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Sollte man Griechenland helfen [Verschuldungs- und Haftungskrise in der Euro-Zone]

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Am 31.12.2009 war ein Euro 1.44$ wert. Heute sind es 1.28$. Was einen Verfall von 11.1% in knapp 4 Monaten bedeutet. Der Euro verfällt also auch ohne Griechenland.

Der Grund
a) Die Finanzwelt hat kein Vertrauen in Europa, mit schwachen Volkswirtschaften, überschuldeten Staaten.
b) Es werden wohl genügend finanzkräftige Spekulanten auf einen fallenden Euro gesetzt haben (ok mit Spekulation hat das wenig zu tun, eher mit Manipulation)
c) Keiner in Europa möchte doch einen starken Euro. Ganz im Gengenteil. Und die Rechnung geht auf. Musste der Chinese (wohl die bedeutendste Volkswirtschaft) am 31.12.2009 noch 9.8 RMB bezahlen, so sind es heute 8.7, was eine Verbilligung der Importe bzw. eine Verteuerung der Exporte nach und von China von immerhin ebenfalls mehr als 11% bringt.

Der Verfall des Euros kann also kein wirklicher Grund für die Hilfe der Griechen sein. Vielmehr, so mein Gefühl, sind das die Gruende

a) man hat Angst den eigenen finanziellen Status sich und dem Volk aufzuzeigen. Schnell paar Milliarden gestemmt, paar Bürgschaften unterschrieben, es wird schon weiter gehen. Und wenn man schon mal da bei ist...

b) Es sind wieder zu viele Banken involviert, die von den Regierungen Bürgschaften bekamen um ihre Bank wieder auf Vordermann zu bringen. Würde man jetzt Griechenland nicht helfen, dann gäbe es Banken-Pleiten. Jetzt frage ich mich, sind Banken heilige Kühe, die nicht geschlachtet werden dürfen. Sollten nicht starke Banken, diese Zocker übernehmen?

c) ich könnte mir auch vorstellen, dass schon Bürgschaften der Staaten zur Kreditabsicherung gegeben wurden.

d) Wäre es das erst mal, dass wichtige Personen aus Wirtschaft und Politik so richtig mit verdienen?

Wer jetzt sagt ja gut, dann ist ja alles in Ordnung, wir können besser exportieren, der darf aber die Gesamt-Weltwirtschaft nicht vergessen.

Viele Dinge werden in $ bezahlt. Der Handel mit China, das Oel usw.
So stieg der Dollar in der RSA in de knapp einer Woche um 4%. Ware, Transport werden z.B. bei meiner Firma durch $ bezahlt. Hinzu kommt noch die Preisexplosion für Energie, z.B. Elektrizität in 2 Jahren, um mehr als 100%, Benzin in diesem Jahr um 50%. Weitere zusätzliche 4% Preiserhöhung kann eigentlich keiner bezahlen, zumal der EK zum VK 1:1.3 schon ist.

Danke Europa! Mit Griechenland hat das alles nichts zu tun. Dem Normal-Griechen wird das ganze eh nicht helfen, ganz im Gegenteil.

Gruß Afrigaaner
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reggaetyp schrieb:


Mich würden eure Antworten mehr interesserien, ob es stimmt, dass gewissenlose Spekulanten auf Kosten von bankrotter Staaten und insoventer Gesellschaften ihre Schäfchen ins Trockene bringen. Und wie man gegen diese skrupellosen Finanzgangster vorgehen kann.



Ich denke, dass ist etwas verkürzt.

Vorab, es kann keinen Zweifel daran geben, dass sich Einige auf Kosten Griechenlands die Tasche gefüllt haben aber es ist nun mal so, dass Menschen für ein waghalsigeres Projekt höhere Renditen wünschen.

Ich gehe mal davon aus, dass auch Du bei identischer Rendite (in dem Fall Zinsen) in die Anleihe investieren würdest, die eine (nahezu) 100% Rückzahlung garantiert und nicht in die Anleihe, bei der Du nicht weißt, ob das Unternehmen (in dem Fall der Staat) nach Ablauf eine Rückzahlung leisten kann.

