen gelesen.

  Wir sollten nicht so kleinlich sein. Wir alle – Volksschullehrer und Kaufleute und Professoren und Redakteure und Musiker und Ärzte und Beamte und Frauen und Volksbeauftragte – wir alle haben Fehler und komische Seiten und kleine und große Schwächen. Und wir müssen nun nicht immer gleich aufbegehren (›Schlächtermeister, wahret eure heiligsten Güter!‹), wenn einer wirklich einmal einen guten Witz über uns reißt. Boshaft kann er sein, aber ehrlich soll er sein. Das ist kein rechter Mann und kein rechter Stand, der nicht einen ordentlichen Puff vertragen kann. Er mag sich mit denselben Mitteln dagegen wehren, er mag widerschlagen – aber er wende nicht verletzt, empört, gekränkt das Haupt. Es wehte bei uns im öffentlichen Leben ein reinerer Wind, wenn nicht alle übel nähmen.

  So aber schwillt ständischer Dünkel zum Größenwahn an. Der deutsche Satiriker tanzt zwischen Berufsständen, Klassen, Konfessionen und Lokaleinrichtungen einen ständigen Eiertanz. Das ist gewiß recht graziös, aber auf die Dauer etwas ermüdend. Die echte Satire ist blutreinigend: und wer gesundes Blut hat, der hat auch einen reinen Teint.

  Was darf die Satire?

  Alles.


(von Ignaz Wrobel (i.e. Kurt Tucholsky))
#
Satire hat ja eher den Sinn, gesellschaftliche Missstände aufzuzeigen, oft mit einem Beigeschmack, der in die Richtung von Humor geht. Deshalb wird sie wohl oft falsch verstanden und als Humor aufgefasst, was meistens ja auch passend ist. Allerdings kann die Satire auch so weit ins makabere gehen, dass sie nicht mehr mit Humor vereinbar ist - was sie ja auch garnicht soll.

Von daher kann Satire nicht zu weit gehen, man kann sie allerdings falsch deuten.

Das ist jedenfalls mein Ansatz dazu. Wenn ich falsch liege, bitte berichtigen.
#
Kann sein, in diesem Fall gefällt es mir persönlich weniger (aber die ganzen Umstände gefallen mir in diesem Fall persönlich weniger). Jedenfalls dürfen darf sie das schon, die Satire. Die gute noch ein bissle mehr, die schlechte vielleicht ein klitzekleines bissle weniger. Dürfen aber darf sie. Abgrundsätzlich.
#
Ja, Satire darf alles.
Aber mein Opa hat immer gesagt " Sowas macht mer net".

Ich denke in diesem Fall liegt Opa nicht daneben.
#
wie oft sollte man sich über die englische yellow press aufregen, die zum wiederholten male in der staubigen weltkriegskiste die schauerlichen märchen der bösen deutschen ausgräbt und für jedes noch so nichtige thema wieder ans sonnenlicht zerrt. ist das satire? nein, es ist eine lebenseinstellung don't mention the war... schwarzer humor ist eine erfindung der engländer; in was für einer welt leben wir, wenn selbst die erfinder nicht darüber lachen können...
#
zwerg_nase schrieb:
schwarzer humor ist eine erfindung der engländer; in was für einer welt leben wir, wenn selbst die erfinder nicht darüber lachen können...


Sorry,
aber ich glaube nicht, daß die Eltern die Erfinder des scharzen Humors sind......(oder war das jetzt von dir Satire?)
#
schrieb ich "eltern von maggie"?
#
Ach ja, die prägnanteste Definition von Satire steht in der Bibel, NT, Bergpredigt, Matthäus 5, 41:

Und wenn dich jemand nötigt, eine Meile mitzugehen, so geh mit ihm zwei.

#
zwerg_nase schrieb:
schrieb ich "eltern von maggie"?


Nö, aber ich kopiere mal die Überschrift und den ersten Satz des geposteten Links  ,-)
Maddies Eltern ärgern sich über "Titanic"
Maddies Eltern sind über eine Satire des deutschen Magazins "Titanic" empört.

