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Corona-Virus (Welle 1)


Thread wurde von SGE_Werner am Samstag, 02. Mai 2020, 18:54 Uhr um 18:54 Uhr gesperrt weil:
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Liebe Leute,

ich habe mal eine Frage, die derzeit bei uns in der WG schwelt, und bei der wir nicht so richtig weiterkommen. Es handelt sich im weitesten Sinne um eine 'moralische' Frage, vielleicht hat ja jemand Lust, dazu mal ein Statement abzugeben - die Einschätzungen der werten Gemeinde würden mich sehr interessieren.

Worum gehts? In unserem Haus leben zwei WGs. Wir unten, drei Mittdreißiger im gesetzten Berufsleben und soetwas wie die 'Hausältesten'. Oben drei Mittzwanziger, die nach Abschluss des Studiums gerade in der beruflichen Orientierungsphase sind. Alles in allem verstehen wir uns sehr gut, aber im Moment gibt es einen kleinen Konflikt. Denn während wir unten die Kontaktsperre sehr ernst nehmen und uns selbst eine ganz kurze Leine verordnen, hält es die WG oben etwas laxer. Nicht komplett nachlässig, aber bspw. kommen ab und an Leute zu Besuch, die dann auf Distanz im Garten sitzen. Aktuell poppt die Sache wieder auf, weil die Eltern einer Bewohnerin am Wochenende auf der Durchreise mit dem Wohnmobil hier einen WoMo-Übernachtungsstopp mit Frühstück im Garten einlegen wollen und nicht davon auszugehen ist, dass dabei durchgehend auf eine 2m Distanz geachtet wird, bzw. dies sich vermutlich einfach nicht durchhalten lässt. Jetzt steht die Frage im Raum, ob wir ein grundsätzliches Missfallen an den Besuchsplänen der anderen WG äußern dürfen oder nicht.

Soweit die Ausgangslage. Es gibt zwei Standpunkte, bei dem ich bewusst zunächst mal offen lasse, zu welchem ich mich zähle (ob ich sie dialektisch anordne und meinen eigenen an den Schluss stelle oder es gerade der Vertuschung wegen umgekehrt halte, bleibt ebenfalls offen )

Standpunkt 1: Man geht davon aus, dass die Menschen oben sich alle diese Fragen gestellt haben. Die Leute sind nicht grundsätzlich rücksichtslos oder egoistisch, sondern haben die Sache abgewogen, z.B. indem sie sicherstellen, dass sich der Besuch in den letzten Wochen an die Kontaktsperre gehalten hat und demnach mit großer Wahrscheinlichkeit 'clean' ist. Das Risiko, das etwas ins Haus eingeschleppt wird, ist dadurch gering, folglich ebenso das Risiko, für viele andere zur Gefahr zu werden. Gleichzeitig gehört zu diesem Standpunkt die Haltung, die Sache für sich selbst aus Verantwortung anderer gegenüber ernst zu nehmen, allerdings nicht die gesamte gesellschaftliche Last auf den eigenen Schultern tragen zu können. Heißt: Einzelne Abwägungsprozesse im Rahmen der Situation und unter Beachtung der Sicherheitsregeln werden als legitim angesehen und auch anderen zugestanden. Drittens kommt die Einstellung hinzu, Mitmenschen ihre Freiheiten zu lassen, so lange sie nicht die Freiheit anderer beeinträchtigen. Das gilt auch und gerade dann, wenn die Sichtweisen von den eigenen abweichen. Ein Einmischen in die Pläne der oberen WG werden als Einmischung und übergriffig verstanden.

Standpunkt 2: Man geht davon aus, dass die derzeitige Situation nur dann zu schaffen ist, wenn alle an einem Strang ziehen. Jedem Einzelnen wird also die gleiche Verantwortung zuteil. Wer diese nicht wahr- oder ernst nimmt, stellt nicht nur ein Risiko für sich und das engste Umfeld dar, sondern kann zu einem ernstzunehmenden Multiplikator werden, bspw. beim Einkaufen, Spazierengehen, über Verbreitungswege innerhalb des Hauses usw. Die Freiheit des einen hört da auf, wo die Freiheit des anderen anfängt und ein Durchbrechen der Kontaktsperres ist nicht nur ein gesundheitliches Risiko für viele, sondern auch unfair gegenüber all denjenigen, die sich trotz großer Schwierigkeiten an die Vorgaben halten. Standpunkt 2 argumentiert, es ist ein Akt der Zivilcourage, auf diese Verantwortung hinzuweisen und - sozialer Sanktionen und etwaiger Nachteile zum Trotz - aufzuzeigen, dass alle ihren Beitrag leisten müssen, damit so viele wie möglich unbeschadet aus der Situation herauskommen.

