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Robert Enke ist tot

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EvilRabbit schrieb:
Für mich hat sich seit dem Tod von Enke sehr wohl etwas verändert. Nämlich, dass sein Name inzwischen auf jeder Pressekonferenz fällt, wo man irgendwie etwas Betroffenheit erhaschen will. Finde es grausam, wie da jetzt viele versuchen, mit dem moralischen Holzhammer auf Fans und Medien einzuknüppeln, wenn der Ton mal etwas rauer wird. Egal ob beim VfB Rabatz gemacht wird, man sich beim Club auf den Trainer einschießt und was weiß ich noch alles - es findet sich immer irgendwer, der sich nicht zu Schade ist, den Zeigefinger zu heben und die eigene Situation geschwind mit Enke in Zusammenhang zu bringen.

Und das dann am besten noch ausgerechnet von jemandem wie Babbel, der wochenlang jegliche Verantwortung auf die Mannschaft abwälzt, und damit die öffentliche Hetzjagd auf seine Spieler praktisch erzwingt. Mir diese Selbstherrlichkeit immer wieder antun zu müssen macht mich wirklich aggressiv.

So leid mir sein Tod immer noch tut, diese Scheinheiligkeit macht für mich schon so kurze Zeit später vieles von seinem Andenken kaputt.


Ja, es ist eine Frechheit, dass sich die von Dir zitierten Leute auf Robert Enke beziehen. Ihre Situation ist nicht im Geringsten mit Roberts schwerer Krankheit zu vergleichen. Wer im Profifussball tätig ist, bekommt zwangsläufig häufig mal heftigen Gegenwind und darf dann nicht rumheulen, wenn der Gegenwind auch mal recht heftig ausfällt. Wer gesund ist und viel Geld mit seinem Beruf verdient, darf sich da drüber nicht beschweren, in dem hohen Gehalt sind entsprechende "Schmerzensgeld-Anteile" bereits mit enthalten. Robert Enke hingegen war schwer krank, das ist eine vollkommen andere Situation.
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Zumal seine Krankheit wohl kaum was mit irgendwelchen Prozessen im Profifußball zu tun hatte: ich meine er wurde von niemandem angefeindet (im Gegenteil), er war im Verein unumstritten und Identifikationsfigur. Ich finds auch ziemlich erbärmlich, dass Nasen wie der Schindelmeiser das noch für ihre Zwecke ausschlachten. Immerhin sieht man jetzt, wer wirklich Charakteraids hat.
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Während man Schniedelmeiser durchaus noch unterstellen kann, dass er Enke bewusst instrumentalisiert, hatte ich gerade bei Babbel und dem Nürnberger Präsidenten ein anderes Gefühl.

Nämlich, dass sie sich selbst oder diejenigen, für die sie meinten zu sprechen, in der "Tradition" eines Robert Enke sehen. Dass sie wirklich der Meinung sind, dass was da passiert wäre genauso schlimm wie das, was Enke in den Tod getrieben hat. Dass sie tatsächlich derart dumm und ohne jegliche Selbstreflektion mit seinem Tod umgehen, dass sie jetzt jeden der irgendwo in eine mehr oder weniger starke Opferrolle kommt, gleich auf diese Ebene heben müssen.


Bei Babbel kommt da noch persönliche Betroffenheit hinzu, die verständlicherweise zu einer Überreaktion führen kann. Andererseits sollte man vielleicht gerade in seinem Fall einen etwas sachlicheren Umgang mit diesem Thema erwarten.
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EvilRabbit schrieb:


Bei Babbel kommt da noch persönliche Betroffenheit hinzu, die verständlicherweise zu einer Überreaktion führen kann.


Ja, ihm verzeihe ich deshalb solche Vergleiche noch am ehesten, Babbel war extrem innerlich aufgewühlt... da habe ich Verständnis für. Die anderen jedoch sollten besser die Klappe halten.
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bei babbel unterstelle ich auch mal - zu seinen gunsten - dass er seine spieler im sinn hatte als er das gesagt hat und nicht nur sich selbst.
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peter schrieb:
bei babbel unterstelle ich auch mal - zu seinen gunsten - dass er seine spieler im sinn hatte als er das gesagt hat und nicht nur sich selbst.


