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Litera-Lättchen

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Wenn die Börsenkurse fallen

Wenn die Börsenkurse fallen,
regt sich Kummer fast bei Allen,
aber manche blühen auf:
Ihr Rezept heißt Leerverkauf.

Keck verhökern diese Knaben
Dinge, die sie gar nicht haben,
treten selbst den Absturz Los,
den sie brauchen - echt famos!

Leichter noch bei solchen Taten
tun sie sich mit Derivaten:
Wenn Papier den Wert frisiert,
wird die Wirkung potenziert.

Wenn in Folge Banken krachen,
haben Sparer nichts zu lachen,
und die Hypothek aufs Haus
heißt, Bewohner müssen raus.

Trifft`s hingegen große Banken,
kommt die ganze Welt ins Wanken -
auch die Spekulantenbrut
zittert jetzt um Hab und Gut!

Soll man das System gefährden?
Da muss eingeschritten werden:
Der Gewinn, der bleibt privat,
die Verluste kauft der Staat.

Dazu braucht der Staat Kredite,
und das bringt erneut Profite,
hat man doch in jenem Land
die Regierung in der Hand.

Für die Zechen dieser Frechen
hat der Kleine Mann zu blechen
und - das ist das Feine ja -
nicht nur in Amerika!

Und wenn Kurse wieder steigen,
fängt von vorne an der Reigen -
ist halt Umverteilung pur,
stets in eine Richtung nur.

Aber sollten sich die Massen
das mal nimmer bieten lassen,
ist der Ausweg längst bedacht:
Dann wird bisschen Krieg gemacht.



Kurt Tucholsky, 1930, veröffentlicht in "Die Weltbühne"
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adlerkadabra schrieb:
Beverungen schrieb:
klick

,-)  

Also darauf fällt hier natürlich kein Schwein rein. "Axel Hoffmann entführt in eine Welt ohne Gerechtigkeit und Trost" - wer darin das Forum nicht erkennt, ist selber schuld. Der hilfreiche Rattenfänger, der in die Wüste geschickt - eine kaum verhüllte Fukel-Parabel. Überleben heißt die Devise - selbstverständlich, was sonst, und wenn's im Gebabbel ist. Doch wer sind die Untoten? Wer der Zwerg? Der Hofnarr? Fragen über Fragen ...

Sehr schön  



Sehr schönes Buch Hatte endlich die Zeit, es durchzulesen.
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edmund schrieb:
Wenn die Börsenkurse fallen

Wenn die Börsenkurse fallen,
regt sich Kummer fast bei Allen,
aber manche blühen auf:
Ihr Rezept heißt Leerverkauf.

Keck verhökern diese Knaben
Dinge, die sie gar nicht haben,
treten selbst den Absturz Los,
den sie brauchen - echt famos!

Leichter noch bei solchen Taten
tun sie sich mit Derivaten:
Wenn Papier den Wert frisiert,
wird die Wirkung potenziert.

Wenn in Folge Banken krachen,
haben Sparer nichts zu lachen,
und die Hypothek aufs Haus
heißt, Bewohner müssen raus.

Trifft`s hingegen große Banken,
kommt die ganze Welt ins Wanken -
auch die Spekulantenbrut
zittert jetzt um Hab und Gut!

Soll man das System gefährden?
Da muss eingeschritten werden:
Der Gewinn, der bleibt privat,
die Verluste kauft der Staat.

Dazu braucht der Staat Kredite,
und das bringt erneut Profite,
hat man doch in jenem Land
die Regierung in der Hand.

Für die Zechen dieser Frechen
hat der Kleine Mann zu blechen
und - das ist das Feine ja -
nicht nur in Amerika!

Und wenn Kurse wieder steigen,
fängt von vorne an der Reigen -
ist halt Umverteilung pur,
stets in eine Richtung nur.

Aber sollten sich die Massen
das mal nimmer bieten lassen,
ist der Ausweg längst bedacht:
Dann wird bisschen Krieg gemacht.



Kurt Tucholsky, 1930, veröffentlicht in "Die Weltbühne"


Ihr Lieben, ich muss gnädigst um Verzeihung bitten. Ich bin einem Blogger aufgesessen, genauer gesagt hat mir ein Oberstudiendirektor obiges Gedicht mit der vermeintlichen Quellenangabe zukommen lassen. Diesen Herrn hielt ich nun in der Tat für eine sehr seriöse Quelle - welch ein Irrtum. Obwohl der Tucholsky nur vier Meter von diesem Rechner steht, unterließ ich eine Recherche, allerdings googelte ich "Wenn die Börsenkurse Tucholsky" und bekam erneut das besagte Gedicht mehrfach präsentiert.
Natürlich muss ich mich für meine oberflächliche Quellenkritik entschuldigen, am besten damit, dass ich euch ein wirkliches Tucholskygedicht aufschreibe, das tatsächlich 1930 in der Weltbühne erschienen ist.