Die steigenden Zinsen für griechische Staatsanleihen sind demzufolge zwingend.

last but not least hat das Spekulieren auf immer höhere Zinsen den Staatsbankrott Griechenlands zwar beschleunigt aber auch ohne diese Spekulation wäre in einem spätestens 2 Jahren die gleiche Situation eingetreten.

Die Frage muss daher lauten: kann Europa überhaupt so weitermachen. Alle Staaten (ja, auch wir) weisen mittlerweile eine Schuldenquote auf, von der wir alle wissen, dass sie nie mehr getilgt werden kann. Aus meiner Sicht unabdingbare Folgen werden Inflation und/oder Währungsumstellung sein.

Erfreulich sind die Zukunftsaussichten nicht, wenn man aber immer(!) mehr ausgibt, als man einnimmt, kommt es halt so.
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concordia-eagle schrieb:
reggaetyp schrieb:


Mich würden eure Antworten mehr interesserien, ob es stimmt, dass gewissenlose Spekulanten auf Kosten von bankrotter Staaten und insoventer Gesellschaften ihre Schäfchen ins Trockene bringen. Und wie man gegen diese skrupellosen Finanzgangster vorgehen kann.



Ich denke, dass ist etwas verkürzt.

Vorab, es kann keinen Zweifel daran geben, dass sich Einige auf Kosten Griechenlands die Tasche gefüllt haben aber es ist nun mal so, dass Menschen für ein waghalsigeres Projekt höhere Renditen wünschen.

Ich gehe mal davon aus, dass auch Du bei identischer Rendite (in dem Fall Zinsen) in die Anleihe investieren würdest, die eine (nahezu) 100% Rückzahlung garantiert und nicht in die Anleihe, bei der Du nicht weißt, ob das Unternehmen (in dem Fall der Staat) nach Ablauf eine Rückzahlung leisten kann.

Die steigenden Zinsen für griechische Staatsanleihen sind demzufolge zwingend.

last but not least hat das Spekulieren auf immer höhere Zinsen den Staatsbankrott Griechenlands zwar beschleunigt aber auch ohne diese Spekulation wäre in einem spätestens 2 Jahren die gleiche Situation eingetreten.

Die Frage muss daher lauten: kann Europa überhaupt so weitermachen. Alle Staaten (ja, auch wir) weisen mittlerweile eine Schuldenquote auf, von der wir alle wissen, dass sie nie mehr getilgt werden kann. Aus meiner Sicht unabdingbare Folgen werden Inflation und/oder Währungsumstellung sein.

Erfreulich sind die Zukunftsaussichten nicht, wenn man aber immer(!) mehr ausgibt, als man einnimmt, kommt es halt so.


Das ist aber lieber Uli genau der Punkt. Gehen wir doch mal davon aus das Griechenland die Kredite nicht bezahlt. Es sind 110 000 000 000 Euro (so habe ich gelesen). + etwaiger Verzugszinsen.  Deutschland übernimmt 22 400 000 0000 Euro

Dann steigt der Schuldenberg jetzt 1 800 000 000 000 auf eben 1 822 400 000 000.

Für den Fall das die 40 Mio Menschen, die Einkommen haben jeden Tag 1 Euro zurück zahlen und D sich nicht weiter verschuldet, wären das rund 125 Jahre bis man schuldenfrei wäre.


Ohne Griechenland übrigens 123 1/4 Jahre

Gruß Afrigaaner
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http://www.sueddeutsche.de/,tt3m1/politik/278/510398/text/

Die längst überfälligen Maßnahmen zur Regulierung des Finanzsektors müssen endlich forciert werden. Damit endlich wieder das Volk regiert.
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Hubert_Cumberdale schrieb:
http://www.sueddeutsche.de/,tt3m1/politik/278/510398/text/

Die längst überfälligen Maßnahmen zur Regulierung des Finanzsektors müssen endlich forciert werden. Damit endlich wieder das Volk regiert.


Mein Bruder im Geiste.
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Gut und dann regiert das Volk wieder und dann Ralf? Sind dann die Schulden weg? Wohl kaum.