Egal ob Babbel oder wer auch immer - Enke war krank! Er wurde nicht zu Tode gemobt oder ähnliches; nein, er ist an einer Krankheit verstorben.

Dieses Krankheit zu Instrumentalisieren und damit zu Ignorieren ist ein Schlag für alle Menschen, die unter Depressionen oder ähnlichem leiden.

Pfui!
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Das ist doch gerade eins der Probleme, die sich da aktuell im Umgang mit der Sache zeigen: Es geht IMMER um andere, egal ob bei Babbel, dem Nürnberger Präsident, Schniedelmeier oder was auch immer. Keiner von denen stellt sich selbst hin, und sagt "Wenn ihr so weitermacht, bringe ich mich um!".

Sondern sie stellen sich hin, und sagen Personengruppe X (Medien, Fans) behandelt Personengruppe Y (Spieler, Trainer, Verantwortliche) ganz furchtbar schlecht. Sprich, sie nehmen für sich die Position eines neutralen Beobachters und moralischer Instanz in Anspruch. Obwohl sie selbst auch alle handelnde Personen sind.
Hätte Oenning sich selbst auf der Pressekonferenz hingesetzt und gesagt, ihr habt mich deshalb und deshalb wie Dreck behandelt, und darum ist das wie bei Enke, könnte man das bestätigen oder widerlegen, und ihn damit als Opfer oder Lügner sehen. Dadurch, dass es von einem Dritten kommt, die in den bisherigen Fällen zudem massiv ihre eigene Meinung, Emotionen und teilweise auch einfach Dummgelaber in die Sache mit eingebracht haben, lässt sich das Ganze auch einfach nicht mehr vernünftig auftröseln. Da bleibt nur noch ein Schwamm halbgarer Quark übrig, für den sich niemand interessieren würde wenn nicht der Name "Enke" gefallen wäre.


Und was die persönliche Betroffenheit von Babbel angeht, damit meinte ich nicht dass er mit im blockierten Bus gesessen hat, sondern die Tatsache dass er wohl einen Bruder auf ähnliche Weise verloren hat.
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Enke hat sein Leben nicht beendet, weil er schlecht behandelt wurde, sondern weil er krank war.

Ist das so schwer zu verstehen?
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Bigbamboo schrieb:
Enke hat sein Leben nicht beendet, weil er schlecht behandelt wurde, sondern weil er krank war.

Ist das so schwer zu verstehen?  


Richtig!

Wenn einer "fair" behandelt wurde, dann wohl Enke!
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Für mich ist das, was hier zum Thema Babbel geschrieben wurde, nichts weiter als ein Schutzmechanismus und ein Abwehrreflex. Gepaart mit der forumstypischen Rabulistik wird hier das Thema so lange zerredet, bis man es sich so zurechtgedreht hat, dass es einem passt.

Fakt ist: Enke was schwerst krank. Woran das lag, das ist wohl schwer zu rekonstruieren, zumal es für eine Depression (was an sich ja schon ein weites Feld ist) bekanntlich verschiedene Ursachen geben kann. In der dann folgenden Diskussion wurde vor allem immer wieder angesprochen, dass kein Mensch wusste, dass RE so unter seiner Krankheit litt. Das lag in erster Linie daran, dass er aus beruflichen (nämlich der Angst, nicht mehr spielen zu können/dürfen, anders behandelt zu werden und der Angst, von den Medien ausgeschlachtet zu werden) und privaten Gründen (der Angst, dass man ihm sein Kind wegnimmt) geschwiegen hat. Weder Vater, noch Ehefrau, noch Therapeut konnten ihn umstimmen.

