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kommentare in bürgerlichen medien

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was mir schon seit geraumer zeit auffällt, sind seltsame kommentare zu diversen beiträge in bürgerlichen online-medien, sei es spiegel oder fr.

sei es bei der sogenannten integrationsdebatte, bei den demonstrationen gegen castor, feminismus (schröder contra schwarzer) oder stuttgart 21 - heerscharen von kommentaren benutzen den gleichen jargon (links/grünfaschismus, gutmenschen, multikultifaschsimus) und erwecken den anschein, als hätten sie sich mit den jeweiligen themen auseinander gesetzt und kommentieren gegen den vermeintlichen linken mainstream der jeweiligen autoren. bizarr wirkt es, wenn alice schwarzer - von der man halten kann, was man will - generell und selbstverständlich anerkannt wird als vorreiterin, deren zeit abgelaufen sei - als hätte sich irgendjemand mit feminismus beschäftigt.

mir scheint manchmal, hier sitzen von wem auch immer bezahlte kommentatoren vorm pc und suggerieren durch massen-kommentare ein stimmungsbild in der bevölkerung, das von den "linken medien" nahezu ignoriert wird. perfide werden vorwürfe der linken gegen die rechten sprachlich ins gegenteil verkehrt, faschsimus ist nicht mehr rechts, sondern links oder grün oder windkrafträder verschandeln die gegend, oder: die linken, die 68er, die gutmenschen sind die eigentlichen nazis, mit denen es aufzuräumen gilt. gerne verklärt man sich auch zu andersdenkenden, die mundtotgemacht werden sollen oder nicht sagen dürfen, was sache ist.

hier mal ein beispiel

nicht, dass ein wandel hinsichtlich der wahrnehmung von welt in den derzeitigen zeiten zu leugnen wäre, so verwundert mich der immergleiche sprachduktus, die immer gleichen begriffe und die immergleiche pseudoverwissenschaftlichung von themen, bei der man merkt, dass nichts in die tiefe geht.

manchmal kommentiert gar ein dr. xy, dessen vorgestellter doktor suggeriert, hier handele es sich um eine koryphäe - obgleich alberne rechtschreibfehler und grammatikalische absurditäten den vermeintlichen doktor entlarven.

ich meine, man kann zu allen themen eine meinung haben und diese im netz zur schau stellen - was mich wundert, ist eine vermeintliche einigung auf begriffe, die durch massenhafte benutzung eingang ins historische vokabular finden sollen - um stimmung zu produzieren - vorwiegend fällt mir dies eben bei spiegel und der fr auf, da ich diese seiten häufig anklicke.

eine gewisse ähnlichkeit zu kommentaren eines vermeintlich islamkritischen usa und israelfreundlichen blogs, dessen erklärte vorbilder sarrazin, wilders etc sind, lässt sich nicht leugnen. dort ist in jedem kommentarstrang von gutmenschen oder grünfaschismus die rede, erklärte feindbilder sind vermeintlich linke, muslime und viele kommentare lassen nichts an deutlichkeit zu wünschen übrig.

kann es ein, dass viele menschen eine ähnliche meinung mit nahezu identischem vokabular (das keiner historie wie z.b der wissenschaftliche marxismus unterliegt), unabhängig voneinander aus freien stücken journalistische beiträge kommentieren und somit eine gegenöffentlichkeit herstellen oder kann es sein, dass es sich um geplante aktionen relativ weniger handelt? kann es sein, dass ich völlig falsch liege?
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Kann alles drei sein,   Beve. Zumindest bei der Site pi ist mir aufgefallen , dass die bei der  hiesigen Diskussion um das " Kreuzrittertrikot" dazu aufgerufen haben sich hier einzumischen. Ging ja auch ganz gut ab hier. Kampagnen sind im Zeitalter der Vernetzung auch sehr leicht anzuleiern. Ganz gleich mit welcher Stoßrichtung.

Die Mimikry gibt es auf jeden  Fall, nicht nur im Netz und nicht in Kommentaren von Zeitungen.  Ich erinnere nur an das Outfit und das Auftreten des schwarzen Blocks, dass von ultrarechten Gruppen kopiert wird.

Andererseits würde ich auch sagen, dass die strenge Einteilung von rechts und links  und damit einhergehend auch das entsprechende Vokabular zunehmend an Bedeutung verliert. Zumindest bei  Menschen unter Dreißig.
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HeinzGründel schrieb:
Kann alles drei sein,   Beve. Zumindest bei der Site pi ist mir aufgefallen , dass die bei der  hiesigen Diskussion um das " Kreuzrittertrikot" dazu aufgerufen haben sich hier einzumischen.