Die freie Wirtschaft

Ihr sollt die verfluchten Tarife abbauen.
Ihr sollt auf euern Direktor vertrauen.
Ihr sollt die Schlichtungsausschüsse verlassen.
Ihr sollt alles Weitere dem Chef überlassen.
Kein Betriebsrat quatsche uns mehr herein,
wir wollen freie Wirtschaftler sein!
Fort die Gruppen – sei unser Panier!
Na, ihr nicht.
Aber wir.
Ihr braucht keine Heime für eure Lungen,
keine Renten und keine Versicherungen.
Ihr solltet euch allesamt was schämen,
von dem armen Staat noch Geld zu nehmen!
Ihr sollt nicht mehr zusammenstehn –
wollt ihr wohl auseinandergehn!
Keine Kartelle in unserm Revier!
Ihr nicht.
Aber wir.
Wir bilden bis in die weiteste Ferne
Trusts, Kartelle, Verbände, Konzerne.
Wir stehen neben den Hochofenflammen
in Interessengemeinschaften fest zusammen.
Wir diktieren die Preise und die Verträge –
kein Schutzgesetz sei uns im Wege.
Gut organisiert sitzen wir hier …
Ihr nicht.
Aber wir.
Was ihr macht, ist Marxismus.
Nieder damit!
Wir erobern die Macht, Schritt für Schritt.
Niemand stört uns. In guter Ruh
sehn Regierungssozialisten zu.
Wir wollen euch einzeln. An die Gewehre!
Das ist die neuste Wirtschaftslehre.
Die Forderung ist noch nicht verkündet,
die ein deutscher Professor uns nicht begründet.
In Betrieben wirken für unsere Idee
die Offiziere der alten Armee,
die Stahlhelmleute, Hitlergarden …
Ihr, in Kellern und in Mansarden,
merkt ihr nicht, was mit euch gespielt wird?
mit wessen Schweiß der Gewinn erzielt wird?
Komme, was da kommen mag.
Es kommt der Tag,
da ruft der Arbeitspionier:
»Ihr nicht.
Aber Wir. Wir. Wir.«

Q: Kurt Tucholsky, Gesammelte Werke, Bd. 8, S. 60 f.

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Ich dachte in der Sommerpause könnte man diesen Threat mal wieder hochholen, am Strand oder im Schwimmbad wird ja dann doch ab und an mal gelesen...

Erstmal Danke an die Tipgeber unten, ich habe mir nämlich Aufgrund des Litera-Lättchens das eine oder andere Buch beschafft.

Hier noch ein Tip von mir: "Ich töte" von Giorgio Faletti

Hier geht's um einen Serienmörder, der in Monaco unterwegs ist und seine Morde per Radio ankündigt. Das Ende ist etwas schwach, aber insgesamt ist das Buch spannend und fesselnd.

Gruss

Wedge

HeinzGründel schrieb:

Tod im Ebbelwoi-Expreß. Dritte Sachsenhäuser Kriminalepisode
von Frank Demant


Danke, das war wirklich ein Guter, meine Freundin und ich haben inzwischen sämtliche Frank Demant Krimis zuhause...

Schönwetterspieler schrieb:

Gary Jennings - Der Besessene
Das Buch hat nichts mit dem Teufel zu tun, wie man aufgrund des Titel vielleicht vermuten könnte. Es handelt sich vielmehr um das Leben Marco Polos...


Fand ich jetzt persönlich nicht sooo doll, irgendwie wird beim weltentdecken ständig nur rumgevögelt. Ich meine, nicht das ich was dagegen hätte aber ich wollt' ja was über Marco Polo lesen.

Schönwetterspieler schrieb:

Michel Folco - Die rechte Hand Gottes
Absolut empfehlenswert!


Versuche ich jetzt seit Deinem Buchtip zu bekommen, hab's aber bisher in keinem Antiquariat gefunden und verlegt wird es wohl nicht mehr.

Wer's besitzt und loswerden möchte: Gerne PN an mich.

concordia-eagle schrieb:

Jefferey Deaver "Der faule Henker"


War ganz nett und ich werde mir demnächst weitere Bände der Reihe über das Knochenjäger Gespann zulegen.

stefank schrieb:

Susanna Clarke: "Jonathan Strange und Mr. Norrell"


Das Buch ist wirklich Klasse, vor allem der Stil in dem über das Leben der beiden Zauberer berichtet wird. ich bin noch nicht mal halb durch, aktuell etwa bei seite 400, aber dieses Buch ist auf jeden Fall lesenswert.
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Habe diesen feinen Thread leider erst vor kurzem entdeckt. Wie wäre es, ihn rechtzeitig vor Weihnachten wiederzubeleben?

Und zwar mit dem Thema:
Weihnachtslektüre-/Weihnachtsbüchergeschenktipps

Ich fang mal an – und zwar mit Tipps in vier Kategorien:
Meine Neuerscheinung des Jahres, Belletristik
Klassiker/Wiederentdeckt
Meine Neuerscheinung des Jahres, Sachbuch
Kinderbuch


Also dann – es fällt mir schwer mich zu beschränken, aber ich versuch’s:

Meine Neuerscheinung des  Jahres, Belletristik

Gerhard Henschel
„Jugendroman“
Hoffmann und Campe, 2009


Der „Jugendroman“ ist die Fortsetzung des vor ein paar Jahren erschienen „Kindheitsroman“, den man unbedingt zuerst lesen (oder schenken smile: sollte.

Im Mittelpunkt beider Bände steht Martin Schlosser – das Alter Ego des Autors. Wie Henschel ist Martin Schlosser aufgewachsen in der Nähe von Koblenz  und zieht mit  13 oder 14  Jahren (= Ende des Kindheitsromans) nach Meppen (= Beginn des Jugendromans). Der Leser begleitet Martin durch diese Jahre – und zwar Tag für Tag, Woche für Woche, Jahr für Jahr. In tausend Schnipseln entsteht ein detailreiches, schräges, witziges, lebendiges, kurz: ganz normales Bild einer bundesrepublikanischen Familie in den 60er und 70er Jahren.