Besonders die beruflichen Gründe sind mMn schon sehr eng mit dem Leistungsgedanken verbunden. Im Profifußball will jeder erstmal Leistung sehen. Erfolg, Stärke, Überlegenheit - deswegen rennen wir ja jede Woche ins Stadion. Dass man da als Spieler sich sehr schwertut, sich als labil oder depressiv zu outen, kann ich nachvollziehen. Und zwar trifft dies mMn gerade dann zu, wenn man ganz oben steht: Publikumsliebling, Idol, Nationaltorwart kurz vor dem Turnier seines Lebens. Der Vergleich mit Deisler hinkt ein wenig, denn der hat seine Karriere beendet. Für Enke war der Mannschaftssport bis zum Schluss mit das Letzte, was ihn überhaupt noch in einem geordneten Leben gehalten hat.
Was wäre passiert, wenn Enke sich vor der Nominierung geäussert hätte? Hätte er mitfahren dürfen oder können? Wäre er aus "Mitleid" nominiert worden? Hätts ne Extrawurst gegeben und was wäre passiert, wenn er während eines Spiels gepatzt hätte?

Nach den ganzen Diskussionen, die sich in den Wochen danach entwickelt haben, war man sich ziemlich einig, dass der absolute Leistungsgedanke, der immer noch über allem schwebt, den Tod Enkes nicht zu verantworten hatte, ihn aber sicherlich forciert hat. Theo Zwanziger hat in seinen Reden danach zum Umdenken aufgefordert, zu mehr Menschlichkeit und Toleranz. Das klingt nach sehr viel Gutmenschentum und Weihnachtspredigt, ist aber definitiv der richtige Ansatz. Er hat erzählt, was sich alles ändern muss - das sich nichts ändern wird, war damals schon klar und überrascht mich kein bisschen.

Und daran knüpft Markus Babbel an. Er sagt nicht, dass seine Spieler bald Selbstmord begehen -wie Enke- weil der Bus blockiert wurde, oder weil die Kurve geschwiegen hat, sondern er sagt, dass nach wie vor nix anneres zählt, als Erfolg und dass Schwächephasen nicht vergeben werden, dass man auch nicht vor Gewaltandrohungen zurückschreckt und bereit ist, die eine oder andere Grenze zu überschreiten.

Das hat nichts mit der Krankheit an sich zu tun, sondern damit, wie im Leistungssport generell miteinander umgegangen wird, nämlich so, dass wenig Platz für Schwächen, die den männlichen Habitus verletzen, da ist. Es wurde von vielen Seiten Besserung gelobt und es hat sich, laut Babbel, nix geändert.

Zur Klarstellung: Ich stelle mich damit nicht eindeutig auf Babbels Seite und ich weiß nicht, wie ich als Fan vom VfB in der Situation gehandelt hätte, zumal wir hier ja letztes Jahr eine ähnliche Situation hatten....
Allerdings lohnt es sich, mal darüber nachzudenken und nicht von vornherein den schwarzen Peter den "Großkopferten" zuzuschieben.

Knueller
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Wo hat Schindelmeiser Enkes Tod instrumentalisiert? Finde leider nichts....
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Knueller schrieb:
... Allerdings lohnt es sich, mal darüber nachzudenken und nicht von vornherein den schwarzen Peter den "Großkopferten" zuzuschieben.

Knueller


Schöner Beitrag.

Leider finde ich Babbels Rede nicht im Wortlaut, sondern nur in Auszügen, dort kann ich den von Dir zu Recht angeführten Zusammenhang jedoch nicht wieder finden.
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Bigbamboo schrieb:
Knueller schrieb:
... Allerdings lohnt es sich, mal darüber nachzudenken und nicht von vornherein den schwarzen Peter den "Großkopferten" zuzuschieben.

Knueller


Schöner Beitrag.

Leider finde ich Babbels Rede nicht im Wortlaut, sondern nur in Auszügen, dort kann ich den von Dir zu Recht angeführten Zusammenhang jedoch nicht wieder finden.



Nein, das sehe ich nicht so.
Im Gegenteil: Wo instrumentalisiert MB Enkes Tod? Er geht darauf ein, dass man seine Spieler enorm unter Druck gesetzt hat, und das nicht durch irgendwelche mediale Hetze sondern durch direktes Eingreifen, was einigen Spielern anscheinend durch Mark und Bein ging. Natürlich schützt hiervor (dem Schrecken) auch nicht ein dicker Gehaltsscheck. Babbel kritisiert die Heuchelei, dass großspurig von Menschlichkeit und Veränderungen in der Gesellschaft geschwafelt wurde und man grad so weiter macht im Text.

