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juergenpahl

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- Fortsetzung -

Da wir nun schon einmal wegen dem Prince im Wedding unterwegs sind, biegen wir logischerweise auch noch mal in die Prinzenallee ein. Auch hier wieder  zahlreiche Grill-Imbisse. Dazwischen  Wettbüros. Besonders beliebt scheint die Kombination aus Sportwetten-Bar und Shisha-Bar zu sein. Zudem gibt es vereinzelt noch  bulgarische Supermärkte und algerische Fleischereien, wo man Delikatessen wie Lammköpfe, Hammelhoden oder ganze Schafhälften erwerben kann. An vielen Ecken riecht es hier schon morgens um diese Uhrzeit, also so kurz nach 10, nach Gras. Viel öfter riecht es jedoch nach Hundekacke. Überall stehen geschäftige junge Männer auf der Straße und telefonieren angeregt mit ihrem Mobiltelefon. Man hört alle möglichen Sprachen, Deutsch ist eher  selten darunter. Wenn sich bekannte junge Männer auf der Straße begegnen, begrüßen sie sich mit aufwendigen Abklatsch-Ritualen. Baseball-Caps, Eastpack-Bauchtasche und sportliche Hosen sind bei den männlichen Leuten beliebt. Frauen tragen vermehrt  Kopftuch. Zwischen all den Spielhallen und Spätkäufen  trifft man dann tatsächlich auch noch auf das „Café Prince“, welches man natürlich sofort als sicheren Hinweis auf unseren Prince  deutet. Und immer wieder donnern die startenden Maschinen von TXL  über die Köpfe. Man geht die Prinz(c)enallee also einmal in nördlicher Richtung rauf bis zur Stephanuskirche und kehrt dann auf der anderen Straßenseite in südlicher Richtung zurück und lässt die Eindrücke auf sich wirken.

Vor einem Friseur-Laden, der  Coiffeur Ziya heißt, bleibt man stehen. Man beobachtet zunächst von außen, was dort so vor sich geht. Vor allem sind es angeregte Unterhaltungen unter Männern, die da drinnen und auch vor dem Laden vor sich gehen. Man versteht zwar kein Wort aber ist trotzdem fasziniert von der Intensität, in der sich die Leute unterhalten. Einige  scheinen es hinzubekommen, gleichzeitig mit Leuten in dem Laden zu reden und nebenbei noch zu telefonieren. Vor dem Laden sitzen ein paar ältere Männer und kauen auf Sonnenblumenkernen.  Und während man dieses angeregte Setting beobachtet studiert man das Angebot, welches in unterschiedlichen Sprachen an der Wand vor dem Laden angebracht ist. Haarschnitt 8 €, Rasur 5€, Modellrasur 7€, Rasur und Gesichtspflege 15€. Ein sehr verlockendes Angebot, vor allem, wenn  man sich gerade etwas  stoppelig im Gesicht anfühlt. Und doch zögert man, den Laden zu betreten. Man überlegt kurz, ob die Leute drinnen das in Ordnung fänden, wenn man da einfach rein kommt und sie auf Deutsch anquatscht, da man der Sprachen nicht mächtig ist, die dort gerade gesprochen werden. Man wäre jedenfalls der einzige, ohne Migrationshintergrund in dem Laden.  Man zögert kurz und sagt sich dann aber: „Warum eigentlich nicht? Prince würde sich schließlich auch in den Laden trauen.“  Ein bisschen Nervenkitzel ist schon  dabei. Man betritt den Friseurladen also und fragt fast etwas schüchtern, ob die Leute  Zeit für eine Rasur mit Gesichtspflege haben. Die sehr freundliche Begrüßung lässt die Unsicherheit schwinden  und man bekommt den einzigen freien Platz zugewiesen. Wie selbstverständlich bekommt man einen türkischen Tee hingestellt. Dieser Brauch ist einem noch   vom letzten Wedding-Ausflug im November in Erinnerung. Dieser türkische Schwarztee scheint so eine Art Lebenselixier des Weddings zu sein. Überall, wo die Leute einen willkommen heißen und wo sie es gut mit einem meinen, bekommt man diesen Tee hingestellt. Ein schöner Brauch.

Und dann muss man in Mitten dieses Stimmengewirrs aus Sprachen die man nicht kennt und einer akustischen Beschallung aus den Boxen mit türkischer Musik erst einmal warten. Man kommt sich vor wie in einer anderen, aufregenden Welt. Und  dann schweifen die Gedanken während des Wartens doch wieder zu unserem Prince aus dem Wedding.

Wenn man sich mit Kevin-Prince Boateng ein bisschen näher befasst, dann fällt eines sehr schnell auf: Alle Menschen, die ihn persönlich gut kennen, zeichnen in ihren Erzählungen ein Bild von ihm, dass so gar nicht mit diesem rüpelhaften Ghetto-Treter-Image zusammenpasst, welches  vor allem die deutschen   Medien ihm verpasst haben. Sei  es sein ehemaliger Grundschullehrer, seine Jugendtrainer oder auch spätere Bezugspersonen, Mannschaftskollegen und Trainer; Jürgen Klopp sei hier mal stellvertretend aufgeführt. Und nicht zuletzt unser Cheftrainer Niko Kovac.  Klopp sagte z.B. über Prince während seiner Dortmunder Zeit Sachen wie diese: „Ich finde es lächerlich und es nervt mich, wenn Kevin unterstellt wird, dass er absichtlich Foul spielt. Der Junge will Zweikämpfe gewinnen, mehr nicht.“ Zudem wehrte sich  Klopp schon damals vehement gegen das Image, welches die Medien Prince anhängen wollten: „Wir alle wissen, dass er derzeit kein besonders gutes Image hat. Doch das reicht offenbar aus, um ihn aufgrund seiner aggressiven Spielweise zum Treter abzustempeln (…) Er ist sicherlich ab und zu übermotiviert, aber deswegen ist er noch lange kein schlechter Mensch.“  Alle, die näher mit Kevin-Prince zu tun hatten beschreiben ihn als freundlichen, angenehmen und sehr umgänglichen Menschen. Da hört man nix von einem  schwierigen Egomanen, der sich nicht unterordnen kann und eine Bedrohung für das Binnenklima einer Mannschaft sein soll. Sein Grundschullehrer, zu dem Prince übrigens immer noch Kontakt hält, beschreibt ihn als „höflich, zuvorkommend, respektvoll und hilfsbereit“ und er soll stets „gute Laune ausgestrahlt“ haben.  Zudem war er demnach  nie in Schlägereien verwickelt und es gab von ihm „kein Macho-Gehabe, keine Gangsterposen, keine Ghettosprüche“. Auch sein ehemaliger Jugendtrainer Frank Friedrichs, zudem Prince ebenfalls bis heute Kontakt hält, beschreibt ihn als „zuverlässig und pünktlich“ ebenso  sei er schon früh „ein helles Köpfchen“ und dazu auch sonst sehr liebenswert gewesen. Prince kam immerhin bereits mit 9 Jahren selbstständig   mit der U-Bahn alleine zum Training und zu den Spielen. Er musste schon viel früher alles für sich selber organisieren, zu Zeiten, wo Mannschaftskollegen noch von ihren Eltern mit dem Auto zum Training gebracht und wieder abgeholt wurden und am Wochenende zu den Spielen begleitet wurden.

