
schusch
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schusch
Florian Silbereisen als Capo! Dann klatschen auch die Rentner auf der HT mit!
Da der Heinz mich ja gefragt hat.
Ja, in dem Artikel stehen viele Sache, die stimmen. Deswegen stimmt nicht alles. Ja, diese Vorfälle hat es über einen Zeitraum von 20 Jahren gegeben und Toffolo ist ja mittlerweile auch eine Figur des öffentlichen Lebens, von dem weiß man auch, wie er tickt. Deswegen heißt es nicht unbedingt, dass es überall so ist und jeder, der in einer Fankurve steht und sich als Ultra bezeichnet, auch so drauf ist.
Ich hole jetzt mal ein bisschen weiter aus:
Die Ultrá-Bewegung entstand in den 70ern Jahren. Zu dieser Zeit war die Italienische Gesellschaft politisch tief gespalten. Die Kommunisten waren die stärkste Partei und die Gewerkschaften sehr stark und auch politisch engagiert. Auf der anderen Seite ist der Faschismus in Italien nicht so stigmatisiert wie bei uns der Nationalsozialismus. Und alle, die nicht Kommunisten waren, hielten gegen die Kommunisten irgendwie zusammen, damit hatte also die extreme Rechte auch ihre Akzeptanz in Teilen der Gesellschaft. Dieser Konflikt wurde offen ausgetragen, es gab Aufmärsche, Straßenschlachten bis hin zu Terror von extrem links und rechts. Das hatte auch Einfluss auf die sich formierende Ultrá-Bewegung. Stil, Symbolik, Namen ("Brigate Rossoneri" vs. "Irriducibili") und Kampflieder wurden übernommen und angeeignet. (Wir singen hier ja auch "Bandiera Rossa", gelle ) Und je nachdem, ob ein Verein als Arbeiterklub (Milan, Roma, Atalanta) oder als bürgerlicher Verein (Inter, Lazio, Verona) galt, tendierten die Kurven nach links oder rechts. Wobei man nicht unbedingt sagen darf "Die Kurve", eine Kurve besteht ja auch aus Menschen, die hauptsächlich die Liebe zu ihrem Fußballverein gemeinsam haben.
Mit dem Ende des Ostblocks und der linken Utopie fiel da natürlich eine Seite komplett aus. Mittlerweile stellen die Rechten das einzig verbliebene Angebot an Massenbewegung für junge, zornige Menschen mit wenig Selbstwertgefühl dar und absorbieren somit viele junge Leute.
Wenn jetzt ein Gruppe oder Kurve behauptet, sie wär unpolitisch, dann war sie vorher meistens links. Von rechten Kurven hört man das selten.
Politik und Fußball lassen sich nicht komplett trennen, da Fußball bzw. der eigenen Fußballverein Teil der persönlichen Identität ist. Berlinguer war Juventino, Bertinotti ist Milanista, Fini ist Laziale und feiert das auch öffentlich ab. Fußball ist dort kein Teil der privaten Freizeitgestaltung, genauso wenig wie es die politische Überzeugung ist. Aber maßlos überbewerten darf man das auch nicht. Es ist jetzt auch nicht so, dass diese politische Einstufung jetzt bestimmt, wer mit wem kann. Die Florentiner haben eine Fanfreundschaft mit denen von Hellas Verona, in der roten Toskana kann aber keiner mit keinem. Und da hauen sich nicht die Anarchos von Pisa mit den Stalinisten von Livorno, sondern Pisaner und Livornesen. Und in der Regel sucht man sich seine Verein auch nicht nach der politischen Überzeugung aus, sondern wird Fan, wie man halt Fan wird. Es gibt auch linke Laziale und Inter-Fans. Oder ganz normale Leute halt. Aber das Bild dominieren nun mal die Ultra-Gruppen. Und Fußball wird durch die Politik instrumentalisiert, siehe Berlusconi und Fini, und über die Ultras hat man den größten Multiplikatoreffekt.
Gewalt hat immer irgendwie dazugehört (so wie es Gewalt beim Fußball immer und überall schon gab, seitdem er ein Massenspektakel wurde). Gewalt war aber früher nie Selbstzweck, sondern hat sich halt so ergeben, wenn mal zwei Gruppen aufeinander gestoßen sind. Erst Gepöbel, dann Gebatsche. Das war dann "die Ehre seines Vereines" verteidigen. Dabei ist es aber nicht geblieben. Es gibt jetzt keine monokausale Erklärung, keine Einzelursachen, aber das sich gegenseitige Aufschaukeln zwischen Fans und Polizei ist da extrem förderlich. Wer einmal als Auswärtsfan in Italien unterwegs war, der ist entweder für immer geheilt oder süchtig. Wer in Istanbul war, kann´s in etwa einschätzen. In Italien hätte es noch ein paar Gummiknüppel oben drauf gegeben, den ganzen Abend lang. Es bleiben dann diejenigen übrig, die den Kampf aufnehmen, und es gibt kein Korrektiv von Normalos mehr, keine Hemmschwelle.