Wir strugglen deswegen etwas, weil wir gerne mit einer Stimme sprechen würden, also entweder sagen "Uns ist es egal, wenn..." oder "Wir finden es nicht gut, dass ihr..." Dass es dabei aufgrund der Konstellation schnell zu unguten 2:1-Situationen kommen kann, macht die Sache nicht einfacher. Das Thema kam übrigens wiederkehrend auch innerhalb der WG auf, z.B. wenn jemand den Plan äußerte, sich in gebotenem Abstand auf eine Zigarette mit einem Freund treffen zu wollen, um dem Lagerkoller zu entgehen o.Ä. Bisher sind wir nur unwesentlich weiter gekommen. Vielleicht gibt es ja hier noch den einen oder anderen guten Gedanken.

Danke und viele Grüße
Knueller
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Die Beiträge derjeningen, die vor mir beantwortet haben sind gut und richtig. Ich persönlich gehöre zur Gruppe derer, die eher streng darauf schauen und Besuche auf ein "Muss" reduzieren würden, also auch die Eltern auf der Durchreise nicht gern sehen würden. Aber das ist mein Standpunkt und ich verstehe jeden anderen.

Ich befürchte, es gibt hier keine Lösung, die man rational und für alle zufriedenstellend lösen kann (im Sinne der Entscheidungstheorie). Irgendwer ist am Ende immer irgendwie emotional unzufrieden. Die eindeutige und rationale Antwort wäre wohl: Verboten, also lassen!!

Ich finde, man kann diese Situation sehr gut auf das Gesamtbild in der Gesellschaft herunterbrechen. Sind wir in Deutschland eher "compliant" oder eher nicht. Ich glaube, im Großen und Ganzen, defnitiv Ja!. Ich sehe hier aus meinem Fenster auch hin und wieder Leute, die es nicht so genau nehmen mit Abstand. Ich gehe selbst auch einkaufen und kann da nicht ausschließen, dass ich den Abstand nicht einhalte. Aber ich versuche, es generell einzuhalten, darum gehts doch.

Trotzdem bin ich der Meinung, dass ungezwungene Zuwiederhandlungen falsch sind. Warum kann man in der gegebenen Situation den Popo nicht einfach mal daheim lassen und sich an die "Regeln" halten. Es ist in meinen Augen immer ein Stück weit auch Provokation derer, die eben ein moralisches oder was auch immer für ein Problem damit haben, wenn man es eben "nicht so genau" nimmt oder sich Argumente hinredet, dass man Dinge eben doch darf... (dabei erwische ich mich selbst übrigens auch und finde das auch bei mir dann falsch)

Am Ende würde ich, um Dir den Tip zu geben, den Du haben wolltest, mich einfach komplett raus halten (ich weiss nichtr wirklich, ob ich es könnte, aber so neutral von außen ist es einfach ) Was hält Euch davon ab, einfach nichts zu sagen und die "Mitzwanziger" eben machen zu lassen? Wenn ihr (mit einer Meinung) den Drang verspürt, es zu sagen, habt Ihr Eure Lösung => dann tut es. Wenn Ihr diesen Drang nicht habt, weil Ihr für Euch die Entscheidung getroffen habt, es zu lassen => dann lasst es. Aber damit müsst Ihr zwingend erstmal für Euch eine Einigung erzielen, denke ich.

Unter dem Strich habe ich den Eindruck, wenn das die Probleme sind, die wir derzeit mit "Missachtung" haben, dann ist das akzeptabel und ihr macht Euch ja die richtigen Gedanken. Würden die eine Party im Garten feiern, würdet Ihr - so interpretiere ich Deinen Post - sicher einschreiten...
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reggaetyp schrieb:

im Gegensatz zu dem anderen tollen hier verlinkten Shirt?

Ich finde beide sackdämlich.

Ich finde das Stay at home Festival Shirt, im Gegensatz zu dir, eigentlich recht lustig. Was aber nicht wieter schlimm ist. Wenn ich deinen Geschmack hätte müsste ich auch Reggae toll finden und mir würde die PC aus dem ***** fallen. Vermutlich hätte mich da schon längst von der nächsten brücke gestürzt.
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Also wenn du dich bei Reggae von der Brücke stürzen würdest, will ich nicht wissen, welche Musik du so hörst Ich bin mir mit dem Kollegen ja auch nicht immer einig, aber offenbar würde ich lieber mit ihm zu nem Festival als mit dir
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Hier gab es heute auch das erste Mal seit Wochen wieder Klopapier im Supermarkt.

