dank an die interessanten Infos hier drinne. Und schon erstaunlich - Frauen können nicht einparken, wir steuern eine Sonde 500 Mios km weit weg punktgenau.
So, noch kurz zum Lander: Es ist noch etwas früh, verlässliche Vorhersagen zu treffen.
Der Lander kann ja nicht direkt mit der Erde kommunizieren, sondern das geht nur via Mutterschiff Rosetta. Die Kommunikation zwischen Lander und Rosettasatellit hat nach der Landung relativ gut geklappt, obwohl wir nicht wissen wo genau der Lander sich befindet. Die Vorhersagen, um den Funkkontakt zwischen den beiden herzustellen, basiert auf der ursprünglich geplanten Landesteile (die wir ja auch gut getroffen haben). Es gab zwei mehrstündige Slots pro Tag, wobei sich die tatsächlichen Anfangs- und Endzeiten des vorhergesagten Kontaktes aufgrund des anderen Landeortes verschoben haben. Aber in jedem Slot wurde Kontakt hergestellt.
Das wird also irgendwie funktionieren, wenn der Lander sich wieder melden sollte. Das Problem ist natürlich die Energie, und die Batterien brauchen Wärme und Licht, um sich wieder aufzuladen. Um dazu verlässliche Aussagen zu treffen, müssten wir wissen wo er sich genau befindet, wie seine Ausrichtung ist (wohin seine Figurenachse zeigt) und vor allem wie seine direkte Umgebung aussieht (Hügel, Berge). Das wissen wir aber nicht.
Die Rotationsachse des Kometen ist bisher sehr stabil, also fest im Raum. Durch die sich verändernde Geometrie dieser raumfesten Achse zur Sonne im weiteren Verlauf der Sonnenannäherung, werden einige Bereiche besser, andere weniger gut ausgeleuchtet als im Moment. Ob Philae davon profitiert, muss man aber wissen wo sich der Lander auf dem Kometen befindet. Daran wird gearbeitet, das genauer zu bestimmen. Dazu müssen aber eine Menge zusammengetragen werden (Bilder, Magnetfeldmessungen, Daten vom CONCERT Experiment werden helfen). Das ist leider nicht ganz so einfach, weil jeder die Rechte an seinen Daten besitzt und es nicht vorgesehen war, mit diesen Daten mal eine Positionsbestimmung zu machen. Da gibt es also kein System, in dem Du alle Daten reinwirfst und hinten kommt das Ergebnis raus. Dummerweise (aus meiner Sicht) liegen die "Lander-Operations" nach dem Absetzen des Landers vom Rosettasatelliten nicht in unseren Händen (ESA/ESOC), sondern in den eines Konsortiums von CNES und DLR.
Im Moment gibt es also in erster Linie Hoffnung und im Hintergrund das Bemühen, mehr herauszukriegen.
Nochmals: besten Dank für diese Informationen aus erster Hand.
Naive Frage: kann Rosetta den Lander nicht optisch auf der Kometenoberfläche ausmachen? So groß ist diese schließlich nicht, und zweifellos ist eine hochauflösende Camera an Bord. Oder, anders gefragt: warum scheint dies doch nicht so einfach zu sein, denn ich kann mich nicht erinnern, ein solches Pic bislang gesehen zu haben.
Hoffe jedenfalls sehr, dass Philae in größerer Sonnennähe sich eines schönen Tages wieder buchstäblich für seine Aufgabe erwärmt und Laut gibt. Wünsche euch allerbesten Erfolg!
Ich freue mich, dass in diesem Forum die Präzision der Rosetta Navigation gewürdigt wird, denn das ist für mich als Flugdynamiker natürlich ein absolutes Highlight.
Nur mal als Bild: Jemand steht am Äquator und möchte einen bestimmten Punkt in 500 Millionen km anvisieren. Stellt er seine Uhr um eine Sekunde falsch, guckt er eine Richtung die um 4 Milligrad falsch ist. Somit verfehlt er den anvisierten Punkt um 35000 Kilometer!
Je weiter der Satellit von der Erde weg ist, desto schwieriger also die Navigation. Deshalb navigiert Rosetta relativ zum Kometen. D.h. wir machen Bilder vom Kometen, und gucken inwieweit tatsächliche und vorhergesagte Richtung z.B. eines Kraters voneinander abweichen. Diese Information fließt zurück in unser Kometenmodell (Position, Geschwindigkeit, Masse, Rotation, Oberflächenstruktur) und unser Bahnmodell von Rosetta (Position, Geschwindigkeit, Kräfte durch Anziehung, Strahlungsdruck von Sonne oder Kometenteilchen) und es wird alles zusammen neu geschätzt.