Die Macht der Ultrás: Die Ultras sind dort mächtig geworden, wo sie einem schwachen Verein gegenüber standen. Wo sich zwar reiche aber moralisch wenig standfeste Präsidenten die Liebe der Kurve erkaufen wollten. Auf einmal hat man gemerkt, da gibt es was zu holen. Und zwar richtig viel: Freitickets, eigener Fanartikelverkauf, sonstige Vergünstigungen und Mitspracherecht. Da kann man ein Geschäft draus machen. Und Macht und Geld korrumpieren und locken die falschen Leute an.
Eine Kurve ist nicht homogen, es gibt da verschiedene Gruppen, die um die Führung konkurrieren. Und je mehr die Führerschaft in der Kurve mit Macht, Einfluss und Geld verbunden ist, desto rücksichtloser wird der Kampf um die Spitze geführt. Im Rom wurde das damals bestimmende CUCS von rivalisierenden Gruppen aus der Südkurve geprügelt. Seitdem haben die Rechten da auch die Lufthoheit.
Die Ultrá-Gruppen sind an sich eigentlich auch nicht so groß, wie man meint. Sie sind nicht die gesamte Kurve. Es sind straff organisierte Kader mit ihrer Prätorianergarde, die eine Hierarchie in der Kurve etabliert haben, die sie auch laufend verteidigen. Die Fans in der Kurve bezeichnen sich zwar irgendwie alle als Ultra, singen die Lieder, tragen die Schals und die Abzeichen der Gruppierungen, haben vielleicht auch einen Mitgliedsausweis und besorgen sich die Karten über die Ultras, sind jedoch im engeren Sinne kein Teil davon. Kein Teil der Organisation. Der Mann mit dem Megaphon gibt den Gesang vor, alle singen mit, der Mann mit dem Megaphon kann aber wechseln. Je nachdem, wer grad am Ruder ist. (Und Megaphone sind jetzt verboten)
Noch was zur organisierten Kriminalität: Die Mafia ist das größte Wirtschaftsunternehmen des Landes. Die machen mehr Umsatz als FIAT oder ENEL. Ist es jetzt besonders überraschend, wenn es heißt, Ultra-Gruppen von Napoli haben Kontakt zu der Camorra? Die haben die Baubehörde und die Stadtwerke auch.
So. Wo hör ich jetzt auf?
Pauschalisierungen helfen keinem weiter.
Problemlösung für den italienischen Fußball habe ich jetzt keine. Mir fallen aber ein paar Sachen ein, die für den deutschen Fußball nicht schlecht wären. Man kann einiges draus lernen.
Ja, in dem Artikel stehen viele Sache, die stimmen. Deswegen stimmt nicht alles. Ja, diese Vorfälle hat es über einen Zeitraum von 20 Jahren gegeben und Toffolo ist ja mittlerweile auch eine Figur des öffentlichen Lebens, von dem weiß man auch, wie er tickt. Deswegen heißt es nicht unbedingt, dass es überall so ist und jeder, der in einer Fankurve steht und sich als Ultra bezeichnet, auch so drauf ist.
Ich hole jetzt mal ein bisschen weiter aus:
Die Ultrá-Bewegung entstand in den 70ern Jahren. Zu dieser Zeit war die Italienische Gesellschaft politisch tief gespalten. Die Kommunisten waren die stärkste Partei und die Gewerkschaften sehr stark und auch politisch engagiert. Auf der anderen Seite ist der Faschismus in Italien nicht so stigmatisiert wie bei uns der Nationalsozialismus. Und alle, die nicht Kommunisten waren, hielten gegen die Kommunisten irgendwie zusammen, damit hatte also die extreme Rechte auch ihre Akzeptanz in Teilen der Gesellschaft. Dieser Konflikt wurde offen ausgetragen, es gab Aufmärsche, Straßenschlachten bis hin zu Terror von extrem links und rechts. Das hatte auch Einfluss auf die sich formierende Ultrá-Bewegung. Stil, Symbolik, Namen ("Brigate Rossoneri" vs. "Irriducibili") und Kampflieder wurden übernommen und angeeignet. (Wir singen hier ja auch "Bandiera Rossa", gelle ) Und je nachdem, ob ein Verein als Arbeiterklub (Milan, Roma, Atalanta) oder als bürgerlicher Verein (Inter, Lazio, Verona) galt, tendierten die Kurven nach links oder rechts. Wobei man nicht unbedingt sagen darf "Die Kurve", eine Kurve besteht ja auch aus Menschen, die hauptsächlich die Liebe zu ihrem Fußballverein gemeinsam haben.