Das besondere an dem Buch ist seine Schreibweise. Die ist durchaus konventionell – aber irgendwie auch nicht, denn das Buch erzählt eine Geschichte, die aus lauter kleinen, hintereinander gereihten Abschnitten besteht und die den Fortgang einer Lebensgeschichte aus der Sicht Martins beschreiben.  Fast so etwas wie ein Entwicklungsroman. Happs für Happs  entsteht  ein  eng gefügter Teppich aus Zeitgeschehen, Ereignissen, Sprache, Erinnerungen, individueller Geschichte. Für den Leser gibt es unendlich viel zu finden und/oder wieder zu entdecken. Kindergarten, Winnetou-Figuren, Schule, das Hereinbrechen des Fernsehens . Serien.  Den Weihnachtsvierteiler. Slogans. Bücher. Schlager. Filme. Lernstoff im Schulunterricht.  Redewendungen. Plattitüden.  Draußen spielen, Rad fahren, kicken, sich in Höhlen verstecken, Mittagessen (Händewaschen nicht vergessen), Abendessen.   Immer  wiederkehrende  Geburts- und Feiertage, Ostern, Weihnachten  (welche Geschenke? Welche Plätzchen?),Ferien (Besuche bei der Oma in Jever) und  Urlaub (der erste Urlaub in Spanien).  Die ältere Schwester Renate strickt und töpfert,  hat den ersten Freund – Olaf, der Juso. Bruder Volker bekommt ein Moped. Die kleine Schwester Wiebke, ein Nachkömmling, nervt.

Zu Beginn des „Jugendromans“ ist  Martin 13 oder 14 Jahre alt – die Perspektive und die Bandbreite seiner Wahrnehmung „wachsen“ mit.  Auch der Sprachduktus passt sich seinem jeweiligen Entwicklungsstand an,  wird jetzt z.B. altkluger. Martin geht ins Kino,  hört Schallplatten, liest Kafka und Poe, schreibt Leserbriefe an die Zeit, erhält Briefe seines besten Freundes aus der alten Heimat Vallendar. Martin jätet Unkraut, langweilt sich,  will sich, wie sein älterer Cousin Gustav, auskennen in der Welt. Er fängt an, den Spiegel zu lesen und zu archivieren. Schlagzeilen. Titelgeschichten.  Lottozahlen, das Fernsehprogramm und die Bundesliga-Ergebnisse des Wochenendes.  Martin ist Gladbach-Fan – aber auch an der Eintracht führt  (immerhin befinden wir uns jetzt in der zweiten Hälfte der 70er Jahre, also in den Glanzjahren von Grabi und Holz) für Martin kein Weg vorbei. Die Familie beginnt zu bröckeln. Renate studiert jetzt in Bonn, Volker seilt sich zunehmend ab, der Vater verbringt seine Abende heimwerkernd und trinkend im Keller, Martins Mutter will wieder arbeiten.

Sammeln. Recherchieren. Collagieren. Archivieren.  Gerhard Henschel (Journalist, Sachbuchautor, Übersetzer – unter anderem Bob Dylans „Chronicles“)  gilt als Schüler Walter Kempowskis. Das merkt man.

Warnung:  „Kindheitsroman“ und  „Jugendroman“ machen süchtig. Zum Glück hat Henschel angekündigt, den „Jugendroman“ fortzusetzen. Und zur Überbrückung kann man den – bereits vor den beiden anderen Bänden erschienen -  Briefroman „Die Liebenden“ lesen.  Dort wird die Liebesgeschichte von Martins Eltern erzählt, die sich aus den Kriegsjahren herausschält und  bis in die 80er Jahre reicht.  Anrührend, spannend, witzig, wahrhaftig, authentisch  – der Weg hinaus in die weite Welt, voller Hoffnung und Träume, in das Glück einer engen Zwei-Zimmer-Wohnung, beruflicher Fortschritt, ein Kind, noch eines und noch eines. Und irgendwann „spielen“ alle die mit, die man bereits im Kindheits- und Jugendroman kennen gelernt hat.  Oma und Opa Jever, Tante Gisela, die „Engländer“,  der Cousin Gustav, Renate, Volker,  Martin, Wiebke – alle sind sie da. Alllmählich steigender Wohlstand. Das eigene Haus. Erste kleine Unstimmigkeiten. Unterschiedliche Ziele und Wünsche. Das Gefühl, alleine gelassen zu werden. Hier  wird ins Blickfeld gerückt, was man bei der Im Kindheits- und Jugendroman im Hintergrund  der Geschichte Martins nur ahnt. Sie haben es nicht leicht mit sich selbst und miteinander, die Schlossers. Persönliche Tragik, ein trauriges Ende.  Martins Vater zerbricht. Die Familie Schlosser gibt es nicht mehr.  Auch da ist sie wahrscheinlich irgendwie typisch.

(Sorry....Die nächsten Tipps werden kürzer)

Klassiker/Wieder entdeckt:

John Cheever:  
Die Geschichte der Wapshots
Dumont 2007


John Cheever (1912- 1982)  ist einer der amerikanischen Autoren, die man in Deutschland wenig kennt, also noch entdecken kann. Wenn man ihn kennt, dann eher als Verfasser von Kurzgeschichten (die bekannteste: „Der Schwimmer“)  – die Wapshots, erstmals erschienen 1957,  sind so etwas wie sein Vermächtnis, sein Lebenswerk, ein Roman, an dem er, wie es heißt, fast 20 Jahre geschrieben und gebastelt hat. Das klingt nach dickem Wälzer und langem erzählerischem Atem – das trifft nicht ganz zu. Das Buch umfasst grade mal knapp 400 Seiten – trotzdem sind die Wapshots ein ganzer Kosmos, ein Bericht aus einer versunkenen Welt, eine Hymne an das Leben   - in verschiedenen „Aufzügen“ und aus unterschiedlichen Perspektiven wird über die verschiedenen Familienmitglieder berichtet. Erlebnisse, Geschichten, Ereignisse bei denen man nicht immer weiß, ob es sich um realistische Beschreibung, um Satire oder um Phantasmagorien handelt, und die sich nach und nach zu einem Ganzen fügen.  Immer, wenn man glaubt, den Faden zu verlieren, erdet sich der Text wieder, findet zurück zu einer sehr poetischen, klaren, bildhaften Sprache – berichtet von Angelausflügen, von Gesprächen zwischen Vater und Sohn, vom Aufbruch der Söhne aus dem Zuhause. Leander Wapshot, das chaotische , ein wenig verschrobene Oberhaupt der Familie,  ist Schiffer – seine immer wieder in den Text eingestreuten Tagebuchaufzeichnungen sind die Höhepunkte des Buches – in einer ganz eigenen, dem Leben zugeneigten Sprache, voller Demut, Scharfsinn, Witz, Lebensklugheit. In diesem Sinne:  „Haltet euch gerade. Bewundert die Welt. Genießt die Liebe einer sanftmütigen Frau. Vertraut auf Gott.“

Meine Neuerscheinung des Jahres, Sachbuch

Florian Werner:
Die Kuh. Leben, Werk und Wirkung
Hanser, 2009


Ich sammle Kühe und deswegen war dieses Buch für mich ein „Must have“. Aber auch wer mit Kühen nix am Hut hat, kann man damit viel Spaß haben. Eine Kulturgeschichte der Kuh – die Kuh als Symbol und Ausdruck des Kapitalismus und als erotische Herausforderung. Die Kuh in Gedichten, in der Malerei, als Thema philosophischer Erörterungen.  Der Hamburger als letzte Möglichkeit, den Indianern die Büffel abzujagen.  Die Kuh  in der griechischen Sage.  Kuhmetaphern als Ausdruck der Industrialisierung. Und und und. Kenntnisreich, verblüffend, witzig, sehr unterhaltsam.

Kinderbuch

Hier gleich mehrere – dafür alle kurz:

Amalia Rosenblum:
Der schönste Hundesommer der Welt
Beltz und Gelberg, 2009


Ich fange mal mit dem einzigen Manko des Buches an: Es ist ein klitzekleines bisschen ideologisch. Das macht aber nichts. Erzählt wird eine Geschichte von zwei, eigentlich von drei Hunden: Johnny und Artur und Schoko.  Das Buch handelt vom  Unglück, einen Freund zu verlieren – und vom Glück einen neuen Freund zu finden. Es geht  um Missverstände und Einsamkeit, um Mut und Liebe - und um die Möglichkeit, irgendwann an einen Punkt zu kommen, an dem man das alles (wieder) zusammendenken und fühlen kann. Das Buch ist sehr sparsam, aber ganz zauberhaft illustriert von Philipp Waechter (ja, genau, das ist der Sohn von F.K.)

Apropos Philipp Waechter – nicht mehr ganz neu, aber einfach umwerfend:

Philipp Waechter
„Die Geschichte meines Opas“
Beltz und Gelberg, 2003


–  ein witzig  gezeichneter Kinder-Comic, in dem ein ganz normaler Opa als Supermann verkleidet zusammen mit seinem Enkel die unvernünftigsten Dinge unternimmt, wilde Abenteuer erlebt, Blödsinn macht und dabei immer auch ein bisschen die Welt rettet.

Und zuletzt:

Sue Townsend
„Das geheime Tagebuch des Adrian Mole, 13 ½ Jahre alt“


Ein Kinderbuch-Klassiker, den wahrscheinlich viele kennen.  Ich finde – dieses Buch sollte jedes Kind einmal gelesen haben. Denn:  Es  erhöht die Chance, den Unwägbarkeiten des Lebens ins Auge zu sehen und ihnen standhalten zu können ,-)

Der Inhalt: Vor dem Hintergrund der Thatcher-Ära in England schwadroniert und pubertiert Adrian, Sohn einer chaotischen Familie, vor sich hin – verliebt sich, philosophiert über die Welt, sucht und verliert den Familien-Hund, engagiert sich politisch, will Schriftsteller werden, gibt an, hat Schiss mit dem größten Schläger der Schule zusammen zu rasseln und tut sich schließlich mit ihm zusammen, kümmert sich um einen alten heruntergekommenen Nachbarn, schimpft, motzt, träumt. Großartig und saukomisch.

...Und jetzt bin ich gespannt auf eure Tipps  
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Gute Idee, Kerstin, diesen Thread gerade jetzt wieder hochzuzaubern  

Nun, erstmal einen schönen zweiten Advent allerseits. Da ich zeitlich mit meiner Lektüre gern ein wenig hinterher hinke, ist meine Empfehlung für die Sparte "Neuerscheinung Literatur" ein noch 2008 erschienenes Buch:  

Neuerscheinung Literatur
Eliot Weinberger
Das Wesentliche

http://www.amazon.de/Das-Wesentliche-Eliot-Weinberger/dp/393783429X/ref=sr_1_2?ie=UTF8&s=books&qid=1260108040&sr=8-2

„Im Reich der Azteken stand die Welt alle zweiundfünfzig Jahre, einmal im Laufe eines Lebens, kurz vor dem Untergang.“ Der New Yorker Essayist Eliot Weinberger zelebriert ein Wunder an Aufwand. Er schreibt nur wenige Sätze pro Tag, und diese Sätze, die am Ende ganz einfach daherkommen, zeichnet eine Klarheit und poetische Genauigkeit aus (ja, wirkliche Poesie ist vor allem dies: genau!), wie sie bei nur ganz wenigen Zeitgenossen zu finden ist. Seine Essays umfassen zwei oder drei, selten vier Seiten. Diese Miniaturen zeichnen die Welt in ihrer ganzen Vielfalt und Widersprüchlichkeit. Niemals fällen sie Urteile, in ihrer Offenheit sind sie ungemein inspirierend. Weit Auseinanderliegendes und Nächstes, Aktuelles und längst Vergangenes rücken zusammen. Und welcher Autor reist schon wegen eines Mini-Essays um die Welt? Weinberger schon: dass man im Urwald Neuguineas den Raum nicht mit den Augen, sondern durch Geräusche und Klänge wahrnimmt, kann nur einer wissen, der es selber erfahren hat.

