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Sollte man Griechenland helfen [Verschuldungs- und Haftungskrise in der Euro-Zone]

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"No taxation without representation!"  

Ich hoffe, dass man sich dazu noch durchringt und dann die Netto-Zahler bestimmen dürfen, was Sache ist. Jedoch gilt das natürlich auch wieder nur, solange diese logischerweise demokratisch gewählt und legitimiert wurden.

@Harry: Du hattest ja glaube ich die Frage gestellt von wegen Volksabstimmung. Nunja, aktuell halte ich das für eine Farce - das muss aber nicht so bleiben. Die Finalitätsdebatte ist einfach immer noch nicht abgeschlossen. Daher wird uns weniger ein "kaputtes Auto" zum Kauf angeboten, [insbesondere die Panikmache von wegen Euro-Crash rund um den ESM ist völliger Käse, denn das Problem wird damit ja eben gelöst - nur verstärkt auf deutsche Kosten eben.] sondern ein "unfertiges Auto" zu einem überhöhten Preis. Genauer ein Krankenwagen...

Nun kann sich genau der Krankenwagen als Granate entpuppen, wenn der starke Motor (Wirtschaft der blauen Banane) nicht abgewürgt wird und man somit totgeglaubte (Haltung des Sozialstaatlevels) retten.

Oder als ein unnötig komplizierter Krankenwagen, wo man erstmal die Gebrauchsanweisung lesen muss und der Motor ausgeht, wenn man mal mit Tatütata über eine dunkelgelb-rote Ampel fährt. (Bürokratieungetüm) Oder gar die Bremsen nur halbherzig eingebaut wurden, weil die Gewerkschaft mehr Geld fordert sowie die Reifen schon gebraucht und alt sind, weil die Differenz zu einem neuen Reifen in Alkohol und Parteispenden floss. (Korruption)

Vielleicht ist die Konzeption aber auch komplett gescheitert, und die südländischen Konstrukteure haben uns einfach nur um eine Menge Geld erleichtert. Wir schreiben das Geld ab, verlieren aber vielleicht sogar weniger, als tote Patienten wegen komischer Bedienung zu haben und gleichzeitig 10x gekaufter neuer Bremsen und Reifen, die auch beim 11x noch fehlen.

PS: Bitte hier im Thread keine Panikfürsten hochpushen, die damit ihr Geld verdienen und sich "Finanz-Experten" nennen.
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marcelninho85 schrieb:
Miso schrieb:
S-G-Eintracht schrieb:

Verstehe ich nicht. Humankapital ist eine sanfte Umschreibung dessen, was Menschen an Produktivität und Wohlstand für sich und das miteinander schaffen können.


Also so eine Art sprachlicher Weichspüler, weil sanft?  Nein, dieses Wort geht gar nicht, weil die wenigsten Leute fröhlich und unbeschwert "Produktivität und Wohlstand für sich und das miteinander schaffen".  Sie versuchen, irgendwie klarzukommen. Und sind weiterhin Menschen, kein "Humankapital".  


In der VWL ist dies eine rein technische (aggregierte) Größe um die Abhängigkeit der wirtschaftlichen Leistung von den Fähigkeiten der arbeitenden Menschen zu beschreiben. Kein Grund die Moralkeule zu schwingen.


Es ist durchaus nicht verboten technische Begriffe gerade aus den Wirtschaftswissenschaften auch mal zu kritisieren.
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giordani schrieb:
marcelninho85 schrieb:
Miso schrieb:
S-G-Eintracht schrieb:

Verstehe ich nicht. Humankapital ist eine sanfte Umschreibung dessen, was Menschen an Produktivität und Wohlstand für sich und das miteinander schaffen können.


Also so eine Art sprachlicher Weichspüler, weil sanft?  Nein, dieses Wort geht gar nicht, weil die wenigsten Leute fröhlich und unbeschwert "Produktivität und Wohlstand für sich und das miteinander schaffen".  Sie versuchen, irgendwie klarzukommen. Und sind weiterhin Menschen, kein "Humankapital".  