Aus der Zürcher Weltwoche

Die Finanzmärkte legen jetzt nur etwas unsentimental offen, was an diesem Konstrukt schon im Kern falsch angelegt war: Es kann keine vernünftige gemeinsame Währungspolitik für so unterschiedliche Volkswirtschaften geben wie das Kleinstfürstentum Luxemburg, den Industriegiganten Deutschland und Larifari-Staaten wie Portugal oder Griechenland. Der Euro ist ein politisches Projekt – und dieses Projekt ist gescheitert. Was jetzt abläuft, sind lebenserhaltende Massnahmen für eine klinisch tote Währung.


Gut möglich, dass sich diese Rettungsübungen gegen jene richten werden, die nun als barmherzige Samariter auftreten: Deutschland stemmt mit 22,4 Milliarden Euro den Löwenanteil der Kredite für Griechenland. Dabei ist der Staat selber mit über 1,7 Billionen Euro verschuldet.


Gleichzeitig füttert Berlin die EU jährlich mit immensen Nettozahlungen: 2008 waren es 8,8 Milliarden Euro. Davon flossen, Ironie der Mutwilligkeit, 6,3 Milliarden nach Athen. Ein schöner Zustupf: Auf einen griechischen Vier-Personen-Haushalt gerechnet, sind das rund 2200 Euro Subventionen."

Es wird als nicht so einfach werden.
Gestern Abend war Biedenkopf im TV. Er war ziemlich überzeugend. Er hat dargelegt das vom gesamten Bundeshaushalt nach Abzug von von Schuldendienst und Arbeit und Soziales ingesamt noch 18 Milliarden übrig bleiben. Für den Rest! Also für Bildung Verteidigung Verkehr etc.

Wir leben von der Substanz. Wer soll das bezahlen?  Er hat weiter dargelegt das wir in zehn Jahren 30 Prozent weniger Erwerbstätige Menschen im Land haben. Ich kann die Generation nach mir nur bedauern.
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HeinzGründel schrieb:


Wir leben von der Substanz. Wer soll das bezahlen?  Er hat weiter dargelegt das wir in zehn Jahren 30 Prozent weniger Erwerbstätige Menschen im Land haben. Ich kann die Generation nach mir nur bedauern.



So isses. Nicht schön aber wahr.
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wenkonaut schrieb:

Meine Fundamentalkritik am aktuellen Bankensystem ist, dass sich fast alle Kreditiinstitute von der Realwirtschaft abgekoppelt haben und mehr oder weniger ihr eigenes Ding machen. Viele geben ja offen zu, dass sie Retail und Mittelstandsgeschäft lästig bis popelig finden. Das ganz große Rad soll gedreht werden. Fein, kein Problem, dies ist ein freies Land. Go for it. Aber bitte heul nicht rum und ruf nach Mama (äh, dem Staat), wenn es schief gegangen ist.


Da sprichst du etwas wahres an. Im Investmentbanking-Bereich kann man viel zu viel verdienen. Es wird Geld gescheffelt für Werte, die gar nicht real vorhanden sind. Das macht die Leute gierig und auch unvorsichtig. Durch die hohen Summen und die weltweite Vernetzung besteht aber das Problem, dass Banken "systemrelevant" werden und damit eine solche Macht bekommen, dass der Staat gar nicht anders kann als zu helfen, da sonst noch viel mehr den Bach runter geht. Diese Abhängigkeit von einigen "global players" muss unbedingt durchbrochen werten. Die Staaten hächeln nur noch Finanzinstituten und Rating-Agenturen hinterher.

wenkonaut schrieb:

Die EU hätte einschreiten müssen? Jaein. Sie hätte die Kritiker der Euro-Einführung ernst nehmen sollen. Natürlich ist man hinterher immer schlauer.


Die Euro-Einführung war eine politische Entscheidung und keine wirtschaftlich vernünftige. Jeder Fachmann sagt, dass ein gemeinsamer Währungsraum auch eine ähnliche Wirtschaftskraft und eine gemeinsame Finanzpolitik voraussetzt. Dies hat man über die Kovergenzkriterien versucht, diese sind allerdings viel zu weich und durch Ausnahmeregelungen noch und nöcher völlig durchlöchert worden.