In Sachen Mundschutz bin ich derzeit hin und her gerissen, ob ich mich mit oder ohne im Supermarkt bescheuerter fühle. Aber ich werde mich wohl daran gewöhnen müssen.
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Ne Woche hab ich alle großen Supermärkte hier in der Gegend erfolglos abgearbeitet, und wo hab ich dann welches bekommen? Beim kleinen Türkenladen um die Ecke...hab dann festgestellt, dass man sich mit ner großen Packung Lokuspapier in Eckenheim fühlt wie Tupac, wenn man durch die Hood stolziert. Die Frauen lächeln dich begierig an, und die Typen fragen sich, wie sie so sein können wie du.

Beim Thema Mundschutz geht es mir ähnlich. Bin auch schon mit Balkenschal übers Gesicht gezogen rumgelaufen. War man 2019 so noch ein Vollassi, bei dem die Leute gewartet haben, dass man den Bengalo auspackt, ist man 2020 mit Eintracht-Schal im Gesicht ein verantwortungsvoller Bürger.
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Liebe Leute,

ich habe mal eine Frage, die derzeit bei uns in der WG schwelt, und bei der wir nicht so richtig weiterkommen. Es handelt sich im weitesten Sinne um eine 'moralische' Frage, vielleicht hat ja jemand Lust, dazu mal ein Statement abzugeben - die Einschätzungen der werten Gemeinde würden mich sehr interessieren.

Worum gehts? In unserem Haus leben zwei WGs. Wir unten, drei Mittdreißiger im gesetzten Berufsleben und soetwas wie die 'Hausältesten'. Oben drei Mittzwanziger, die nach Abschluss des Studiums gerade in der beruflichen Orientierungsphase sind. Alles in allem verstehen wir uns sehr gut, aber im Moment gibt es einen kleinen Konflikt. Denn während wir unten die Kontaktsperre sehr ernst nehmen und uns selbst eine ganz kurze Leine verordnen, hält es die WG oben etwas laxer. Nicht komplett nachlässig, aber bspw. kommen ab und an Leute zu Besuch, die dann auf Distanz im Garten sitzen. Aktuell poppt die Sache wieder auf, weil die Eltern einer Bewohnerin am Wochenende auf der Durchreise mit dem Wohnmobil hier einen WoMo-Übernachtungsstopp mit Frühstück im Garten einlegen wollen und nicht davon auszugehen ist, dass dabei durchgehend auf eine 2m Distanz geachtet wird, bzw. dies sich vermutlich einfach nicht durchhalten lässt. Jetzt steht die Frage im Raum, ob wir ein grundsätzliches Missfallen an den Besuchsplänen der anderen WG äußern dürfen oder nicht.

Soweit die Ausgangslage. Es gibt zwei Standpunkte, bei dem ich bewusst zunächst mal offen lasse, zu welchem ich mich zähle (ob ich sie dialektisch anordne und meinen eigenen an den Schluss stelle oder es gerade der Vertuschung wegen umgekehrt halte, bleibt ebenfalls offen )

Standpunkt 1: Man geht davon aus, dass die Menschen oben sich alle diese Fragen gestellt haben. Die Leute sind nicht grundsätzlich rücksichtslos oder egoistisch, sondern haben die Sache abgewogen, z.B. indem sie sicherstellen, dass sich der Besuch in den letzten Wochen an die Kontaktsperre gehalten hat und demnach mit großer Wahrscheinlichkeit 'clean' ist. Das Risiko, das etwas ins Haus eingeschleppt wird, ist dadurch gering, folglich ebenso das Risiko, für viele andere zur Gefahr zu werden. Gleichzeitig gehört zu diesem Standpunkt die Haltung, die Sache für sich selbst aus Verantwortung anderer gegenüber ernst zu nehmen, allerdings nicht die gesamte gesellschaftliche Last auf den eigenen Schultern tragen zu können. Heißt: Einzelne Abwägungsprozesse im Rahmen der Situation und unter Beachtung der Sicherheitsregeln werden als legitim angesehen und auch anderen zugestanden. Drittens kommt die Einstellung hinzu, Mitmenschen ihre Freiheiten zu lassen, so lange sie nicht die Freiheit anderer beeinträchtigen. Das gilt auch und gerade dann, wenn die Sichtweisen von den eigenen abweichen. Ein Einmischen in die Pläne der oberen WG werden als Einmischung und übergriffig verstanden.