In der VWL ist dies eine rein technische (aggregierte) Größe um die Abhängigkeit der wirtschaftlichen Leistung von den Fähigkeiten der arbeitenden Menschen zu beschreiben. Kein Grund die Moralkeule zu schwingen.


Es ist durchaus nicht verboten technische Begriffe gerade aus den Wirtschaftswissenschaften auch mal zu kritisieren.


Verboten sicherlich nicht aber macht halt keinen Sinn! Es ist ein H in einer Gleichung. Hat nix mit individueller Wertung von menschlicher Leistung o.ä. zu tun.
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Miso schrieb:
S-G-Eintracht schrieb:

Verstehe ich nicht. Humankapital ist eine sanfte Umschreibung dessen, was Menschen an Produktivität und Wohlstand für sich und das miteinander schaffen können.


Also so eine Art sprachlicher Weichspüler, weil sanft?  Nein, dieses Wort geht gar nicht, weil die wenigsten Leute fröhlich und unbeschwert "Produktivität und Wohlstand für sich und das miteinander schaffen".  Sie versuchen, irgendwie klarzukommen. Und sind weiterhin Menschen, kein "Humankapital".  


Humankapital beschreibt doch lediglich das Wissen und die Fähigkeiten, die am Individuum haften. Diese Fähigkeiten stellen für andere einen Wert dar. Weil das "Kapital" hier teils als Teufelszeug angesehen wird, ist der Begriff entsprechend negativ belegt.
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Stellvertretend für die aus den unterschiedlichsten polit. Lagern eingereichte Verfassungsklage,hat eben Gauweiler(CSU)im Morgenmagazin rechtlich ,aber aus meiner Sicht so was von überzeugend, die Dinge der Klageerhebung erläutert.

Einleuchtend und die Perversität der Regelungen aus der Sicht des Steuerzahlers dargelegt.

Demgegenüber steht die polit. Bedeutung und die Frage, was würde jetzt im fortgeschrittenen Stadium bei einem Kippen des ESM Rettungsschirms passieren?Also welche Alternativen wären denn denkbar

So bin ich aber eigentl.überzeugt, daß die Tragweite bei der Urteilsfindung in die Verfassungentscheidung irgendwie einfließen wird...
Und deshalb die Dinge auf sogenannte "verfassungrechtliche Leitplanken"begrenzt. so soll sich nach meinen Infos auch die ebenfalls Klageerhebende Politikern Däubler-Gmelin mutmaßend geäußert haben.

In diesem Zusammenhang wurde im TV folgende Film- Empfehlung gegeben:

"Der große Euro-Schwindel"
-Wie jeder jeden täuscht-

Heute in der ARD,22.45 Uhr
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Ifo-Chef Sinn geht davon aus, dass Merkel beim EU-Gipfel massiv unter Druck gesetzt und ihr mit dem "Hass der europ. Völker" gedroht wurde...
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seventh_son schrieb:
Ifo-Chef Sinn geht davon aus, dass Merkel beim EU-Gipfel massiv unter Druck gesetzt und ihr mit dem "Hass der europ. Völker" gedroht wurde...


Und das Schlimmste: Die Kanzlerin schläft!

"Dem Druck habe Angela Merkel nicht mehr widerstehen können und sei eingenickt."
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Die ganze Diskussion erinnert ein wenig an die Deutsche "Kleinstaaterei" vor 1871. Jeder (kleine) Landesfürst wollte sein eigenes Ding retten und keine Kompetenzen abgeben.

Auch damals gab es zeitlich vorgelagerte Zwischenstufen, wie Deutscher Zollverein usw. Ab 1871 wurde alles unter dem Deutschen Reich zusammengefasst, die wirtschaftliche Entwicklung konnte fortschreiten, ohne innerdeutsche Handelshemmnisse.