Aber natürlich verlief auch die Entwicklung von Prince nicht immer stromlinienförmig. Schwierigkeiten sollen sich ergeben haben, als Prince  in der Pubertät altersbedingt einige männliche Bezugspersonen, wie sein Grundschullehrer oder sein langjähriger Jugendtrainer Frank Friedrichs wegfielen. Auch sein Bruder George sagt über diese Zeit, dass er Prince damals das ein oder andere Mal ins Gewissen reden musste, dass dieser sein Talent nicht weg schmeißen soll, wie er (George) es selber zuvor gemacht hatte. Der starke Wille von Prince führte aber dazu, dass er auch diese Zeit überstand und weiter an seiner Fußball-Laufbahn arbeitet.

Und ein trauriger Fakt, der  sich von der Jugend an  durch seine Fußball-Karriere  zieht, ist die Tatsache, dass er auf dem Fußballplatz rassistisch beschimpft wird. Nicht nur von Gegenspielern sondern auch von deren Eltern. Es fällt ihm nicht immer leicht, dass alles hin zu nehmen und sich nicht provozieren zu lassen. Vor allem hat er am Spielfeldrand, beispielsweis  auf den Sportplätzen in Weißensee, Marzahn oder Hellersdorf keinen Vater, der ihm zuschaut und ihn auch mal beruhigen kann. Prince sagte damals: „Im Osten ist es manchmal schon krass.“ Er hat niemand, der ihn in solchen Momenten die Wut nimmt, beruhigend auf ihn einwirkt und ihn tröstet.  Und vor allem hat er noch nicht die Lobby und die Aufmerksamkeit wie er sie am 3. Januar 2013 in Busto Arsizio hatte, als er nach wiederholten rassistischen Anfeindungen den Ball in Richtung Tribüne ballerte und die Milan-Mannschaft mit ihm geschlossen das Spielfeld verließ. Nein, Prince  spielt zu dieser Zeit noch in der Jugendmannschaft von Hertha und muss das alles irgendwie über sich ergehen lassen, ohne selber durchzudrehen.

Und er spielt  mit hochbegabten Fußballern zusammen, die sein Bruder Jérôme einmal als „die Verrückten“ bezeichnet hat. Spieler wie Ashkan Dejagah, Sejad Salhiovic oder  Patrick Ebert. Allesamt hochveranlagte Kicker aber allesamt auch keine stromlinienförmigen Nachwuchstalente vom Schlage eines  Fipsi  Lahms. Durchaus herausfordernde Charaktere. Es gibt die Legende, dass sie damals eine Oberliga-Mannschaft (also 1. Herren) in einer Soccer-Hall herausforderten. Diese Oberliga-Mannschaft soll voller Siegesgewissheit gegen die jungen Hüpfer eingewilligt haben – es wurde wohl um die Platzmiete gespielt – jedenfalls  wurde anschließend die gestandene Oberliga-Mannschaft von Prince  und seinen „Verrückten“ nach Strich und Faden auseinandergenommen und deutlich besiegt. Und  auch in dieser Truppe  war Prince  natürlich der herausragende Spieler. Er durchläuft daher   folgerichtig alle Jugendnationalmannschaften des DFB. Insgesamt trägt er in den Nachwuchsmannschaften 41 mal das Trikot von Deutschland. Und er macht Erfahrungen, die viele deutsche Nachwuchsnationalspieler mit Migrationshintergrund zu dieser Zeit machen. Sie werden missverstanden und nicht vollumfänglich akzeptiert.  Eine Anekdote, die ebenfalls von Michael Horeni stammt: Vor einem U15 Länderspiel  Deutschland gegen  Österreich fragt ein  Reporter Prince, was er fühlt vor dem Spiel. Prince  antwortet: „Stolz, aber ein bisschen bin ich ja auch Ghanaer.“  Der Reporter findet, dass er sich nicht sicher ist ob er Deutscher ist.  Der Trainer von Prince entgegnet aber, man müsse sich nicht wundern über diese Zweifel. Der Reporter fragt „Warum?“ und der Trainer antwortet:  „Weil er auf dem Platz als Neger beschimpft wird und Sachen wie ‚Geh dahin wo du her kommst‘ hört“.

 
Im Endspiel um die Deutsche Meisterschaft der B-Jugend im Jahre 2003 treffen die verrückten Hertha-Jungs um Prince, Ebert und Dejagah auf die B-Jugend des VFB Stuttgart, der  u.a. mit Sami Khedira  und Andreas Beck antritt. Hertha fertigt Stuttgart mit 4:1 ab, überragender Spieler auf dem Platz ist Kevin-Prince Boateng.  Und wieder bewundert Jérôme seinen großen Bruder.  Es ist zur damaligen Zeit der Traum von Kevin-Prince  und Jérôme Boateng, einmal gemeinsam in der deutschen Nationalmannschaft zu spielen. Niemand ahnt damals, dass Prince der einzige Spieler sein wird, der zweimal die  Fritz-Walter-Medaille des DFB erhält und doch niemals deutscher A-Nationalspieler werden wird. 2005 erhält Prince  diese  Fritz-Walter-Medaille bei der U18 in Bronze und ein Jahr später bei der U19 die gleiche Ehrung in Gold. Zudem wird sein Treffer im U19-Länderspiel gegen Griechenland zum Tor des Monats im Juli 2005 gewählt.


Somit steht  Prince  natürlich  2009 in der Vorbereitung auf die EM im Aufgebot der Deutschen U21, die in Schweden einige Wochen später den Titel gewinnen sollte. Jene U21, die mit ihren Spielern Manuel Neuer, Jérôme Boateng, Benedikt Höwedes, Mats Hummels, Sami Khedira und Mesut Özil Jahre später das Grundgerüst der Weltmeistermannschaft von 2014 bilden wird. Außerdem  standen damals 2009 neben Prince  auch noch die talentierten Wedding-Kicker Ashkan Djagah,  Änis Ben-Hatira und Chinedu Ede im DFB-Aufgebot. Kurz vor dem Turnier kommt es im Trainingslager zu einem Zwischenfall, in dessen Folge Prince  aus der Mannschaft fliegt. Was wirklich passierte, ist unklar. Einige Spieler sollen sich aus dem Trainingslager entfernt haben und in einer Kneipe getrunken haben. Es kommt offenbar zu einem Streit mit anderen Gästen, Prince – der im Wedding gelernt hat, mit heiklen Situationen umzugehen - vermittelt im Streit und bestellt Taxis, mit denen er seine Mannschaftskollegen  ins Trainingscamp zurück schickt. Dann steht aber kein Taxi mehr zur Verfügung, mit dem er selber zurückfahren kann. Er muss ewig  auf ein freies Taxi warten und kommt somit  über eine Stunde nach seinen Mannschaftskollegen zurück ins Team-Hotel. Nachdem Horst Hrubesch, der Prince eigentlich wertschätzt,  am nächsten Tag den Rauswurf vor der Presse verkündet sagt er: „Ich habe bei vielen Sachen im Leben immer ein lachendes und ein weinendes Auge. Aber bei dieser Sache habe ich nur zwei weinende Augen.“  Bis heute halten sich Gerüchte, dass einige Mitspieler den Trainer zu dem Rauswurf gedrängt haben sollen, da sie in Prince  einen Konkurrenten sahen, an dem sie nicht vorbei kamen. Es ist das Ende, einer von zahlreichen Missverständnissen geprägten  Beziehung zwischen dem  DFB und Kevin-Prince Boateng. Der DFB hatte die Tür für einen der talentiertesten Spieler seines Jahrgangs für immer zugeschlagen und für Prince  platzte endgültig der Traum, gemeinsam mit seinem Bruder für Deutschland spielen zu dürfen.