Allerdings muss man auch schauen, von wem diese Ansagen kamen. Nicht von denen, die große Reden geschwungen haben (insofern relativiert das den Begriff "Heuchelei" ein bisschen).
Ausserdem steht man nach so einem Spiel auch unter Strom und unter Emotionen. Das ist keine Entschuldigung, aber ich weiß, wie das ist. War ja letztes Jahr auch in Bochum...
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Babbel hat aber in meinen Augen ganz bewusst den Druck auf seine Spieler über Wochen hinweg überhaupt erst aufgebaut. Wo andere Trainer sich vor das Team stellen, hat er (ob zu Recht oder nicht sei dahingestellt) von Beginn an den schwarzen Peter der Mannschaft untergeschoben. Und das im Verbund mit den Verantwortlichen, die ihn teils haben gewähren lassen, teils sogar noch unterstützt haben.

Die Stuttgarter Mannschaft wurde sehenden Auges verheizt, um Trainer und Sportdirektor zu schützen. Jeder, der auch nur ein bisschen voraus geblickt hat, hätte sich darüber im klaren sein müssen, was passiert wenn das Team nicht aus dem Tal rauskommt - eine Hexenjagd auf die Spieler.

Und genau das ist passiert. Darüber haben die Saubermänner Babbel und Heldt aber kein Wort verloren.



Und kaum ist der Trainer ausgetauscht, läuft es rund. Sprich, letzten Endes wurde auch noch die falsche Sau durchs Dorf getrieben - weil der "wahre Schuldige" Babbel lieber andere ins Feuer geschickt hat.
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HeinzGründel schrieb:
Peinlicher geht es wirklich nicht.


Ich widerspreche Dir da ungern, aber das wurde schon vor Jahren mal getoppt. Ein einseitiger Bericht über ein KZ oder einen KZ-Überlebenden und unten rechts in der Ecke eine Anzeige von e-on mit dem Slogan "Wir liefern das Gas von heute".

Das war noch peinlicher und geschmackloser. Aber diese Geschichte war in der Tat nur noch durch sowas zu toppen!
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Habe es gerade auf BLÖD.de gelesen (jaja   ) die Hannoveraner hängen wohl das große Robert-Enke-Trikot ab da es der Mannschaft "nicht hilft".
Ich dachte ja eigentlich das hätten die in Gedenken an einen großartigen Sportler und Menschen aufgehängt um ihm damit die letzte Ehre zu erweißen. Irgendwie finde ich das schon sehr geschmacklos das jetzt abzuhängen weil die Mannschaft ihre Leistungen nicht bringt, gerade vor dem Hintergrund wieviel über seinen tragischen Tod geredet und diskutiert wurde, wer sich alle so sehr bertroffen gezeigt hat, und jetzt 2 Monate später schon wieder totales business-as-usual? Ich weiß ja nicht, dann hätte man es auch nicht aufhängen brauchen...
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Doofer Kackverein. Hoffentlich steigen die erst recht ab!
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In der NBA bzw. an sämtlichen Colleges usw. werden die Trikots mit den Nummern besonderer Spieler auch aufgehängt. Nicht damit es den Spielern hilft (wobei es dass natürlich auch tun kann), sondern damit an großartige Sportler bzw. Menschen erinnert wird.

Schade dass man damit nur das Ziel hatte der Mannschaft zu helfen...
Ich bin ganz und gar nicht der Aufmachung Mitleid mit Enke zu haben der seine Frau und Adoptivtocher egoistisch alleine gelassen hat, jedoch habe ich mir darüber kein Urteil zu bilden weil es mich nichts angeht und ich nicht die genauen Umstände weiss. Was ich aber sehr wohl weiss ist es, dass er ein super Torhüter war und das beste was den 96'ern jemals passiert ist und diese das Andenken an ein Torhüter damit beschmutzen weil es der Mannschaft nicht helfe.

Wenn so ein Ereignis eine Mannschaft nicht zusammenschweissen und kämpfen lassen kann, dann nützt es nicht mal etwas wenn man 100 Trikots mit besonderen Spieler aufhängen würde.


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