Als wir den Kometen anflogen haben wir ihn erstmals im April in Bildern (vom Satelliten gemacht) gesehen. Anschließend wurde die Geschwindigkeit von Rosetta relativ zum Kometen Stück für Stück verringert. Im August flogen wir dann auf der Tagseite des Kometen im Dreieck (100 bis 70 km) vor dem Kometen entlang, um ihn kennenzulernen. So enstanden erste Schätzungen seiner Anziehungskraft und erste Modelle, die seine Figur und Oberfläche charakterisieren. Diese wurden im weiteren Verlauf immer verfeinert und im Oktober waren wir für etliche Tage nur 10 km von Kometenzentrum entfernt. Danach sind wir wieder auf 30 km Entfernung (Tag-Nacht-Grenze) gegangen, um das Absetzen von Philae vorzubereiten. Hätte sich etwas verschoben, wären wir einfach auf dieser Bahn geblieben und hätten Philae 14 Tage später absetzen können. Zum Absetzen wurde ein Manöver gemacht, das Rosetta auf 5 km vom Kometenzentrum entfernt gezielt hat, der Lander wurde aber vor dieser kürzesten Entfernung von 5 km abgesetzt (bei 22.5 km) und danach hat Rosetta sofort ein Manöver gemacht, um für die nächsten Stunden den Funkkontakt zu Philae halten zu können (sonst wären wir schnell hinter dem Horizont verschwunden).
Diese ganze Manövrierei war natürlich mit viel Rechnerei verbunden und wir haben's ganz gut gemacht. Man muss aber auch mal sagen, dass der Satellit sich wunderbar verhalten hat!
Um bei Boccias Vergleich mit dem Einparken zu bleiben: als meine Frau mit ihrem Auto beim Anfahren in unsere Hauswand rauschte, sagte sie, dass sich das Auto anders verhalten hätte, als sie es erwartete. Das kann man sicher nicht von Rosetta behaupten.
Um nochmal den Blick aufs Wesentliche zu richten: Morgen ist Spieltag! Für jeden Punkt, den wir aus Gladbach mitnehmen, macht Philae nochmal einen Freudensprung auf dem Kometen
Maabootsche schrieb: Hmm, bei solcher Nähe zur Mission... hätte man da nicht vielleicht ein Entchen oder zumindest einen Eintracht-Aufkleber mit auf den Kometen nehmen können?
Wir können nicht ausschließen, dass der Kollege den Adler-Bäbber in der Hektik vor dem Start versehentlich auf die Landekamera von Philae geklatscht hat, woraufhin das Landerchen beim Touchdown orientierungslos über den Kometen gehopst ist
Naive Frage: kann Rosetta den Lander nicht optisch auf der Kometenoberfläche ausmachen? So groß ist diese schließlich nicht, und zweifellos ist eine hochauflösende Camera an Bord. Oder, anders gefragt: warum scheint dies doch nicht so einfach zu sein, denn ich kann mich nicht erinnern, ein solches Pic bislang gesehen zu haben.
Ahh, ich sehe great minds think alike! Ich bin tatsächlich auch ein wenig verwundert, dass man doch nicht so genau weiß wo Philae sich nun genau befindet. Ich hatte da irgendwie nen anderen Eindruck, aber da muss ich mich ja nu getäuscht haben. Vielen Dank trotzdem schon mal für die Infos aus erster Hand.
adlerkadabra schrieb: Nochmals: besten Dank für diese Informationen aus erster Hand.
Naive Frage: kann Rosetta den Lander nicht optisch auf der Kometenoberfläche ausmachen? So groß ist diese schließlich nicht, und zweifellos ist eine hochauflösende Camera an Bord. Oder, anders gefragt: warum scheint dies doch nicht so einfach zu sein, denn ich kann mich nicht erinnern, ein solches Pic bislang gesehen zu haben.
Hoffe jedenfalls sehr, dass Philae in größerer Sonnennähe sich eines schönen Tages wieder buchstäblich für seine Aufgabe erwärmt und Laut gibt. Wünsche euch allerbesten Erfolg!