Kurze Zeit später erklärte er, dass er künftig für das Land seines Vaters, Ghana, antreten werde. Die Medien nahmen dies zum Anlass, um ihre Geschichte vom „guten“ und vom „bösen“   Boateng  weiter zu spinnen. Auf der einen Seite der fleißige, disziplinierte und ruhige Jérôme, der für Deutschland spielt und auf der anderen Seite, der Treter, der Durchgeknallte aus dem Wedding, der künftig für Ghana auflaufen wird. Befeuert wurde das Ganze von Aussagen, verschiedener Fußballfunktionäre, die sich nicht zu schade waren, vernichtende Urteile zu fällen. Ein Matthias Sammer lässt sich – ohne dass er Prince  persönlich kennt(!) – zu folgender Aussage hinreißen: „Die wesentliche Aussage bei der Leistungsvoraussetzung ist die Persönlichkeit. Ich sehe Jérôme als leistungsorientierten, konzentrierten, disziplinierten Spieler. Er erfüllt die Leistungsvoraussetzungen. Sein Bruder eben nicht. Gerade beim wesentlichen Punkt Persönlichkeit, da kann seine Entwicklung nicht mit der von Jérôme mithalten.“ Bam! Dieses Zitat muss Prince  wie ein Faustschlag getroffen haben. Und zusätzlich das Gefühl befeuert haben, der DFB wolle einen Keil zwischen ihn und seinen Bruder, der sich immer an ihm orientiert hatte, treiben.  Und auch andere viel gefragte, aber wenig intelligente  Fußballprominenz fühlt sich bemüßigt, ein Mainstream-Bild von Prince zu zeichnen, was ihm nicht gerecht wird. Alle waren sich einig, dass dieser Prince  „absichtlich foulte“ (Olaf Thon),  „der Fiesling der Bundesliga“ sei (Lothar Matthäus), oder dass  „dieser Fußballer nicht sozialisierbar“ (Marcel Reif) sei. Und Beckenbauer äußerte: „Ich weiß nicht was in dem Kopf eines solchen Spielers vor sich geht.“  Wieder ist es Jürgen Klopp – einer der wenigen, der Prince persönlich kennt – der sich gegen die Kampagne stellt und  für Prince in den Ring steigt: „Kevin-Prince wird zwar nie ein Mönch, aber er ist vernünftig und hat das Recht vernünftig behandelt zu werden. Nur weil er zwei Stunden länger als Kind auf der Straße verbracht hat, ist er jetzt nicht schlimmer als seine Kritiker.“ Aber diese Worte von Klopp verhallen ungehört. Fußball-Deutschland ist sich einig, das Bild vom „RAMBOateng“ (Bild-Zeitung) ist längst in Stein gemeißelt.


Aus diesen Gedanken zur Vergangenheit von Prince  wird man im Wedding schlagartig  gerissen, da einer der Mitarbeiter des Coiffeur Ziya in der Princenallee  signalisiert, nun bereit für die Rasur zu sein. Er klopft einem auf die Schulter und fragt: „Na mein Freund, vertraust du mir?“ während er im nächsten Moment eine lange  Klinge auf den Tisch legt und lächelt. Man fragt sich noch kurz gegenseitig, wie man heißt und schon legt Mustafa, der Barbier von der Princenallee los. Es wäre sicher ein leichtes, mit Mustafa in ein Gespräch über Fußball zu kommen. Eine aufgehängte grün-gelbe Fahne von Şanlıurfaspor, einem türkischen Fußballverein aus der 3. Liga, bezeugt zumindest ein gemeinsames Interesse. Aber da man heute nicht wieder, wie auf dem letzten Wedding-Trip,  als "Groupie" bezeichnet werden will, vermeidet man ein Gespräch über Fußball und erst recht über Kevin-Prince Boateng. Mit einem angenehm weichen Pinsel trägt Mustafa einen sehr feinporigen Schaum auf das Gesicht und den Hals auf. Und dann geht es wieder los mit dem Nervenkitzel. Mustafa übergießt seine Rasierklinge mit einer Flüssigkeit und fackelt mit einem großen Feuerzeug an ihr entlang. Man fragt sich, warum er das macht, traut sich aber nicht zu fragen  - jetzt besser kein falsches Wort -  erklärt es sich selbst kurzerhand mit einer Desinfektion der Klinge. Und dann geht es los. Routiniert setzt Mustafa die Klinge an, er beginnt unter der Nase, vermutlich so als Warm-Up.  Die geschickten Bewegungen lassen einen dann doch Vertrauen schöpfen. Heikel wird es aber wieder, als Mustafa sich den Hals vornimmt. Als man im wahrsten Sinne des Wortes die große Klinge an der Kehle spürt. Nun schießen einem dann doch Gedanken durch den Kopf wie: „Jetzt bloß die Fresse halten“ oder „Hoffentlich findet Mustafa einen  einigermaßen ok“.  Und trotz all dem Nervenkitzel fühlt es sich   angenehm an, was er  da mit der scharfen Klinge macht. Nachdem man nun diesen Nervenkitzel tatsächlich wohlbehalten überstanden hat, und Mustafa alle Barthaare gekonnt entfernt hat, legt er einem ein warmes, nasses Tuch auf das  Gesicht, welches angenehm nach Minze oder irgend so was ähnlichem riecht. In jedem Falle sehr wohltuend. In der Zwischenzeit verknotet Mustafa mit seinen Zähnen und seinen Fingern in einer aufwendigen Prozedur einen sehr langen, dünnen Faden. Und während man sich noch fragt, was Mustafa nun vor hat, beginnt er auch schon, mit dem zwischen den Händen verwickelten Faden, Haare aus dem Gesicht zu entfernen, an Stellen, von denen man bislang gar nicht wusste, dass dort Haare wachsen. Das leichte Ziepen im Gesicht ist aber ein unweigerlicher Beweis, dass es dort sowas wie Haare geben muss. Und dann folgt auch schon der nächste Nervenkitzel. Nachdem Mustafa den Faden aus den Fingern entknotet hat, taucht er ein überdimensionales Wattestäbchen in eine Flüssigkeit und zündet es  mit einem Feuerzeug an.  Kurzzeitig überlegt  man, ob Mustafa einem nun doch übel mitspielen will, denn er macht sich daran, dieses brennende Wattestäbchen mit schnellen Bewegungen am Ohr entlang zu führen. Widererwartend verspürt man aber keinen Schmerz und Mustafa erklärt, dass durch diesen Vorgang alle Haare auf  und im Ohr entfernt werden.  Nun spült er einem noch routiniert das Gesicht mit lauwarmem Wasser ab und dann ist die Rasur mit Gesichtspflege auch schon beendet. Man bedankt sich herzlich, zahlt mit ordentlichem Trinkgeld und als man zurück auf die Pricenallee tritt, fühlt man sich wie neu geboren. Selten fühlte man sich sauberer und gepflegter im Gesicht. Und man fragt sich in diesem Moment, warum die ganzen gestressten Berliner dauernd in irgendwelche Wellnesstempel im Spreewald, am Scharmützelsee oder in der Ruppiner Seenplatte fahren, wenn sie doch die beste Wellness  direkt vor der Haustür haben.