Nichtsdestotrotz hat Deutschland natürlich sehr vom Euro profitiert. Das kann man nicht in Abrede stellen.

Der Preis dafür war, dass man bei vielen Ländern nicht richtig hingeschaut hat. Griechenland hat sich gar nicht in den Euro "geschummelt", die Probleme des Landes waren allen bekannt. Es war eine politische Entscheidung, Griechenland aufzunehmen. Ich habe neulich in einem Bericht gelesen, dass zu Zeiten von Finanzminister Eichel ein griechischer Politiker in einem internen Bericht sogar davor warnte, die Zahlen all zu ernst zu nehmen. Da aber Deutschland und Frankreich gerade selbst damit anfingen, die 3%-Verschuldungshürde zu brechen, wollten sie wegen Griechenland keinen Alarm schlagen um selbst nicht in Erklärungsnöte zu kommen.

So läuft es in der Politik, mit Vernunft hat das nur selten zu tun. Deshalb sollte man jetzt nicht auf die Griechen (schon gar nicht auf die Masse der Bevölkerung) schimpfen. Griechenland (besser die griechischen Politiker) haben über ihre Verhältnisse gelebt, keine Frage. Es kann mir aber niemand erzählen, dass die Massen von EU-Beamten nicht geschönte Zahlen von echten unterscheiden konnten. Solange es lief, hat es schlicht niemand interessiert. Somit sind wir auch mit Schuld an der derzeitigen Lage.
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Ich muss noch mal hartnäckig nach Island fragen.  
Haben die sich auch den Beitritt zur Währungsunion durch falsche Zahlen erschlichen? Oder ist es vielleicht doch systemimmanent, will sagen, liegt in der Natur des Kapitalismus und ihrer besonders gierigen Vertreter, dass der eine oder andere hinten runterfällt (Staatspleiten zugunsten des eigenen Profits in Kauf genommen werden)?
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concordia-eagle schrieb:
reggaetyp schrieb:


Mich würden eure Antworten mehr interesserien, ob es stimmt, dass gewissenlose Spekulanten auf Kosten von bankrotter Staaten und insoventer Gesellschaften ihre Schäfchen ins Trockene bringen. Und wie man gegen diese skrupellosen Finanzgangster vorgehen kann.



Ich denke, dass ist etwas verkürzt.

Vorab, es kann keinen Zweifel daran geben, dass sich Einige auf Kosten Griechenlands die Tasche gefüllt haben aber es ist nun mal so, dass Menschen für ein waghalsigeres Projekt höhere Renditen wünschen.

Ich gehe mal davon aus, dass auch Du bei identischer Rendite (in dem Fall Zinsen) in die Anleihe investieren würdest, die eine (nahezu) 100% Rückzahlung garantiert und nicht in die Anleihe, bei der Du nicht weißt, ob das Unternehmen (in dem Fall der Staat) nach Ablauf eine Rückzahlung leisten kann.

Die steigenden Zinsen für griechische Staatsanleihen sind demzufolge zwingend.

last but not least hat das Spekulieren auf immer höhere Zinsen den Staatsbankrott Griechenlands zwar beschleunigt aber auch ohne diese Spekulation wäre in einem spätestens 2 Jahren die gleiche Situation eingetreten.

Die Frage muss daher lauten: kann Europa überhaupt so weitermachen. Alle Staaten (ja, auch wir) weisen mittlerweile eine Schuldenquote auf, von der wir alle wissen, dass sie nie mehr getilgt werden kann. Aus meiner Sicht unabdingbare Folgen werden Inflation und/oder Währungsumstellung sein.

Erfreulich sind die Zukunftsaussichten nicht, wenn man aber immer(!) mehr ausgibt, als man einnimmt, kommt es halt so.