Standpunkt 2: Man geht davon aus, dass die derzeitige Situation nur dann zu schaffen ist, wenn alle an einem Strang ziehen. Jedem Einzelnen wird also die gleiche Verantwortung zuteil. Wer diese nicht wahr- oder ernst nimmt, stellt nicht nur ein Risiko für sich und das engste Umfeld dar, sondern kann zu einem ernstzunehmenden Multiplikator werden, bspw. beim Einkaufen, Spazierengehen, über Verbreitungswege innerhalb des Hauses usw. Die Freiheit des einen hört da auf, wo die Freiheit des anderen anfängt und ein Durchbrechen der Kontaktsperres ist nicht nur ein gesundheitliches Risiko für viele, sondern auch unfair gegenüber all denjenigen, die sich trotz großer Schwierigkeiten an die Vorgaben halten. Standpunkt 2 argumentiert, es ist ein Akt der Zivilcourage, auf diese Verantwortung hinzuweisen und - sozialer Sanktionen und etwaiger Nachteile zum Trotz - aufzuzeigen, dass alle ihren Beitrag leisten müssen, damit so viele wie möglich unbeschadet aus der Situation herauskommen.

Wir strugglen deswegen etwas, weil wir gerne mit einer Stimme sprechen würden, also entweder sagen "Uns ist es egal, wenn..." oder "Wir finden es nicht gut, dass ihr..." Dass es dabei aufgrund der Konstellation schnell zu unguten 2:1-Situationen kommen kann, macht die Sache nicht einfacher. Das Thema kam übrigens wiederkehrend auch innerhalb der WG auf, z.B. wenn jemand den Plan äußerte, sich in gebotenem Abstand auf eine Zigarette mit einem Freund treffen zu wollen, um dem Lagerkoller zu entgehen o.Ä. Bisher sind wir nur unwesentlich weiter gekommen. Vielleicht gibt es ja hier noch den einen oder anderen guten Gedanken.

Danke und viele Grüße
Knueller
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Grundsätzlich eine moralisch schwierige Frage.

Deswegen erstmal die rechtliche Sichtweise. In der hessischen Verordnung ist beispielsweise definiert, dass jeder in einem Haushalt Lebende das Recht hat, Besuch von einer Person außerhalb des Haushalts zu empfangen.Leider ist das in der Verordnung insgesamt ziemlich schwammig ausgeführt.

...Dies gilt  insbesondere  für  die  Frage  der  Zulässigkeit  von  Zusammenkünften   in privatenRäumlichkeiten,  v.  a. in Wohnungen.Größere  Feiern und  Zusammenkünfte  sind auch in  privaten  Räumlichkeiten  zu  unterbinden.  Auf  der anderen  Seite ergibt sich aus  § 1 Abs. 2 der Dritten VO, dass Kontakte zu einer einzelnen  Person, die nicht dem eigenen Hausstand  angehört,  möglich  bleiben  müssen.  Dies gilt auch  für  die Besuche  dieser
-2--3-Person inder eigenen Wohnung.  Umfasst  sind ebenso die Partnerin  oder der Partner (mit eigener  Wohnung)  wie auch  eine enge  Bezugsperson.  Hier bedarf  es gerade bei größeren  Hausständen  (Familien,  Wohngemeinschaften,   Mehrgenerationenhäuser) einer  sorgfältigen   Abwägung  im  Einzelfall,   weil  jeder  der  Bewohner   eine  enge Bezugsperson   haben   kann.   Diese  Fälle   sind   mit   besonderem   Augenmaß   zu behandeln.


Da ist euer Problem ja ganz gut beschrieben, wenns auch ein anderes Bundesland ist.

Wie schon von anderen Usern geschrieben wurde, würde ich, wenn ihr Bedenken habt, das Gespräch suchen, um euch ein Bild davon zu machen, wie ernst die Nachbarn die Regeln nehmen.
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Liebe Leute,

ich habe mal eine Frage, die derzeit bei uns in der WG schwelt, und bei der wir nicht so richtig weiterkommen. Es handelt sich im weitesten Sinne um eine 'moralische' Frage, vielleicht hat ja jemand Lust, dazu mal ein Statement abzugeben - die Einschätzungen der werten Gemeinde würden mich sehr interessieren.

Worum gehts? In unserem Haus leben zwei WGs. Wir unten, drei Mittdreißiger im gesetzten Berufsleben und soetwas wie die 'Hausältesten'. Oben drei Mittzwanziger, die nach Abschluss des Studiums gerade in der beruflichen Orientierungsphase sind. Alles in allem verstehen wir uns sehr gut, aber im Moment gibt es einen kleinen Konflikt. Denn während wir unten die Kontaktsperre sehr ernst nehmen und uns selbst eine ganz kurze Leine verordnen, hält es die WG oben etwas laxer. Nicht komplett nachlässig, aber bspw. kommen ab und an Leute zu Besuch, die dann auf Distanz im Garten sitzen. Aktuell poppt die Sache wieder auf, weil die Eltern einer Bewohnerin am Wochenende auf der Durchreise mit dem Wohnmobil hier einen WoMo-Übernachtungsstopp mit Frühstück im Garten einlegen wollen und nicht davon auszugehen ist, dass dabei durchgehend auf eine 2m Distanz geachtet wird, bzw. dies sich vermutlich einfach nicht durchhalten lässt. Jetzt steht die Frage im Raum, ob wir ein grundsätzliches Missfallen an den Besuchsplänen der anderen WG äußern dürfen oder nicht.