Ziel muss es sein, "Vereinigte Staaten von Europa" zu schaffen, das hat jetzt nix mit Führung durch Deutsche dieses neuen Gebildes zu tun. Nur, es muss der Weg dorthin führen. Und ich bin Optimist, wie immer, und sage, der Weg wird dorthin führen. Es ist nur eine Frage, wie lange es dauert, ob wir das noch erleben.
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stefank schrieb:
seventh_son schrieb:
Ifo-Chef Sinn geht davon aus, dass Merkel beim EU-Gipfel massiv unter Druck gesetzt und ihr mit dem "Hass der europ. Völker" gedroht wurde...


Und das Schlimmste: Die Kanzlerin schläft!

"Dem Druck habe Angela Merkel nicht mehr widerstehen können und sei eingenickt."


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sotirios005 schrieb:

Ziel muss es sein, "Vereinigte Staaten von Europa" zu schaffen, das hat jetzt nix mit Führung durch Deutsche dieses neuen Gebildes zu tun. Nur, es muss der Weg dorthin führen. Und ich bin Optimist, wie immer, und sage, der Weg wird dorthin führen. Es ist nur eine Frage, wie lange es dauert, ob wir das noch erleben.


Nun, da beißt sich die Katze aber in den Schwanz. Wir Deutsche (und andere Nettozahler) erwarten, dass im vereinten Europa vernünftig gewirtschaftet und nicht besch... wird. Transferzahlungen wird man vermutlich nie vermeiden können, siehe Länderfinanzausgleich, aber dann bitte nach strengen Regeln. Dies kann von den Südländern eben schnell als "germanisieren" verstanden werden und wird ja zur Zeit schon von den dortigen Politikern ausgenutzt für nationalistische Töne ggü. der eigenen Bevölkerung.

Neben wirtschaftlichen gibt es hier eben auch Mentalitätsunterschiede und die wurden bisher weder durch die EG/EU noch durch die Euro-Einführung angeglichen, da sie über Jahrhunderte ausgebildet wurden und zur Identität der Menschen gehören.

Bei jedem EU-Gipfel wird um nationale Pfründe geschachtert und im Endeffekt geht es nur darum, wer wieviel Stücke vom Wohlstand bekommt. Solange hier so wenig die eigenen Interessen hintan gestellt werden von den Regierenden, wie will man da eine europäische Integration bei den Bürgern vermitteln?

Wenn man mal davon ausgeht, dass sich die wirtschaftlichen und Metalitäts-Unterschiede nicht in 10 Jahren angleichen lassen, muss man in Deutschland langsam mal die Karten auf den Tisch legen und fragen: Ist die deutsche Bevölkerung bereit, für die europäische Integration und den gesicherten Frieden Transferzahlungen in den Süden zu leisten, damit der Wohlstand in Europa einigermaßen gleichmäßig verteilt ist?

Und in den "Nehmerländern" muss man fragen: Ist man bereit, nationale Souveränität aufzugeben um eine gemeinsame Haushaltspolitik fahren zu können? Eine Zentralregierung durch die EU-Institutionen wäre langsam und träge und viel Geld würde vermutlich auf den Wegen verpuffen. Deshalb wird man in allen Mitgliedsstaaten Institutionen und Menschen benötigen, die die europäische Idee leben und die Regeln einhalten.

Sind wir so weit? Angesichts der aktuellen Ressentiments bei allen Beteiligten kann ich mir das kaum vorstellen. Wir trauen den Südländern nicht, vernünftig mit "unserem" Geld umzugehen, die Südländer trauen uns nicht, wenn wir ihnen Regeln auferlegen wollen.

Ich finde es auch nicht gut, dass sich Merkel in diese Ecke des häßlichen Deutschen drängen lässt. Unter der Hand wird immer wieder mitgeteilt, dass Deutschland nicht allein steht und andere Nordländer ähnliche Meinungen vertreten. Staaten wie die Niederlande, Österreich oder Finnland treten aber nie in den Vordergrund. Es würde bzgl. der Außenwirkung vieles einfacher machen, wenn die Nordländer geschlossen auftreten würden.
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sotirios005 schrieb:
Die ganze Diskussion erinnert ein wenig an die Deutsche "Kleinstaaterei" vor 1871. Jeder (kleine) Landesfürst wollte sein eigenes Ding retten und keine Kompetenzen abgeben.