Vielen Dank CE für diese Klarstellung zum Thema "Spekulation". Erst heute morgen auf HR-Info hat Frau Nahles die Spekulation als "Wurzel und Ursache des Übels" bezeichnet. Erfolgreiche Spekulation (von lat. speculari spähen, beobachten) ist ja eigentlich eine sich im Nachhinein bestätigende Vermutung. Ob man damit Geld verdienen kann oder soll ist eine philosphische Frage. Aber Spekulation als Ursache (im eigentlichen Sinne des Wortes!) für Staatsdefizite auszumachen ist abenteuerlich und politisch motivert. Ursache ist der letzte Satz von CE's Beitrag. Es bräuchte einen politischen HB, denn wir Eintrachtler kennen das ja auch schmerzlich  

Interessant an den heutigen Aussagen von Frau Nahles war ihre Wahrnehmung, dass speziell in diesem Fall (aber auch schon bei der ersten Finanzkrise) die Politik "getrieben" wird und nicht als Gestalter auftritt. Da ist was dran und ich halte das grundsätzlich für schlecht.

Worüber in diesem Zusammenhang noch nicht gesprochen wurde ist der "Wachstums-Wahnsinn", den wir alle leben und der auch politisch propagiert wird. Mir scheint, dass hier auch ein Grundübel liegt. Bei allen Planungen, Neuverschuldungen, etc. gehen wir immer davon aus, dass über Wachstum und Produktivitätszuwächse eine Art Ausgleich erfolgt. Schön, wenn es aufgeht. Aber kann das immer aufgehen oder braucht man hin und wieder einen "reset"?
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reggaetyp schrieb:
Ich muss noch mal hartnäckig nach Island fragen.  
Haben die sich auch den Beitritt zur Währungsunion durch falsche Zahlen erschlichen? Oder ist es vielleicht doch systemimmanent, will sagen, liegt in der Natur des Kapitalismus und ihrer besonders gierigen Vertreter, dass der eine oder andere hinten runterfällt (Staatspleiten zugunsten des eigenen Profits in Kauf genommen werden)?

Es hat sich niemand den Beitritt erschlichen, es ging denen nur dadrum möglichst viele Euro-Mitgliedsländer zu haben. Ob da bei Ländern der Pleitegeier greiste war denen erstmal egal. Jetzt haben wir den Salat, denn ein Land nach dem anderen wird jetzt kippen, da man sich nie die Mühe machte den Ländern rechtzeitig zu helfen oder sie unter Druck zu setzen das rechtzeitig Maßnahmen eingeleitet werden. Bei der Einführung des Euro hätte man nach dem Motto "Weniger ist mehr" handeln sollen und nicht nach dem Motto "Masse statt Klasse".
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concordia-eagle schrieb:
HeinzGründel schrieb:


Wir leben von der Substanz. Wer soll das bezahlen?  Er hat weiter dargelegt das wir in zehn Jahren 30 Prozent weniger Erwerbstätige Menschen im Land haben. Ich kann die Generation nach mir nur bedauern.



So isses. Nicht schön aber wahr.


Dito. Ich als junger Mensch stelle mich geistig schonmal darauf ein. Es wird einen Reset des Systems geben müssen. Ich glaube es ist nur mit einem großen Knall möglich, den allgemeinen Wohlstand auf ein Niveau zu fahren, dass wir uns auch leisten können. Mit Reformen und Reförmchen dies peu a peu wird das nichts, da die Leute dazu einfach nicht bereit sind und dann bei der nächsten Wahl eben "die anderen" wählen. Oder woher hat die FDP ihre 15% bekommen?

Da das Ansehen der Politiker und wirtschaftlicher Führungselite ohnehin am Boden ist, wird das Volk nicht dazu bereit sein zu verzichten, während man ohnmächtig den Großkopferten gegenübersteht, die sich vermeintlich oder wirklich weiterhin die Taschen voll machen. Die Stimmung ist vergiftet und wird sich vermutlich auch mit ernstgemeinten Maßnahmen nicht mehr beruhigen lassen.