Soweit die Ausgangslage. Es gibt zwei Standpunkte, bei dem ich bewusst zunächst mal offen lasse, zu welchem ich mich zähle (ob ich sie dialektisch anordne und meinen eigenen an den Schluss stelle oder es gerade der Vertuschung wegen umgekehrt halte, bleibt ebenfalls offen )

Standpunkt 1: Man geht davon aus, dass die Menschen oben sich alle diese Fragen gestellt haben. Die Leute sind nicht grundsätzlich rücksichtslos oder egoistisch, sondern haben die Sache abgewogen, z.B. indem sie sicherstellen, dass sich der Besuch in den letzten Wochen an die Kontaktsperre gehalten hat und demnach mit großer Wahrscheinlichkeit 'clean' ist. Das Risiko, das etwas ins Haus eingeschleppt wird, ist dadurch gering, folglich ebenso das Risiko, für viele andere zur Gefahr zu werden. Gleichzeitig gehört zu diesem Standpunkt die Haltung, die Sache für sich selbst aus Verantwortung anderer gegenüber ernst zu nehmen, allerdings nicht die gesamte gesellschaftliche Last auf den eigenen Schultern tragen zu können. Heißt: Einzelne Abwägungsprozesse im Rahmen der Situation und unter Beachtung der Sicherheitsregeln werden als legitim angesehen und auch anderen zugestanden. Drittens kommt die Einstellung hinzu, Mitmenschen ihre Freiheiten zu lassen, so lange sie nicht die Freiheit anderer beeinträchtigen. Das gilt auch und gerade dann, wenn die Sichtweisen von den eigenen abweichen. Ein Einmischen in die Pläne der oberen WG werden als Einmischung und übergriffig verstanden.

Standpunkt 2: Man geht davon aus, dass die derzeitige Situation nur dann zu schaffen ist, wenn alle an einem Strang ziehen. Jedem Einzelnen wird also die gleiche Verantwortung zuteil. Wer diese nicht wahr- oder ernst nimmt, stellt nicht nur ein Risiko für sich und das engste Umfeld dar, sondern kann zu einem ernstzunehmenden Multiplikator werden, bspw. beim Einkaufen, Spazierengehen, über Verbreitungswege innerhalb des Hauses usw. Die Freiheit des einen hört da auf, wo die Freiheit des anderen anfängt und ein Durchbrechen der Kontaktsperres ist nicht nur ein gesundheitliches Risiko für viele, sondern auch unfair gegenüber all denjenigen, die sich trotz großer Schwierigkeiten an die Vorgaben halten. Standpunkt 2 argumentiert, es ist ein Akt der Zivilcourage, auf diese Verantwortung hinzuweisen und - sozialer Sanktionen und etwaiger Nachteile zum Trotz - aufzuzeigen, dass alle ihren Beitrag leisten müssen, damit so viele wie möglich unbeschadet aus der Situation herauskommen.

Wir strugglen deswegen etwas, weil wir gerne mit einer Stimme sprechen würden, also entweder sagen "Uns ist es egal, wenn..." oder "Wir finden es nicht gut, dass ihr..." Dass es dabei aufgrund der Konstellation schnell zu unguten 2:1-Situationen kommen kann, macht die Sache nicht einfacher. Das Thema kam übrigens wiederkehrend auch innerhalb der WG auf, z.B. wenn jemand den Plan äußerte, sich in gebotenem Abstand auf eine Zigarette mit einem Freund treffen zu wollen, um dem Lagerkoller zu entgehen o.Ä. Bisher sind wir nur unwesentlich weiter gekommen. Vielleicht gibt es ja hier noch den einen oder anderen guten Gedanken.

Danke und viele Grüße
Knueller
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Also Standpunkt 1 halte ich  für utopisch. Da gestehst du den Menschen mehr zu, als es die Erfahrung rechtfertigt.

Grundsätzlich würde ich mich daher Standpunkt 2 anschließen.