Weinberger bemerkt, dass es auf einer westlich von England gelegenen großen Insel zwei unterschiedliche Typen von megalithischen Grabmälern gibt; auf dem Gebiet des einen Typus gibt es auch den Zaunkönig, auf dem Gebiet des anderen Typus gibt es ihn nicht – die beiden Gebiete sind heute identisch mit den nationalen Territorien von Republik Irland und Nordirland ... Weiter schreibt Weinberger über das Nashorn, den Wutai Shan und über Eidechsen, über die Jahreszeiten, die Wüste, die Winde der Welt; über Handzeichen, Sterne und über eine Reihe von bedeutenden Chinesen aller Zeiten, die Eines gemeinsam haben: sie hießen alle Chang: „Chang Chih-ho verlor im 8. Jahrhundert seinen Posten am Kaiserlichen Hof und zog sich in die Berge zurück. Er widmete sich dem Angeln, verwendete aber niemals Köder, denn es ging ihm nicht ums Fischefangen.“ (Kongenial ins Deutsche übertragen von Peter Torberg)

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Wiederentdeckung
Das Gilgamesch-Epos
http://www.amazon.de/Das-Gilgamesch-Epos-Wolfgang-R%C3%B6llig/dp/3150107024/ref=sr_1_5?ie=UTF8&s=books&qid=1260107899&sr=8-5

Gilgamesch, den mächtigen Erbauer und König der Stadt Ur, hat Todesangst gepackt: er, selber zu zwei Dritteln Gott und einem Drittel Mensch, dennoch sterblich, hat dem qualvollen Sterben seines Gefährten Enkidu beiwohnen müssen.

Getrieben von dieser Erfahrung macht sich Gilgamesch auf den Weg, um das Geheimnis des ewigen Lebens zu ergründen. Um es vorwegzunehmen: es gelingt ihm, und es gelingt ihm auf höchst menschliche Weise nicht ...

Das altbabylonische Gilgamesch-Epos ist der wohl älteste Text der Menschheit, geritzt in Tontafeln, und reicht in seinen Wurzeln etwa 4400 Jahre zurück. Der Tübinger Altorientalist Wolfgang Röllig hat in diesem Jahr eine fabelhafte, gut lesbare und lebendige  Neuübersetzung vorgelegt, versehen mit den nötigen Kommentaren.

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Kinderbuch
The Circle of Fate
http://www.amazon.de/gp/product/8186211586/ref=ox_ya_oh_product

Garuda, der göttliche Adler (sic!) des Himalaya, versucht das Schicksal auszutricksen: einen Kleinen Vogel, dessen bunte Schönheit er bewundert, will er vor dem sicheren Tod retten. Eine federleicht erzählte und vor allem prächtig bebilderte indische Parabel.

Dieses Buch ist ein Erlebnis: man packt es aus - und es duftet nach Druckerfarbe. Und dies nicht umsonst. Der Verlag TaraBooks http://www.tarabooks.com/ ist das Ergebnis einer Initiative gegen Armut und Arbeitslosigkeit in Südindien. Alles wird von Hand gemacht: das Papier, der Textdruck, die Abzüge der wundervollen farbenprächtigen Serigrafien. Für die Bebilderung der Bücher werden Künstler der Region herbeigezogen.

Das Ergebnis: Bücher von einer Schönheit und einer Aufwendigkeit in der Herstellung, wie sie hierzulande unmöglich geworden sind – es sei denn, man wäre bereit, einige Hunderter pro Exemplar zu bezahlen. Und das besonders Erfreuliche: nach etlichen internationalen Preisverleihungen können inzwischen eine ganze Reihe von Menschen in Indien von der Buchproduktion leben.

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Bildband
Eiszeit: Kunst und Kultur
http://www.amazon.de/Eiszeit-Kunst-Kultur-Susanne-Rau/dp/3799508333/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=books&qid=1260113093&sr=1-1

Die Sensation hat sich noch immer nicht so recht herumgesprochen: die ältesten figürlichen Darstellungen der Menschheitsgeschichte stammen ... nein, nicht aus dem Zweistromland, China, Ägypten oder Anatolien, sondern aus jenem Ländle, wo man alles kann außer Hochdeutsch: in den vergangenen Jahren wurden in Kalksteinhöhlen der Schwäbischen Alb eine Reihe von aus Knochen geschnitzten und gravierten Plastiken gefunden, die ca. 35.000 Jahre alt sind.

Sie haben gut auf der ausgestreckten Hand Platz, die Figürchen eines Löwen, eines Mammuts, eines Pferdchens, eines Löwenmenschen, die kleine Knochenflöte. Und sie sind vollkommen in ihrer Gestaltung, überaus realistisch und lebendig und zugleich von einer großen abstrahierenden Kraft durchdrungen. Ihre Existenz macht zweierlei klar: schon in frühesten Zeiten hat künstlerisches Schaffen die Menschen begleitet, selbst unter den extrem harten Bedingungen für alles Leben, wie sie die Eiszeit bot; und: es gibt keine Fortentwicklung im Sinne stetiger Verbesserung – diese uralten Artefakte sind in ihrer Formgebung und plastischen Kraft perfekt, sie stehen einem Picasso (der im übrigen gerade die urzeitliche Kunst genau studiert hat) in nichts nach. Auf dieser Ebene gibt es kein „besser“, lediglich ein „anders“.