Mit dem Ende des Ostblocks und der linken Utopie fiel da natürlich eine Seite komplett aus. Mittlerweile stellen die Rechten das einzig verbliebene Angebot an Massenbewegung für junge, zornige Menschen mit wenig Selbstwertgefühl dar und absorbieren somit viele junge Leute.
Wenn jetzt ein Gruppe oder Kurve behauptet, sie wär unpolitisch, dann war sie vorher meistens links. Von rechten Kurven hört man das selten.
Politik und Fußball lassen sich nicht komplett trennen, da Fußball bzw. der eigenen Fußballverein Teil der persönlichen Identität ist. Berlinguer war Juventino, Bertinotti ist Milanista, Fini ist Laziale und feiert das auch öffentlich ab. Fußball ist dort kein Teil der privaten Freizeitgestaltung, genauso wenig wie es die politische Überzeugung ist. Aber maßlos überbewerten darf man das auch nicht. Es ist jetzt auch nicht so, dass diese politische Einstufung jetzt bestimmt, wer mit wem kann. Die Florentiner haben eine Fanfreundschaft mit denen von Hellas Verona, in der roten Toskana kann aber keiner mit keinem. Und da hauen sich nicht die Anarchos von Pisa mit den Stalinisten von Livorno, sondern Pisaner und Livornesen. Und in der Regel sucht man sich seine Verein auch nicht nach der politischen Überzeugung aus, sondern wird Fan, wie man halt Fan wird. Es gibt auch linke Laziale und Inter-Fans. Oder ganz normale Leute halt. Aber das Bild dominieren nun mal die Ultra-Gruppen. Und Fußball wird durch die Politik instrumentalisiert, siehe Berlusconi und Fini, und über die Ultras hat man den größten Multiplikatoreffekt.
Gewalt hat immer irgendwie dazugehört (so wie es Gewalt beim Fußball immer und überall schon gab, seitdem er ein Massenspektakel wurde). Gewalt war aber früher nie Selbstzweck, sondern hat sich halt so ergeben, wenn mal zwei Gruppen aufeinander gestoßen sind. Erst Gepöbel, dann Gebatsche. Das war dann "die Ehre seines Vereines" verteidigen. Dabei ist es aber nicht geblieben. Es gibt jetzt keine monokausale Erklärung, keine Einzelursachen, aber das sich gegenseitige Aufschaukeln zwischen Fans und Polizei ist da extrem förderlich. Wer einmal als Auswärtsfan in Italien unterwegs war, der ist entweder für immer geheilt oder süchtig. Wer in Istanbul war, kann´s in etwa einschätzen. In Italien hätte es noch ein paar Gummiknüppel oben drauf gegeben, den ganzen Abend lang. Es bleiben dann diejenigen übrig, die den Kampf aufnehmen, und es gibt kein Korrektiv von Normalos mehr, keine Hemmschwelle.
Die Macht der Ultrás: Die Ultras sind dort mächtig geworden, wo sie einem schwachen Verein gegenüber standen. Wo sich zwar reiche aber moralisch wenig standfeste Präsidenten die Liebe der Kurve erkaufen wollten. Auf einmal hat man gemerkt, da gibt es was zu holen. Und zwar richtig viel: Freitickets, eigener Fanartikelverkauf, sonstige Vergünstigungen und Mitspracherecht. Da kann man ein Geschäft draus machen. Und Macht und Geld korrumpieren und locken die falschen Leute an.
Eine Kurve ist nicht homogen, es gibt da verschiedene Gruppen, die um die Führung konkurrieren. Und je mehr die Führerschaft in der Kurve mit Macht, Einfluss und Geld verbunden ist, desto rücksichtloser wird der Kampf um die Spitze geführt. Im Rom wurde das damals bestimmende CUCS von rivalisierenden Gruppen aus der Südkurve geprügelt. Seitdem haben die Rechten da auch die Lufthoheit.
Die Ultrá-Gruppen sind an sich eigentlich auch nicht so groß, wie man meint. Sie sind nicht die gesamte Kurve. Es sind straff organisierte Kader mit ihrer Prätorianergarde, die eine Hierarchie in der Kurve etabliert haben, die sie auch laufend verteidigen. Die Fans in der Kurve bezeichnen sich zwar irgendwie alle als Ultra, singen die Lieder, tragen die Schals und die Abzeichen der Gruppierungen, haben vielleicht auch einen Mitgliedsausweis und besorgen sich die Karten über die Ultras, sind jedoch im engeren Sinne kein Teil davon. Kein Teil der Organisation. Der Mann mit dem Megaphon gibt den Gesang vor, alle singen mit, der Mann mit dem Megaphon kann aber wechseln. Je nachdem, wer grad am Ruder ist. (Und Megaphone sind jetzt verboten)
Noch was zur organisierten Kriminalität: Die Mafia ist das größte Wirtschaftsunternehmen des Landes. Die machen mehr Umsatz als FIAT oder ENEL. Ist es jetzt besonders überraschend, wenn es heißt, Ultra-Gruppen von Napoli haben Kontakt zu der Camorra? Die haben die Baubehörde und die Stadtwerke auch.