Die Frage ist halt nur, ob du denen klare Verstße nachsagen kannst und wie die Leute so drauf sind. Da ich nicht davon ausgehe, dass du deinen Nachbarn die Cops auf den Hals hetzen willst, ist halt die Frage, ob es überhaupt was bringt, zu intervenieren, oder ob das nur für Stress sorgt und sich eh nix ändert. Das hängt halt von den Leuten ab, die du kennst und wir nicht.
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Ne Woche hab ich alle großen Supermärkte hier in der Gegend erfolglos abgearbeitet, und wo hab ich dann welches bekommen? Beim kleinen Türkenladen um die Ecke...hab dann festgestellt, dass man sich mit ner großen Packung Lokuspapier in Eckenheim fühlt wie Tupac, wenn man durch die Hood stolziert. Die Frauen lächeln dich begierig an, und die Typen fragen sich, wie sie so sein können wie du.

Beim Thema Mundschutz geht es mir ähnlich. Bin auch schon mit Balkenschal übers Gesicht gezogen rumgelaufen. War man 2019 so noch ein Vollassi, bei dem die Leute gewartet haben, dass man den Bengalo auspackt, ist man 2020 mit Eintracht-Schal im Gesicht ein verantwortungsvoller Bürger.
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Adlerdenis schrieb:

hab dann festgestellt, dass man sich mit ner großen Packung Lokuspapier in Eckenheim fühlt wie Tupac, wenn man durch die Hood stolziert. Die Frauen lächeln dich begierig an, und die Typen fragen sich, wie sie so sein können wie du.

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Mein Vorschlag anhand der Beschreibung der Situation wäre, dass ihr auf die Leute zugeht und ihnen euren inneren Konflikt genau so erklärt, wie du ihn beschrieben hast und die andere Partei um deren Einschätzung dazu bittet.
Ein Ansatz bei dem ihr eure eigene Unsicherheit diesbezüglich zum Thema macht, ist sicherlich konstruktiver und sorgt für weniger Missverständnisse, als wenn ihr von oben herab deren Verhalten beurteilt.
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Raggamuffin schrieb:

Mein Vorschlag anhand der Beschreibung der Situation wäre, dass ihr auf die Leute zugeht und ihnen euren inneren Konflikt genau so erklärt, wie du ihn beschrieben hast und die andere Partei um deren Einschätzung dazu bittet.
Ein Ansatz bei dem ihr eure eigene Unsicherheit diesbezüglich zum Thema macht, ist sicherlich konstruktiver und sorgt für weniger Missverständnisse, als wenn ihr von oben herab deren Verhalten beurteilt.

So sehe ich das auch.

Ich habe das Gefühl, dass ich euch zu viele Gedanken darüber macht, wie ihr euch positioniert, anstatt einfach im normalen Gespräch mit denen über eure Gedanken dazu sprecht.

Grundsätzlich habe ich bei Variante 2 den Eindruck, dass ihr zu sehr auf Regeln und deren Einhaltung pocht.
Es geht darum, Kontakte zu reduzieren um die Verbreitung zu unterbinden. Die Frage ist, inwiefern die Bewohner der anderen WG das tun. Haben sie ihre Kontakte bereits drastisch reduziert, ist es vielleicht vertretbar, mal jemanden einzuladen.

Dass die Mutter mit dem Wohnmobil unterwegs ist, finde ich befremdlich.
Aber das lässt sich nur im Laufe eines normalen Gesprächs anbringen. Momentan lauft ihr Gefahr, ein reines "Ihr seid doof" Gespräch zu suchen.
Das lockere Gespräch im Garten, bei dem ihr nicht als Gruppe sondern jeder immer wieder individuell seinen Umgang mit der Situation aufzeigt und die Nachbarn fragt, wie sie das für sich sehen und handhaben, dürfte für mehr Offenheit und Reflektion sorgen.  
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Also Standpunkt 1 halte ich  für utopisch. Da gestehst du den Menschen mehr zu, als es die Erfahrung rechtfertigt.

Grundsätzlich würde ich mich daher Standpunkt 2 anschließen.

Die Frage ist halt nur, ob du denen klare Verstße nachsagen kannst und wie die Leute so drauf sind. Da ich nicht davon ausgehe, dass du deinen Nachbarn die Cops auf den Hals hetzen willst, ist halt die Frage, ob es überhaupt was bringt, zu intervenieren, oder ob das nur für Stress sorgt und sich eh nix ändert. Das hängt halt von den Leuten ab, die du kennst und wir nicht.
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Adlerdenis schrieb:

                         Also Standpunkt 1 halte ich  für utopisch. Da gestehst du den Menschen mehr zu, als es die Erfahrung rechtfertigt.

Grundsätzlich würde ich mich daher Standpunkt 2 anschließen.