Danke. Mit der hochauflösenden Kamera (OSIRIS) ist es möglich, Philae zu erkennen (kommt natürlich auf die Entfernung des Satelliten zum Kometen an). Nun ist der Bildausschnitt dieser Kamera nicht der größte, d.h. es ist schwer, systematisch zu suchen. Diese OSIRIS Kamera ist ein wissenschaftliches Experiment und daher haben wir keine Kontrolle wann die wo Bilder machen. Aber soviel ich weiss, wird es versucht. Bedenke auch, dass Kontrast ein Problem wird, denn der Komet ist fast schwarz (lass Dich nicht von den nachbearbeiteten Bildern täuschen) und wenn Philae irgendwo im Schatten sitzt, schätze ich die Erfolgsaussicht als nicht so groß ein. Aber versuchen muss man es, vielleicht hat man ja Glück.
jona_m schrieb: Ich bin tatsächlich auch ein wenig verwundert, dass man doch nicht so genau weiß wo Philae sich nun genau befindet. Ich hatte da irgendwie nen anderen Eindruck, aber da muss ich mich ja nu getäuscht haben. Vielen Dank trotzdem schon mal für die Infos aus erster Hand.
Wie gesagt, bisher wurde er noch nicht in seiner endgültigen Parkposition gesichtet. Es gibt aber ein schönes Bild, auf dem man die drei Fußabdrücke der ersten Landung im Staub erkennen kann und weiter rechts "macht sich Philae grad aus dem Staub " und überfliegt ein dunkles Gebiet. http://www.esa.int/spaceinimages/Images/2014/11/OSIRIS_spots_Philae_drifting_across_the_comet Seither keine Bilder von ihm.
jona_m schrieb: Ich bin tatsächlich auch ein wenig verwundert, dass man doch nicht so genau weiß wo Philae sich nun genau befindet. Ich hatte da irgendwie nen anderen Eindruck, aber da muss ich mich ja nu getäuscht haben. Vielen Dank trotzdem schon mal für die Infos aus erster Hand.
Wie gesagt, bisher wurde er noch nicht in seiner endgültigen Parkposition gesichtet. Es gibt aber ein schönes Bild, auf dem man die drei Fußabdrücke der ersten Landung im Staub erkennen kann und weiter rechts "macht sich Philae grad aus dem Staub " und überfliegt ein dunkles Gebiet. http://www.esa.int/spaceinimages/Images/2014/11/OSIRIS_spots_Philae_drifting_across_the_comet Seither keine Bilder von ihm.
Dank deiner Erklärung sieht man ja auch wie einfach wir uns das hier in unsrer Naivität vorstellen.
Die Navigation,so verstehe ich Deine Beschreibung weiter oben, scheint in einem fließenden Prozess von aufgrund stets eintreffender neuer Daten permanent präzisierter Information und größerer "Annäherung" zu bestehen - das finde ich überaus faszinierend.
mikulle schrieb: Wie gesagt, bisher wurde er noch nicht in seiner endgültigen Parkposition gesichtet. Es gibt aber ein schönes Bild, auf dem man die drei Fußabdrücke der ersten Landung im Staub erkennen kann und weiter rechts "macht sich Philae grad aus dem Staub " und überfliegt ein dunkles Gebiet. http://www.esa.int/spaceinimages/Images/2014/11/OSIRIS_spots_Philae_drifting_across_the_comet Seither keine Bilder von ihm.
Herrlich subversiv - hänge ich Philae gedanklich eine Sprech-/Denkblase an in diesem Moment, wäre diese mit einem gefüllt.Und "aus dem Staub machen" trifft die Situation wohl buchstäblich genau
irgendwie klingt das alles wie ausm Fernsehen. Da holt die Rosetta 2 mal Schwung mittels Erde, tuckert jahrelang still und schweigend dahin, pennt 2 Jahre weg und schickt dann ein "ei, gude" nach Darmstadt. Und trifft dann in irrer Entfernung genau da ein, wo sie hin sollte. Net schlecht.
Der vorhergesehene Landeplatz liegt nördlich des (Kometen-) Äquators. Die "endgültige Parkposition" ist zwar ein Stück entfernt, aber vermutlich nahe des Äquators. Sie Sonneneinstrahlung verhält sich so, dass in den kommenden Monaten sowohl für den ursprünglichen Landeplatz als auch für die Äquatorregion die Sonne immer höher steigen wird.
Die Sonne kreuzt den Kometenäquator im Mai 2015. Es gibt also berechtigte Hoffnung, dass Philae sich bis dahin wieder meldet. Es sei denn, das Ding steht dermaßen verschattet in einer Spalte, dass auch die höher stehende Sonne nicht ausreicht.