Aber sei es drum, zurück zum Thema:
Satire darf eine ganze Menge.....die Frage ist allerdings ob TITANIC im Ganzen und in einzelnen Artikeln eine Satirezeitung ist, wovon wir alle einfach mal ausgehen, weil die Zeitschrift sich so darstellt.
Oder ob es nicht doch oftmals einfach nur Comedy ist, aber keine Satire.
Wir dürfen in meinen Augen nicht vergessen, auch die Titanic ist letztlich nur ein Produkt welches Verkaufszahlen bringen soll, und deshalb auch Marketing machen muß.
Jetzt spricht jeder über Titanic und Leute die die Zeitschrift lange nicht mehr gelesen haben werden wieder aufmerksam.
(Nur eine Vermutung von mir)
#
Ich kann keine Satire erkennen. Ich sehe schlechten Humor und die Intension des Blattes auch mal was an der Sache verdienen zu können. Der Humor ist nicht mal durchgehend schwarz. Das mit dem DNA-Reiniger geht vielleicht gerade noch so als schwarzer Humor durch. Ein totes Kind wird ohne ersichtlichen Grund verohnepipelt.

DA
#
So schlimm finde ich das nicht, ich verstehe das so, das ist einfach nur eine Verarsche dadrauf das einige Leute überall eine Maddie sehen.
#
Verarsche. Keine Satire halt.

DA
#
Ruhig Blut, Leute. Der offizielle Forumssatirebeauftragte Stefan K., der z.Zt. an einem Berliner Kongress zu just dem nämlichen Thema 'Satyr & Anschwellender Bocksgesang - Wir stellen wir uns hierzu' teilnimmt, wird, so höre ich gerade aus verlässlicher Quelle, binnen kurzem zur Thematik Stellung beziehen und uns einen 2-Monatsplan zur angemessenen Bearbeitung derselben vorlegen.

AK, 2. stellv. U.Sekr.
#
Die Titanic darf alles.

(20+ Jahrgänge komplett in der Bude)
#
schusch schrieb:
Die Titanic darf alles.

(20+ Jahrgänge komplett in der Bude)


alle hefte bis auf 4  

peter
#
peter schrieb:

alle hefte bis auf 4  

peter

Die da wären?
#
Brady schrieb:
peter schrieb:

alle hefte bis auf 4  

peter

Die da wären?


müßte ich nachschauen, habe ich zu hause auf einem zettel. ich glaube 7/84, 6/87 und eins aus den späten siebzigern. bekomme ich hier im büro aber wirklich nicht raus.

peter
#
Satire darf alles. Wer sich über eventuelle Bösartigkeiten beschwert, hat den Sinn von Satire (wie in diesem Fall) einfach nicht verstanden. Mir wird schlecht, wenn sich Leute mit aller Gewalt in die Medien drängen und sich dann wundern, wenn diese Medienpräsenz auch mal in eine andere Richtung losgeht, als man es sich wünscht. Getroffene Hunde bellen eben.
#
adlerkadabra schrieb:
Ruhig Blut, Leute. Der offizielle Forumssatirebeauftragte Stefan K., der z.Zt. an einem Berliner Kongress zu just dem nämlichen Thema 'Satyr & Anschwellender Bocksgesang - Wir stellen wir uns hierzu' teilnimmt, wird, so höre ich gerade aus verlässlicher Quelle, binnen kurzem zur Thematik Stellung beziehen und uns einen 2-Monatsplan zur angemessenen Bearbeitung derselben vorlegen.

AK, 2. stellv. U.Sekr.


Da kannst du aber deinen ***** drauf verwetten, dass ich hier zur Thematik Stellung beziehe. Und zwar mit einer geharnischten Polemik zum Thema Satirefreiheit, jawohl. Also:

Ich finde, dass die Welt schön ist. Die Luft, die Bäume, das Wasser - alles allerliebst hergerichtet. Und mitten drin die schönen großen Städte mit den vielen Menschen - wunderbar. Nur: Warum müssen die Menschen immer streiten und böse miteinander sein? Woher dieser Hass? Wäre es nicht viel schöner, die Menschen würden sich mehr liebhaben und auch öfter mal knuddeln? In diesem Sinne eine goße Umarmung an DA und ein neckisches In-die-Wange-kneifen für HG.

Peace, Love and Happiness

Stefan

 


Teilen