Die Frage ist halt nur, ob du denen klare Verstße nachsagen kannst und wie die Leute so drauf sind. Da ich nicht davon ausgehe, dass du deinen Nachbarn die Cops auf den Hals hetzen willst, ist halt die Frage, ob es überhaupt was bringt, zu intervenieren, oder ob das nur für Stress sorgt und sich eh nix ändert. Das hängt halt von den Leuten ab, die du kennst und wir nicht.        


Das war auch mein erster Gedanke. Auch wenn ichs nicht für gutheiße, wäre das Ganze doch dann nur eine einmalige und relativ geringfügige Angelegenheit, zumal die Nachbar-WG-Bewohner laut den Beschreibungen ja auch darauf achten bestimmte Abstände einzuhalten, bewußt mit der Sache umgehen und sich jetzt nicht allesamt zur Begrüßung um den Hals fallen. Bei einer Grillfeier mit 20 Leuten sähe es dann schon wieder anders aus.

Insgesamt muss man immer beherzigen: das Leben geht nach Corona weiter und man wird sich in den meisten Fällen auch noch weiterhin mit seinen Mitmenschen abgeben müssen oder wollen. Daher stellt sich immer die Frage: ist es es Wert anzusprechen, wenn dadurch ggf. das Miteinander kaputtgemacht wird oder Schaden nimmt?
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Ja Wahnsinn, auf den Laden hier ist einfach Verlass! Vielen Dank fürs Lesen und die vielen Antworten!

Sie zeigen mir, dass es vermutlich wirklich keine klare oder eindeutige Lösung gibt und auch, wenn ein vernünftiges, i.e. unkonfrontatives Gespräch das beste Vorgehen sein wird, müssen wir mal noch klarkriegen, ob wir das machen oder nicht. Interessant auch der Gesetzestext, der ja letztlich die Entscheidung im Einzelfall den BürgerInnen überlässt, was ich gut finde. Dementsprechend war auch der erstgenannte Standpunkt meiner, nicht zuletzt weil ich gegen diese Belehrungsmentalität hyperallergisch bin. Dass der nicht alternativlos ist, ist mir auch klar. Spannendes Thema jedenfalls.

Und ja klar, dass die Leute überhaupt mit dem Wohnmobil rumkurven, ist komisch, aber das entzieht sich ja wirklich unserem Zugriff.

Danke nochmal und Prost!
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Ja Wahnsinn, auf den Laden hier ist einfach Verlass! Vielen Dank fürs Lesen und die vielen Antworten!

Sie zeigen mir, dass es vermutlich wirklich keine klare oder eindeutige Lösung gibt und auch, wenn ein vernünftiges, i.e. unkonfrontatives Gespräch das beste Vorgehen sein wird, müssen wir mal noch klarkriegen, ob wir das machen oder nicht. Interessant auch der Gesetzestext, der ja letztlich die Entscheidung im Einzelfall den BürgerInnen überlässt, was ich gut finde. Dementsprechend war auch der erstgenannte Standpunkt meiner, nicht zuletzt weil ich gegen diese Belehrungsmentalität hyperallergisch bin. Dass der nicht alternativlos ist, ist mir auch klar. Spannendes Thema jedenfalls.

Und ja klar, dass die Leute überhaupt mit dem Wohnmobil rumkurven, ist komisch, aber das entzieht sich ja wirklich unserem Zugriff.

Danke nochmal und Prost!
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Knueller schrieb:

Interessant auch der Gesetzestext, der ja letztlich die Entscheidung im Einzelfall den BürgerInnen überlässt, was ich gut finde.

Der hessische, der ja aber bei Euch in Freiburg nicht so relevant ist. Also so als potentielle Diskussionsgrundlage innerhalb und außerhalb der WG.
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Knueller schrieb:

Interessant auch der Gesetzestext, der ja letztlich die Entscheidung im Einzelfall den BürgerInnen überlässt, was ich gut finde.

Der hessische, der ja aber bei Euch in Freiburg nicht so relevant ist. Also so als potentielle Diskussionsgrundlage innerhalb und außerhalb der WG.
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Misanthrop schrieb:

Knueller schrieb:

Interessant auch der Gesetzestext, der ja letztlich die Entscheidung im Einzelfall den BürgerInnen überlässt, was ich gut finde.

Der hessische, der ja aber bei Euch in Freiburg nicht so relevant ist. Also so als potentielle Diskussionsgrundlage innerhalb und außerhalb der WG.

Schon klar - es geht ja auch nicht darum, die Leute zu verklagen oder anzuzeigen. Daher sind die Formulierungen als Grundlage schon interessant.
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Misanthrop schrieb:

Knueller schrieb:

Interessant auch der Gesetzestext, der ja letztlich die Entscheidung im Einzelfall den BürgerInnen überlässt, was ich gut finde.