So. Wo hör ich jetzt auf?
Pauschalisierungen helfen keinem weiter.
Problemlösung für den italienischen Fußball habe ich jetzt keine. Mir fallen aber ein paar Sachen ein, die für den deutschen Fußball nicht schlecht wären. Man kann einiges draus lernen.
Auswärtsfahrten verbieten zu wollen, ist natürlich extrem logisch. Will man damit verhindern, dass es auf den Raststätten Gebatsche gibt? Nur weil beide PKWs zufällig auf dem Weg zu Auswärtsspielen waren? Auch für Heimspiele fahren die Leute weite Strecken. Mit Mailand, Turin, Genua hat man im Umkreis von 150 km drei Städte, in denen am jeden Wochenende ein Spiel stattfindet. Und zu denen von weither Leute kommen. Die treffen sich alle auf der A1 oder der Tangenziale ovest. Am Samstag waren auf der Raststätte Sauerland ja auch genug Schalker und Dortmunder auf den Weg zu ihren Heimspielen. Die haben uns Frankfurter gar nicht gebraucht, um sich aufzuplustern.
Letztens bei einem Auswärtsspiel von Napoli im Mailand waren 4.000 Neapolitaner im Stadion, obwohl Reiseverbot herrschte. Das waren die Leute aus Norditalien, die sich vor Ort Karten gekauft haben. Als ich letztens in Siena beim Vorverkauf war, stand ich auch zwischen lauter Milanisti in der Schlange. Halt die von Dorf umme Ecke. So wie die Friedberger einmal im Jahr vom Rübenacker herunter kommen, wenn die Bayern bei uns spielen.
Also wieder super durchdacht und zielführend, die Maßnahme.
Letztens bei einem Auswärtsspiel von Napoli im Mailand waren 4.000 Neapolitaner im Stadion, obwohl Reiseverbot herrschte. Das waren die Leute aus Norditalien, die sich vor Ort Karten gekauft haben. Als ich letztens in Siena beim Vorverkauf war, stand ich auch zwischen lauter Milanisti in der Schlange. Halt die von Dorf umme Ecke. So wie die Friedberger einmal im Jahr vom Rübenacker herunter kommen, wenn die Bayern bei uns spielen.
Also wieder super durchdacht und zielführend, die Maßnahme.
Der Schuss ging wohl in die Seitenscheibe, nicht die Rückscheibe
http://www.repubblica.it/2006/05/gallerie/cronaca/tifoso-autogrill/ansa116062011111142456_big.jpg
Auf jeden Fall sass er schon im Auto.
http://www.repubblica.it/2006/05/gallerie/cronaca/tifoso-autogrill/ansa116062011111142456_big.jpg
Auf jeden Fall sass er schon im Auto.
Bembelpetzer03 schrieb:
Hier schusch woher hast du denn diese Information her?? Kann noch nix dazu finden.
http://www.repubblica.it/2007/11/dirette/sezioni/cronaca/a1/a1/index.html
http://www.gazzetta.it/Calcio/Primo_Piano/2007/11_Novembre/11/reazionestadi.shtml
HeinzGründel schrieb:
Kurze Frage noch, kommt es in den unteren Ligen auch zu Gewaltausbrüchen wie zum Beispiel bei uns im Osten?
Nicht in dieser Form. Klar scheppert es da auch, wenn es Hibbdebach gegen Dribbdebach geht, vielleicht sogar eher, da die Rivalitäten sich bis auf Guelfen und Ghibellinen oder noch früher zurück verfolgen lassen. Aber nicht in diesem Ausmass. Wir haben es ja mit DD oder Lok ja auch mit "gefühlten" Erstligisten zu tun, die irgendwie da unten gestrandet sind.
Feuerjosef schrieb:schusch schrieb:
Noch ne kleine Anmerkung zu Spielergehältern: Lazio hat ja Werder geschlagen, wohl auch viel besser gespielt. Deren Top-Verdiener kassieren 500.000 netto, wären als so um 1 Mios. bei uns. Also wie bei der Eintracht. Lazio kann sich einen Diego oder Frings gar nicht leisten. Und es ist auch nicht so, dass ein Druschschnittsprofi in der Serie A jetzt im Vergleich zu der Bundesliga bombastisch verdient. Eher nicht. Da laufen nicht nur Kakas rum. Dennoch ist der Fußball dort international insgesamt wettbewerbsfähiger. Am Geld alleine liegt es nicht.
Häh???
So schauts aus.