Auch damals gab es zeitlich vorgelagerte Zwischenstufen, wie Deutscher Zollverein usw. Ab 1871 wurde alles unter dem Deutschen Reich zusammengefasst, die wirtschaftliche Entwicklung konnte fortschreiten, ohne innerdeutsche Handelshemmnisse.

Ziel muss es sein, "Vereinigte Staaten von Europa" zu schaffen, das hat jetzt nix mit Führung durch Deutsche dieses neuen Gebildes zu tun. Nur, es muss der Weg dorthin führen. Und ich bin Optimist, wie immer, und sage, der Weg wird dorthin führen. Es ist nur eine Frage, wie lange es dauert, ob wir das noch erleben.


Als Ahnungsloser der dieses Thema verfolgt, denk ich, daß Du zumindest in die richtige Richtung argumentieren könntest.

und ich teil ebenso Deine Bedenken. Zumindest ich erlebe es nicht mehr.
Ungeachtet der Frage, ob so etwas realisierbar ist.

Und da sind noch die Staaten    der Gemeinschaft,die nicht der Währungsunion angehören. Und so wollte ich im Zusammenhang mit Deinen Ausführungen nur folgendes anmerken:

In Großbritannien erwägt Cameron eine Volksabstimmung über das künftige Verhältnis seines Landes zur EU (aha ?).
Begründung seiner Ansicht:

"Für EU länder ,die nicht der Eurozone angehören sei nämlich nicht zu wenig, sondern jetzt schon zu viel Europa"
Er sagt und begründet weiter:
"zu hohe Kosten, zu viel Bürokratie,zu viel Einmischung in Angelegenheiten, die den Nationalstaaten überlassen werden müßen"

Und wen man bedenkt, daß innerhalb der Eurozone Griechenland jetzt anscheinend "Europa"ein gutes Stück erpresst hat, weil jetzt doch wegen den Sparbeschlüßen nachverhandelt wird....

Dann fallen  einem zu dem "Vereinigte Staaten von Europa" so viele Fragezeichen ein, die ich mit meinem Kleinhirn,aber ich denke auch  insoweit gebildete Menschen und kein einziger der zahlreichen Politiker  abschl. beantworten kann.

Das ist  Chaos pur.
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Was die Vereinigten Staaten von Europa angeht, bin ich sehr skeptisch. Ich habe das Gefühl, für einen solchen Zusammenschluss fehlt einfach die Basis.

Die Nationalstaaten existieren seit hunderten von Jahren, haben oft blutige Kriege gegeneinander geführt. Es ist schon ein immenser Fortschritt, dass dies in den letzten 65 Jahren zum Großteil kein Thema mehr war (Ausnahme Jugoslawien). Wenn es aber an die nationalen Identitäten und Souveränitäten ran geht, wird es beim Vereinigungswillen deutlich schwieriger.

Früher sind solche Vereinigungen oft durch eine gemeinsame externe Bedrohung entstanden. Krieg war immer ein probates Mittel, den Gemeinschaftssinn zu wecken, so dass man danach dann die Gunst der Stunde nutzen konnte. Wir wollen mal nicht hoffen, dass es soweit kommt...

Auch der Vergleich mit den USA hinkt gewaltig. Dort wurde ein völlig neues Land besiedelt und organisiert. Die Menschen, die dort hingingen, kamen aus sozialen, politischen oder religiösen Gründen, weil sie in ihren Heimatländern keine Chance mehr sahen. Dementsprechend groß war die Bereitschaft, sich für etwas neues einzusetzen. Nationale Identitäten spielten nicht die große Rolle, wie heute noch in Europa. Man lebte jetzt zusammen auf einem neuen Kontinent, weit weg von der Heimat, und fühlte sich als Bürger eines neuen Staates.

Vielleicht muss erst die ganz große Krise kommen, die die Europäer zusammen schweißt... Aber ich könnte mir vorstellen, dass selbst in größter Not lieber die nationale Karte gespielt wird.