Bislang ist  dieser Tag im Wedding jedenfalls wiedererwartend ein  Urlaubstag wie er im Buche steht: Gutes Wetter, entspanntes Verweilen im Grünen an einem wilden Gewässer, Abenteuer, ein bisschen Nervenkitzel und dazu auch noch Wellness-Behandlung vom feinsten. Kurzzeitig überlegt man gar, ob es sich lohnen würde, auf professioneller Ebene Wellness-Trips  in den Wedding zu vermarkten. Und doch ist man sich auch im Überschwang dieser Gefühle schnell bewusst, dass man sowas vielleicht besser nicht machen sollte, da es vermutlich irgendwie respektlos den Leuten im Wedding gegenüber wäre, die hier täglich ums Überleben oder zumindest aber um ihr Auskommen und ein bisschen Glück kämpfen müssen. Das ist hier ja schließlich nicht Disney-World.


Was zu essen wäre jedenfalls gut, denn die Zeit ist wie im Fluge vergangen und die Uhrzeiger peilen inzwischen Highnoon an. Und was zum Essen  sollte doch zwischen den ganzen Grills hier nun wirklich zu finden sein. Es fällt einem richtig schwer, eine Wahl zu treffen. Mit dem veganen Berlin, wo diese ganzen Projekteltern ihre Soja-Latte schlürfen, und sich dabei über Lotus-Geburten, diverse Globuli und gesunde Kita-Ernährung unterhalten, hat der Wedding hier jedenfalls nicht so viel Gemeinsamkeiten, zum Glück. Und so läuft man die ganze Princenallee noch mal bis zu dem großen Boateng-Wandbild am U-Bahnhof Pankstraße runter und da man sich immer noch nicht entscheiden kann biegt man noch mal  in die Badstraße ein. Und vor einem libanesischen Imbiss weiß man plötzlich, dass man richtig ist. Die Jungs hinter der Theke versuchen sich gerade in einer interessanten Behandlung mit Fäusten und Ellenbogen gegenseitig Verspannungen aus dem Rücken zu vertreiben. Als man den Laden betritt, unterbrechen sie diesen Vorgang und begrüßen einen freundlich. Da man sich nicht zwischen Falafel und Shawarma entscheiden kann und man ja schließlich Urlaub hat, bestellt man kurzerhand einfach beides.  Und da hier nix vorfrittiert  ist und alles frisch zubereitet wird, beginnen die Jungs hinter der Theke mit einer langen Zubereitung. Dies gibt einem Zeit, bei arabischen Klängen aus den kleinen Boxen an der Decke, einen Sitzplatz aufzusuchen und die Gedanken zu ordnen. Auch hier bekommt man wieder ein Glas mit heißem, schwarzem Tee hingestellt. Man kann sich nur wiederholen: Ein toller Brauch! Und so kann man die Gedanken noch mal schweifen lassen.


Man denkt zunächst über den Wedding nach, wie er sich hier draußen vor der Fensterscheibe in der Badstraße präsentiert. Man fragt sich noch mal, ob es nicht irgendwie respektlos den Leuten im Wedding gegenüber ist, dass man sich hier heute so sau-wohl fühlt. Natürlich ist einem bewusst,   dass das Leben hier für die aller meisten Leute nicht einfach ist, sondern eher ein permanenter Kampf. Und den Leuten, die hier diesen täglichen Kampf immer wieder aufs Neue annehmen, um ihr Auskommen zu sichern, mit was auch immer,  gebührt  Respekt. Dass es für einen außenstehenden hier so viel Schönes zu entdecken gibt, soll nicht in Abrede stellen, dass die Menschen es hier schwer haben. Und dass dieser Wedding kein Hort der Glückseligkeit ist, wird hier an vielen Stellen sogar noch offensichtlicher als drüben in der Turiner Straße, dort wo die Kovac-Jungs groß geworden sind. Das ist ein Kiez mit Ecken und Kanten. Einer der seine großen und kleinen Dramen schreibt, bei denen es nichts zu beschönigen gibt.  Und doch sieht man an diesem Tag eben auch viel Schönes. Mag sein, dass die Leute die hier leben, den Blick für das Schöne oft verlieren.  Später, auf der Heimfahrt mit dem Kopfhörer am Ohr  löst George Boateng diesen Wiederspruch schließlich auf, als er einem vor rappt:  

„Und ich sag dir, der Scheiß hat auch schöne Seiten,
doch du kannst sie erst sehen durch getönte Scheiben“


Und während man noch mal einen Schluck von diesem warmen Tee nimmt, denkt man wieder an die Geschichte von Prince. Und natürlich gehört zu dieser Geschichte das Foul, das die Nation erhitzte.