In diesem Jahr nun wurden die singulären Funde aus dem „Hohlen Fels“, dem „Geißenklösterle“, der „Vogelherdhöhle“ erstmals einer staunenden Weltöffentlichkeit präsentiert, eingebettet in den wissenschaftlich großartig aufgearbeiteten Kontext eiszeitlicher Kultur. Der hervorragend gemachte Katalog wird für einige Zeit ein Standardwerk zum Thema bleiben. (Ausstellung im Kunstgebäude Stuttgart, noch bis 10. Januar 2010)

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So, und jetzt bin ich gespannt auf die Liste des Threaderstellers ...


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Ich empfehle dringend:

Rolf Rothmann "Stier" und vom gleichen Autor "Feuer brennt nicht". Letzteres war eins der besten Bücher, die ich iin den letzten Jahren gelesen habe!
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@adlerkadabra: Das sind aber feine Tipps – vielen Dank – und in sich auch noch so stimmig.

Leider werden wir es wohl zeitlich kaum schaffen, uns die „Eiszeit“ in Stuttgart noch anzuschauen. Das indische Kinderbuchprojekt ist vorgemerkt. Und jetzt muss ich nur noch meinen Mit-Adler davon abhalten, sich noch eine weitere Ausgabe des Gilgamesch-Epos anzuschaffen, da er bereits drei besitzt…

Und @knueller:  War durch die Kritik in der NZZ vor ein paar Monaten schon mal auf den Rothmann gestoßen. Bin bei zeitgenössischen Ost-/West-Geschichten immer e bisje skeptisch – aber doch…ich glaub, jetzt kuck ich mir das Buch mal genauer an.
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Meine heutige Leseempfehlung gilt einem kleinen, 170 Seiten dünnen Buch mit zahlreichen S/W-Fotos, von der edition suhrkamp für schlanke 9 Talerchen zu erwerben!

Artur Klinau:
MINSK
Sonnenstadt der Träume

Wer wenig bis nichts über diese Stadt in Weißrußland und ihre blutige Geschichte über Jahrhunderte und vielleicht nicht viel mehr über das schon lange untergegangene Großfürstentum Litauen weiss, möglicherweise schon mal etwas über die besondere Rolle Deutschlands im 2.Weltkrieg in dieser Stadt gehört hat und sich für den Ost-Westkonflikt des vergangenen Jahrhunderts und die weniger ruhmreiche Geschichte "Soffjett-Rußlands" (um mal ein Kanzlerwort zu bemühen) in dieser Zeit interessiert, wer vielleicht schon mal etwas von Thomas Morus' "Utopia", Tommaso Campanellas "Sonnenstaat" oder Francis Bacons "Neuatlantis" gelesen hat, wer darüberhinaus in der Lage ist, sich in eine andere Welt, gegen die jedes Hollywoodkino mit sämtlichen technischen Tricks mit oder ohne 3-D verblassen muss, versetzen zu lassen und darin umherzuspazieren als wäre es real, für den ist dieses Büchlein ein Muss!

Ein paar Kostproben:

"Das kommunistische Projekt in der Sowjetunion war im wesentlichen ein russisches Projekt, und dies determinierte die katastrophalen Folgen seiner Realisierung."

"Am Anfang dieser Geschichte steht der Krieg. Kriege gab es viele, davor und danach. Aber dieser Krieg war anders. Er kam von Osten über die Länder des Großfürstentums Litauen, dauerte 13 Jahre, verwandelte die Städte in Ruinen und kostete jeden zweiten Bewohner des Landes das Leben."
"Das 20. Jahrhundert begann für das Land, das nun schon Weißrußland hiess, mit einer neuen Sintflut, die auf Erden niederkam.
...
Nachdemes die Tracht des Lands des Glücks angelegt hatte, säuberte das Imperium in den 30er Jahren diese Landstriche weiter von Kultur, Städten und Völkern.
...
Jetzt konnte es wirklich schwarzweiße Tänze von Leben und Tod veranstalten, Goyas Los Caprichos wiedererwecken, gigantische makabre Gemälde aus nur 2 Farben: dem Schwarz der Erde und dem Dunkelbraun geronnenen Blutes.
...
In den 30er Jahren vernichtete Stalin unter dem Vorwurf des Nationalismus fast die gesamte weißrussische künstlerische und technische Intelligenz."

"Daß die Sonnenstadt gerade in Minsk Fleisch ward, war keine Laune der Geschichte. Die Stadt, die ihre Geschichte als Friedhof begonnen hatte - mit den blutigen Ufern der Njamiha - , wurde zum Friedhof für tote Städte."

Es gibt aber auch eine andere Seite:

"Die Straßen waren beherrscht von dem besonderen Anblick zerbrechlicher, aber eleganter Blumen, die aus irgendeinem Grund nur hier in solcher Überfülle wuchsen.
...
Am ehesten waren sie wie die Blumen von Baudelaire - zarte, dekadente Orchideen auf zerbrechlichen Stengeln."

Es ist eigentlich ein Stadtführer, die Strassen und Plätze mit dem potemkinschen Palästen werden in Kontext der Geschichte des Landes, aber auch des 45-jährigen Autors, der übrigens Architekt ist, beschrieben.