Es gibt übrigens einige Kometenbilder, die von Rosetta aufgenommen wurden, auf denen man Merkmale erkennen kann, die "möglicherweise" der Philae Lander sein könnten. Daher werden in den nächsten Tagen diese "Kandidaten" mit Hilfe der hochauflösenden OSIRIS Kamera aus 20 km Entfernung genauer untersucht (es werden also weitere Bilder gemacht). Eventuell kann man Philae ja doch noch auf einem der Bilder identifizieren und so seine "endgültige Parkposition" bestimmen.
mikulle schrieb: Es gibt übrigens einige Kometenbilder, die von Rosetta aufgenommen wurden, auf denen man Merkmale erkennen kann, die "möglicherweise" der Philae Lander sein könnten. Daher werden in den nächsten Tagen diese "Kandidaten" mit Hilfe der hochauflösenden OSIRIS Kamera aus 20 km Entfernung genauer untersucht (es werden also weitere Bilder gemacht). Eventuell kann man Philae ja doch noch auf einem der Bilder identifizieren und so seine "endgültige Parkposition" bestimmen.
Hätte das eventuell praktische Konsequenzen? In dem Sinne etwa, dass man je nach Position die Sonnenpaddel von Philae - vorausgesetzt das Landerchen hat sowas - optimal neu ausrichtet?
Nein, das geht nicht, da Philae nicht ansprechbar ist. Er müsste erst genügend Sonne bekommen, um dann gesteuert werden zu können.
Sollte man Philae auf Fotos identifizieren können, wüsste man halt genau wo er ist, aber praktische Konsequenzen hat das zunächst nicht. Zum einen wüsste man, in welchen Zeiträumen Philae aufgrund der Geometrie überhaupt Kontakt zu Rosetta haben könnte. Und man kann bessere Vorhersagen treffen, ob er überhaupt jemals genügend Sonnenlicht bekommt, um seine Batterien aufzuladen. Sollte Philae sich allerdings in den nächsten Monaten tatsächlich noch einmal melden können, wird das Wissen um seinen genauen Ort äußerst wertvoll.
Ach ja, eine Sache noch: seit der Landung auf dem Kometen hat die SGE keinen Punkt mehr abgegeben. Hoffen wir, dass diese Aussage auch heute Abend nach 22:15 Uhr noch gilt
Nicht nur hier, sondern auch 'da obbe'.
Ich finde das absolut wahnsinnig, dass man es hin bekommt eine Sonde zielgenau an einen so weit entfernten Punkt zu bringen.
Mir dreht sich ja schon die Rübe, wenn ich nur versuche mir die Entfernung vorzustellen.
Es ist noch etwas früh, verlässliche Vorhersagen zu treffen.
Der Lander kann ja nicht direkt mit der Erde kommunizieren, sondern das geht nur via Mutterschiff Rosetta.
Die Kommunikation zwischen Lander und Rosettasatellit hat nach der Landung relativ gut geklappt, obwohl wir nicht wissen wo genau der Lander sich befindet.
Die Vorhersagen, um den Funkkontakt zwischen den beiden herzustellen, basiert auf der ursprünglich geplanten Landesteile (die wir ja auch gut getroffen haben). Es gab zwei mehrstündige Slots pro Tag, wobei sich die tatsächlichen Anfangs- und Endzeiten des vorhergesagten Kontaktes aufgrund des anderen Landeortes verschoben haben. Aber in jedem Slot wurde Kontakt hergestellt.
Das wird also irgendwie funktionieren, wenn der Lander sich wieder melden sollte.
Das Problem ist natürlich die Energie, und die Batterien brauchen Wärme und Licht, um sich wieder aufzuladen. Um dazu verlässliche Aussagen zu treffen, müssten wir wissen wo er sich genau befindet, wie seine Ausrichtung ist (wohin seine Figurenachse zeigt) und vor allem wie seine direkte Umgebung aussieht (Hügel, Berge). Das wissen wir aber nicht.
Die Rotationsachse des Kometen ist bisher sehr stabil, also fest im Raum. Durch die sich verändernde Geometrie dieser raumfesten Achse zur Sonne im weiteren Verlauf der Sonnenannäherung, werden einige Bereiche besser, andere weniger gut ausgeleuchtet als im Moment.