Das Bild von Prince war in der deutschen Öffentlichkeit  wie weiter oben beschrieben, also bereits  vor 2010  gezeichnet. Und alle fühlten sich bestätigt, an dem Tag, als der vermeintliche Verrückte aus dem Ghetto den vermeintlichen Saubermann des deutschen Fußballs (Ballack) im FA-Cup-Finale 2010 foulte und dieser Ballack in Folge dessen die Fußball-WM in Südafrika verpasst. Da entlädt sich plötzlich der ganze Zorn einer Nation. Und es wurde hässlich.  Nun war die Treibjagd endgültig eröffnet. Die ARD sendete einen „Brennpunkt“, das ZDF ein „Spezial“.  Die Boulevard-Blätter überschlagen sich und das Internet schien vor Verunglimpfungen und Gewaltaufrufen gegen Prince  zu explodieren.  Hier im Eintracht-Forum war auch einiges los, wenngleich auch differenzierte Sachen geschireben wurden, so überwog doch der  Zorn und die Moderation musste umfänglisch löschen.  George Boateng sagte einmal, dass sein Bruder in diesen Tagen der „Staatsfeind Nr. 1“ in Deutschland war. Besonders übertrieben hat er damit sicher nicht. Viele waren sich einig: Der aus dem Wedding  hat den deutschen Saubermann-Kapitän aus Görlitz  mit voller Absicht verletzt, damit dieser für die WM ausfällt. Unter all diese hasserfüllte Stimmung mischt sich schnell auch ein rassistischer Ton. Im Internet kursieren übelste rassistische Beschimpfungen gegen Prince. Aufrufe zur Gewalt und Morddrohungen sind in diesen Tagen keine Seltenheit. Und auch das Mittel der Sippenhaft soll nach dem Willen einiger deutschen „Fußball-Fans“ wieder Anwendung finden. Jedenfalls richtet sich ein Teil des Hasses auch gegen den Bruder Jérôme und es wird mancher Orts die Forderung laut, man solle aufgrund des Fouls von Prince den Bruder  Jérôme aus der deutschen Nationalmannschaft ausschließen. Und tatsächlich schafft es die deutsche  Öffentlichkeit in diesen Tagen einen Keil  zwischen die Boateng-Brüder zu treiben. Denn auch wenn sich Jérôme aller größte Mühe gibt, auf der einen Seite loyal gegenüber seinem Bruder zu bleiben und auf der anderen Seite auch den Erwartungen der deutschen Öffentlichkeit gerecht  zu werden, die natürlich möchten, dass er das Foul seines Bruders verurteilt, so sind es einige Äußerungen zu denen Jérôme mit seinen gerade mal 20 Jahren gedrängt wird , die Kevin so verärgern, dass er den Kontakt zu seinem Bruder vorrübergehend  abbricht.

Kein Mensch fragt in den  Tagen der Treibjagd nach der Vorgeschichte. Keiner will wissen, dass sich Ballack bereits 2006 in einem Spiel zwischen Hertha BSC und dem FC Bayern respektlos gegenüber Prince  verhalten hat. Kaum einer geht darauf ein, dass dieser Ballack dem Prince  auch im FA-Cup-Endspiel wenige Minuten vor dem Foul eine Ohrfeige verpasst  hatte. Und auch dass sich Prince  bereist auf dem Platz bei Ballack entschuldigt hatte, will in Deutschland niemand hören.   Gut und Böse waren im Zusammenhang mit diesem Foul aus dem FA-Cup-Finale 2010 klar verteilt. Keiner will zu diesem Zeitpunkt hören, dass der Saubermann Ballack vielleicht doch nicht so ein lupenreiner Sportsmann ist – nein – sein Berater erhält sogar reichlich Beifall, als er ankündigt, dass er eine Klage gegen Prince  prüfe.  Man denkt bei dieser ganzen Geschichte rückblickend  an  ein Musikstück einer deutschen Sprechgesangsgruppe  aus den späten 1990er Jahren:

Wenn der Vorhang fällt, sieh hinter die Kulissen,
die Bösen sind oft gut und die guten sind gerissen.


Prince muss eine Lawine (neudeutsch vermutlich einen Shitstorm genannt) über sich ergehen lassen, wie es selten ein Fußballer in Deutschland ertragen musste. Er  hält sich mit öffentlichen Aussagen in diesen Tagen zurück. Und selbst wenn er dann mal reflektierte  Dinge, nach den ganzen Gewaltaufrufen und den Morddrohungen gegen ihn sagt, verhallen diese ungeachtet:

„Menschen werden umgebracht und vergewaltigt und niemand kümmert sich darum. Aber wenn jemand ein Foul im Fußball macht, werden die Leute verrückt. Und die gleichen Menschen fragen sich später, wie es passieren kann,  dass Menschen angegriffen und verletzt werden.“

Das Land, für das Prince  ursprünglich einmal Fußball spielen wollte, erklärt ihn zum Feind. Dringend angebrachte Differenzierungen sind in der Öffentlichkeit nicht vorgesehen. Leute, die sich für Prince stark machen werden bestenfalls belächelt, schlimmstenfalls verunglimpft und bedroht.   Und auch im Rückblick wird wohl niemand beim DFB öffentlich einräumen, dass man in Wirklichkeit  sogar ganz froh war, dass Ballack nicht dabei war und Fipsi zum Kapitän wurde. Denn auch als Ballack wieder fit war, durfte er nicht mehr mittun und die deutsche Mannschaft spielte mit Özil und Khedira und ohne Ballack plötzlich feinsten Fußball, der die Welt verzückte. Dies veranlasste den Ballack-Berater wiederum zu erneut kruden Äußerungen.

Jedenfalls kam es dann 2010 zum ersten Bruder-Duell bei einer Fußball-WM. Erst in den folgenden Jahren konnte die Profi-Karriere von Prince nach all den Turbulenzen in stabileres Fahrwasser gelangen. Er wechselte zum AC Mailand nach Italien. Dort bekam er das Umfeld und die Anerkennung, die er benötigte, um sein ganzes Potential zu entfalten. Und es ist sicher keine Übertreibung, wenn man Prince  über weite Strecken seiner Milan-Zeit als Weltklasse-Fußballer bezeichnet. Zunächst verdrängte er den Weltmeister und Milan-Star Gattuso. Aber er entwickelte sich auch zu einem Spielmacher, einem klassischen 10er, sodass auch bald ein gewisser Andrea Pirlo in Richtung Juve flüchtete, da er den Konkurrenzkampf mit Prince um den Stammplatz fürchtete. Prince  erhielt dann auch folgerichtig die Rückennummer 10. Er wuchs bei Milan zum zentralen Spielmacher heran und das immerhin in einem Star-Ensemble, welches aus Leuten wie Ronaldinho, Ibrahimovic, Seedorf oder Alessandro Nesta bestand. Bezeichnenderweise war sein  Trikot zwischen all den Stars das meist verkaufte Trikot bei den Milan-Fans. Und nicht nur auf dem Fußballplatz konnte er in diesen Jahren seine Weltklasse nachweisen. Er war auch abseits des Fußballplatzes gefragt. Der Junge aus dem Wedding bewegt sich sicher auf einem ganz anderen Paket, abseits des Fußballplatzes,  wenn er z.B. vor den Vereinten Nationen zum Thema Rassismus referierte oder wenn er eloquente Interviews in fünf  verschiedenen Sprachen gab. Und auch bei der Einladung von Ex-Fifa-Boss Sepp Blatter machte er eine gute Figur. Vermutlich half ihm da dann wieder seiner Herkunft aus dem Wedding, denn dort lernt man früh, mit Leuten mit krimineller Energie umzugehen.  