Dass Europa, wenn es in Zukunft nicht mit einer Stimme spricht, gefährdet ist seine Geltung in der Welt und seinen Wohlstand zumindest teilweise zu verlieren gegenüber aufstrebenden Nationen wie China, Indien, Brasilien, wirkt sich auf den heutigen Alltag noch nicht so sehr aus, dass man es als Gefahr begreift.
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seventh_son schrieb:


... und im Endeffekt geht es nur darum, wer wieviel Stücke vom Wohlstand bekommt. ...


Man muss den Menschen klarmachen: Im Saarland und in Mecklenburg-Vorpommern verdient der Durchschnittsbürger sehr viel weniger, als der Durchschnittsbürger in Franfurt-City.

Da wird es zwangsläufig auch ein entsprechendes Gefälle zwischen Sizilien oder Andalusien einerseits und dem Großraum um Helsinki oder London herum andererseits geben müssen.
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sotirios005 schrieb:
seventh_son schrieb:


... und im Endeffekt geht es nur darum, wer wieviel Stücke vom Wohlstand bekommt. ...


Man muss den Menschen klarmachen: Im Saarland und in Mecklenburg-Vorpommern verdient der Durchschnittsbürger sehr viel weniger, als der Durchschnittsbürger in Franfurt-City.

Da wird es zwangsläufig auch ein entsprechendes Gefälle zwischen Sizilien oder Andalusien einerseits und dem Großraum um Helsinki oder London herum andererseits geben müssen.


Jap. Aber:

Erstens fällt es anscheinend schwerer, diesen Ausgleich in ein anderes Land mit anderer Sprache und Mentalität zu akzeptieren, im Vergleich zu einem innerdeutschen Ausgleich. Man hört ja oft das Stammtisch-Argument: Wir haben in Deutschland viele arme Menschen, alleinerziehende Mütter, Leute die zur Tafel gehen. Aber anstatt erstmal im eigenen Land zu helfen, überweisen wir die Milliarden nach Griechenland.
Niemand würde wohl auf die Idee kommen zu sagen: "Wir haben in Frankfurt so viele Arme, wieso überweisen wir dann so viel Geld in das Saarland?"

Solidarität mit anderen Staaten scheint schwer vermittelbar. Was aber sicher nicht nur an nationalen Ressentiments, sondern auch an dem weit verbreiteten Misstrauen innerhalb der EU und in die EU-Institutionen selbst liegt. Die EU ist eben kein demokratisch gewachsenes Konstrukt, sondern für viele Bürger einfach eine weitere Bürokratie-Ebene die "an unser Geld will".

Zweitens, und für mich wichtiger, wir haben eben in Deutschland trotz regionaler Unterschiede eine gemeinsame Identität, eine gemeinsame Sprache, ein gemeinsames Wirtschaftssystem mit gemeinsamen Regeln für alle Körperschaften vom Bund bis hinunter in die Gemeinden. Da fällt Solidarität deutlich leichter. Die wenigsten Bürger dürften sich um den Länderfinanzausgleich Gedanken machen. Außer vielleicht zur Wahlkampfzeit in Bayern ist das auch kein öffentliches Thema. Man geht davon aus, dass das schon alles ganz gut ist und funktioniert. Davon geht man eben was die EU betrifft, nicht aus.
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seventh_son schrieb:
Was die Vereinigten Staaten von Europa angeht, bin ich sehr skeptisch. Ich habe das Gefühl, für einen solchen Zusammenschluss fehlt einfach die Basis.

Die Nationalstaaten existieren seit hunderten von Jahren, haben oft blutige Kriege gegeneinander geführt. Es ist schon ein immenser Fortschritt, dass dies in den letzten 65 Jahren zum Großteil kein Thema mehr war (Ausnahme Jugoslawien). Wenn es aber an die nationalen Identitäten und Souveränitäten ran geht, wird es beim Vereinigungswillen deutlich schwieriger.

Früher sind solche Vereinigungen oft durch eine gemeinsame externe Bedrohung entstanden. Krieg war immer ein probates Mittel, den Gemeinschaftssinn zu wecken, so dass man danach dann die Gunst der Stunde nutzen konnte. Wir wollen mal nicht hoffen, dass es soweit kommt...