Falls sich jemand dafür interessiert oder Fragen zu dem Werk hat, würde ich mich über Feedback freuen!
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Ich möchte auf diesen Link hinweisen mit weiteren interessanten Feuilletonbeiträgen
( http://www.umblaetterer.de/2010/01/12/die-ergebnisse-der-feuilleton-meisterschaft-2009/ )
und noch ein Buch empfehlen:
Alber Vigoleis Thelen: Die Insel des zweiten Gesichts
Ein Großwerk, mit dem ich mich anfangs schwertat, welches aber einen Ehrenplatz in meinem Bücherbord hat. Ein sprachgewaltiger Autor schildert hier seinen Aufenthalt auf Mallorca: zusammen mit seiner Frau erlebt er die mallorquinisch-deutschen Wirren der dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts.
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Der beste amerikanische Kriminalautor: Blut will fließen

Lesepflicht!
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Ist hier schon das Buch "Tuareg" genannt worden? Ist das einzige, das mich mit dem letzten Satz aus dem Sessel gerissen hat (in echt!).

Dann habe ich es an eine Frau verliehen....die den letzten Satz zuerst gelesen ....und sich selbst alles versaut hat....

Extrem lesenswert, insbedsondere die Schilderungen der Wüste!
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reggaetyp schrieb:
Der beste amerikanische Kriminalautor: Blut will fließen

Lesepflicht!


ich habe neun jahre auf dieses buch gewartet. wirklich gewartet. ellroy ist für mich, schon seit "die schwarze dahlie" (vergesst die verfilmung) der beste und intensivste schriftsteller der usa. und da gibt es reichlich gute, von auster bis boyle.

wer den anfang der trilogie ("american tabloid", deutscher titel "ein amerikanischer thriller") noch nicht gelesen hat sollte allerdings mit dem beginnen. da erfährt man auch die wahrheit über die beziehung von jfk zu marylin monroe.  
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peter schrieb:
reggaetyp schrieb:
Der beste amerikanische Kriminalautor: Blut will fließen

Lesepflicht!


ich habe neun jahre auf dieses buch gewartet. wirklich gewartet. ellroy ist für mich, schon seit "die schwarze dahlie" (vergesst die verfilmung) der beste und intensivste schriftsteller der usa. und da gibt es reichlich gute, von auster bis boyle.

wer den anfang der trilogie ("american tabloid", deutscher titel "ein amerikanischer thriller") noch nicht gelesen hat sollte allerdings mit dem beginnen. da erfährt man auch die wahrheit über die beziehung von jfk zu marylin monroe.  



Alle Verfilmungen von Ellroys Romanen sind Schrott.
Da ich vor vielen Jahren "Ein amerikanischer Thriller" und "Ein amerikanischer Albtraum" gelesen habe, arbeite ich die vor "Blut will fließen" noch mal nach.
Pete Bondurant ist eben vom CIA engagiert worden.  
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Vergessen: Apropos Boyle. Der letzte war nett, aber eher eine Fingerübung. Bin mir sicher, der nächste Boyle wird wieder furios.
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reggaetyp schrieb:
peter schrieb:
reggaetyp schrieb:
Der beste amerikanische Kriminalautor: Blut will fließen

Lesepflicht!


ich habe neun jahre auf dieses buch gewartet. wirklich gewartet. ellroy ist für mich, schon seit "die schwarze dahlie" (vergesst die verfilmung) der beste und intensivste schriftsteller der usa. und da gibt es reichlich gute, von auster bis boyle.

wer den anfang der trilogie ("american tabloid", deutscher titel "ein amerikanischer thriller") noch nicht gelesen hat sollte allerdings mit dem beginnen. da erfährt man auch die wahrheit über die beziehung von jfk zu marylin monroe.  



Alle Verfilmungen von Ellroys Romanen sind Schrott.
Da ich vor vielen Jahren "Ein amerikanischer Thriller" und "Ein amerikanischer Albtraum" gelesen habe, arbeite ich die vor "Blut will fließen" noch mal nach.
Pete Bondurant ist eben vom CIA engagiert worden.  


ich habe die beiden mal in einem urlaub wiedergelesen, direkt hintereinander. dann war der urlaub vorbei.  

vielleicht fange ich auch noch mal von vorne an.  

la confidential geht als verfilmung durch. gerade so, weil die story leicht umgebaut wurde...

der rest ist müll. the cop ist 08/15, browns requiem geht gerade so, das liegt aber auch daran, dass ellroy bei dem buch noch übt und deswegen keine gute vorlag gegeben hat, dark blue ist völlig daneben, und street kings ist als film ok, aber den ellroy-spirit hat er nicht.

ich würde dir übrigens david peace empfehlen. der hat eine quadrologie (heißt das so?) geschrieben die mit "1974" beginnt. extrem dicht und unangenehm. der erste band ist noch etwas "unfertig" danach entwickelt er einen ganz eigenen stil, der durchaus von ellroy beieinflußt sein könnte. nichts für zarte seelen.

im moment wird white jazz verfilmt. das kann auch nur in die hose gehen.
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Hab ich kürzlich gelesen, eich fands gut  