Und bis heute wollen die Journalisten aus aller Welt mit Prince reden. Eben genau aus dem Grund, weil er was zu sagen hat. Weil er einem keine Floskeln um die Ohren haut. Weil das was er sagt, Hand und Fuß hat. Er hat einiges erlebt, was seinen Charakter gefestigt hat. Wer hat eigentlich mal behauptet, es gäbe im Fußball keine Typen mehr? Er ist zudem einfühlsam und charmant. Und genau dies passt wiederum überhaupt nicht mit dem Bild überein, dass die deutsche Öffentlichkeit von ihm spätestens nach dem Ballack-Foul zeichnete und welches noch heute in den Köpfen vieler Fußball-Fans verhaftet ist.  Natürlich soll an dieser Stelle kein verklärtes Bild gemalt werden. Prince ist ein Fußballer, der Ecken und Kanten hat, der vielleicht auch stur und schwierig sein kann. Er hat sicher Fehler gemacht in seiner Laufbahn. In frühen Jahren hat er bewusst mit diesem Ghetto-Image kokettiert und dadurch vermutlich auch selber ein Stück weit Anteil an dem Bild, was die Medien über ihn zeichneten und auch bis heute zeichnen. In wie weit dieses  Ghetto-Image  aber tatsächlich auf Prince jemals zutraf, lässt sich nur schwer einschätzen. Dazu vielleicht noch diese Anekdote: Als Prince 2007 für immerhin 7,5 Millionen Euro zu Tottenham wechselte  (also für eine Summe, die bereits zu dieser Zeit die Rekordablöse von Eintracht Frankfurt rund  10 Jahren später für Sebastien Haller überstieg), spielte der junge Prince mit der Erfahrung seiner 20 Lebensjahren bei seiner Vorstellung ebenfalls auf  dieses Ghetto-Image an. Einige eingefleischte Tottenham-Anhänger haben sich daraufhin schon damals  auf eine neugierige Reise in den Wedding gemacht.  Und vermutlich muss man an dieser Stelle nicht extra erklären, dass Leute, die aus Tottenham stammen, sich mit Brennpunkt, kultureller Vielfalt und dem was man im Volksmund als "Ghetto" bezeichnet, auskennen.  Jedenfalls kehrten die Tottenham-Fans nach England zurück und urteilten über den Berliner Wedding: „What a nice Ghetto!“

Im Endeffekt ist es aber auch völlig egal, wie viel Ghetto in Kevin-Prince Boateng steckt. Das in der Öffentlichkeit bestehende Bild von ihm, hat ohnehin nie gestimmt. Daher wäre es  vielleicht auch  mal an der Zeit, dass die deutsche Öffentlichkeit ein wenig Abbitte leistet, bei einem Mann, den sie viel zu lange viel zu einseitig dargestellt hat.  Bei einem Mann, der in diesem Land zeitweise von den Medien zum Abschuss frei gegeben wurde, obwohl ihm damit Unrecht getan  wurde. Dieser Kevin-Prince Boateng hat es verdient, dass man ihm endlich vorbehaltlos entgegen tritt. Und man darf in Zukunft auch gerne mal über die Eigenschaften berichten, die ihm die Leute zuschreiben, die ihn wirklich kennen. Eigenschaften wie Höflichkeit, Hilfsbereitschaft, Empathie, Führungsstärke,  Charme, Humor und Lebensfreude. Wenn man dann noch hinzurechnet, dass er sich auch durchsetzen kann,  dass er über Rückgrat verfügt und Charakter besitzt, dass er einen durchtrainierten Körper hat und auch sonst ein  ganz okayes Aussehen hat (sofern man das als männliche Hete beurteilen kann), dann möchte man den Männern  im Rhein-Main-Gebiet zurufen: „Jungs, haltet eure Mädels fest!“   Aber zum Glück ist der Prince ja vom Markt. Er ist glücklich verheiratet und ein liebevoller Familienvater, was nicht zuletzt dazu führte, dass er den Weg zur Frankfurter Eintracht fand, da er dort die Familie zusammenführen kann. Man wird jedenfalls das Gefühl einfach nicht los, dass in diesem Fußballer viel mehr „Prince-Charming“ steckt als  „Ghetto-Fighter“.

An dieser Stelle möchte man sich fast entschuldigen, dass die letzten Zeilen etwas  in den Glamour-Gala-Yellow-Press-Style abgeschweift sind, aber man hat ja auch nicht alle Tage  einen so schillernden Spieler in den Reihen der Eintracht. Daher sei um Nachsicht gebeten.

Und dann gleich noch ein subjektiver  Eindruck hinterher geschoben:  Prince macht ja optisch  praktisch immer eine ziemlich gute Figur. Aber wenn man sich Bilder seiner Fußball-Laufbahn anschaut, dann muss man sagen, dass ihm genau drei Trikots besonders gut standen. Das eine war das Trikot der ghanaischen Nationalmannschaft. Das zweite war das Milan-Trikot. Und das dritte ist  das Trikot von Eintracht Frankfurt. Darin sieht er einfach viel  besser aus, als z.B.  im Hertha- oder Schalke-Trikot.  Jedenfalls wird das nun einfach mal als  sehr schlüssiger ( )Beleg  gewertet, dass die Verbindung zwischen Kevin-Prince Boateng und Eintracht Frankfurt einfach passt.

Nicht zuletzt  teilen der Prince und die Eintracht-Fans viele Eigenschaften: Der Kampfgeist, der Stolz, die Ecken und Kanten, der Charakter, das Rückgrat, das Mit-Rückschlägen-Umgehen-Können,  die Empathie, den Charme  und nicht zuletzt den Fakt, dass man in der Öffentlichkeit  schon so manches Mal zu Unrecht verurteilt wurde und ein öffentliches Image entstanden ist, was nicht der Realität entspricht.

Und während man es an diesem Spätsommertag im Wedding nun tatsächlich geschafft hat die regionalen Spezialitäten des Weddings  Falafel und Shawarma vollständig zu verspeisen, denkt man, dass diese Prince- und Eintracht-Eigenschaften auch gut und gerne auf den Wedding übertragen werden können. Denn der Wedding  hat auch Ecken und Kanten, Charakter, Rückgrat, ein viel zu schlechtes Image, Stolz, Kampfgeist und auch diese ganzen gefühlvollen Sachen.  Genau, wie man den Wedding in unseren Kovac-Brüdern erkennt, so scheint  der  Wedding auch den  Prince tief geprägt zu haben. Sein  großer Bruder würde es rappend so ausdrücken:

„Du kriegst mich aus dem Wedding, doch den Wedding nicht aus mir.“  

Und natürlich möchte man es dem Prince wünschen, dass er als Fußballer und als Mensch endlich ohne Vorbehalte in Deutschland bewertet und angenommen wird.   Auf der anderen Seite präsentiert  der Wedding seine liebenswerte Seite auch nicht jedem auf dem Silbertablett. Von daher ist man fast geneigt zu sagen: Sollen die, die nicht bereit sind hinter die Kulissen zu blicken und das eingefahrenen Bild zu hinterfragen doch in  ihrer falschen Sichtweise versauern. Das gilt für die Betrachter des Weddings wie für die Betrachter des Prince. Wer nicht bereit ist, die Ebene der Oberflächlichkeit  zu verlassen, dem werden völlig zu Recht die  vielen aufregenden, spannenden und geradezu hinreißende  Perspektiven verwehrt bleiben.