Auch der Vergleich mit den USA hinkt gewaltig. Dort wurde ein völlig neues Land besiedelt und organisiert. Die Menschen, die dort hingingen, kamen aus sozialen, politischen oder religiösen Gründen, weil sie in ihren Heimatländern keine Chance mehr sahen. Dementsprechend groß war die Bereitschaft, sich für etwas neues einzusetzen. Nationale Identitäten spielten nicht die große Rolle, wie heute noch in Europa. Man lebte jetzt zusammen auf einem neuen Kontinent, weit weg von der Heimat, und fühlte sich als Bürger eines neuen Staates.

Vielleicht muss erst die ganz große Krise kommen, die die Europäer zusammen schweißt... Aber ich könnte mir vorstellen, dass selbst in größter Not lieber die nationale Karte gespielt wird.

Dass Europa, wenn es in Zukunft nicht mit einer Stimme spricht, gefährdet ist seine Geltung in der Welt und seinen Wohlstand zumindest teilweise zu verlieren gegenüber aufstrebenden Nationen wie China, Indien, Brasilien, wirkt sich auf den heutigen Alltag noch nicht so sehr aus, dass man es als Gefahr begreift.


Also das sehe ich überhaupt nicht so. In den USA gibt es föderale Strukturen und genau das sollte man für Europa auch beherzigen. Die USA sind kein gleichgeschaltetes Land, sondern individuell und regional teils extremst unterschiedlich.

Desweiteren kommt niemand in Kalifornien auf die Idee, Geld nach Florida zu überweisen, um dort irgendwie dubiose Zustände zu retten. Gehen die Bundesstaaten pleite, dann gehen sie eben pleite. Die entscheidende Schwäche ist der sozialistische Kern und Aufbau Europas, siehe unser Clearing-System. Ohne dass die reichen Länder und Bewohner sich ins Knie schießen würden, weil deutsches Kapital und Wohlstand seit einiger Zeit nur in den Süden fließt, kannst du eben (auch wegen einseitiger Politik) Südeuropa nicht in die pleite schicken.

Die nationale Karte ist in langfristiger Planung vernachlässigbar, jedoch im Kurz- bis Mittelfristigen Bereich ist es wichtig für Deutschland, seine Bürger-Interessen und die Industrie maximalst zu schützen - siehe Abschnitt darüber. Sonst verlieren wir ganz einfach im relativen Sinn in Europa und insbesondere der Welt extrem an Wohlstand.

Europa sollte nicht von einem zentralen Superstaat vertreten werden, sondern eine "relativ" schlanke Vereinigung der Nationalstaaten darstellen.

Aus Sicht Südeuropas ist die "Germanisierung" der Kernpunkt. Wenn man sich aber selbst ohne einen überall reinredenden Zentralstaat nicht auf diesen überstaatlichen "Gouverneursrat" einlassen kann, dann muss man aber die gesamte EU begraben, weil das dann nichts anderes als bestenfalls ein Staatenbund, eine Konföderation, ist.

seventh_son schrieb:
sotirios005 schrieb:
seventh_son schrieb:


... und im Endeffekt geht es nur darum, wer wieviel Stücke vom Wohlstand bekommt. ...


Man muss den Menschen klarmachen: Im Saarland und in Mecklenburg-Vorpommern verdient der Durchschnittsbürger sehr viel weniger, als der Durchschnittsbürger in Franfurt-City.

Da wird es zwangsläufig auch ein entsprechendes Gefälle zwischen Sizilien oder Andalusien einerseits und dem Großraum um Helsinki oder London herum andererseits geben müssen.


Jap. Aber:

Erstens fällt es anscheinend schwerer, diesen Ausgleich in ein anderes Land mit anderer Sprache und Mentalität zu akzeptieren, im Vergleich zu einem innerdeutschen Ausgleich. Man hört ja oft das Stammtisch-Argument: Wir haben in Deutschland viele arme Menschen, alleinerziehende Mütter, Leute die zur Tafel gehen. Aber anstatt erstmal im eigenen Land zu helfen, überweisen wir die Milliarden nach Griechenland.
Niemand würde wohl auf die Idee kommen zu sagen: "Wir haben in Frankfurt so viele Arme, wieso überweisen wir dann so viel Geld in das Saarland?"