Ob Philae davon profitiert, muss man aber wissen wo sich der Lander auf dem Kometen befindet. Daran wird gearbeitet, das genauer zu bestimmen. Dazu müssen aber eine Menge zusammengetragen werden (Bilder, Magnetfeldmessungen, Daten vom CONCERT Experiment werden helfen). Das ist leider nicht ganz so einfach, weil jeder die Rechte an seinen Daten besitzt und es nicht vorgesehen war, mit diesen Daten mal eine Positionsbestimmung zu machen. Da gibt es also kein System, in dem Du alle Daten reinwirfst und hinten kommt das Ergebnis raus. Dummerweise (aus meiner Sicht) liegen die "Lander-Operations" nach dem Absetzen des Landers vom Rosettasatelliten nicht in unseren Händen (ESA/ESOC), sondern in den eines Konsortiums von CNES und DLR.
Im Moment gibt es also in erster Linie Hoffnung und im Hintergrund das Bemühen, mehr herauszukriegen.
Naive Frage: kann Rosetta den Lander nicht optisch auf der Kometenoberfläche ausmachen? So groß ist diese schließlich nicht, und zweifellos ist eine hochauflösende Camera an Bord. Oder, anders gefragt: warum scheint dies doch nicht so einfach zu sein, denn ich kann mich nicht erinnern, ein solches Pic bislang gesehen zu haben.
Hoffe jedenfalls sehr, dass Philae in größerer Sonnennähe sich eines schönen Tages wieder buchstäblich für seine Aufgabe erwärmt und Laut gibt. Wünsche euch allerbesten Erfolg!
Nur mal als Bild:
Jemand steht am Äquator und möchte einen bestimmten Punkt in 500 Millionen km anvisieren. Stellt er seine Uhr um eine Sekunde falsch, guckt er eine Richtung die um 4 Milligrad falsch ist. Somit verfehlt er den anvisierten Punkt um 35000 Kilometer!
Je weiter der Satellit von der Erde weg ist, desto schwieriger also die Navigation. Deshalb navigiert Rosetta relativ zum Kometen. D.h. wir machen Bilder vom Kometen, und gucken inwieweit tatsächliche und vorhergesagte Richtung z.B. eines Kraters voneinander abweichen. Diese Information fließt zurück in unser Kometenmodell (Position, Geschwindigkeit, Masse, Rotation, Oberflächenstruktur) und unser Bahnmodell von Rosetta (Position, Geschwindigkeit, Kräfte durch Anziehung, Strahlungsdruck von Sonne oder Kometenteilchen) und es wird alles zusammen neu geschätzt.
Als wir den Kometen anflogen haben wir ihn erstmals im April in Bildern (vom Satelliten gemacht) gesehen. Anschließend wurde die Geschwindigkeit von Rosetta relativ zum Kometen Stück für Stück verringert. Im August flogen wir dann auf der Tagseite des Kometen im Dreieck (100 bis 70 km) vor dem Kometen entlang, um ihn kennenzulernen. So enstanden erste Schätzungen seiner Anziehungskraft und erste Modelle, die seine Figur und Oberfläche charakterisieren. Diese wurden im weiteren Verlauf immer verfeinert und im Oktober waren wir für etliche Tage nur 10 km von Kometenzentrum entfernt.
Danach sind wir wieder auf 30 km Entfernung (Tag-Nacht-Grenze) gegangen, um das Absetzen von Philae vorzubereiten. Hätte sich etwas verschoben, wären wir einfach auf dieser Bahn geblieben und hätten Philae 14 Tage später absetzen können.
Zum Absetzen wurde ein Manöver gemacht, das Rosetta auf 5 km vom Kometenzentrum entfernt gezielt hat, der Lander wurde aber vor dieser kürzesten Entfernung von 5 km abgesetzt (bei 22.5 km) und danach hat Rosetta sofort ein Manöver gemacht, um für die nächsten Stunden den Funkkontakt zu Philae halten zu können (sonst wären wir schnell hinter dem Horizont verschwunden).
Diese ganze Manövrierei war natürlich mit viel Rechnerei verbunden und wir haben's ganz gut gemacht. Man muss aber auch mal sagen, dass der Satellit sich wunderbar verhalten hat!
Um bei Boccias Vergleich mit dem Einparken zu bleiben: als meine Frau mit ihrem Auto beim Anfahren in unsere Hauswand rauschte, sagte sie, dass sich das Auto anders verhalten hätte, als sie es erwartete. Das kann man sicher nicht von Rosetta behaupten.