Kein Staat kann es sich über Jahrzehnte leisten, dass die Hälfte des Etats dafür drauf geht, diejenigen zu unterstützen, die nicht an der Generierung von Einnahmen mitwirken. Zumindest dann nicht, wenn man nebenbei auch noch nach einer modernen Armee, guten Straßen, einer top Bildung etc. verlangt und vor dem Hintergrund, dass immer mehr Rentner den Anteil für Soziales in die Höhe schrauben und immer wenier Arbeitnehmer die Einnahmen verschlechtern werden. Das ist keine Kritik an Hartz4-Beziehern oder Rentner, die zum Großteil sicherlich jeden Monat sehr knapp sind.

Aber es ist nunmal die Wahrheit. Wir leben über unsere Verhältnisse und setzen im Moment nur unsere Wirtschaftskraft dagegen. Wer jetzt in welcher Form daran beteiligt wird, das Niveau wieder auf finanzierbare Verhältnisse zu drücken, darüber kann man streiten ohne Ende und es wird vermutlich kein Konsens gefunden werden können.

Was genau passieren wird - keine Ahnung. Ein Staat hat ja den Vorteil, dass er bei einer Pleite noch seine reale Substanz behält. Wenn ich mich beim Hauskauf übernehme, ist das Haus weg. Der Staat hat aber danach noch seine Straßen, seine arbeitsfähigen Menschen, seine Wirtschaftskraft. Die Frage ist, wer denn dann verlieren wird. Die "Großen" werden sich drauf eingestellt haben. Vermutlich, wenn ich es richtig verstehe, wird es diejenigen treffen, deren Vermögen hauptsächlich aus Bargeld (inkl. Rentenversicherungen, Bausparverträgen, etc.) besteht. Also die kleinen und mittleren Einkommen.
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reggaetyp schrieb:
Ich muss noch mal hartnäckig nach Island fragen.  
Haben die sich auch den Beitritt zur Währungsunion durch falsche Zahlen erschlichen? Oder ist es vielleicht doch systemimmanent, will sagen, liegt in der Natur des Kapitalismus und ihrer besonders gierigen Vertreter, dass der eine oder andere hinten runterfällt (Staatspleiten zugunsten des eigenen Profits in Kauf genommen werden)?


Island ist doch gar nicht Euroland. Die würden jetzt gerne, nach dem sie an die Wand gefahren sind.

Den Rest hat ja propain schon beantwortet.
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reggaetyp schrieb:
Ich muss noch mal hartnäckig nach Island fragen.  
Haben die sich auch den Beitritt zur Währungsunion durch falsche Zahlen erschlichen? Oder ist es vielleicht doch systemimmanent, will sagen, liegt in der Natur des Kapitalismus und ihrer besonders gierigen Vertreter, dass der eine oder andere hinten runterfällt (Staatspleiten zugunsten des eigenen Profits in Kauf genommen werden)?

Island ist NICHT in der Währungsunion, die Landeswährung ist die "Isländische Krone".

Der Zusammenbruch Islands ist überhaupt nicht mit Griechenland zu vergleichen. Isländische Banken haben sich in der Subprime-Krise vollkommen verspekuliert und mussten vom Staat gerettet (=verstaatlicht) werden. Da Island eine kleine Volkswirtschaft ist, wurde der Staat (bzw. dessen Finanzen) extrem strapaziert. Meines Wissens wurden alle oder fast alle Banken verstaatlicht, um überhaupt noch ein Bankensystem zu erhalten. Damit wurde der Bankrott des Finanzsystems gegen den (drohenden) Staatsbankrott "getauscht".
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wenkonaut schrieb:

Worüber in diesem Zusammenhang noch nicht gesprochen wurde ist der "Wachstums-Wahnsinn", den wir alle leben und der auch politisch propagiert wird. Mir scheint, dass hier auch ein Grundübel liegt. Bei allen Planungen, Neuverschuldungen, etc. gehen wir immer davon aus, dass über Wachstum und Produktivitätszuwächse eine Art Ausgleich erfolgt. Schön, wenn es aufgeht. Aber kann das immer aufgehen oder braucht man hin und wieder einen "reset"?


Das ist auch so eine Sache, die ich nicht verstehe. Woher soll eigentlich das ganze Wachstum kommen? Nach dem Krieg, klar, war alles kaputt, man hat bei Null angefangen. Da wurde gewachsen ohne Ende. Ende der 60er war der Bauch dann voll und alles wieder aufgebaut - und los ging es mit der Verschuldung - Wachstum auf Pump. Bis heute. Mittlerweile macht man Schulden, ohne Wachstum zu generieren. Der Status Quo wird krampfhaft versucht zu halten. Bis es knallt.