Hanna Poddig - Radikal Mutig

Es besteht dringender Handlungsbedarf, die herrschenden Verhältnisse zu verändern – Hanna Poddig belässt es dabei nicht bei Lippenbekenntnissen. Sie ist Aktivistin im besten Sinne des Wortes: Ob beim Einkauf im Supermarkt, am Ticketschalter in der U-Bahn oder beim Energiesparen: Sie geht in ihrem Alltag radikal, aber immer friedfertig »mit gutem Beispiel« voran. Und wo es nötig ist, greift sie zu deutlicheren Mitteln, kettet sich an Gleise, besetzt Bäume oder demonstriert vor Kernkraftwerken. Im Bewusstsein, dass jeder Veränderung die Einsicht vorausgeht, zielt Hanna Poddig auf eine Revolution im Kleinen ab. Ihr Protest genauso wie ihre mitreißenden Ideen dienen stets dazu, ihre Umwelt zum Nachdenken anzuregen. Am Ende steht keine trockene Handlungsanleitung, sondern das authentische Zeugnis einer jungen Frau, die unsere Welt mit ungewöhnlichen Mitteln aufklärt und verändert.

http://www.rotbuch.de/programm-3/titel/612-Radikal_mutig.html
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Und aktuell lese ich 3 Klassiker von Lothar Günther Buchheim http://de.wikipedia.org/wiki/Lothar-G%C3%BCnther_Buchheim  ,natürlich nicht gleichzeitig  

Das Boot, Die Festung, Der Abschied

http://www.buchheimmuseum.de/cms/museumsladen/buecher/index.php
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Ich möchte an dieser Stelle ein Buch empfehlen, dass einige sicher schon gelesen haben und zwar Rohstoff von Jörg Fauser.

Das Buch ist nicht nur deshalb lesenswert, weil es zum großen Teil im Frankfurt der 68er-Generation spielt (die Eintracht kommt auch ein paar Mal vor, der Bieberer Berg aber auch   ).

Es handelt von einem selbsternannten Schriftsteller mit dem einprägsamen Namen Harry Gelb, der -ständig berauscht- versucht, Literatur zu schaffen, um damit sein Geld zu verdienen. Er verschlägt ihn dabei abwechselnd nach Istanbul, Frankfurt oder Berlin, wo er mit Hausbesetzern, linksradikalen Studenten, schrägen Künstlern und anderen Idealisten zusammenlebt. Eigentlich ist er ein ziemlich komischer, aber keineswegs unsympathischer Kauz. Notorisch pleite und mit regelmäßig wechselnden Liebschaften verdingt er sich als unifomierter Sicherheitsangestellter, schreibt Artikel für unterklassige Verlage, bearbeitet Rechnungen für Großbanken, versucht revolutionäre Zeitschriften zu verlegen, was schlussendlich von ängstlichen Vorgesetzten torpediert wird, und bietet nebenher seine gesammelten Werke (überschaubar!) wie Sauerbier an. Sämtliche Nackenschläge und Geldnöte werfen ihn immer wieder um, halten ihn aber keineswegs davon ab, mit herrlich komischer Gelassenheit immer wieder aufzustehen, um sich auf direktem Wege ins nächste Chaos zu manövrieren.

Bei dem Buch wird eine Stimmung erzeugt, die wohl das damalige Milieu in Fausers Heimatstadt Frankfurt sehr gut beschreibt, in der junge, linke Intellektuelle die Welt retten wollten und dabei in irgendwelchen Opimhöhlen (in denen die Stadtverwaltung natürlich längst das Wasser abgestellt hatte) freie Liebe praktizierten, um nebenbei im Club Voltaire über Gott und Marx zu diskutieren. Geld spielt keine Rolle (da nicht vorhanden).

Das Buch ist nicht nur Roman, sondern -da teilweise autobiographisch- auch Milieustudie und gerade deswegen wunderbar anschaulich und plastisch. Beim Lesen fühlt man sich hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, selbst ein solches Anarcholeben führen zu wollen und der Behaglichkeit, die aufkommt, wenn man feststellt, dass Strom und Wasser funktionieren, mehr als ein Hemd im Schrank hängt und man sich nicht mit obskuren Verlagsunterhändlern herumschlagen muss, die sich für die verfassten Gedanken eigentlich kein bisschen interessieren.

Wem das oben genannte "Stier" von Ralf Rothmann gefällt, dem wird auch dieses Buch gefallen. Ich denke, was Handlung und Protagonist angeht, sind die beiden Bücher durchaus vergleichbar.

Jörg Fauser ist übrigens 1987 kurz nach seinem 43. Geburtstag bei einem Autounfall ums Leben gekommen.

Jemand schon gelesen?
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HeinzGründel schrieb:


Sven Regener

" Neue Vahr Süd

http://www.amazon.de/Neue-Vahr-S%C3%BCd-Roman-Regener/dp/3442459915/sr=1-1/qid=1172130448/ref=sr_1_1/028-3688530-5202942?ie=UTF8&s=books

Der Autor von Herrn Lehmann wieder in Hochform.


Steht auf meiner Agenda ganz weit oben. Habe neulich "Der kleine Bruder" verschlungen und mich prächtig amüsiert. Das ist der zweite Teil der Trilogie (also zwischen Neue Vahr und Herr Lehmann), aber als letzter erschienen. Schon wieder Hausbesetzer, Berlin und abgestellter Strom, aber mit einem ganz anderen Anspruch. Geht so in Richtung "Bahnhofsbuchhandlung". Der Schreibstil macht es einem einfach, die Handlung fordert dem Leser auch keine geistigen Meisterleistungen ab, dafür ergänzen sich die handeln Personen zu einem chaotischen Haufen, der sich trotzdem auf wundersame Weise irgendwie organisiert (und wenn nicht, macht's auch nix). Dabei erleben Herr Lehmann und Co innerhalb weniger Stunden soviel schräge (aber nicht unrealistische) Sachen, das man sich zeitweise scheckig lacht und förmlich in diese Welt eintaucht.

Ideales Buch für den Strandkorb oder den Baggersee.


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