Um nochmal den Blick aufs Wesentliche zu richten: Morgen ist Spieltag! Für jeden Punkt, den wir aus Gladbach mitnehmen, macht Philae nochmal einen Freudensprung auf dem Kometen
Wir können nicht ausschließen, dass der Kollege den Adler-Bäbber in der Hektik vor dem Start versehentlich auf die Landekamera von Philae geklatscht hat, woraufhin das Landerchen beim Touchdown orientierungslos über den Kometen gehopst ist
Ahh, ich sehe great minds think alike! Ich bin tatsächlich auch ein wenig verwundert, dass man doch nicht so genau weiß wo Philae sich nun genau befindet. Ich hatte da irgendwie nen anderen Eindruck, aber da muss ich mich ja nu getäuscht haben. Vielen Dank trotzdem schon mal für die Infos aus erster Hand.
Danke. Mit der hochauflösenden Kamera (OSIRIS) ist es möglich, Philae zu erkennen (kommt natürlich auf die Entfernung des Satelliten zum Kometen an). Nun ist der Bildausschnitt dieser Kamera nicht der größte, d.h. es ist schwer, systematisch zu suchen. Diese OSIRIS Kamera ist ein wissenschaftliches Experiment und daher haben wir keine Kontrolle wann die wo Bilder machen. Aber soviel ich weiss, wird es versucht.
Bedenke auch, dass Kontrast ein Problem wird, denn der Komet ist fast schwarz (lass Dich nicht von den nachbearbeiteten Bildern täuschen) und wenn Philae irgendwo im Schatten sitzt, schätze ich die Erfolgsaussicht als nicht so groß ein. Aber versuchen muss man es, vielleicht hat man ja Glück.
Wie gesagt, bisher wurde er noch nicht in seiner endgültigen Parkposition gesichtet. Es gibt aber ein schönes Bild, auf dem man die drei Fußabdrücke der ersten Landung im Staub erkennen kann und weiter rechts "macht sich Philae grad aus dem Staub " und überfliegt ein dunkles Gebiet.
http://www.esa.int/spaceinimages/Images/2014/11/OSIRIS_spots_Philae_drifting_across_the_comet
Seither keine Bilder von ihm.
Dank deiner Erklärung sieht man ja auch wie einfach wir uns das hier in unsrer Naivität vorstellen.
Einfach nur ein großes: Danke! @ mikulle und Hut ab vor Deiner Arbeit und der des gesamten Teams. Ich war lange nicht mehr so begeistert!
Mache mich nun wie Philae wieder aus dem Staub, aber nicht, ohne das ganze weiter zu verfolgen ,-)
Herrlich subversiv - hänge ich Philae gedanklich eine Sprech-/Denkblase an in diesem Moment, wäre diese mit einem gefüllt.Und "aus dem Staub machen" trifft die Situation wohl buchstäblich genau
Der vorhergesehene Landeplatz liegt nördlich des (Kometen-) Äquators. Die "endgültige Parkposition" ist zwar ein Stück entfernt, aber vermutlich nahe des Äquators. Sie Sonneneinstrahlung verhält sich so, dass in den kommenden Monaten sowohl für den ursprünglichen Landeplatz als auch für die Äquatorregion die Sonne immer höher steigen wird.
Die Sonne kreuzt den Kometenäquator im Mai 2015. Es gibt also berechtigte Hoffnung, dass Philae sich bis dahin wieder meldet. Es sei denn, das Ding steht dermaßen verschattet in einer Spalte, dass auch die höher stehende Sonne nicht ausreicht.
http://www.spiegel.de/wissenschaft/weltall/rosetta-mission-kometen-nicht-hauptquelle-der-ozeane-a-1007749.html
Hätte das eventuell praktische Konsequenzen? In dem Sinne etwa, dass man je nach Position die Sonnenpaddel von Philae - vorausgesetzt das Landerchen hat sowas - optimal neu ausrichtet?
Sollte man Philae auf Fotos identifizieren können, wüsste man halt genau wo er ist, aber praktische Konsequenzen hat das zunächst nicht.
Zum einen wüsste man, in welchen Zeiträumen Philae aufgrund der Geometrie überhaupt Kontakt zu Rosetta haben könnte. Und man kann bessere Vorhersagen treffen, ob er überhaupt jemals genügend Sonnenlicht bekommt, um seine Batterien aufzuladen.
Sollte Philae sich allerdings in den nächsten Monaten tatsächlich noch einmal melden können, wird das Wissen um seinen genauen Ort äußerst wertvoll.
Ach ja, eine Sache noch: seit der Landung auf dem Kometen hat die SGE keinen Punkt mehr abgegeben. Hoffen wir, dass diese Aussage auch heute Abend nach 22:15 Uhr noch gilt