Irgendwann muss eben der Punkt erreicht sein, wo nichts mehr geht. Wo die Produktivität nicht mehr gesteigert werden kann. Wo ein Wachstum erst wieder nach einem Abschwung erfolgen kann.

Und noch eine Frage? Was bedeutet Wachstum? Die Wirtschaft wächst, generiert also mehr Einnahmen. Für sich. Für den Staat. Wo kommen die her? Irgendjemand muss doch Geld verlieren, wenn wir wachsen. Wenn wir mehr exportieren, muss das mehr an Geld doch irgendwo herkommen. Das geht wahrscheinlich über x Ecken. Aber: Ist unser Wohlstand damit erkauft, dass es anderen schlechter geht?
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wenkonaut schrieb:

Island ist NICHT in der Währungsunion, die Landeswährung ist die "Isländische Krone".


Das hatte ich verdrängt, war doof.
Mich interessierte nur, wie ein skandinavisches, doch von Haus aus vermögendes Land Bankrott gehen konnte. Jetzt weiß ich es, danke.
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concordia-eagle schrieb:
HeinzGründel schrieb:


Wir leben von der Substanz. Wer soll das bezahlen?  Er hat weiter dargelegt das wir in zehn Jahren 30 Prozent weniger Erwerbstätige Menschen im Land haben. Ich kann die Generation nach mir nur bedauern.



So isses. Nicht schön aber wahr.


Soweit richtig. Leider. Wir werden den Salat haben.

Die Zahl mit den 30 % stelle ich aber ernsthaft in Frage, wüsste gerne woher er die hat. Die Zahl der im erwerbsfähigen Alter befindlichen wird bis 2020 stabil bleiben. Durch die Verlagerung des Renteneintrittsalters sogar vllt. leicht steigen. Und dabei sind schon Todesfälle, Abwanderungen etc. eingerechnet.

30 % weniger Erwerbstätige hieße ein Herabsinken von 12 Mio auf etwa 27-28 Mio Erwerbstätige. In den nächsten 10 Jahren gehen maximal 10 Mio Menschen in Rente. Und von denen sind nur etwa 70 - 80 % überhaupt erwerbstätig. Und dann kommen ja noch knapp 10 Mio Menschen aus der Schule ins Arbeitsleben.
Kurzum: Um die 30 % weniger Erwerbstätigen hinzukriegen, müssten wir also einen Anstieg auf 15 Mio Arbeitslose haben. Denn rein aus demografischen Gründen ist es kaum möglich.

Das nur so als statistischer Eindruck. Zurück zum Thema.
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seventh_son schrieb:
(...) Aber: Ist unser Wohlstand damit erkauft, dass es anderen schlechter geht?

Das ist genau das, was Griechenland und einige andere Staaten Deutschland vorwerfen. Und in der Tat ist es ja so, dass wir über die EU als größter Nettozahler einen moralischen Ausgleich schaffen. Zumindest verstehe ich unsere Politiker so.

Grundsätzlich ist das Thema "Wirtschaftswachstum" komplex, hochwissenschaftlich und recht umstritten. Da gibt es zu jeder Position einige Modelle und Theorien, das ist ein eigener Fred... Mit meinen VWL-Nebenfach-Kenntnissen komme ich da nicht allzuweit Ich wollte es nur anmerken, da hier ja auch ein Grund für die Misere liegen könnte. Aber deine Fragen sind auch meine.
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reggaetyp schrieb:


Mich interessierte nur, wie ein skandinavisches, doch von Haus aus vermögendes Land Bankrott gehen konnte. Jetzt weiß ich es, danke.


Mal ganz pedantisch:
Island gehört nicht nur nicht zur Oiro-Zone, sondern ebenso nicht zu Skandinavien  ,-)
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Stimmt das was ich im Radio gehört habe? Einer der verbrannten war eine schwangere Frau??



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