Solidarität mit anderen Staaten scheint schwer vermittelbar. Was aber sicher nicht nur an nationalen Ressentiments, sondern auch an dem weit verbreiteten Misstrauen innerhalb der EU und in die EU-Institutionen selbst liegt. Die EU ist eben kein demokratisch gewachsenes Konstrukt, sondern für viele Bürger einfach eine weitere Bürokratie-Ebene die "an unser Geld will".

Zweitens, und für mich wichtiger, wir haben eben in Deutschland trotz regionaler Unterschiede eine gemeinsame Identität, eine gemeinsame Sprache, ein gemeinsames Wirtschaftssystem mit gemeinsamen Regeln für alle Körperschaften vom Bund bis hinunter in die Gemeinden. Da fällt Solidarität deutlich leichter. Die wenigsten Bürger dürften sich um den Länderfinanzausgleich Gedanken machen. Außer vielleicht zur Wahlkampfzeit in Bayern ist das auch kein öffentliches Thema. Man geht davon aus, dass das schon alles ganz gut ist und funktioniert. Davon geht man eben was die EU betrifft, nicht aus.


Auch das sehe ich nicht so, denn ich sehe mich einzig und alleine als Mitteleuropäer. Daher interessieren mich die Leute auch außerhalb des deutschen Staatsgebiets.

Die EU ist selbstverständlich demokratisch, es gibt Europa-Wahlen und ansonsten repräsentative Demokratie.

Der Länderfinanzausgleich ist zudem ein perverses System, das als Querfinanzierung von Wahlgeschenken auch für die Bundesebene dient. Sinnvoll findet das hinter dem Rücken keiner.

Die Situation ist eher auf unterster Ebene schwierig. Will man Main-Taunus-Kreis, Hoch-Taunus-Kreis, Frankfurt I-VI als unterschiedliche Wahlkreise sehen und in Bad Soden sowie Kelkheim unterschiedliche Kommunalen Parlamente haben? Hier müsste man viel eher den Schritt zu mehr Einsparung machen. Auch die Kleinstadterei müsste aufhören und viele kleine Ortschaften (insbesondere Osten) zusammengelegt werden - auch wegen Demographischen Wandel.berall reinredenden Zentralstaat nicht auf diesen
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S-G-Eintracht schrieb:

Also das sehe ich überhaupt nicht so. In den USA gibt es föderale Strukturen und genau das sollte man für Europa auch beherzigen. Die USA sind kein gleichgeschaltetes Land, sondern individuell und regional teils extremst unterschiedlich.


Da magst Du durchaus Recht haben. Es ging mir aber darum, die Gründungshistorie mit der eines vermeintlichen vereinigten Europas zu vergleichen. Und in den USA spielten eben die nationalen Unterschiede keine große Rolle. Man ist ja grade dorthin ausgewandert, um den Zuständen im Heimatland zu entfliehen und auf neuem Boden neu anzufangen. In so einem Klima kannst Du einen gemeinsamen Bundesstaat viel einfacher gründen.

S-G-Eintracht schrieb:

Auch das sehe ich nicht so, denn ich sehe mich einzig und alleine als Mitteleuropäer. Daher interessieren mich die Leute auch außerhalb des deutschen Staatsgebiets.


Das mag vielleicht bei einigen von uns hier so sein. Aber sieht das auch die große Masse so? In Deutschland traut man sich das vielleicht nicht so zu sagen, aber es zeigt sich doch grade dass um jeden Meter nationale Souveränität gestritten wird. Und die Bevölkerung wird mit Ressentiments bedient, siehe Bild-Zeitung und ihre Pendants im restlichen Europa. Ich sehe weder beim einen Extrem (Deutschland) noch beim anderen (z.B. Griechenland) den Willen, Haushaltsrechte und dergleichen abzutreten.