Die Kommentare der pi-Nutzer schrammen auch regelmäßig haarscharf an der Volskverhetzung vorbei. Widerlich.
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HeinzGründel schrieb:
 Andererseits würde ich auch sagen, dass die strenge Einteilung von rechts und links  und damit einhergehend auch das entsprechende Vokabular zunehmend an Bedeutung verliert. Zumindest bei  Menschen unter Dreißig.


woher erkärt sich dann das mantraähnlich kollektiv vermittelte feindbild der 68er und deren nachfahren, dass immer wieder herhalten muss?

wie debatten um diverse themen ablaufen können, zeigt sich ja hier im forum; unterschiedliche meinungen treffen aufeinander und zumindest ein rest an erkenntnisinteresse ist vorhanden. das was ich meine scheint, als stünden ein paar leute hintereinander, der erste nimmt einen prügel und haut, geht zur seite und reicht den prügel weiter. dieser haut etc.

und das scheint mir kampagnenverhaftet zu sein.

stellt sich die frage, ob man jene seite ignoriert oder öffentlich thematisiert um das stigma des geheimverschwörerischen aufzubrechen?
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Mal die Abschlußworte des oben zitierten Leitartikels der FR:

FR schrieb:
...Doch das „Migrantenproblem“ am Köcheln zu halten, hat dem bürgerlichen Lager seit fast zehn Jahren die Regierungsmacht gesichert. 2011 muss wieder gewählt werden, angesichts leerer Kassen und zahlreicher Skandale stehen die Chancen der Koalition schlecht. So spielt sie jetzt erneut die Ausländerkarte, die ihr dreimal den Wahlsieg eingetragen hat, zum Schaden der Integration und der Werte, die einst Dänemark ausmachten.


Soll das wirklich ein Beispiel dafür sein, wie hier ein links- oder grünenfeindliches Stimmungsbild der Bevölkerung suggeriert werden soll? Wenn ja, dann verstehe ich das nicht...
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Maabootsche schrieb:
Mal die Abschlußworte des oben zitierten Leitartikels der FR:...


ich meine die jeweiligen kommentarstränge - und nicht die artikel.?
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Ich habe mir Dein Beispiel mal durchgelesen. Nachdem ich den Artikel las und Dich gar nicht verstand (ich fand den Artikel argumtentativ und nachvollziehbar) merkte ich gleich danach was Du meinst - ich hatte Dich wirklich nicht verstanden.
Inernationalsozialismus und wirklich schräge Vergleiche - wow. Ich denke allerdings, dass die so schreibenden Aliasse, also "skinner", "jo"  und "jan" (und vielleicht weitere) eine Person ist die (i) eine Pseudodiskussion führen (hatten wir hier auch schon) und eben "Mehrheit" simulieren will.

M. E. ist das also eher eine Neurose bei einem unangenehmen Zeitgenossen dem sonst niemand zuhört als eine bezahlte Tätigkeit. Sollte allerdings nachweisbar sein, dass die gleiche Schreibe in vielen Medien bestimmte Themen zu dominieren sucht wäre das wirklich interessant. Ähnliche Phänomene sind - allerdings aus dem letzten Präsidentschaftswahlkampf (Obama ist muslimischer krimineller Ausländer etc. oder Clinton betrügt Hillary schon wieder) - aus den USA bekannt. Während man die Pepublikaner "erwischt" hat, ist meines Wissens nie wirklich bewiesen worden, dass das Hillary-Gerücht aus Obamas Umfeld kam.

In den USA gibt es soetwas - aber nur zu "besonderen Anlässen" (..glaube ich), hier sind das üble Spamer aber "gelenkte" Desinformation?
Spannend,
Marco




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Beverungen schrieb:
Maabootsche schrieb:
Mal die Abschlußworte des oben zitierten Leitartikels der FR:...


ich meine die jeweiligen kommentarstränge - und nicht die artikel.?





Ah so, quasi die Online-Leserbriefe, jetzt verstehe ich.
Nuja, die lese ich eher selten, da finden sich für meinen Geschmack zu oft irgendwelche plattitüdendreschende  Wirrköpfe aus allen politischen Richtungen ein...
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McSGE schrieb:
Spannend


auffällig ist dies vor allem bei spon, dort werden fast alle themen genannter art in einer art und weise kommentiert, die völlig atypisch für die übliche leserschaft ist.
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@Beve

Ich würde das auch mit einem versuchten Tabubruch erklären. Wie soll sich denn die jüngere Generation von ihren Alt-68er Eltern abnabeln. Bestimmt nicht dadurch, dass sie das Gleiche machen und das Gleiche denken wie ihre Eltern. Und was ist das letzte Tabu das man in Deutschland brechen kann? Liegt auf der Hand.
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Ich glaube keinesfalls, dass es sich hier um einzelne Spammer handelt, die mit verschiedenen Nicks auftreten, um Mehrheiten zu suggerieren.
Nein, dieser Islam -und 68er "kritische" Duktus ist tief bis in den Mainstream gedrungen. Da aber den Mainstreammedien eine linke "Meinungsdiktatur" unterstellt wird, sind diese selbsternannten Aufklärer allerdings besonders aktiv, um im Internet eine Art "Gegenöffentlichkeit" zu schaffen.
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Beverungen schrieb:
was mir schon seit geraumer zeit auffällt, sind seltsame kommentare zu diversen beiträge in bürgerlichen online-medien, sei es spiegel oder fr.


ganz unaufgeregt: das ist der geist der zeit, weil:

1.: sich kein mensch mehr einen gedankengang von oben vorschreiben lässt (egal ob links oder rechts)

2.: man eher auf etwas reagiert und öffentlich antwortet, wenn der kommentar gegen die eigene einstellung geht

siehe stuttgart 21 oder sarrazin.  
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arti schrieb:
2.: man eher auf etwas reagiert und öffentlich antwortet, wenn der kommentar gegen die eigene einstellung geht


das mag ja sein, aber es erklärt nicht die divergenz zwischen einer nicht intrumentalisierten debatte wie hier im forum, wo sarrazin oder stuttgart gleichfalls thema waren und den von mir vermerkten kommentaren, die nicht debattieren wollen sondern mit nahezu gleichem vokabular (krude) thesen absondern.
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HeinzGründel schrieb:
@Beve

Ich würde das auch mit einem versuchten Tabubruch erklären. Wie soll sich denn die jüngere Generation von ihren Alt-68er Eltern abnabeln. Bestimmt nicht dadurch, dass sie das Gleiche machen und das Gleiche denken wie ihre Eltern. Und was ist das letzte Tabu das man in Deutschland brechen kann? Liegt auf der Hand.


Sehe ich ganz ähnlich.
Ein ganz netter song, der sich mit diesem thema befasst findet sich hier:
http://www.youtube.com/watch?v=QprlZmkx7Iw
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Glaubt ihr ernsthaft, dass die PI-Schreiberlinge alle Hippieeltern haben?
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Die überaus primitiven und vielzähligen Kommentare in diversen Medien fallen mir schon seit einiger Zeit negativ auf.
Wenn ich politische Kommentare zu einem Artikel lesen möchte, gehe ich hier ins Forum  

Gerade heute in der FR bin ich wieder über ein echtes Highlight gestolpert:
FR-Kommentar schrieb:
Korrekte Entscheidung?? Naja Typisch Frankfurt... Sowas kann man in keiner ZIVILISIERTEN STADT wie Köln und Düsseldorf erleben, dass in einer FUßGÄNGERzone Radfahrer unterwegs sind. Nur im rückständigen assicity Frankfurt. Naja das nächstemal wenn ein Radfahrer mitm wahnsinnstempo auf mich zukommt, boxt man den halt vom Fahrrad runter! Frankfurt/Main... das NEW-York für den kleinen MANN aus OSTeuropa, China und Araberlänern!


(Bin selbst für ein Radfahrverbot auf der Zeil, es geht mir allein um die Ausdrucksweise   )
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Sehr interessantes Thema! Ist mir auch schon aufgefallen.

Von euren gennanten Möglichkeiten ist alles zumindest möglich.

Vielleicht sind die Leute, die sich zu solchen Themen melden, mit ähnlichen Charakterzügen behaftet, sodass auch die Aussagen ähnlich rüberkommen.

Wahrscheinlicher für mich ist, dass sich jeder (auch ich) ein gewisses Vokabular zu gewissen Themen über die Jahre aneignet, meist von vorhergegangenen Berichten etc. inspiriert. Denn irgendwoher beklommt man ja seine Infos.

Aus dem Eintrachtforum hab ich z.B. das Vokabular "Gutmensch" gelernt, für Menschen, die sich Gedanken machen.  

Früher war ich mal ein Moralapostel, heute Gutmensch. Alles Sache der Evolution.
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yeboah1981 schrieb:
Glaubt ihr ernsthaft, dass die PI-Schreiberlinge alle Hippieeltern haben?


vor allem, weil es sich hierbei um die großeltern handeln muss.
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In Beves Beispielsfall sind sich die Kommentare wirklich viel zu ähnlich, als das dies noch ein Zufall sein könnte, erstaunlich.

Ich habe darauf noch nie geachtet, bin aber jetzt sensibilisiert und werde mal bewußt darauf achten. Finde das sehr interessant und spannend ob und wie man mit Kommentaren manipulieren kann.
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Och, wenn man sich die Leserbriefe im Internetbereich der FR über einen längeren Zeitraum so durchliest muß man leider feststellen, daß sich da doch vor allem Spinner äußern. Einerseits in der von Beve aufgegriffenen Form, andererseits durch plumpes eindreschen auf politisch nicht-linksaußen-stehende.

Liest man das und würde alleine hieraus auf den Leserstamm der FR schließen, dann könnte man sie manchmal abwechselnd für ein PDS-Kampfblatt oder ein Schmierblatt aus dem Hause Frey halten.

In den anderen politischen Foren ist es mancchmal intellektuell um eine Nuance höher, aber dennoch werden Plattheiten wiederholt.

Vielleicht fällt Beve das gravierend auf, weil man sich auf der "rechten" Seite bisher nur selten mit seinem Müll in den "linken" Medien verewigt hat und das jetzt häufiger vorkommt. Und manche Sündenböcke, Zielscheiben, Schlagworte und Phrasen gleichweder Couleur sind auf besimmte Charaktäre einfach zu anziehend und attraktiv. So toll und knapp hätten sie es selbst nie ausdrücken können.


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