Und mit diesem Gefühl des anmutigen Trotzes wird der Wedding dann nach unserer zweiten Wedding-Exkursion  verlassen. Und dieser Wedding hat es auch diesmal wieder geschafft, schwer zu beeindrucken. Beseelt von den vielen Eindrücken, versucht man es sich  auf einem Sitzplatz der Straßenbahn bequem zu machen. Nachdem die Kopfhörer mit dem Mobiltelefon verbunden  und aufs  Ohr geklemmt sind, wird diese  Abspann-Musik für die heutige  Wedding-Exkursion ausgewählt:

BTNG – Hier!

Und während man den Reimen von George Boateng lauscht und die Straßenbahn allmählich wieder in  diese andere Welt - den Prenzlauer Berg - vordringt, denkt man vor sich hin:   Wie Recht sie doch damals hatten, die Tottenham-Fans.

What a nice Ghetto!
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Toller Text. Vielen Dank.
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Guude aus Gais!

Gais – ein toller Ort, der seine Besucher mit offenen Armen empfaengt.
Im Supermarkt wird an der Kasse grosszuegig abgerundet, im Geschaft gibt es kleine Suessigkeiten fuer meinen Assistenten umsonst, und das kleine Restaurant neben dem Trainingsplatz beeindruckt durch leckeres Essen und freundlichsten Service.
Ja, Gais hat was.
3237 Einwohner (das sind halb so viele wie die Eintracht Mitglieder unter 14 hat oder so viele wie alle 28 Minuten vom Frankfurter Flughafen abfliegen) auf einer Flaeche, die etwa ¼ der Groesse von Frankfurt hat. Ach ja, ein Feuerwehrhelmmuseum gibt es auch – es ist nicht bekannt, ob die Kappe unseres Trainers aus der vorletzten Saison dort auch einen Platz ergattert hat.

Puenktlich um halb 5 startete die Nachmittagseinheit. Das Rasensprengen hat freundlicherweise eine Stunde vorher der Himmel uebernommen. Das hat den emsigen Helfern vom FC Gais wieder ein wenig Arbeit erspart.

Zum Training am Nachmitag erschienen 12 Feldspieler und die 3 bewaehrten Netzbewacher.
Entwarnung bei Abraham und Fabian, die nach ihren kleinen Blessuren vom Morgen als voll einsatzfaehig gemeldet wurden und ebenso individuell trainierten wie Kamada, der einen leichten Pferdekuss an der Wade als Andenken vom Vormittagstraining mitgenommen hat.
Nun gut - 12 Mann, das wird wohl eine fade Sache werden, dachte sich der leicht frustrierte Berichterstatter.
Aber weit gefehlt!!!
Nach ein wenig Koordinationsparcours und 7:2 im Kreis ging dann die Post ab.

Zuerst ein Blitzturnier auf 30x20m Feld.
Die Teams:
Blau: Zimmermann - Barkok, Jociv, Chandler, Medo
Gelb: Herzig - Russ, Dadashov, Haller Tawatha
Rot: Lukas - Hrgota, Fernandes, de Guzman, Besuschkov
R-G 1:0 Besuschkov nach Traumflanke von de Guzman (der ist bei Leibe kein "Weichpasser"), 2:0/3:0 Hrgota
B-G 1:0 Medo, 1:1 Russ
R:B 1:0/2:0 Hrgota
B-G 0:1 Dadashov
R-B 1:0/2:0 Besuschkov
B-G 0:0
R-G 1:0 Hrgota
R-B 0:1 Chandler, 1:1 Hrgota
Hochintensive und sehr kurze Spiele die dadurch noch trickreicher wurden, dass die 4 pausierenden Spieler rechts und links neben den Toren hinter der Torlinie als zusaetzliche Anspielstationen genutzt warden konnten. Tolle Sache und der Spass war den Jungs anzusehen.
Blau als Verliererteam musste eine Runde laufen - der Preis fuer die Siegertams war die Ehre, ein Tor wegraeumen zu duerfen
Und dann ging es zum Flanken- und Torabschlusstraining.
Von links flankte Tawatha, von rechts Chandler - zurest flach, dann hoch - zuerst auf einen Spieler, dann auf Paerchen. Und man glaubt es kaum mindestens 95% der Flanken waren fuer die Angreifer perfekt zu verwerten!
Und dann ging es rund: "Let's get ready to Joooooooooooviiiiiiiiic"
Also wer immer noch Rebic nachtrauert, moege sich bitte zum Weinen in den Keller zurueckziehen den er hat Luka Jovic noch nicht gesehen:
Volley links, volley rechts, Kopfball-Aufsetzer, Flugkopfball.... volles Programm und nach einem Fehlschuss, der allerdings die Schallmauer klar durchbrochen hat, hat er 9 von 10 Versuchen eingenetzt - ein Tor schoener als das Andere. Nach dem letzten Treffer hat Medo dann laut jubelnd Jagd auf seinen Kumpel gemacht und sich dabei 2 Lagen seiner Trainingsklamotten vom Leib gerissen - die Szene des Trainingslagers hier - und auch zum ersten Mal richtig Stimmung von den gut besuchten Raengen!
Wir haben uns angeschaut und konnten die Jovic Show fast nicht glauben - technisch sehenswert und extrem ruhig und zielstrebig beim Torschuss.

Respektvoll verneigen sich
Wiener und Junior-Wiener

und verabschieden sich fuer heute - nicht ohne Vorfreude auf dem Abend mit der Mannschaft im Bierzelt
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Tolle, sehr lesenswerte Berichte von euch! Auch von mir: Vielen Dank und weiter so!
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concordia-eagle schrieb:  


MrBoccia schrieb:
is schon recht


Aussichtslos Boccia.


Und wenn Flum sagt, dass er sich besser fühle, auch wenn er nicht spielt, einfach weil die Stimmung wieder besser ist, hat er nichts, rein gar nichts davon. Natürlich nicht.


Es ist wirklich aussichtslos.

Schaun wir mal, wie seine Stimmung zur Winterpause ist, wenn er immer noch nicht regelmäßig spielt.

Aber gut, es geht nur mir so, dass die FR immer noch nachkartet und solche "Interviews" mit genau den richtigen Spielern und richtigen Fragen lanciert, um noch heute Stimmung contra Schaaf und pro Veh zu machen. Bin halt ein unbelehrbares Einzelkind. Aussichtslos.ironiesmiley

Und, jürgenpahl: ich wach dann auf, wenn Veh zu der "guten Stimmung" auch mehr als 43 Punkte holt und das alljährliche Abschenken zum Schluss unterbleibt. Dann. Vorher nicht.
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WuerzburgerAdler schrieb:

Und, jürgenpahl: ich wach dann auf, wenn Veh zu der "guten Stimmung" auch mehr als 43 Punkte holt und das alljährliche Abschenken zum Schluss unterbleibt. Dann. Vorher nicht.