S-G-Eintracht schrieb:

Die EU ist selbstverständlich demokratisch, es gibt Europa-Wahlen und ansonsten repräsentative Demokratie.


Naja, das Parlament wird gewählt, ist aber in seinen Rechten sehr beschnitten. Die "Regierung" (Kommission) wird von den Regierungen der Mitgliedsländer mitbestimmt. Die meisten Deutschen dürften das Gefühl haben, dass die EU-Bürokratie ganz weit weg ist und sie darauf noch weniger Einfluss haben als auf die Bundespolitik. Mach mal ne Umfrage, wer sich von den EU-Institutionen repräsentiert fühlt...
Auf dem Papier kann das alles demokratisch aussehen, aber wenn du die Bürger nicht mitnimmst, wirst du auch keine Zustimmung erhalten.

S-G-Eintracht schrieb:

Der Länderfinanzausgleich ist zudem ein perverses System, das als Querfinanzierung von Wahlgeschenken auch für die Bundesebene dient. Sinnvoll findet das hinter dem Rücken keiner.

Ich sehe nicht, dass sich die Masse der Bevölkerung mit diesem System auseinandersetzt. Es wird auch in den Medien nur selten zum Thema. Obwohl es hier sicher Reformbedarf gibt. Aber die Aussage war, es schreit eben niemand so laut auf, wenn Geld von Hessen nach Meck-Pomm transferiert wird. Wenn das selbe Geld nach Griechenland transferiert wird, dann schon.
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Ich sehe mich in erster Linie als Deutscher u.dann erst als Europäer.
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Die Vereinigten Staaten von Europa sind nur ein netter Ausdruck für das, was eigentlich gemeint ist: *****. Anders kann ich mir diese naiven Träumereien nicht erklären.

Der amerikanische Unabhängigkeitskrieg ist ein Paradebeispiel für eine geglückte Revolution von unten. Das hat mit den heutigen Entwicklungen in Europa absolut gar nichts zu tun. Man hat sich doch gerade dagegen zur Wehr gesetzt, von außen regiert und besteuert(!) zu werden. Noch heute lassen sich die Amerikaner doch nicht von Washington sagen, wie groß ihre Toilettenschüsseln, wie krumm ihre Bananen sein dürfen und welche Glühbirnen sie zu benutzen haben. Die USA wurden auf den Prinzipien der individuellen Freiheit gegründet, während in Brüssel 4000 Arbeitsgruppen nichts anderes zu tun haben, als diese zu vergewaltigen.

Achja: hier mal ein Vergleich der amerikanischen Verfassung + Unabhängigkeiterklärung mit den europäischen Verfassungsverträgen.



"History, in general, only informs us what bad government is."
Thomas Jefferson
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Ein vereintes Europa, so wie sich manche das vorstellen, wird es nie geben!
Dafür sind die Kulturen und Mentalitäten viel zu verschieden und am Ende ist sich soundso jeder wieder selbst der nächste.
Siehe z.B. aktuell Frankreich. Wir setzen unser Rentenalte auf 67 hoch, in Frankreich wird neu gewählt und die setzen Ihr Rentenalter halt wieder auf 60 runter.
Das sich dann 80 Millionen Menschen in diesem Land fragen, wofür das ganze und zu guter letzt die meisten sich für die Stammtischparole entscheiden "Mit mir nicht!" ist für mich vollkommen verständlich.
Es gibt ja auch niemand, der mir das einfach und einleuchtend erklären könnte, warum das so jetzt richtig ist.

Es wird immer Gewinner und Verlierer geben. Zum Schluss wäre vielleicht der große Knall das Beste für die gesamte Marktwirtschaft und das Geld- und Bankenwesen.
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seventh_son schrieb:

... Aber die Aussage war, es schreit eben niemand so laut auf, wenn Geld von Hessen nach Meck-Pomm transferiert wird. Wenn das selbe Geld nach Griechenland transferiert wird, dann schon.




Ist das wirklich so? Wenn man an die Diskussionen um den Länderausgleich denkt, würde ich diese Aussage schon anzweifeln.


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