Der hessische, der ja aber bei Euch in Freiburg nicht so relevant ist. Also so als potentielle Diskussionsgrundlage innerhalb und außerhalb der WG.

Schon klar - es geht ja auch nicht darum, die Leute zu verklagen oder anzuzeigen. Daher sind die Formulierungen als Grundlage schon interessant.
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also wenn ihr das dialektisch aufbereiten wollt, werfe ich ein „freiheit ist die einsicht in die notwendigkeit“ als opener in eure runde mit rein...
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also wenn ihr das dialektisch aufbereiten wollt, werfe ich ein „freiheit ist die einsicht in die notwendigkeit“ als opener in eure runde mit rein...
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Das meint der Nietzsche aber glaub ich anders.
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Engels 🙈
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als hinweis für die freunde der vorzeitigen lockerung:

neuseeland mit einer toten, aktuell mehr genesene als neuinfizierte:

https://thehill.com/policy/international/asia-pacific/491532-new-zealands-coronavirus-lockdown-has-resulted-in-only-one

klar, inselstaaten haben geografische vorteile, den „warme länder effekt“ fand ich von anfang an bei dem xaver geposteten datennerd interessant, aber hier scheint sich doch ein wenig hoffnung am firmament zu zeigen...
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Engels 🙈
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hegel 😉
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hegel 😉
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Misanthrop schrieb:

Knueller schrieb:

Interessant auch der Gesetzestext, der ja letztlich die Entscheidung im Einzelfall den BürgerInnen überlässt, was ich gut finde.

Der hessische, der ja aber bei Euch in Freiburg nicht so relevant ist. Also so als potentielle Diskussionsgrundlage innerhalb und außerhalb der WG.

Schon klar - es geht ja auch nicht darum, die Leute zu verklagen oder anzuzeigen. Daher sind die Formulierungen als Grundlage schon interessant.
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Ich finde die Erläuterungen zur hessischen Corona-Verordnung dahingehend wirklich (überraschenderweise) nicht schlecht.

Das Problem ist, dass dadurch keine faktischen Handlungsmöglichkeiten geschaffen werden welche dauerhaft vor Gericht bestand haben werden.

Auch das ist einerseits gut, möchte man doch das Grundgesetz gewahrt wissen.

Andererseits gibt es leider viele Menschen die nur an sich selbst denken und die durch die Verordnung nicht eingebremst werden können.

Es ist einfach alles verdammt schwierig.
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Also wenn du dich bei Reggae von der Brücke stürzen würdest, will ich nicht wissen, welche Musik du so hörst Ich bin mir mit dem Kollegen ja auch nicht immer einig, aber offenbar würde ich lieber mit ihm zu nem Festival als mit dir
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Adlerdenis schrieb:

Also wenn du dich bei Reggae von der Brücke stürzen würdest, will ich nicht wissen, welche Musik du so hörst Ich bin mir mit dem Kollegen ja auch nicht immer einig, aber offenbar würde ich lieber mit ihm zu nem Festival als mit dir


Ist doch nicht so schwierig, den Musik-Geschmack von Nachtmahrs herauszufinden...

Ich glaube, ich würde mit beiden zu Festivals gehen. Je nach Stimmung sind die Genres beide mal okay, finde ich...
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Adlerdenis schrieb:

Also wenn du dich bei Reggae von der Brücke stürzen würdest, will ich nicht wissen, welche Musik du so hörst Ich bin mir mit dem Kollegen ja auch nicht immer einig, aber offenbar würde ich lieber mit ihm zu nem Festival als mit dir


Ist doch nicht so schwierig, den Musik-Geschmack von Nachtmahrs herauszufinden...

Ich glaube, ich würde mit beiden zu Festivals gehen. Je nach Stimmung sind die Genres beide mal okay, finde ich...
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Bommer1974 schrieb:

Adlerdenis schrieb:

Also wenn du dich bei Reggae von der Brücke stürzen würdest, will ich nicht wissen, welche Musik du so hörst Ich bin mir mit dem Kollegen ja auch nicht immer einig, aber offenbar würde ich lieber mit ihm zu nem Festival als mit dir


Ist doch nicht so schwierig, den Musik-Geschmack von Nachtmahrs herauszufinden...

Ich glaube, ich würde mit beiden zu Festivals gehen. Je nach Stimmung sind die Genres beide mal okay, finde ich...

Ich persönlich werd bei Reggea immer viel zu aggressiv um da ein Festival zu überstehen. Nachtmahrs Musik gleicht mich da eher aus!


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