Die Frage bleibt, was die Einschätzung der Leistung Vehs mit der Einschätzung der Leistung Schaafs und der Einschätzung der Leistung der FR zu tun hat.
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MrBoccia schrieb:  


WuerzburgerAdler schrieb:  


MrBoccia schrieb:  


WuerzburgerAdler schrieb:
Für wie bescheuert hält eigentlich die Sportredaktion der FR ihre Leser? Ich denke mal, für ziemlich bescheuert.


aha. Weil Flum Fragen beantwortet, bescheuert die böse FR den tumben Leser?


Nö. Weil sie - wieder einmal - impliziert, dass unter Veh alles besser ist


aha. Flum sagt, aber die FR impliziert damit. Vermutlich hat die FR den Flum genötigt, das zu sagen. Oder Flum hat gar nichts gesagt und die FR hat das Interview erfunden.

Stimmt. Die FR kann gar nix dafür. Den Unsinn verzapfen die Spieler ungefragt, und die FR muss das dann - nolens volens - abdrucken.
Ein hartes Los.
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WuerzburgerAdler schrieb:

Stimmt. Die FR kann gar nix dafür. Den Unsinn verzapfen die Spieler ungefragt, und die FR muss das dann - nolens volens - abdrucken.
Ein hartes Los.

Weißte, was mich richtig nerven könnte: Dass diese Null von Trainer es wirklich geschafft hat, dass hier einige nach wie vor glauben, die FR hätte einen Einfluss auf die internen Vorgänge bei der Eintracht gehabt. Und, um der Absurdität die Krone aufzusetzen: Hier glauben tatsächlich einige, dass die FR es jetzt nötig hätte, noch nachzukarten. Was ist eigentlich mit Euch los? Schaaf war nicht der richtige für die Eintracht. Ende. Und jeder, der ein wenig Ahnung von gruppendynamischen Prozessen hat, weiß, dass die Stimmung im Team essentiell ist, um Leistung abrufen zu können. Wo wart Ihr denn alle letztes Jahr? Hat doch jede*r gesehen, dass die Stimmung am ***** war.
Wacht endlich auf! Der Fischkopp war das Problem, nicht die FR.
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Ich probiers mal: Hat jemand ein Ticket für das Spiel gegen Leverkusen für mich? Provision: Ein Schobbe.
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bolze schrieb:
schindelmeister wirds:

"...noch kommt das angebot in dieser konstellation nicht infrage..."

alles klar! er will zu uns!

 

Kwelle?
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19 € für Nicht-Abonnenten - ein schlechtes Angebot.
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Mehr als ein 0:0 wird leider nicht drin sein. Wenn es dumm läuft verlieren wir 0:1 nach einem unserer fast schon legendären Abwehrfehler.  
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mittelkreis schrieb:
Die Eintracht wird sich am Freiteig gegen Borussia Dortmund zerreißen und alles geben. Wir werden 4:1 gewinnen und die Borussen an die Wand spielen, weil:
1. Amanatidis und Fenin werden treffen.
2. Caio wird als Jocker stechen.
3. Weissenberger will sich für die EM empfehlen.
4. Pröll wird zeigen, was er kann.
5. Russ ist verliebt und kämpft bis zum umfallen.
6. Die Fans werden die Eintracht in einem ausverkauften Stadion nach vorne peitschen.
7. Funkel macht diesmal alles richtig.
8. Jeder Spieler möchte endlich die 45 Punkte eingefahren wissen.
9. Löw wird auf der Tribüne sein - ob das so gut ist, weiß ich nicht?
10. Köhler wird wieder eine Bude machen und wir bekommen einen Strafstoß zugesprochen.
11. Weil nach drei Niederlagen hinter einander der Knoten platzen wird und die Fans es verdient haben!
12. Weil HB sich eine Feng Shui Berater engagiert hat?


Ich glaube auch daran, dass gegen Dortmund der Knoten platzt. Stimme auch tippmäßig voll mit Dir überein. Glaube aber nicht, dass Caio als Jocker sticht.      
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Auf jeeden macht der Caio heute sein Tor! 3:0, Fenin, Toski, Caio (70. Minute, Freistoß aus 23,5 m smile:
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Mein Tipp: Überzeugender Auswärtssieg. Allerhöchste Zeit, dass die Karlsruher mal wieder in der Realität ankommen. 0:3, Amanatidis, Fenin, Caio (Freistoss 82. Minute).
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Mal sehen ob Wiese wieder in rosa spielt. Ich freue mich ja soo sehr auf das  Spiel, ich habe jetzt schon einen zweihundertachtziger Puls  
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Kann hier nur dasselbe schreiben, was ich auch schon bezüglich des Einsatzes von Inamoto geschrieben habe. Wir alle müssen uns einfach daran gewöhnen, dass die Eintracht in allen Mannschaftsteilen so gut besetzt ist, dass einige Spieler eben auf der Bank sitzen müssen, obwohl sie sicherlich nicht schwächer sind als diejenigen, die in der ersten Elf stehen. Da dann immer was reinzuinterpretieren, was einfach lächerlich ist, zeugt von einer Vergangenheit, in der wir froh sein konnten, elf Spieler im Kader zu haben, die erstligatauglich waren. Die Zeiten haben sich geändert, al ham du lillah!
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Es ist doch super, dass unsere Eintracht jetzt auch in der Breite so gut aufgestellt ist, dass es überhaupt Alternativen im Mittelfeld gibt, daran müssen sich die Spieler einfach gewöhnen, dass sie eben öfter mal auf der Bank sitzen müssen. Ich bin mir sicher, dass Inamoto, sollte er von Anfang an spielen, sowohl in der Defensive, als auch in der Offensive Akzente setzen kann. Dasselbe gilt für Meier.
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Mein Tipp: 4:1 Heimsieg, die Konter werden diesmal klappen und sooooo stark ist  
Bremen diese Saison in der Abwehr nicht. Allen viel Spaß im Stadion!
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schlusskonferenz schrieb:
Wenn wir uns nicht permanent selber feiern müssten, wäre es gerade noch mal so schön ...


Ich verstehe nicht, warum man nicht positiv sein darf, sondern immer nur understatement betreiben soll. Für mich ist er der beste Trainer der Welt und die Eintracht nimmt Bremen auseinander. Wenn's anders kommt, kommt's anders!
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Meine Stimme hätte er!!!!
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Ich tippe auf 1:4. Rostock stellt sich nicht hinten 'rein sondern will gewinnen, doch die Konter der Eintracht sind brandgefährlich.
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Falls es nicht die Samba sein müssen, dann schau doch mal bei Ebay unter "Adidas Superstar Reggae", die verkauft dort einer aus UK.

Greetings in the name of his Majesty Empereor Haile Selassie I,
juergenpahl